Open Access Repositorium für Messinstrumente

AkkordeonDetailedScaleViews

Drei- und Ein-Item-Skala zur Messung von Growth Mindset

  • Autor/in: Rammstedt, B., Grüning, D. J., & Lechner, C. M.
  • In ZIS seit: 2024
  • DOI: https://doi.org/10.6102/zis342
  • Zusammenfassung:

    Growth Mindset beschreibt die Überzeugung, dass persönliche Eigenschaften, insbesondere intellektuelle Fähigkeiten, formbar sind und durch den Einsatz von Zeit und Mühe entwickelt werden können. Zahlreiche Studien haben die Zusammenhänge zwischen einem Growth Mindset und akademischen Leistungen untersucht, und es wurden umfangreiche Interventionsprogramme eingerichtet, um Jugendliche darin zu schulen, ein stärkeres Growth Mindset zu entwickeln. Es gibt jedoch nur wenige methodologische Untersuchungen über die Eignung der verwendeten Growth Mindset-Messinstrumente. In unserer Studie haben wir eine der ersten umfassenden Bewertungen der psychometrischen Eigenschaften von Dwecks weit verbreiteter dreiteiliger Growth Mindset Skala in zwei Stichproben (Jugendliche im Alter von 14-19 Jahren und Erwachsene im Alter von 20-64 Jahren) durchgeführt. Wir testen die Vergleichbarkeit (d.h. die Messinvarianz) der Skala über diese Altersgruppen hinweg. Darüber hinaus haben wir mit denselben beiden Stichproben ein Ein-Item-Maß identifiziert und validiert, mit dem sich das Growth Mindset in Situationen mit starken zeitlichen Einschränkungen beurteilen lässt. Die Ergebnisse zeigen, dass sowohl die Drei-Item-Skala als auch die Ein-Item-Skala akzeptable psychometrische Eigenschaften in Bezug auf Reliabilität, Vergleichbarkeit und Validität aufweisen. weniger
    Abstract:

    A growth mindset is a belief that personal characteristics, specifically intellectual ability, are malleable and can be developed by investing time and effort. Numerous studies have investigated the associations between a growth mindset and academic achievement, and large intervention programs have been established to train adolescents to develop a stronger growth mindset. However, methodological research on the adequacy of the measures used to assess a growth mindset is scarce. In our study, we conducted one of the first comprehensive assessments of the psychometric properties of Dweck’s widely used three-item Growth Mindset Scale in two samples (adolescents aged 14–19 years and adults aged 20–64 years). We test the comparability (i.e., measurement invariance) of the scale across these age groups. Furthermore, using the same two samples, we identified and validated a single-item measure to assess growth mindset in settings with severe time constraints. Results reveal that both the three-item and the single-item scales have acceptable psychometric properties regarding reliability, comparability, and validity. weniger

  • Sprache Dokumentation: deutsch
  • Sprache Items: deutsch
  • Anzahl der Items: 3/1
  • Erhebungsmodus: CASI
  • Bearbeitungszeit: < 1 Minute
  • Reliabilität: Retest-Reliabilität = .67 to .45, Cronbach’s alpha = .83 to .91
  • Validität: Hinweise auf faktorielle, konvergente und diskriminante Validität
  • Konstrukt: Growth Mindset
  • Schlagwörter: growth mindset, Mehr-Item-Skala, Ein-Item-Skala, Instrument, Deutsch, Jugendliche, Erwachsene, Validierung
  • Item(s) in Bevölkerungsumfrage eingesetzt: ja
  • URL Datenarchiv: https://osf.io/etx7j 
  • Entwicklungsstand: validiert
  • Originalpublikation: https://doi.org/10.1027/1015-5759/a000735 
    • Instrument

       

      Instruktion

      Wie sehr stimmen Sie folgenden Aussagen zu?

       

      Items

      Tabelle 1

      Items der Skala zu Growth Mindset

      Nr.

      Item

      Polung

       

      Deutsch

       

      1

      Sie haben ein bestimmtes Maß an Intelligenz und können nicht wirklich viel daran ändern.

      +

      2

      Ihre Intelligenz ist eine Eigenschaft, die Sie nicht groß verändern können.*

      +

      3

      Sie können neue Dinge lernen, aber Ihre grundsätzliche Intelligenz können Sie nicht wirklich verändern.

