Open Access Repositorium für Messinstrumente

AkkordeonDetailedScaleViews

Deutschsprachige Drive for Muscularity Scale (DMS)

  • Autor/in: Waldorf, M., Cordes, M., Vocks, S. & McCreary, D.
  • In ZIS seit: 2016
  • DOI: https://doi.org/10.6102/zis246
  • Zusammenfassung: International hat sich die Drive for Muscularity Scale (DMS) von McCreary und Sasse (2000) als reliables und valides Maß des Muskulositätsstrebens (drive for muscularity) etabliert. Die ... mehr vorliegende Übersicht fasst die Ergebnisse einer psychometrischen Überprüfung einer deutschsprachigen Übersetzung der DMS (Waldorf, Cordes, Vocks & McCreary, 2014) zusammen. An zwei Stichproben von insgesamt 535 Männern wurden die Reliabilität, die Faktorenstruktur und die Validität der DMS und ihrer Subskalen untersucht. Die DMS wies dabei hohe bis sehr hohe Reliabilitätskennwerte auf. Zwar konnte die zweifaktorielle Struktur der englischsprachigen Version repliziert werden, es zeigte sich jedoch kein guter Modell-Fit. Die Multi-Trait-Multi-Method-Matrix lieferte überzeugende Validitätsbelege. So konnte Muskulositätsstreben eindeutig gegen Schlankheitsstreben abgegrenzt werden und zeigte sich über verschiede Erfassungsmethoden hinweg. Die deutschsprachige DMS stellt ein zuverlässiges und valides Maß des Muskulositätsstrebens von Männern für den Einsatz in sozialwissenschaftlichen Studien dar.     weniger
    Abstract: The Drive for Muscularity Scale (DMS) by McCreary and Sasse (2000) has established itself internationally as a reliable and valid measure of the drive for muscularity. This overview summarizes the res ... mehrults of a psychometric review of a German-language translation of the DMS (Waldorf, Cordes, Vocks & McCreary, 2014). The reliability, factor structure and validity of the DMS and their subscales were examined on two samples of a total of 535 men. The DMS showed high to very high reliability characteristics. Although it was possible to replicate the two-factor structure of the English-language version, a good model fit was not found. The Multi-Trait-Multi-Method-Matrix provided convincing proof of validity. Thus, striving for musculosity could be clearly distinguished from striving for slimness and showed itself across different recording methods. The German-language DMS represents a reliable and valid measure of men's muscular striving for use in social science studies.    weniger
  • Sprache Dokumentation: deutsch
  • Sprache Items: deutsch, englisch (original)
  • Anzahl der Items: 15
  • Reliabilität: Cronbachs Alpha = .79 bis .90; Retestreliabiltät = .92 bis .96
  • Validität: Zufriedenstellende Hinweise auf Kriteriums- oder Konstruktvalidität
  • Konstrukt: Muskulositätsstreben
  • Schlagwörter: Körper, Gesundheit, Fitness | body, health, fitness
  • Item(s) in Bevölkerungsumfrage eingesetzt: nein
  • Entwicklungsstand: validiert
    • Instruktion

      Es existiert keine obligatorische Instruktion der englischsprachigen Originalskala (vgl. McCreary & Sasse, 2000). Meist wird die Skala mit einer Minimalinstruktion appliziert: „Bitte lesen Sie jede Aussage sorgfältig durch und markieren Sie, welche Antwort am besten auf Sie zutrifft.“ (Original: „Please read each item carefully then, for each one, circle the number that best applies to you.”).

