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Kurzskala Autoritarismus (KSA-3)

  • Autor/in: Beierlein, C., Asbrock, F., Kauff, M., & Schmidt, P.
  • In ZIS seit: 2015
  • DOI: https://doi.org/10.6102/zis228
  • Zusammenfassung: Die KSA-3 erfasst Autoritarismus als übergeordnete Dimension sowie die drei Subdimensionen Autoritäre Aggression, Autoritäre Unterwürfigkeit und Konventionalismus mit insgesamt neun Items bzw. drei ... mehr Items pro Subdimension. Die Kurzskala ermöglicht eine valide, reliable und ökonomische Messung von Autoritarismus in sozialwissenschaftlichen Umfragen bzw. Studien. weniger
    Abstract: The KSA-3 captures authoritarianism as a superordinate dimension as well as the three sub-dimensions authoritarian aggression, authoritarian subservience and conventionalism with a total of nine items ... mehr or three items per sub-dimension. The short scale enables a valid, reliable and economic measurement of authoritarianism in social science surveys and studies. weniger
  • Sprache Dokumentation: deutsch
  • Sprache Items: deutsch
  • Anzahl der Items: 9
  • Reliabilität: .74 bis .86
  • Validität: Hinweise auf inhaltliche Validität, faktorielle Validität, Konstruktvalidität, Kriteriumsvalidität
  • Konstrukt: Autoritarismus
  • Schlagwörter: Einstellung, Autorität, Aggression, Konventionalismus | attitude, authority, aggression, conventionalism
  • Item(s) in Bevölkerungsumfrage eingesetzt: ja
  • URL Webseite: http://www.gesis.org/kurzskalen-psychologischer-merkmale/
  • URL Datenarchiv: http://dx.doi.org/10.4232/1.11753
  • Entwicklungsstand: normiert
    • Instruktion

      Wie beurteilen Sie die folgenden Aussagen?

       

      Items

      Nr.

      Item

      Subskala

      1

      Gegen Außenseiter und Nichtstuer sollte in der Gesellschaft mit aller Härte vorgegangen werden.

      Autoritäre Aggression

      2

      Unruhestifter sollten deutlich zu spüren bekommen, dass sie in der Gesellschaft unerwünscht sind.

      Autoritäre Aggression

      3

      Gesellschaftliche Regeln sollten ohne Mitleid durchgesetzt werden.

      Autoritäre Aggression

      4

      Wir brauchen starke Führungspersonen damit wir in der Gesellschaft sicher leben können.

      Autoritäre Unterwürfigkeit

      5

      Menschen sollten wichtige Entscheidungen in der Gesellschaft Führungspersonen überlassen.

      Autoritäre Unterwürfigkeit

      6

      Wir sollten dankbar sein für führende Köpfe, die uns genau sagen, was wir tun können.

      Autoritäre Unterwürfigkeit

      7

      Traditionen sollten unbedingt gepflegt und aufrechterhalten werden.

      Konventionalismus

      8

      Bewährte Verhaltensweisen sollten nicht in Frage gestellt werden.

      Konventionalismus

      9

      Es ist immer das Beste, Dinge in der üblichen Art und Weise zu machen.

      Konventionalismus

       

      Anmerkung: Eine Ultrakurzversion der Skala wurde im Juli 2015 von den AutorInnen entwickelt und kann über E-Mail bei der Erstautorin angefordert werden: constanze.beierlein@hshl.de

       

      Antwortvorgaben

      5-stufige Antwortskala mit den folgenden Antwortkategorien:

      1 = stimme ganz und gar nicht zu

      2 = stimme wenig zu

      3 = stimme etwas zu

      4 = stimme ziemlich zu

      5 = stimme voll und ganz zu.

       

      Auswertungshinweise

      Für jede Subdimension von Autoritarismus wird ein separater Messwert (Skalenwert) gebildet. Hierzu werden die jeweils drei Items summiert und durch die Anzahl der Items geteilt (siehe Syntax). Die drei Messwerte können zudem zu einem Messwert für die Gesamtskala zusammengefasst werden. Hierzu werden die drei Messwerte addiert und durch drei dividiert. Der Wertebereich der Skalenwerte für die Gesamtskala sowie für die Subdimensionen liegt folglich zwischen 1 und 5.