      +

       

      *Item für die Ein-Item-Skala.

       

      Antwortvorgaben

      Die Beantwortung jedes Items erfolgt auf Basis der folgenden siebenstufigen Skalenanker:

      (1) Stimme gar nicht zu

      (2) Stimme nicht zu

      (3) Stimme eher nicht zu

      (4) Stimme eher zu

      (5) Stimme zu

      (6) Stimme voll und ganz zu

       

      Auswertungshinweise

      Zur Berechnung des Growth Mindset-Skalenwerts müssen alle drei Items umkodiert werden. Es wird ein Summenwert durch einfaches Aufaddieren der Items berechnet. Fehlende Werte werden bei der Addition ausgelassen. Als Skalenwert wird der Mittelwert berechnet, indem der Summenwert der Items durch die Anzahl der Items geteilt wird.

       

      Anwendungsbereich

      Die Growth Mindset-Skala wurde als Forschungsinstrument für sozialwissenschaftliche Untersuchungen unterschiedlichster Art und Fragestellung entwickelt. Zielgruppe ist die deutsche Allgemeinbevölkerung sowohl an Jugendlichen (12 bis 18 Jahre) als auch Erwachsenen. Ausgenommen sind Personen, deren sprachliche oder kognitive Fähigkeiten oder deren Wahrnehmungsfähigkeiten, z.B. durch Seh- oder Hörschwäche, unzureichend sind, um die Items zu verstehen. Die empirisch ermittelten Gütekriterien beziehen sich auf diese Zielgruppe.

      Die Growth Mindset-Skala ist für schriftliche Befragungsmodi entwickelt und kann als Paper & Pencil Version und im Rahmen von Online-Studien eingesetzt werden (PASI, CASI). Die Skala wurde allerdings bis jetzt nur für den Befragungsmodus CASI validiert. Prinzipiell kann die Skala auch in mündlichen Befragungen (wie PAPI, CAPI, CATI) eingesetzt werden. Die Messinvarianz dieser Skala für unterschiedliche Modi wurde allerdings bisher noch nicht empirisch geprüft. Die Bearbeitungszeit der Skala beträgt unter einer Minute.

    Ein Growth Mindset ist die Überzeugung, dass persönliche Eigenschaften, insbesondere intellektuelle Fähigkeiten, formbar sind und kultiviert werden können. In der Theorie der Wachstumsorientierung unterscheidet Carol Dweck (1999, 2006) zwischen zwei Denkweisen: Growth Mindset und Fixed Mindset. Während Menschen mit einem Growth Mindset glauben, dass ihre Fähigkeiten und ihre Intelligenz im Laufe der Zeit entwickelt werden können, glauben Menschen mit einem Fixed Mindset, dass sie mit einem bestimmten unveränderlichen Maß an Fähigkeiten geboren wurden, die nicht durch Anstrengung und Erfahrung im Laufe der Zeit gesteigert werden können. Nach der Theorie von Dweck wirken sich diese Denkweisen unterschiedlich auf die Leistungsmotivation aus: Schülerinnen und Schüler mit einem Fixed Mindset neigen dazu, Herausforderungen und negatives Feedback zu vermeiden und geben leicht auf, während Schülerinnen und Schüler mit einem Growth Mindset Herausforderungen annehmen, angesichts von Rückschlägen durchhalten und aus Kritik lernen (Dweck, 2016).

    Das Growth Mindset und seine Auswirkungen auf die akademischen Leistungen haben in den letzten zwei Jahrzehnten enorme Aufmerksamkeit von politischen Entscheidungsträgern, Bildungseinrichtungen und den Medien erhalten (z. B. Eisenberg, 2005; Paul, 2013; Smith, 2014). Die  US-Regierung unter Barack Obama berief im Mai 2013 sogar eine Sondersitzung ein mit dem Titel "Excellence in Education: The Importance of Academic Mindsets" (Exzellenz in der Bildung: Die Wichtigkeit akademischer Denkweisen), und Boaler (2013) lobte die Ergebnisse der Mindset-Forschung als Grundlage für "die Revolution der Denkweisen, die das Bildungswesen umgestaltet". In der Folge wurde die Finanzierung der Mindset-Forschung als "nationale Bildungspriorität" (Rattan et al., 2015, S. 723) angestrebt, was zu einer Vielzahl von - meist angewandten - Forschungsansätzen führte, die die Grundannahmen von Dwecks Theorie testeten. Darüber hinaus wurden angesichts des postulierten Zusammenhangs zwischen einem Growth Mindset und akademischen Leistungen umfangreiche Interventionen finanziert, um die akademischen Leistungen zu verbessern und die Schulabbrecherquote bei Jugendlichen zu senken (Sisk et al., 2018; Yeager et al., 2019).