      Da dies abhängig vom Erhebungskontext als zu wenig informativ empfunden werden kann, wurde in der deutschen Validierungsstudie eine ausführlichere Instruktion gewählt: „Hier finden Sie mögliche Ansichten und Verhaltensweisen von Männern [Frauen] zu ihrem Körper, zu Sport-Ernährung und zum Kraft- und Muskeltraining. Bitte geben Sie an, wie häufig bei Ihnen die folgenden Gedanken und Verhaltensweisen auftreten. Bitte denken Sie nicht zu lange nach. Es gibt keine richtigen oder falschen Antworten.“ Obwohl derzeit noch keine publizierten Erfahrungen mit dem Einsatz der deutschsprachigen DMS in weiblichen Stichproben vorliegen, besteht aufgrund entsprechender Arbeiten mit der Originalversion (McCreary, Sasse, Saucier, & Dorsch, 2004) die Möglichkeit, die psychometrische Güte der DMS nach entsprechender Anpassung der Instruktion (s. o.) auch für Frauen zu untersuchen.

       

      Items

      Tabelle 1

      Items der Skala

      Nr.

      Item

      Polung

      Subskala

      1

      Ich wünschte, ich wäre muskulöser.

      + (revers)

      MK

      2

      Ich stemme Gewichte, um Muskeln aufzubauen.

      + (revers)

      MV

      3

      Ich nehme Eiweiß oder Nahrungsergänzungen, die Energie geben.

      + (revers)

      MV

      4

      Ich trinke Weight Gainer oder Eiweiß-Shakes.

      + (revers)

      MV

      5

      Ich versuche, jeden Tag so viele Kalorien zu mir zu nehmen wie ich kann.

      + (revers)

      MV

      6

      Ich habe ein schlechtes Gewissen, wenn ich eine Trainingseinheit auslasse.

      + (revers)

      MV

      7

      Ich glaube, ich würde mich selbstsicherer fühlen, wenn ich mehr Muskelmasse hätte.

      + (revers)

      MK

      8

      Andere Personen denken, dass ich zu oft mit Gewichten trainiere.

      + (revers)

      MV

      9

      Ich glaube, dass ich besser aussehen würde, wenn ich 5 kg Masse zulegen würde.

      + (revers)

      MK

      10

      Ich könnte mir vorstellen, anabole Steroide zu nehmen.

      + (revers)

      n.z.

      11

      Ich glaube, dass ich mich stärker fühlen würde, wenn ich etwas mehr Muskelmasse zulegen würde.

      + (revers)

      MK

      12

      Ich glaube, dass mein Trainingsplan andere Bereiche meines Lebens beeinträchtigt.

      + (revers)

      MV

      13

      Ich finde, dass meine Arme nicht muskulös genug sind.

      + (revers)

      MK

      14

      Ich finde, dass meine Brust nicht muskulös genug ist.

      + (revers)

      MK

      15

      Ich finde, dass meine Beine nicht muskulös genug sind.

      + (revers)

      MK

      Anmerkung: MK: Muskulaturbezogene Kognitionen; MV: Muskulaturbezogenes Verhalten; n.z. = nicht zugeordnet

       

      Antwortvorgaben

      Es werden sechs Antwortkategorien vorgegeben. Die Autoren der Originalversion haben eine gegenläufige Abfolge (reverse direction) von Item-Labels und Zahlenwerten vorgesehen, um Dissimulationstendenzen entgegenzuwirken. Die Reihung beginnt mit der niedrigsten Zahl und der höchsten Zustimmung. Die Reihung der Antwortkategorien lautet: 1 = Immer,  2 = Sehr häufig, 3 = Häufig, 4 = Manchmal, 5 = Selten, 6 = Nie.

       

      Auswertungshinweise

      Wie beschrieben werden den Antwortkategorien die Werte 1 bis 6 zugeordnet. Auf gegenläufig gepolte Items wurde verzichtet, um artifizielle Methodenfaktoren der Polung zu vermeiden. Um Zahlenwerte eindeutig im Sinne des gemessenen Merkmals „Muskulositätsstreben“ interpretieren zu können (d. h. höhere Werte sollten einem höheren Drive entsprechen), müssen alle Antworten im Rahmen der Auswertung invertiert werden (der Bericht der Teststatistiken unten bezieht sich entsprechend auf die Ergebnisse nach Umpolung). Üblicherweise wird in der einschlägigen Literatur der Mittelwert berichtet.