       

      Anwendungsbereich

      Die KSA-3 wurde als Forschungsinstrument für sozialwissenschaftliche Untersuchungen unterschied­lichster Art und Fragestellung entwickelt. Als Zielgruppe wurde die deutschsprachige Allgemeinbevölkerung ab 18 Jahren gewählt (Ausgenommen sind Personen, deren sprachliche oder kognitive Fähigkeiten oder deren Wahrnehmungsfähigkeiten, z. B. durch Seh- oder Hörschwäche, unzureichend sind, um die Items zu verstehen). Auch die in dieser Publikation berichteten Gütekriterien beziehen sich auf diese Zielgruppe.

      Die KSA-3 kann theoretisch in unterschiedlichen Erhebungsmodi eingesetzt werden. Im Rahmen der Entwicklung und Validierung der Skala wurde die KSA-3 bisher jedoch ausschließlich im Rahmen einer Onlineerhebung verwendet. Vor einem Einsatz der KSA-3 in Mixed-Mode-Designs sollte deshalb unbedingt eine Prüfung der Messinvarianz erfolgen. Eine Vorlage für die Erstellung der Erhebungsunterlagen (Fragebogenformat) ist im Downloadbereich zu finden. Dort sind die Instruktion, die Items und die Antwortskala der KSA-3 aufgeführt. Da die KSA-3 in der im Downloadbereich dargestellten Form validiert wurde, empfehlen wir, diese in dieser Form in die Erhebungsunterlagen zu überneh­men.

       

       

     

    Das psychologische Konstrukt „Autoritarismus“ wurde in den 1950er Jahren in der psychologischen, soziologischen und politikwissenschaftlichen Forschung eingeführt, um konservative und menschen-feindliche Einstellungen beschreiben und Vorurteile, Diskriminierung und Intergruppenkonflikte erklären zu können (Adorno, Frenkel-Brunswik, Levinson & Sanford, 1950). Das Konstrukt Autoritarismus wurde seit dem stetig weiterentwickelt (Duckitt, 1989; Duckitt, Bizumic, Krauss & Heled, 2010; Feldman & Stenner, 1997; Kessler & Cohrs, 2008; Oesterreich, 2005; Stellmacher & Petzel, 2005) und hat sich als einer der stärksten Prädiktoren für generalisierte Vorurteile herausgestellt (z. B. Asbrock, Sibley & Duckitt, 2010; Ekehammar, Akrami, Gylje & Zakrisson, 2004; Lederer & Schmidt, 1995; McFarland, 2010; Sibley & Duckitt, 2008). Die Erklärungskraft von Autoritarismus für Vorurteile, Diskriminierung, Konservatismus und andere Einstellungen ist auch und gerade in Kombination mit weiteren, gruppenbezogenen oder strukturellen Konzepten hoch. Aktuelle Forschung konzentriert sich z. B. auf den Zusammenhang von Autoritarismus und Vorurteilen unter Berücksichtigung von objektiven Indikatoren, wie der Anzahl der Migrantinnen und Migranten oder der Kriminalität in Wohngebieten (Sibley et al., 2013) oder auf den Effekt von Autoritarismus auf die Wahrnehmung von Bedrohung (z. B. Cohrs & Ibler, 2009; Kauff, Asbrock, Thörner & Wagner, 2013; Thomsen, Green & Sidanius, 2008) oder die Wirksamkeit von Intergruppenkontakt (Hodson, Costello & MacInnis, 2013). Dadurch zeigt sich auch aktuell ein Bedarf nach einem validen und reliablen kurzen Messinstrument für Autoritarismus, das in sozialwissenschaftlichen Surveys eingesetzt werden kann. Existierende, kurze Messinstrumente (z.B. die Kurzskala im ALLBUS 1996) hatten sich als weniger geeignet erwiesen.