    Mehrere Meta-Analysen haben die Ergebnisse zahlreicher Studien zu den Antezedenzien und Folgen eines Growth Mindset gegenüber eines Fixed Mindset zusammengefasst. Ihre Ergebnisse deuten darauf hin, dass ein Growth Mindset positiv mit verschiedenen Selbstregulierungsprozessen und negativ mit psychischem Stress assoziiert ist (Burnette et al., 2013; Burnette et al., 2020). Dies unterstützt Dwecks Annahme, dass ein Growth Mindset positiv mit Leistungsmotivation verbunden ist. Was die zweite zentrale Annahme von Dweck anbelangt, nämlich dass ein Growth Mindset die akademische Leistung vorhersagt, ist die Evidenz weniger eindeutig. Mehrere umfassende regionale, nationale und internationale Großstudien, z.B. eine Studie über das Growth Mindset von Schüler*innen in den kalifornischen CORE-Schulbezirken (Claro & Loeb, 2019) und das Programme for International Student Assessment (PISA; OECD, 2019) der OECD, stützen den angenommenen Zusammenhang zwischen Growth Mindset und akademischer Leistung. In PISA, zum Beispiel, erreichten Schüler*innen, die ein Fixed Mindset angaben, im Durchschnitt etwa ein Viertel einer Standardabweichung (23-32 Skalenpunkte) weniger Punkte bei allen bewerteten Fähigkeiten. Allerdings wurde in anderen Studien festgestellt, dass der Zusammenhang zwischen Growth Mindset und akademischer Leistung nicht significant oder sogar signifikant negativ ist (z. B. Bahník & Vranka, 2017). Eine aktuelle Meta-Analyse von Sisk und Kolleg*innen (2018) fasst die Ergebnisse der 273 vorhandenen Studien zu Growth Mindset zusammen und stellt insgesamt nur einen sehr schwachen positiven Zusammenhang zwischen Growth Mindset und akademischer Leistung fest.

    Auch die Effektivität von Growth-Mindset-Interventionen ist umstritten. Sisk et al. (2018) kamen in ihrer Meta-Analyse von 43 solcher Interventionen zu dem Schluss, dass die Auswirkungen von Mindset-Interventionen auf die akademische Leistung insgesamt schwach sind (siehe jedoch Yeager & Dweck, 2020, die diese Schlussfolgerung kritisieren und argumentieren, dass die Effektgröße relevant groß ist). Einige Ergebnisse der in der Meta-Analyse untersuchten Studien deuten jedoch darauf hin, dass Schüler*innen mit niedrigem sozioökonomischem Status oder akademisch gefährdete Schüler*innen von solchen Interventionen profitieren könnten.

    In Anbetracht der enormen Aufmerksamkeit, die dem Growth Mindset sowohl in akademischen als auch in angewandten Kreisen zuteilwird, und der umfangreichen Forschung zu diesem Konstrukt würde man erwarten, dass diese Forschungsrichtung auf einer Reihe von gut validierten Skalen für die Bewertung des Growth Mindset basieren würde. Dies ist jedoch nicht der Fall. Es gibt nur wenige, in erster Linie zwei etablierte Skalen zur Bewertung des Growth Mindset, nämlich eine umfassendere Skala mit sechs bis acht Items (Dweck, 1999), die manchmal auch Implicit Theories of Intelligence Scale (ITIS; siehe z. B., Troche & Kunz, 2020) oder Growth Mindset Scale (Midkiff et al., 2017) gennant wird, und ihre Kurzskalenversion mit drei Items, die als Teil von Dwecks (Dweck et al., 1995) breiterer Implicit Theories Scale entwickelt wurde. Überraschenderweise wurden die psychometrischen Eigenschaften der Skalen nur wenig erforscht (siehe Midkiff et al., 2017), insbesondere was die kurze Skala mit drei Items betrifft. In Bezug auf die achtstufige Skala haben die wenigen Studien, die bisher durchgeführt wurden, gemischte Ergebnisse zur Qualität der vorhandenen Skalen zum Wachstumsdenken geliefert. Levy und Dweck (1999) sowie Erdley und Dweck (1993) berichten nur über mäßige interne Konsistenzen (.62 bzw. .71) und Test-Retest-Stabilitäten über einen kurzen Zeitraum von einer Woche (.70 bzw. .64). Darüber hinaus gaben zwei Studien an, dass die acht Items nicht in ein eindimensionales Modell passen (Midkiff et al., 2017; Troche & Kunz, 2020). Für die Drei-Item-Skala führte Dweck selbst eine Reihe von Validierungsstudien durch, in denen sie eine hohe interne Konsistenz (.94-.98) und Test-Retest-Stabilität (.80 über ein 2-Wochen-Intervall) sowie ihre Eindimensionalität nachweisen konnte (Dweck et al., 1995). In diesen Studien konnte sie auch zeigen, dass das mit der Drei-Item-Skala gemessene Growth Mindset weitgehend unabhängig von anderen Konstrukten wie Intelligenz oder Optimismus ist.

