Das Kieler Umweltprojekt

 

(nach Anke Blöbaum (1998). Die Arbeitsgruppe "Multidisziplinäre Ansätze zur Verhaltensänderung" im DFG-Schwerpunktprogramm "Mensch und globale Umweltveränderungen": Programm und Skalenentwicklungen für ZIS. ZUMA-Nachrichten, 43, S. 153 - 158).

Das Kieler Projekt "Identifikation von kognitiven, affektiven und sozialen Faktoren des Umwelthandelns" untersucht die Bedingungen umweltgerechten Verhaltens, eingebettet in ein theoretisches Modell menschlichen Handelns. Dabei werden das Zusammenspiel und die relative Gewichtung unterschiedlicher Bedingungsfaktoren in ihrer Abhängigkeit vom Entwicklungsalter von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen zum Untersuchungsgegenstand gemacht. In einer kombinierten Querschnitts- und Längsschnittstudie mit insgesamt drei Messzeitpunkten wurden an 1.700 Schleswig-Holsteiner und Hamburger SchülerInnen, BerufsschülerInnen und StudentInnen die Motivationsstrukturen und kognitiven Voraussetzungen des Umwelthandelns erfasst.

Zum ersten Messzeitpunkt wurden zunächst die relevanten Variablen über einen schriftlichen Fragebogen erhoben. Zu einem zweiten Messzeitpunkt wurden den SchülerInnen unterschiedliche Verhaltensangebote in den Bereichen Müll, Energie und Verkehr gemacht, um zuverlässige Verhaltensdaten zu erhalten. Nach ca. vier Monaten wurde ein dritter Meßzeitpunkt eingeführt, an dem die SchülerInnen ein weiteres Mal befragt wurden. Hier wurden die Variablen der Handlungsauswahlphase erneut erfasst und die Volitionsphase (Umsetzung einer Intention in eine Handlung) retrospektiv beleuchtet, zusätzlich wurden weitere wesentliche Variablen berücksichtigt, um über die internen, kognitiven und affektiven Prozesse der Handlungsregulation hinaus auch externe, soziale Faktoren zu berücksichtigen.

Das zugrunde gelegte integrierte Handlungsmodell beschreibt den Prozess der Handlungsgenese über drei Phasen (Motivierungsphase, Handlungsauswahlphase und Volitionsphase) und ist durch eine zunehmende Konkretisierung gekennzeichnet. Jede der drei Phasen ist dabei durch ganz bestimmte, die Handlung steuernde bzw. begleitende Kognitionen und Affekte gekennzeichnet, die den Prozess der Handlungsentstehung in unterschiedlicher Art und Weise beeinflussen können.

Basierend auf diesem Modell werden mit der Untersuchung (1) unterschiedliche Typen der Motivierung von Umwelthandeln, (2) die differentielle Vorhersagbarkeit verschiedener Arten von Umwelthandeln, (3) die Veränderung von Handlungskognitionen nach erfolgter Handlung sowie (4) die Rolle sozialer Umgebungsfaktoren auf umweltgerechtes Verhalten analysiert. Zur Identifikation der Typen wird das probabilistische Verfahren der Latent Class Analyse benutzt.

Die Ergebnisse sollen Ansatzpunkte für eine adressaten-spezifische Förderung umweltgerechten Verhaltens liefern.