      In der Regel wird, je nach Fragestellung, entweder der Mittelwert aller 15 Items verwendet oder der Mittelwert von 14 Items unter Ausschluss des Steroid-Items 10 („Ich könnte mir vorstellen, anabole Steroide zu nehmen.“). Dieses weist häufig eine hohe Schwierigkeit, eine geringe Varianz und damit eine geringe Trennschärfe auf, da der Gebrauch anabol-androgener Steroidhormone (AAS) in der Gesamtpopulation ein sehr seltenes Phänomen darstellt (nicht jedoch in Fitness-, Kraftsport- und Bodybuilding-Populationen). Es muss also nach inhaltlichen Gesichtspunkten entschieden werden, ob Item 10 verwendet und/oder in die Berechnung eines Mittelwerts einbezogen wird. Eine Erfassung der Affinität zu AAS kann in den genannten muskulaturorientierten Gruppen durchaus sinnvoll sein, allerdings ist durchaus mit einem Response Bias zu rechnen, speziell für Personen, die Mitglied eines Testpools im Rahmen des Dopingkontrollsystems sind oder die an Bodybuilding-Wettkämpfen teilnehmen und die somit ein Interesse an der Verheimlichung entsprechender Praktiken haben. Ähnliches gilt auch für Personen, die z. B. den Geltungsbereich des Anti-Doping-Gesetzes missverstehen oder anderweitig motiviert sind, ihren AAS-Gebrauch nicht zu thematisieren. Es wird empfohlen, in Forschungspublikationen explizit zu berichten, ob Item 10 in die Berechnung einbezogen wurde.

      Alternativ zum Gesamtmittelwert können die Mittelwerte zweier Subskalen, „Muskulaturbezogene Kognitionen“ (Muscularity oriented body image, Items 1, 7, 9, 11, 13, 14, 15) und „Muskulaturbezogenes Verhalten“ (Muscularity behavior, Items 2, 3, 4, 5, 6, 8, 12), verwendet werden (McCreary et al., 2004). Dies ist psychometrisch jedoch nur in Stichproben mit männlichen Respondenten empfehlenswert. Vor allem die Subskala „Muskulaturbezogene Kognitionen“ stellt hierbei ein geeignetes Maß der Muskulositätsdimension des evaluativen bzw. kognitiv-affektiven Körperbildes von Männern dar. Zur Erfassung behavioraler Aspekte des muskulositätsbezogenen Körperbildes wird die Verwendung weiterer Instrumente empfohlen, falls mehr als ein sehr grober Überblick angestrebt wird, da auf der Subskala „Muskulaturbezogenes Verhalten“ verschiedene theoretisch und psychometrisch differenzierbare Aspekte (z. B. Ernährungs- und Exercise-Verhalten, Einschränkung von Rollenfunktionen) konfundiert sind.

       

      Anwendungsbereich

      Die DMS wird für schriftliche Befragungen eingesetzt. Die Zielgruppen bestanden in einschlägigen Forschungsarbeiten meist aus adoleszenten und jungen erwachsenen Männern, die im schulischen oder universitären Kontext rekrutiert wurden (z. B. Parent & Moradi, 2011; Brunet, Sabiston, Dorsch & McCreary, 2010; Smolak & Stein, 2006; McCreary, Sasse, Saucier & Dorsch, 2004) oder die angesprochen wurden, weil sie Fitnesstraining und/oder Bodybuilding (Waldorf et al., 2014), Kraftsportarten (z. B. Powerlifting, Gewichtheben; z. B. Hale, Roth, Delong & Briggs, 2010), Sportarten mit starkem Kraftbezug (z. B. American Football; Steinfeldt, Gilchrist, Halterman, Gomory & Steinfeldt, 2011) und/oder Bodybuilding ausübten. Es existieren jedoch auch positive Erfahrungen mit dem Einsatz an erwachsenen Männern gemischter Ethnie aus der Allgemeinbevölkerung (Benford & Swami, 2014).