    Eine erste systematische Auseinandersetzung mit einem individuellen Persönlichkeitsmerkmal, das die Entstehung von Faschismus, Nationalismus und Antisemitismus erklären konnte, wurde von Adorno et al. (1950) in ihrem Werk „The Authoritarian Personality“ vorgenommen. Auf der Basis quan­titativer und qualitativer Studien konzeptualisierten die Autoren eine Persönlichkeitsstruktur, die be­sonders anfällig sei für faschistische Ideologien und Abwertungen von Fremden. Um diese Persön­lichkeitsstruktur erfassen zu können, entwickelten die Autoren unter anderem die „F-Skala“ zur quan­titativen Messung der autoritären Persönlichkeit anhand von neun Dimensionen (die F-Skala erfasst die folgenden neun Dimensionen der autoritären Persönlichkeit: Konventionalismus, Autoritäre Unterwürfigkeit, Autoritäre Aggression, Anti-Intrazeption, Aberglaube und Stereotypie, Machtdenken und Kraftmeierei, Destruktivität und Zynismus, Projektivität, Sexualität). Bereits kurz nach ihrem Erscheinen wurde diese Skala aufgrund ihrer psychometrischen und inhaltlichen Mängel stark kritisiert (s. Stellmacher, 2004, für einen Überblick).

    Neben einigen anderen Arbeiten (z. B. Rokeach, 1954; Oesterreich, 2005) ist vor allem die von Altemeyer (1981, 1988, 1996) entwickelte Revision der autoritären Persönlichkeit als forschungsrele­vante Weiterentwicklung zu nennen. In seiner als Right-Wing-Authoritarianism (RWA)[1] bezeichneten Überarbeitung reduzierte Altemeyer Autoritarismus auf drei der neun von Adorno et al. (1950) etab­lierten Subdimensionen: autoritäre Aggression (durch Autoritäten sanktionierte generelle Aggression gegenüber anderen), autoritäre Unterwürfigkeit (Unterwürfigkeit unter etablierte Autoritäten und gene­relle Akzeptanz ihrer Aussagen und Handlungen) und Konventionalismus (starkes Befolgen etablierter gesellschaftlicher Konventionen).

    Altemeyer (1981, 1996) zufolge genügten diese drei Dimensionen, um das Persönlichkeitsmerkmal RWA zufriedenstellend beschreiben und messen zu können. Im Gegensatz zum psychodynamischen Ansatz von Adorno et al. (1950), demzufolge die Ursache für die autoritäre Persönlichkeit in der frühen Kindheit liegt, versteht Altemeyer RWA als ein in der frühen Jugend sozialisiertes Persönlichkeitsmerkmal. Die von Altemeyer entwickelte RWA-Skala wurde nicht nur von ihm selbst in umfangreichen empirischen Studien eingesetzt (Altemeyer, 1981, 1988, 1996, 1998), sondern hat sich als Messinstrument für Autoritarismus etabliert (Duckitt et al., 2010).

    Anhand der RWA-Skala konnte gezeigt werden, dass Autoritarismus ein deutlicher Prädiktor für Vorurteile ist (z. B. McFarland, 2010; Sibley & Duckitt, 2008). Darüber hinaus konnte belegt werden, dass Personen mit steigender Autoritarismusneigung Bedrohungen ihrer Gruppe oder Kultur stärker wahrnehmen und daraufhin Vorurteile zeigen (z. B. Altemeyer, 1998; Cohrs & Asbrock, 2009; Cohrs & Ibler, 2009; Duckitt & Sibley, 2010). Experimentelle Studien ergaben, dass Autoritarismus durch Bedrohung ansteigen kann (z. B. Asbrock & Fritsche, 2013; Duckitt & Fisher, 2003), was auch durch Analysen von Archivdaten in den USA bestätigt wurde, die in Zeiten größerer Bedrohung stärkere Hinweise auf Autoritarismus fanden (z. B. Statistiken über antisemitische Vorfälle, Erhöhung der Ausgaben für Polizei, Wahlerfolge konservativer Politiker) (Doty, Petersen & Winter, 1991). Diese Flexibilität stellt aber nicht Autoritarismus in Frage, sondern lediglich die Konzeptualisierung als ein stabiles Persönlichkeitsmerkmal. Diese Ergebnisse entsprechen auch dem Ansatz von Feldman und Stenner (1997; Stenner, 2005), nach dem Autoritarismus zunächst nur als autoritäre Prädisposition in Form von Unterwürfigkeit gegenüber Konventionen und Führungspersonen vorliegt und sich erst durch das Auftreten einer kollektiven Bedrohung in einer autoritären Reaktion manifestiert.