    Der gegenwärtige Trend, das Growth Mindset in individuellen diagnostischen Settings und in groß angelegten Erhebungen mit extremen Zeitbeschränkungen zu messen, erhöht den Bedarf an einer hocheffizienten, einfachen und validen Bewertung dieses Konstrukts. Da es keine Validierungsstudien gibt, die als Grundlage für die Auswahl der Items dienen könnten, wurden in den aktuellen groß angelegten Studien ad hoc verschiedene Teilmengen der vorhandenen Items für das Wachstumsdenken verwendet, was zu unterschiedlichen Lösungen für die verschiedenen Erhebungen führte. Letzteres kann die Vergleichbarkeit und Replizierbarkeit der jeweiligen Forschungsergebnisse erheblich erschweren. So wurden beispielsweise bei der CORE-Erhebung unter Schüler*innen der 4. bis 7. Klasse in Kalifornien vier Items aus Dwecks Acht-Item-Skala ausgewählt (Claro & Loeb, 2019), während bei PISA nur ein Item aus Dwecks Drei-Item-Skala verwendet wurde (OECD, 2021), und bei einer landesweiten Erhebung unter Gymnasiasten in Chile wurden zwei Items aus Dwecks Sechs-Item-Skala verwendet (Claro et al., 2016). Soweit uns bekannt ist, gibt es keine Studien, die eine kurze (z. B. drei Items) oder ultrakurze (ein Item) Messung des Growth Mindset psychometrisch validiert haben, um sie in Umgebungen zu verwenden, in denen der Platz für den Fragebogen stark eingeschränkt ist.

    Es überrascht nicht, dass sich die meisten Studien zu diesem Konstrukt angesichts des Fokus der Growth Mindset auf den Primär- und Sekundärschulbereich konzentrieren und daher Kinder und Jugendliche untersuchen. Auch die oben erwähnten ursprünglichen Messinstrumente für das Growth Mindset wurden für diese Populationen entwickelt und validiert. Die Relevanz des Wachstumsdenkens für Erwachsene wird jedoch häufig betont (siehe Han & Stieha, 2020, für einen Überblick über die jüngsten Anwendungen in der Personalentwicklung). Die wenigen Studien, die das Growth Mindset in Erwachsenenstichproben (in der Regel Studenten) untersuchen, haben einfach die üblichen Items des Growth Mindset wortwörtlich übernommen, ohne ihre Angemessenheit für diese Altersgruppe methodisch zu prüfen (siehe z. B. Midkiff et al., 2017; Thompson et al., 2013).

    Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Forschung zum Growth Mindset derzeit nicht auf einer soliden psychometrischen Grundlage steht. Zusätzlich zu diesem allgemeinen Bedarf an einer weiteren Überprüfung der psychometrischen Qualität der häufig verwendeten Skalen des Growth Mindset besteht auch ein Bedarf an kurzen und ultrakurzen Skalen des Growth Mindset zur Verwendung in der Umfrageforschung - und ein Bedarf an Growth Mindset-Skalen, die valide auf erwachsene Stichproben angewendet werden können.

