LCFA Modelle
Neuere Weiterentwicklungen kombinieren LCA Modelle a) mit diskretisierten Varianten des 2 Parameter IRT Messmodells (Heinen, 1996) zu Latent Class Faktoranalyse (LCFA) Modellen (Vermunt & Magidson, 2006) sowie b) mit kontinuierlichen Faktoren konventioneller IRT Modelle zu Faktoranalysen Mixture (FAM) Modellen (Vermunt & Magidson, 2005).
zu a) Im Unterschied zu traditionellen IRT Modellen formalisieren LCFA Modelle die zur Klassenbildung herangezogenen LV als binär oder ordinal verteilt. Auch nach dieser Modellklasse determinieren jedoch Itemschwierigkeiten und Itemtrennschärfen das Antwortverhalten, gemeinsam mit der Position von Befragten auf zwei oder mehr binären oder kategorialen Merkmalsdimensionen. Die Kreuzklassifizierung der Stufen der binären oder ordinalen Faktoren bestimmt die Anzahl so dimensional geordneter Personenklassen. D.h. ein LCFA Modell mit zwei binären Faktoren spezifiziert vier entlang von zwei diskretisierten Dimensionen angeordnete Personenklassen. Es erfordert jedoch nur die Schätzung von so vielen Parametern wie ein konventionelles LCA Modell mit drei nominalen Klassen.
Um zu entscheiden, wie viele Subgruppen und diskrete Merkmalsdimensionen angenommen werden müssen, um die Kovarianzen der Itemantworten zufriedenstellend zu erklären, können Modelle mit einer zunehmenden Anzahl von Klassen bzw. Faktoren verglichen werden, bis das Modell identifiziert ist, das die Daten inhaltlich und statistisch am besten beschreibt. In LCFA Modellen kann dies wie erwähnt - technisch sparsamer mit weniger Parameterschätzungen und mehr Freiheitsgraden erzielt werden, indem die Anzahl der latenten Subgruppen durch Einführen weiterer binärer Faktoren oder weiterer Stufen eines Faktors erhöht wird. So kann auch geprüft werden, ob ein Modell nur mit nominal oder aber mit ordinal geordneten Klassen angemessener ist.
Aufgrund einer kombinierten Anwendung von LCA und FA Modellen können Merkmalsträger also anders als mit traditionellen dimensionsexplorierenden Verfahren nicht nur auf einer oder mehreren kontinuierlichen Merkmalsdimensionen angeordnet werden. Sie können vielmehr gleichzeitig zwei oder mehr geordneten Personenklassen subsumiert werden, die entlang von zwei oder mehr diskreten Merkmalsdimensionen angeordnet sind. Im Unterschied zu linearen Clusteranalysen erfolgt die Zuordnung zu solchen Subgruppen zudem probabilistisch und nicht deterministisch, so dass für alle Merkmalsträger a posteriori Wahrscheinlichkeiten für ihre Zugehörigkeit zu jeder latenten Klasse bzw. Subgruppe vorliegen statt deterministischer Zuordnungen zu jeweils nur einer Subgruppe.
zu b) FAM Modelle kombinieren LCA oder LCFA Modelle mit kontinuierlichen Faktoren traditioneller IRT Modelle, die mit den latenten Klassenvariablen nicht assoziiert sind. Dadurch können systematische Niveauunterschiede in der Beantwortung aller oder mehrerer Items abgebildet werden oder zusätzlich zu Klassenvariablen systematisch wirksame Einflüsse nicht spezifizierter Faktoren, ohne dafür zusätzliche Klassen bzw. Subgruppen definieren zu müssen. Häufig sind solche zusätzlichen Antwortbeeinflussungen nur oder vorrangig darauf zurückzuführen, dass Befragte Antwortoptionen systematisch unterschiedlich benutzen oder interpretieren. Oder sie unterscheiden sich nur quantitativ, aber nicht qualitativ hinsichtlich eines interessierenden Personenmerkmals. Wenn die Fragestellung jedoch wie hier darauf gerichtet ist, Subgruppen mit qualitativ unterschiedlichen Ausprägungen von somatoformen Symptomen zu identifizieren, sind so determinierte Subgruppen inhaltlich uninteressant und eventuell sogar irreführend.