    Vor diesem Hintergrund wird Autoritarismus in der Sozialpsychologie heute als stabile ideologische Einstellung verstanden, die zwar auf Persönlichkeitsfaktoren basiert, aber selbst kein Persönlichkeitsmerkmal darstellt. Autoritarismus wird hierbei definiert als „ein System sozialer Einstellungen oder ein ideologischer Ausdruck grundlegender sozialer Werte oder motivationaler Ziele, das bzw. der unterschiedliche, aber miteinander verbundene Strategien für das Erreichen kollektiver Sicherheit auf Kosten individueller Autonomie repräsentiert“ (Duckitt & Bizumic, 2013, S. 842; vgl. Duckitt et al., 2010; Übersetzung durch die Verf.). Sibley und Duckitt (2008) konnten in einer Metaanalyse zeigen, dass RWA negativ mit Offenheit für Erfahrungen und positiv mit Gewissenhaftigkeit korreliert. Zur theoretischen Entwicklung von Autoritarismus trugen weiterhin besonders die gruppenbasierten Modelle von Duckitt (1989) sowie Stellmacher und Petzel (2005) bei. In beiden Ansätzen wird betont, dass Autoritarismus vor allem zur Abwehr von Bedrohungen gegen die Eigengruppe dient. Das primäre Ziel von Autoritären ist demnach der Erhalt der Gruppenkohäsion. Noch weiter geht die Konzeptualisierung von Kessler und Cohrs (2008), die eine evolutionäre Perspektive einnehmen: Unterwürfigkeit gegenüber Gruppenführern, die Orientierung an Werten und Traditionen der Gruppe und Aggression gegenüber denen, die diese Gruppe gefährden, werden als hilfreich für den Erhalt von Gruppen ansehen.

    Obwohl jeder dieser Ansätze von Altemeyers (1981) Konzeptualisierung von Autoritarismus mit drei Subdimensionen ausgeht und entsprechende Messinstrumente zum Teil sogar konstruiert werden, um diese differenziert zu erfassen (Stellmacher & Petzel, 2005; Funke, 2005), wird Autoritarismus in der Regel als ein Gesamtkonstrukt behandelt. In der Forschung häufen sich die Belege dafür, dass die Konzentration auf ein übergeordnetes Konstrukt Besonderheiten der Subdimensionen übersehen kann (z.B. Duckitt et al., 2010; Duckitt & Bizumik, 2013; Feldman, 2003). Auch theoretisch lassen sich  Unterschiede feststellen und unterschiedliche Zusammenhänge mit anderen Konstrukten postulieren. So zeigt beispielsweise die Subdimension Konventionalismus kaum Zusammenhänge zu Vorurteilen (Duckitt & Bizumik, 2013; Feldman, 2003), während autoritäre Aggression sehr deutliche Zusammenhänge zeigt (z.B. Asbrock & Kauff, 2014). Dies geht einher mit Feldmans (2003) Verständnis, nach dem sich Autoritarismus vor allem in den Dimension autoritäre Unterwürfigkeit (als Prädisposition) und autoritärer Aggression (als Reaktion auf Bedrohungswahrnehmung) ausdrückt. Duckitt und Bizumic (2013) zeigen, dass unterwürfige Verhaltensintentionen und Respekt vor Autoritäten nur mit autoritärer Unterwürfigkeit korrelieren, während konformes Verhalten mit Konventionalismus einhergeht. Die Befürwortung von Militäreinsätzen hängt am stärksten mit autoritärer Aggression zusammen (Funke, 2003), religiöser Fundamentalismus am deutlichsten mit Konventionalismus (Mavor, Louis & Laythe, 2011).