    Stichproben

    Wir haben Daten aus einer großen multithematischen, vierwelligen Erhebung verwendet, in der mehrere Messinstrumente validiert wurden. Die Erhebung umfasste insgesamt vier Erhebungswellen mit zwei in Deutschland ansässige Stichproben, eine für Jugendliche im Alter von 14-19 Jahren (Stichprobe A), die andere für Erwachsene im Alter von 20-64 Jahren (Stichprobe B). Die Jugendstichprobe war geschlechtsspezifisch quotiert, während die Erwachsenenstichprobe nach Alter, Geschlecht und Bildungsgrad quotiert war, entsprechend dem Mikrozensus 2011. Die Befragung wurde von dem Online-Befragungsanbieter respondi AG durchgeführt. Für die Teilnahme erhielten die Befragten eine geringe finanzielle Vergütung.

    Für die Analysen zum Growth Mindset wurden die Daten der Jugendlichen und Erwachsenen verwendet, die an der zweiten Erhebungswelle (2. bis 21. Februar 2021; N = 365 Erwachsene; N = 362 Jugendliche) teilgenommen haben, in der wir erstmals das Growth Mindset erhoben haben. Ein erneuter Test des Growth Mindset folgte ca. 4 Monate später in der vierten und letzten Erhebungswelle (erhoben zwischen dem 21. Mai und dem 6. Juni 2021; N = 263 Erwachsene; N = 171 Jugendliche). Einige zusätzliche Messwerte, die wir zur Beurteilung des nomologischen Netzwerks der Wachstumsorientierung verwendet haben, wurden ebenfalls in der ersten (21. Januar bis 1. Februar 2021; N = 365 Erwachsene und N = 362 Jugendliche) und dritten (8. März bis 30. März 2021; N = 300 Erwachsene und N = 256 Jugendliche) Erhebungswelle erhoben. Der Median-Abstand zwischen den beiden Erhebungen betrug 109 Tage.

    Für eine unabhängige Bewertung der psychometrischen Eigenschaften unseres vorgeschlagenen Einzelitems haben wir (a) die deutschen Daten von PISA 2018 (OECD, 2020; hier Stichprobe C) analysiert, in denen das gleiche Item anhand von N = 4.235 15-Jährigen bewertet wurde, und das Einzelitem in einer separaten Online-Stichprobe (Stichprobe D) von N = 794 Erwachsenen (erhoben zwischen dem 17. und 26. Februar 2022) bewertet. Die Stichprobe D wies die gleichen Quoten für Geschlecht, Alter und Bildung auf und wurde über denselben Anbieter erhoben wie die ursprüngliche Erwachsenenstichprobe.

     

    Itemanalysen

    Alle Analysen wurden mit der statistischen Software R (R Core Team, 2014) durchgeführt. Es gab keine fehlenden Werte für die Personen, die nicht im Datenaufbereitungsprozess exkludiert wurden.

     

    Wie in Tabelle 2 dargestellt, zeigte ein im Wesentlichen tau-äquivalentes einfaktorielles CFA-Modell mit einem “Maximum Likelihood"-Schätzer (ML) eine gute Passung in der jugendlichen (Stichprobe A) und der erwachsenen Stichprobe (Stichprobe B; z.B. CFI = .985, RMSEA = .094). Alle standardisierten Faktorladungen waren hoch (λ > .75). Die deutschsprachige Version von Item 3 hatte in beiden Stichproben vergleichsweise die niedrigste standardisierte Ladung auf dem gemeinsamen Faktor (.75 in Stichprobe A und .83 in Stichprobe B), während die deutschsprachige Version von Item 2 im Durchschnitt die höchste Ladung hatte (.81 in Stichprobe A und .92 in Stichprobe B).

     

    Tabelle 2

    Konfirmatorische Faktorenanalysen für die Drei-Item-Skala zu Growth Mindset in den verschiedenen Stichproben

     

    X2

    df

    p

    rCFI

    aBIC

    RMSEA (90% CI)

    SRMR

    Stichprobe A

    (Jugendliche)

    7.83

    2

    .020

    .985

    3000.600

    .090 [.032, .158]

    .061

    Stichprobe B

    (Erwachsene)

    6.39

    2

    .041

    .994

    2950.023

    .078 [.017; .146]

    .044

     

    Anmerkung. Das Messmodell war ein im Wesentlichen tau-äquivalentes Ein-Faktor-Modell, bei dem die Faktorladungen aller drei Indikatoren auf Gleichheit beschränkt waren. rCFI = robuster vergleichender Anpassungsindex (robust comparative fit index); aBIC = stichprobenbereinigtes Bayes-Kriterium (sample-size adjusted Bayesian criterion); RMSEA = mittlerer quadratischer Approximationsfehler (root-mean-square error of approximation); CI = Konfidenzintervall; SRMR = standardisiertes Residual des quadratischen Mittelwerts (standradized root-mean-square residual).