      Die DMS wurde zwar bei weiblichen studentischen Stichproben eingesetzt (z. B. McCreary et al., 2004), hier ist allerdings zu beachten, dass in diesem Fall lediglich der Gesamtmittelwert berechnet werden sollte (s. u.) und dass die Validität der DMS selbst für muskeltrainierende Frauen aufgrund des DMS-Fokus auf (große) Muskelmasse verändert bzw. eingeschränkt sein könnte – hier empfiehlt es sich (besonders), ebenfalls das Ideal eines schlank-muskulösen, „definierten“ Körpers zu erfassen („Drive for Leanness“; Smolak & Murnen, 2008).

       

    Die Entwicklung der Drive for Muscularity Scale (McCreary & Sasse, 2000) ist vor dem Hintergrund eines seit den 1980er-Jahren zu beobachtenden Forschungstrends zu sehen, zusätzlich zum Körperbild von Mädchen und Frauen auch jenes von Jungen und Männern zu beachten und hierbei Muskulosität als saliente Dimension zusätzlich zum Körperfett bzw. der allgemeinen Körperform zu konzeptualisieren (Thompson & Cafri, 2007; Mishkind, Rodin, Silberstein & Striegel-Moore, 1986).

     

    Itemkonstruktion und Itemselektion

    Die Items der Originalskala wurden von McCreary und Sasse (2000) auf der Grundlage einer hinsichtlich der Stichprobencharakteristika nicht näher beschriebenen Umfrage unter erfahrenen männlichen und weiblichen Fitnessstudio-Besuchern („weight-training enthusiasts“, S. 298) und einer Analyse der Inhalte von Fitnesszeitschriften erstellt. Die Daten von 96 Schülern und 101 Schülerinnen wurden auf erwartete Geschlechtsunterschiede geprüft und die Formulierung mehrerer Items präzisiert, um geschlechtsabhängige differentielle Bedeutungen zu vermeiden (so wurde „I think my chest is not big enough“ zu „I think my chest is not muscular enough“; in zwei weiteren körperteilbezogenen Items wurden „not big enough“ und „too small“ gegen „not muscular enough“ ersetzt). Die Items wurden vom Erstautor ins Deutsche übersetzt. Es wurden zwei unabhängige Rückübersetzungen durch einen bilingualen Diplom-Psychologen und eine zum Zeitpunkt der Übersetzung in Deutschland forschende Kognitionswissenschaftlerin angefertigt. Alle Diskrepanzen zwischen den drei englischen Versionen wurden ausführlich mit dem Erstautor der Originalskala diskutiert und die deutschsprachigen Items so lange modifiziert und rückübersetzt, bis ein Konsens erzielt wurde.

     

    Stichproben

    Die deutschsprachige DMS wurde an zwei männlichen Stichproben psychometrisch untersucht: einer Stichprobe 1 für die Papierform (N = 104; Alter: M = 27.5, SD = 7.2 Jahre), die vorwiegend in studentischen Settings und Fitnesscentern rekrutiert wurde, sowie an einer Online-Stichprobe 2 (N = 431 Alter: M = 26.4, SD = 7.8 Jahre), die vorwiegend über Online-Foren für muskelaufbau- und kraftorientierte Sportarten rekrutiert wurde.

    Beide Stichproben bestanden aus erfahrenen Trainierenden, die im Mittel seit 4.6 (4.4) Jahren (Stichprobe 1) bzw. 4.9 (5.1) Jahren ihre Muskulatur mit einer Trainingsfrequenz von 3.3 (1.2) Mal pro Woche mit Hanteln bzw. Gewichtsmaschinen trainierten.

    Die beiden Gruppen wiesen einen Body Mass Index (BMI) von 25.4 (3.2) bzw. 25.7 (3.4) kg/m2 auf, wobei die Anteile von Körperfett und fettfreier Masse nicht objektiv erhoben wurden, sodass keine Interpretation des mittleren BMI-Scores möglich ist.