    Diese Forschungsergebnisse zeigen, dass die differenzierte Erfassung der drei Subdimensionen einen maßgeblichen Beitrag zur theoretischen Weiterentwicklung von Autoritarismus und zur spezifischeren Vorhersage sozialwissenschaftlich interessanter Variablen leisten kann. Es liegen zwar Studien zum Zusammenhang von Autoritarismus und objektiven Indikatoren, wie z. B. Bildung, Alter und Herkunft (Ost-/Westdeutschland) vor (Schmidt & Heyder, 2000; Lederer & Schmidt, 1995), aber bislang fehlen noch empirische Studien, die objektive Indikatoren, wie z. B. sozioökonomische Merkmale, mit den Subdimensionen von Autoritarismus in Verbindung setzen. Aus diesem Grund sollte eine Kurzskala für Autoritarismus, welche für den Einsatz in sozialwissenschaftlichen Studien vorgesehen ist, auch eine Messung der drei Subdimensionen erlauben.

     

     

     



    [1] Altemeyer betont, dass sein Konzept sich lediglich auf rechtsgerichteten Autoritarismus bezieht und entzieht sich damit der Kritik, dass das Autoritarismuskonstrukt ideologisch voreingenommen formu­liert sei (s. Stellmacher, 2004, für einen Überblick). Forschung zu einem Left-Wing Authoritarianism zeigen bislang, dass dieser nur in sehr spezifischen, extremen Gruppen nachzuweisen ist und demnach keine gesellschaftliche Relevanz besitzt, wie RWA (Altemeyer, 1996; van Hiel, Duriez, & Kossokwska, 2006).

    Itemkonstruktion und Itemselektion

    Ausgangspunkt für die Konstruktion der hier beschriebenen KSA-3 stellen die bisher für den deutschsprachigen Raum entwickelten Messinstrumente zur Erfassung von Autoritarismus dar. Einige dieser Skalen repräsentieren vollständige Übersetzungen der 1981 von Altemeyer vorgelegten und 34 Items umfassenden „Right-Wing-Authoritarianism Skala“ dar. Darüber hinaus wurden Kurzskalen mit vier (Stellmacher, Sommer & Brähler, 2005), neun (Petzel, Wagner, Nicolai & van Dick, 1997) und 12 Items (Funke, 2005) publiziert.

    Die Originalskala von Altemeyer (1981) stellt zwar einen konzeptuellen Fortschritt gegenüber der F-Skala (Adorno et al., 1950) dar, wurde jedoch aufgrund ihrer psychometrischen Schwächen vielfach kritisiert. Als Mängel erwiesen sich unter anderem die uneindeutigen Itemformulierungen und die Doppelladungen auf weiteren Subskalen (z.B. Funke, 2005; Duckitt et al., 2010; Van Hiel et al., 2007). Empirische Studien belegen allerdings, dass die Skala von Altemeyer die erwarteten theoretischen Zusammenhänge von Autoritarismus mit Vorurteilen, Konservatismus, Religiosität, Nationalismus, Fundamentalismus, Bedrohungswahrnehmungen und weiteren Konstrukten aufweist (z.B.  Duckitt, 1993; Duriez & Van Hiel, 2002; Ekehammar, Akrami, Gylje & Zakrisson, 2004; Ratazzi, Bobbio & Canova, 2007; Zakrisson, 2005).