    Itemkennwerte

    Der obere Teil der Tabelle 3 zeigt die Mittelwerte, Standardabweichungen und Schiefe der Items der Drei-Item-Skala sowie ihre Reliabilitätskoeffizienten in Form von Cronbachs α und die Test-Retest-Reliabilität über einen Zeitraum von etwa vier Monaten (d. h. 109 Tage im Median). Mittelwerte, Standardabweichungen und Schiefe waren in den jugendlichen und erwachsenen Stichproben (Stichproben A und B) sehr vergleichbar. Auch die Indikatoren für die Reliabilität waren in beiden Stichproben ähnlich. Die internen Konsistenzkoeffizienten waren in beiden Stichproben hoch, mit α = .83 in der jugendlichen Stichprobe und α = .90 in der erwachsenen Stichprobe. Die Test-Retest-Reliabilität, rtt, über einen Zeitraum von 4 Monaten war etwas geringer als die internen Konsistenzen, mit rtt = .67 in der jugendlichen Stichprobe und rtt = .45 in der erwachsenen Stichprobe. Für die Interpretation der rtt ist zu beachten, dass rtt nicht nur die Unzuverlässigkeit (d.h. den klassischen Messfehler), sondern auch die tatsächlichen Veränderungen und Zustandsschwankungen eines Konstrukts widerspiegelt.

     

    Tabelle 3

    Mittelwerte, Standardabweichungen, Schiefe, Kurtosis und Reliabilitäten der Skalen in den verschiedenen Stichproben

     

    Stichprobe

    M

    SD

    Schiefe

    Exzess

     
     

    Drei-Item-Skala

    A

    3.89

    1.01

    -0.19

    -0.14

     

     

    B

    3.73

    1.21

    -0.06

    -0.53

     

    Ein-Item-Skala

    A

    3.96

    1.19

    -0.28

    -0.30

     

     

    B

    3.86

    1.29

    -0.13

    -0.62

     

     

    D

    4.05

    1.35

    -0.29

    -0.56

     

     

    Objektivität

    Da die Drei- und Ein-Item-Skala schriftliche Anweisungen, eine standardisierte Reihenfolge der Items und eine feste Anzahl von beschrifteten Kategorien enthalten, können beide Instrumente objektiv angewendet werden. Growth Mindset-Daten können objektiv ausgewertet werden, weil die Skala von klaren Regeln begleitet wird, die angeben, wie der Skalensummenwert (nur die Drei-Item-Skala betreffend) zu bilden sind. Die beiden Growth Mindset-Skalen können objektiv interpretiert werden, da Referenzwerte (d.h. deskriptive Statistiken einer Quoten-Stichprobe) zur Verfügung stehen.

     

    Reliabilität

    Tabelle 4 zeigt die Reliabilitäten der Growth Mindset-Skala für verschiedene Stichproben. Die interne Konsistenz reichte von gut (α = .83) bis ausgezeichnet (α = .91). Darüber hinaus wurde die Test-Retest-Reliabilität der Skalenwerte mit einer Teilstichprobe ermittelt. Diese Reliabilität war auch für alle Stichproben akzeptabel (von .45 bis .67).

     

    Table 4

    Interne Konsistenz als McDonald's Omega und die Retest-Reliabilität der sechs Facetten des 5DCR

     

    Stichprobe

    Cronbach’s alpha

    Test-Retest-Reliabilität (rtt)

    Drei-Item-Skala

    A

    .83

    .67

    B

    .91

    .45

    Ein-Item-Skala

    A

    .54

    B

    .43

    D

     

     

    Validität

    Um das nomologische Netzwerk der dreiteiligen Growth Mindset-Skala zu untersuchen, haben wir das Maß mit verschiedenen soziodemographischen, psychologischen und Leistungsindikatoren korreliert, die in früheren Validierungsstudien untersucht wurden. Aufgrund früherer Befunde gehen wir - wie in der Einleitung skizziert - von einem weitgehenden Null-Zusammenhang aus. Lediglich bei der Selbst- und Zielregulation deuten meta-analytische Befunde auf geringe positive Zusammenhänge hin.