    Die einfache Mehrheit (52 bzw. 54 % verfügte über ein Abitur ohne bereits abgeschlossenes Studium, 42 bzw. 57 % der Stichproben befand sich derzeit im Studium, 37 bzw. 26 % in einem Angestelltenverhältnis, 8 bzw. 6 % gingen noch zur Schule (Personen unter 18 Jahren wurden aus rechtlichen Gründen von der Erhebung ausgeschlossen).

     

    Itemanalysen

    Die Daten der deutschsprachigen DMS wurden einer Hauptachsenanalyse (PAF) mit Promax-Rotation (Stichprobe 1) bzw. zwei konfirmatorischen Faktorenanalysen (CFA) mit Maximum-Likelihood-Schätzung und Bollen-Stine-Bootstraps unterzogen (s. Abbildung 1), letzteres, um die oben beschriebene, von McCreary et al. (2004) für Männer gefundene Dimensionalität der DMS zu bestätigen. Die PAF legte die Extraktion zweier Faktoren nahe (Scree-Plot, Kaiser-Kriterium), die zu r = .47 korrelieren und zusammen 60 % der Varianz aufklären (λI = 6.18; λII = 2.26). In der CFA wurden gegeneinander ein einfaktorielles Modell mit 14 Indikatoren (ohne Item 10) und ein zweifaktorielles Modell mit je 7 Indikatoren und kovariierenden Faktoren (MK: Muskulaturbezogene Kognitionen; MV: Muskulatur­bezogenes Verhalten) getestet. Da die beobachteten Daten statistisch signifikant von beiden vorgegebenen Modellen abwichen, Χ2(77) = 826.3 bzw. Χ2(76) = 547.6, wurden Standardized Root Mean Square Residual (SRMR), Comparative Fit Index (CFI), Root Mean Square Error of Approximation (RMSEA) und, zum direkten Modellvergleich, der Parsimony Normed Fit Index (PNFI) herangezogen. Insgesamt ergab sich ein Misfit der Modelle, alle Indizes bevorzugen jedoch das zweifaktorielle Modell (einfaktorielles Modell: SRMR = .10; CFI = .75; RMSEA = .15; PNFI = .62; zweifaktorielles Modell: SRMR = .10; CFI = .84; RMSEA = .12; PNFI = .69).

    Eine Betrachtung der Modifikationsindizes zeigte, dass zwei Ursachen des Misfits (a) in substanziellen Zusammenhängen des Verhaltensitems 2 („Ich stemme Gewichte, um Muskeln aufzubauen“) mit den Items der Skala Muskulaturbezogene Kognitionen und (b) in zusammenhängenden Fehlern der somit als redundant wahrgenommenen Verhaltensitems 3 und 4 („Ich nehme Eiweiß oder Nahrungsergänzungen "“ und „Ich trinke Weight Gainer oder Eiweiß-Shakes“) liegen. Entsprechende Anpassungen führen zu einem deutlich verbesserten Fit (SRMR = .06; CFI = .92; RMSEA = .09; PNFI = .73). Hieraus folgt auch, dass der Fit der Skala MK  für sich genommen deutlich günstiger ausfallen sollte. In der Tat gelangt eine CFA für ein entsprechendes einfaktorielles MK-Modell zu befriedigenderen Ergebnissen (SRMR = .03; CFI = .97; RMSEA = .09; PNFI = .64). Für eine isolierte Betrachtung muskulaturbezogener Kognitionen bzw. Einstellungen bei Männern kann demnach die DMS-Subskala MK auch einzeln herangezogen werden.