    Das von Funke (2005) entwickelte Messinstrument, das ebenfalls auf der Skala von Altemeyer basiert, wird heute im deutschen Sprachraum am häufigsten eingesetzt. Es geht über die bisher vorgelegten Operationalisierungen hinaus, da es die Subdimensionen von Autoritarismus konzeptionell trennt. Zudem beinhalten die Subskalen Items, die hinsichtlich ihrer Ausrichtung ausbalanciert sind. Leider konnte die Trennung der Subdimensionen empirisch nicht konsistent belegt werden, so dass die Skala meist als Gesamtskala für Autoritarismus verwendet wird (z. B. Cohrs, Kämpfe-Hargrave & Riemann, 2012; Cohrs & Asbrock, 2009; Dhont & Van Hiel, 2011; Imhoff & Bruder, 2014).[2] Ein Kritikpunkt, der auf alle auf Altemeyers Konzeptualisierung beruhenden deutschsprachigen Skalen zutrifft, ist, dass nicht nur Autoritarismus erfasst wird, sondern auch konservative Einstellungen oder Vorurteile (Stellmacher & Petzel, 2005). So werden zum Teil Items verwendet, in denen auf historisch-kontextuelle Sachverhalte Bezug genommen wird (z. B. Einstellung zur Heirat homosexueller Paare, Rolle der Frau in der Gesellschaft). Dies ist insofern problematisch, als dass die RWA Skala häufig als Prädiktor für Konservatismus und Vorurteile Verwendung findet. Durch das Rekurrieren auf historisch bedingte Sachverhalte stellen diese Items weniger gut geeignete Indikatoren dar, da das Konstrukt über sie nicht zeitlich überdauernd valide erfassbar ist.

    Es mangelte bislang an einer Kurzskala, die sowohl inhaltlichen als auch psychometrischen Ansprüchen genügt (vgl. Arbeitsgruppe Qualitätsstandards des RatSWD, 2014). Die vorliegende Arbeit hatte folglich zum Ziel, ein ökonomisches, valides und reliables Messinstrument für die Erfassung der drei Subdimensionen von Autoritarismus im Sinne Altemeyers (1981, 1996) zu entwickeln und zu evaluieren. Die oben genannten Schwächen bisheriger Operationalisierungen sollten bei der Konstruktion der Kurzskala gezielt vermieden werden. Forscherinnen und Forschern soll mit der KSA-3 ein psychologisches Messinstrument zur Verfügung gestellt werden, das erlaubt, die drei Subdimensionen von Autoritarismus in heterogenen bzw. bevölkerungsrepräsentativen Stichproben zu erfassen.

    Als erster Schritt im Rahmen der Skalenentwicklung der Kurzskala Autoritarismus (KSA-3) wurde eine Literaturrecherche in psychologischen Datenbanken (u. a. PsycInfo, PSYNDEX) durchgeführt. Diese hatte zum Ziel, einen Überblick über bereits etablierte theoretische Konzeptionen und Operationalisierungen des Konstrukts Autoritarismus zu erhalten. Das Ergebnis der Literaturrecherche diente als Ausgangspunkt für die Zusammenstellung eines Itempools. Zu den Messinstrumenten, welche die Basis für die Itemselektion lieferten, zählten unter anderem die Skalen von Funke (2005), Cohrs und Asbrock (2009), Petzel et al. (1997) sowie Lederer und Schmidt (1995).

    Auf der Grundlage der vorliegenden Literatur formulierten die Autor/-innen die folgenden Konstrukt-definitionen der drei Subdimensionen von Autoritarismus:

     

    1) Autoritäre Aggression umfasst Verhaltensweisen, die als Sanktionsmaßnahmen auf die psychische und physische Schädigung eines Gruppenmitglieds abzielen, das gegen die Gruppennormen verstoßen hat bzw. die gruppale Ordnung stört. Voraussetzung dabei ist, dass die Aggression als von Autoritäten („Führungspersonen“) legitimiert, unterstützt und verstärkt wahrgenommen wird.