    Die linke Seite der Tabelle 5 zeigt - getrennt für Jugendliche und Erwachsene - die Zusammenhänge zwischen der dreiteiligen Growth Mindset Scale und soziodemografischen Variablen (Alter, Geschlecht, eigene und elterliche Bildung, Erwerbsstatus, Einkommen), zentralen Persönlichkeitsmerkmalen (Big Five, Selbstregulation, Zielregulation) und Aspekten der Leistung und Fähigkeit (Schulnoten, kristallisierte Intelligenz und fluide Intelligenz). Das Gesamtbild zeigt zwei Dinge: Erstens, und in Übereinstimmung mit unserer Annahme, zeigte ein Growth Mindset meist keine Assoziationen mit den untersuchten soziodemographischen Variablen und Persönlichkeitsmerkmalen (mit einer durchschnittlichen Assoziation von |.07| in der jugendlichen Stichprobe und |.06| in der erwachsenen Stichprobe). Zweitens, und das ist wichtiger für die aktuelle Forschungsfrage, waren die Ergebnisse zwischen Jugendlichen und Erwachsenen sehr vergleichbar (Spaltenvektor-Korrelation nach Anwendung der Fisher's z-Transformation auf die individuellen Korrelationen: r = .73).

    Betrachtet man die Assoziationen mit soziodemografischen Variablen, so bestätigt sich die bisherige Erkenntnis, dass sich Männer und Frauen im Durchschnitt nicht in Bezug auf eine wachstumsorientierte Denkweise unterscheiden. Es gab auch keine großen Altersunterschiede. Außerdem fanden wir keine Auswirkungen der eigenen oder der elterlichen Bildung, was darauf hindeutet, dass der sozioökonomische Hintergrund und das Bildungsniveau in keinem Zusammenhang mit einer wachstumsorientierten Denkweise stehen.

    Die vorliegenden Ergebnisse, wonach die wachstumsorientierte Denkweise sowohl in der jugendlichen als auch in der erwachsenen Stichprobe vernachlässigbare Assoziationen mit den Big-Five-Dimensionen aufweist, stimmen größtenteils mit den Ergebnissen von Zamarro et al. (2016) überein. Der Literatur zufolge sollte ein Growth Mindset positiv mit der Selbst- und Zielregulation zusammenhängen. In der vorliegenden Studie fanden wir keine statistisch signifikanten Beziehungen zu beiden Konstrukten, obwohl die Richtung aller Assoziationen wie angenommen positiv war.

    Die einzigen statistisch signifikanten - wenn auch ebenfalls kleinen - Assoziationen traten bei Leistungs- und Fähigkeitsitems auf, die alle der Mindset-Theorie zuwiderliefen, was darauf hindeutet, dass eine eher fixe Denkweise mit höheren Mathematiknoten, fluider Intelligenz und kristallisierter Intelligenz verbunden war.

     

    Tabelle 5

    Korrelationen der Drei- und Ein-ItemSkala zu Growth Mindset mit soziodemographischen variablen, anderen individuellen Persönlichkeitskonstrukten und Performanz- und Fähigkeitsmaßen

     

    Drei-Item-Skala

    Ein-Item-Skala

     

    Jugendliche

    Erwachsene

    Jugendliche

    Erwachsene

    Konstrukte

    Stichprobe A

    Stichprobe B

    Stichprobe A

    Stichprobe C

    Stichprobe B

    Stichprobe D

    Soziodemographie

     

     

     

     

     

     

    Alter

    .07

    -.01

    .09

     

    -.01

    .02

    Geschlecht

    .03

    .06

    .07

    .03

    .05

    .14

    Bildung (eigen)

    -.11

    -.08

    -.11

     

    -.05

    -.05

    Bildung (Mutter)

    -.12

     

    -.14

    -.01

     

     

    Bildung (Vater)

    -.10

     

    -.11

    -.01

     

     

    Beschäftigungsstatus

     

    -.05

     

     

    -.05

    -.01

    Einkommen

     

    -.06

     