     

    Abbildung 1. Messmodell der zweifaktoriellen konfirmatorischen Faktorenanalyse mit zwei kovariie­ren­den latenten Variablen und standardisierten Pfadkoeffizienten

     

    Itemkennwerte

    Tabelle 2 zeigt die deskriptiven Statistiken, Trennschärfen und Schwierigkeiten der DMS-Items. Auffällig ist der niedrige Mittelwert des (umgepolten, s. o.), die geringe Streuung und entsprechend geringe Trennschärfe sowie hohe Schwierigkeit des Steroid-Items 10. Wenige Personen in den beiden Stichproben geben an, häufig über die Verwendung anaboler Steroide nachzudenken. In unausgelesenen Männer-Stichproben geben regelmäßig 2–3 % einen Lifetime-Gebrauch von anabol-androgenen Steroiden an, allerdings zeigen sich deutlich höhere Prävalenzen in Fitness- und Bodybuilder-Stichproben (z. B. Sagoe, Torsheim, Molde, Andreassen, & Pallesen, 2015; Sjöqvist, Garle, & Rane, 2008; McCabe, Brower, West, Nelson, & Wechsler, 2007).

    Ebenfalls geringere Mittelwerte und höhere Schwierigkeiten weisen die Items 5 und 8 auf. Item 5 thematisiert eine hyperkalorische Ernährung zur Stimulation muskulärer Hypertrophie, wie sie im Bodybuilding i. e. S. verbreitet praktiziert wird, aber im Freizeit-Fitnesssport wie auch beim Training zur Erreichung eines weniger massigeren „Physique-/Fitness Model“-Ideals seltener eingesetzt werden dürfte. Item 8 thematisiert das Bewusstsein einer negativen Bewertung der eigenen Trainingsfrequenz durch andere. Da sich Kritik an der Trainingsfrequenz i. d. R. erst bei zeitintensivem Training in Kombination mit der Vernachlässigung wichtiger Rollenfunktionen (z. B. Beziehung, Freundschaft, Ausbildung, Arbeit) einstellen sollte, operationalisiert dieses Item ein Verhaltensphänomen (exzessives Training), das auch im Zusammenhang mit weiterreichenden, aber eher seltenen Problemen bzw. klinischen Syndromen wie Muskeldysmorphie (Pope, Gruber, Choi, Olivardia & Phillips, 1997) und Exercise Dependence bzw. Bodybuilding Dependence (Hale, Roth, DeLong & Briggs, 2010) auftritt. Die höheren Schwierigkeiten der Items 5, 8, 10 sind angesichts der aufgeführten Befunde also nicht verwunderlich. Alle weiteren Schwierigkeitskoeffizienten liegen in einem akzeptablen Bereich von Pi = 30 bis 70 (Borg & Staufenbiel, 2007).


     

     

    Tabelle 2.
    Deskriptiven Statistiken, Trennschärfen und Schwierigkeiten der DMS-Items

     

    Stichprobe 1

    (Papierfragebogen)

    (n = 104)

    Stichprobe 2

    (Online-Erhebung)

    (n = 431)

    Item

    M1

    SD1

    rit

    Pi

    M2

    SD2

    rit

    Pi

    1

    3.50

    1.17

    .52

    50.00

    4.03

    1.35

    .71

    60.60

    2

    4.31

    1.32

    .59

    66.15

    4.70

    1.27

    .63

    73.97

    3

    3.08

    1.91

    .59

    41.54

    3.81

    1.86

    .57

    56.10

    4

    2.63

    1.87

    .62

    32.50

    3.64

    1.89

    .49

    52.76

    5

    2.05

    1.31

    .65

    20.96

    2.55

    1.61

    .54

    31.04

    6

    3.67

    1.60

    .60

    53.46

    4.13

    1.55

    .53

    62.51

    7

    2.62

    1.48

    .64

    32.31

    2.86

    1.55

    .61

    37.26

    8

    2.26

    1.40

    .54

    24.81

    2.52

    1.48

    .41

    30.35

    9

    2.73

    1.85

    .75

    34.62

    3.52

    1.82

    .71

    50.30

    10

    1.30

    1.01

    .41

     5.96

    1.34

    0.98

    .25

     6.82

    11

    2.94

    1.62

    .69

    38.85

    3.39

    1.67

    .68

    47.89

    12

    2.55

    1.48

    .62

    30.58

    2.50

    1.46

    .40

    29.98

    13

    2.82

    1.46

    .52

    35.96

    3.29

    1.64

    .64

    45.71

    14

    2.86

    1.42

    .51

    37.12

    3.20

    1.66

    .62

    44.08

    15

    2.61

    1.54

    .47

    32.12

    2.94

    1.60

    .63

    38.84

    Anmerkung. DMS: Drive for Muscularity Scale

     