     

    2) Autoritäre Unterwürfigkeit spiegelt wider, dass das eigene Denken und Handeln dem Willen einer sozialen Autorität („Führungsperson“) und sozialen Institutionen untergeordnet wird. Kritische, hinterfragende, rebellische und oppositionelle Gedanken und Meinungen werden abgelehnt. Gleichzeitig werden Einstellungen und Verhaltensvorgaben einer (moralisch) legitimierten Führungsperson nicht in Frage gestellt bzw. unkritisch übernommen.

     

    3) Konventionalismus bezieht sich darauf, dass soziale Normen (gesellschaftlich geteilte Vorschriften für das Verhalten in sozialen Situationen) und moralische Werte in der Gesellschaft nicht hinterfragt bzw. unkritisch übernommen werden. Die Einhaltung dieser Normen ist dabei nicht in erster Linie durch die Führungsperson in der Gruppe gefordert und sanktioniert.

     

    Im nächsten Schritt der Skalenkonstruktion wurden die Items der etablierten Messinstrumente von Expertinnen und Experten im Bereich Autoritarismus bzw. Messung unabhängig voneinander und im Hinblick auf die Messung der drei oben definierten Subdimensionen begutachtet. In Übereinstimmung mit der Kritik anderer Autoren (siehe oben) schlussfolgerten die Expert/-innen, dass die Originalitems etablierter Messinstrumente für Autoritarismus mehrheitlich bedeutsame Probleme aufweisen (z.B. Fremdwörter, doppelte Stimuli innerhalb eines Items, komplexer Satzbau). Diese Probleme wurden als so gravierend eingestuft, dass die Originalitems für die Erfassung des Konstrukts als nicht geeignet eingestuft wurden. Für die Kurzskala wurden deshalb vorhandene Items optimiert bzw. neue Items zur Erfassung der drei Subdimensionen generiert. Der Itempool umfasste schließlich vier bis sieben Items pro Subdimension.

     

    Als Kriterien für die Itemselektion dienten theoretische Überlegungen, statistische Kennwerte, sowie sprachliche Kriterien. Diese Kriterien wurden miteinander kombiniert. Als itemanalytische Kennwerte wurden die Schwierigkeiten, die Varianzen sowie die Trennschärfen der Items herangezogen. Darüber hinaus wurden Höhe und Muster der Faktorladungen der Items im Rahmen einer Exploratorischen Faktorenanalyse überprüft. Danach wurden insbesondere diejenigen Items ausgewählt, welche mittlere Schwierigkeiten, höhere Itemvarianzen und höhere Trennschärfen aufwiesen. Gleichzeitig wurde bei der Itemauswahl die theoretische Breite des Konstrukts berücksichtigt. Items, welche eindeutig hoch auf einem der drei Faktoren für die Subdimensionen luden, und niedrig auf den weiteren beiden Faktoren, wurden ausgewählt.  Um die Schwächen bisheriger Skalen zu umgehen, wurden zudem solche Items bevorzugt, die eine niedrige sprachliche Komplexität aufwiesen (z.B. kürzere Sätze, wenige Nebensätze, eindeutige Begrifflichkeiten). Auf diese Weise sollte die Verständlichkeit der Items erhöht werden.

     

    Stichproben

    Die Entwicklung und Evaluation der KSA-3 erfolgte anhand einer heterogenen Online-Access-Panel-Stichprobe (GESIS Online Panel Pilot, GOPP; siehe Struminskaya, Kaczmirek, Schaurer & Bandilla, 2014). Die Stichprobe wurde in zwei Teilstichproben geteilt, denen die Teilnehmer randomisiert zugewiesen wurden. Teilstichprobe 1 (n1 = 228) diente zur ersten empirischen Prüfung des Itempools und zur Itemselektion. Teilstichprobe 2 (n2 = 223) wurde für die konfirmatorische Prüfung des Messmodells und für weitere Überprüfungen der Skalengüte genutzt. Die Charakteristika der Teilstichproben können Tabelle 1 entnommen werden. Die Grundgesamtheit war definiert als „alle in der Bundesrepublik Deutschland in Privathaushalten lebenden deutschsprachigen Personen ab 18 Jahren“. Die Erhebung erfolgte in zwei Wellen mit einem zeitlichen Abstand von ca. 8 Wochen. An beiden Wellen nahmen insgesamt N = 451 Panelisten teil.