     

    -.05

    -.06

    Persönlichkeit

     

     

     

     

     

     

    Extraversion

    .09

    -.01

    .11

     

    -.01

     

    Verträglichkeit

    .02

    .07

    -.01

     

    .05

     

    Gewissenhaftigkeit

    .12

    .04

    .10

     

    .04

     

    Neurotizismus

    -.06

    -.05

    -.05

     

    -.02

     

    Offenheit

    .05

    .11

    .03

     

    .09

     

    Selbstregulation

    .07

    .07

    .04

     

    .04

     

    Zielregulation

    .04

    .06

    .05

     

    .04

     

    Performanz und Fähigkeiten

     

     

     

     

     

     

    Generelle Schulnote

    -.06

     

    < .01

     

     

     

    Schulnote, Mathematik

    -.14**

     

    -.10

     

     

     

    Schulnote, Deutsch

    -.04

     

    -.02

     

     

     

    Schulnote, Englisch

    -.03

     

    -.07

     

     

     

    Schulnote, Geschichte

    -.10

     

    -.05

     

     

     

    Schulnote, Biologie

    -.03

     

    < .01

     

     

     

    Kristalline Intelligenz

    -.06

    -.12*

    -.02

    .03

    -.07

     

    Fluide Intelligenz

    -.14**

    -.09

    -.16

     

    -.03

     

     

    Anmerkung: Für Geschlecht, Schulnoten und Beschäftigungsstatus repräsentieren höhere Werte weiblich anzugeben, bessere Noten zu haben und selbstständig zu sein. In Stichprobe C (von PISA2018) wurden die aggregierten Werte von den drei Kompetenzdomänen Lesen, Mathematik und Wissenschaft als Repräsentation kristalliner Intelligenz genutzt. *p < .05; **p < .01.

     

    6 Weitere Gütekriterien

     

    Messinvarianz

    Wir testeten die Messinvarianz der Growth Mindset-Skala zwischen Jugendlichen und Erwachsenen einer Mehrgruppen-CFA mit einem “Maximum Likelihood"-Schätzer (ML) für metrische Messinvarianz (vergleichbare Faktorladungen der Skalenitems zwischen den Altersgruppen), skalare Messinvarianz (vergleichbare Intercepts der Skalenitems) und strikte Messinvarianz (vergleichbare Residualvarianzen der Skalenitems). Wie in Tabelle 6 zu sehen ist, ist die dreiteilige Growth Mindset-Skala bei Jugendlichen und Erwachsenen weitgehend messinvariant ist, selbst für die strikte Messinvarianz. Daher können Forschende valide Vergleiche mit dem Mittelwert der manifesten Werte der Growth Mindset-Skala mit drei Items anstellen und aussagekräftige Regressionsanalysen für die beiden Altersgruppen durchführen.

     

    Tabelle 6

    Messinvarianz der Drei-Item-Skala zu Growth Mindset zwischen beiden Altersgruppen repräsentiert in den Stichproben A und B

     

    X2

    df

    p

    rCFI

    aBIC

    RMSEA (90% CI)

    SRMR

    Metrisch

    14.21

    4

    .007

    .991

    5976.612

    .084 [.041; .131]

    .043

    Skalar

    25.23

    6

    < .001

    .983

    5981.152

    .094 [.059; .132]

    .048

    Strikt

    30.13

    9

    < .001

    .972

    5989.873

    .080 [.055; .107]

    .051

     

    Anmerkung. Das Messmodell war ein im Wesentlichen tau-äquivalentes Ein-Faktor-Modell, bei dem die Faktorladungen aller drei Indikatoren auf Gleichheit beschränkt waren. rCFI = robuster vergleichender Anpassungsindex (robust comparative fit index); aBIC = stichprobenbereinigtes Bayes-Kriterium (sample-size adjusted Bayesian criterion); RMSEA = mittlerer quadratischer Approximationsfehler (root-mean-square error of approximation); CI = Konfidenzintervall; SRMR = standardisiertes Residual des quadratischen Mittelwerts (standradized root-mean-square residual).

    Beatrice Rammstedt, GESIS; beatrice.rammstedt@gesis.org

    David J. Grüning, GESIS & Universität Heidelberg; david.gruening@gesis.org

    Clemens M. Lechner, GESIS; clemens.lechner@gesis.org