    Reliabilität

    Zur Abschätzung der Reliabilität wurden interne Konsistenzen (Cronbachs α) für die Gesamtskala mit und ohne Item 10 sowie die beiden Subskalen für beide  Stichproben berechnet. Außerdem wurde für ein mittleres Intertestintervall von neun Tagen an einer separaten gemischten Sportler-Stichprobe (n = 66) die Retest-Korrelation berechnet. Es zeigten sich gute bis sehr gute Reliabilitätswerte über für alle Skalen (s. Tabelle 3). Insgesamt erwies sich die Subskala „Muskulaturbezogene Kognitionen“ als intern konsistenter. Einschränkend ist anzumerken, dass – da die oben berichteten CFAs deutliche Hinweise auf Mehrdimensionalität des Konstrukts gegeben haben – Cronbachs α keinen idealen Schätzer für die Reliabilität der DMS-Gesamtskala darstellt.

     

    Tabelle 3.

    Reliabilitäten der Drive for Muscularity Scale (DMS)

    Stichprobe

    Skala

    α / rtt

    Papierversion (n = 104)

    Gesamtskala

    .90

     

    Gesamtskala ohne Item 10

    .90

     

    Muskulaturbezogene Kognitionen

    .88

     

    Muskulaturbezogenes Verhalten

    .80

    Online-Version (n = 431)

    Gesamtskala

    .89

     

    Gesamtskala ohne Item 10

    .90

     

    Muskulaturbezogene Kognitionen

    .90

     

    Muskulaturbezogenes Verhalten

    .79

    Retest Papierversion (n = 66)

    Gesamtskala

    .95

     

    Muskulaturbezogene Kognitionen

    .92

     

    Muskulaturbezogenes Verhalten

    .96

     

     

    Validität

    Die Konstruktvalidierung erfolgte anhand einer Überprüfung der Korrelationen mit den Operationalisierungen theoretisch konvergierender und divergierender Konstrukte. Zusätzlich wurden Korrelationen mit interessierenden Außenkriterien betrachtet. Belege für eine hohe konvergente Validität (Monotrait-Monomethod-Korrelation) ergab sich aus einer hohen signifikanten Korrelation von r = .81 mit der Muskulatur-Subskala der Male Body Attitudes Scale (MBAS; Tylka, Bergeron & Schwartz, 2005), wobei deren Übereinstimmung mit der DMS-Subskala Muskulaturbezogene Kognitionen sogar noch höher ausfiel (r = .89). Die Monotrait-Heteromethod-Korrelation mit dem Bodybuilder Image Grid (Hildebrandt, Langenbucher & Schlund, 2004), einem Silhouettenverfahren des muskulaturbezogenen Körperbildes, wurde ebenfalls signifikant, wobei die Diskrepanz zwischen gewählter Aktual- und Ideal-Silhouette ebenfalls akzentuiert mit der DMS-Subskala Muskulaturbezogene Kognitionen zusammenhing (r = .40). Als Maß der diskriminanten Validität wurde die Heterotrait-Monomethod-Korrelation mit der Körperfett-Subskala der MBAS berechnet, die zwar signifikant, aber sehr gering ausfiel (r = .13). Nicht signifikant (r = -.09) wurde zudem die Korrelation mit den Werten des Fragebogens Soziale-Erwünschtheitsskala-17 (Stöber, 1999). Belege für die konkurrente Kriteriumsvalidität ergaben sich u. a. aus signifikanten Zusammenhängen mit der Häufigkeit von Internet-Recherchen zu Trainingsmethoden, Sporternährung und leistungssteigernden Wirkstoffen (selbst konstruierte Skala, rS = .43), mit der monatlichen Investition (€) in diese Bereiche (r = .36), mit körperbezogenem Selbstwert (Body-Esteem Scale for Adolescents and Adults; Mendelson, Mendelson & White, 2001; r = -.36) und mit körperdysmorphen Sorgen und Verhaltensweisen (Dysmorphic Concern Questionnaire; Oosthuizen, Lambert, & Castle, 1998; r = .38). Muskulositätsstreben nahm mit zunehmendem Alter der Respondenten signifikant ab, wobei nicht zwischen Kohorten- und Entwicklungseffekten unterschieden werden kann (r = -.34). Weitere Validitätsbelege finden sich in Waldorf et al. (2014).

     

    Deskriptive Statistiken

    Tabelle 4 zeigt die Deskriptive Statistiken (Mittelwerte) der Drive for Muscularity Scale auf Ebene der Gesamtskala und der Subskalen separat für die beiden Teilstichproben, deren Gesamtmittelwerte sich signifikant unterscheiden. Die Onlinestichprobe 2 weist den höheren DMS-Gesamtwert auf, t(533) = 4.02, p < .01, g = 0.44, wobei nicht zwischen Effekten des Antwortverhaltens und der spezifischen Subpopulation unterschieden werden kann. Schiefe und Kurtosis der einzelnen Items liegen für die Paper-Pencil-Stichprobe 1 zwischen M3 = -0.41 (Item 2) und 1.10 (Item 5) bzw. M4 = -1.46 (Item 3) und 0.33 (Item 5) und für die Online-Stichprobe 2 zwischen M3= -0.79 (Item 2) und 0.83 (Item 12) bzw. M4 = -1.46 (Item 4) und -0.08 (Item 2). Der Gesamtmittelwert ist nach visueller Inspektion hinreichend normalverteilt und weicht nach Ausschluss von Item 10 in Stichprobe 1 nicht mehr signifikant von einer Normalverteilung ab. In Stichprobe 2 zeigt sich jedoch – möglicherweise auch wegen der höheren Teststärke – eine signifikante Abweichung (Schiefe und Kurtosis Gesamtmittelwert Stichprobe 1: M3 = 0.67, M4 = -0.21; Stichprobe 2: M3 = 0.29; M4 = -0.58).

               

     

    Tabelle 4.

    Deskriptive Statistiken der Drive for Muscularity Scale (DMS)

     

    Stichprobe 1
    (Papierfragebogen)
    (n = 104)

    Stichprobe 2
    (Online-Erhebung)
    (n = 431)

    Skala

    M

    SD

    M

    SD

    Gesamtskala

    2.79

    0.98

    3.23

    0.99

    Gesamtskala ohne Item 10

    2.90

    1.02

    3.36

    1.05

    Muskulaturbezogene Kognitionen

    2.87

    1.15

    3.32

    1.28

    Muskulaturbezogenes Verhalten

    2.93

    1.18

    3.41

    1.08

     

     

    Weiterführende Literatur

    Detaillierte Ausführungen zum Konstrukt Muskulositätsstreben und zur (englischsprachigen) DMS finden sich in McCreary (2007). Eine empfehlenswerte unabhängige Untersuchung der psychometrischen Güte der englischsprachigen DMS haben Cafri und Thompson (2004) vorgelegt.

    Dr. rer. nat. Manuel Waldorf, Dipl.-Psych., Institut für Psychologie, Fachgruppe Klinische Psychologie und Psychotherapie, Knollstraße 15, D-49069 Osnabrück, E-Mail: mwaldorf@uni-osnabrueck.de

    In einer ersten publizierten Studie mit der deutschsprachigen DMS (Cordes, Vocks, Düsing, Bauer & Waldorf, 2016) an einer nicht-klinischen Fitnessstichprobe konnte gezeigt werden, dass Muskulositätsstreben das Blickverhalten bei der Betrachtung des eigenen Körpers moderiert: Männer mit höheren DMS-Scores verwendeten signifikant mehr Zeit darauf, subjektiv attraktive Bereiche ihres Körpers zu betrachten als Männer mit niedrigeren DMS-Gesamtscores.