    Tabelle 1

    Charakteristika der beiden Teilstichproben (siehe auch Struminskaya et al., 2014)

     

     

    Teilstichprobe 1

    GOPP U20/U21

    Teilstichprobe 2

    GOPP U20/U21

     

     

    228

    223

    Gelegenheitsstichprobe

    Gelegenheitsstichprobe

    CAWI

    CAWI

     

     

    44.7%

    44.3%

    51.42 (13.40)

    49.00 (15.61)

    8.0%

    8.0%

    23.6%

    26.9%

    68.4%

    65.1%

    Anmerkung: CAWI = Computer Assisted Web Interview.

     

    Variablen und Auswertungsmethode

    Neben der KSA-3 wurden im Rahmen des GESIS Online Panel Pilots soziodemographische Maße, weitere psychologische Messinstrumente sowie einige sozialwissenschaftliche Maße eingesetzt. Die Items zu den soziodemographischen Angaben (Geschlecht, Alter, Bildung) wurden größtenteils den demographischen Standards des Statistischen Bundesamtes (2010) entnommen. Für die Validierung kamen darüber hinaus etablierte Messinstrumente sowie ad hoc entwickelte Skalen, z. B. zur Erfas­sung von Werten (European Social Survey; Schwartz, 2003), der politischen Orientierung (Links-Rechts-Selbsteinstufung; ALLBUS, 2004), der sozialen Dominanzorientierung (Beierlein, Asbrock, Kauff & Schmidt, 2014), der Einstellung zur Religion sowie die selbstberichtete Religiosität (Küpper & Zick, 2006), der Einstellung zu Militäreinsätzen (Gümüs et al., 2012), der Einstellung zu Homosexuel­len (Simon, 2008), von Vorurteilen (Heitmeyer, 2002). Um die psychometrische Güte der konstruierten Skala zu überprüfen, wurden auf der Grundlage der oben beschriebenen Stichproben Kennwerte für die Reliabilität und verschiedene Aspekte der Validität berechnet.

     

    Itemanalysen

    Um erste Hinweise auf die faktorielle Struktur der ausgewählten Items zu erhalten und ggf. eine weitere Kürzung vorzunehmen, wurde eine exploratorische Faktorenanalyse (EFA) durchgeführt. Die Ergebnisse der EFA sind in Tabelle 2 dargestellt. Danach ergibt sich wie erwartet eine dreifaktorielle Struktur, wobei die Items die erwünschte Einfachstruktur aufweisen.


     

    Tabelle 2

    Ergebnisse der Exploratorischen Faktorenanalyse

    (Hauptachsenanalyse, Promax-Rotation; Teilstichprobe 1, n = 228)

    stichStichprobe

    F1

    F2

    F3

    .71

    .86

    .65

    .03

    -.02

    .02

    .07

    -.06

    .01

     

     

     

    .20

    -.04

    -.10

    -.05

    -.05

    .21

    .64

    .87

    .58

     

     

     

    .01

    .08

    -.06

    .45

    .88

    .72

    .10

    -.08

    .05

    Anmerkung: Die Analysen wurden mit SPSS Version 22 durchgeführt. Die höchsten Ladungen pro Item sind fett gedruckt. Stichprobeneignung: Kaiser-Meyer-Olkin (KMO) = .77; Bartlett-Test: χ² = 650, df = 36, p = .001. Empirischer Eigenwerteverlauf in der Teilstichprobe: 1) 3.57, 2) 1.36, 3) 1.24, 4) 0.84, 5) 0.49, 6) 0.45, 7) 0.40, 8) 0.34, 9) 0.32. Zufälliger mittlerer Eigenwerteverlauf (Parallelanalyse, Horn, 1965): 1) 1.31, 2) 1.21, 3) 1.13, 4) 1.057, 5) 0.99, 6) 0.93, 7) 0.86, 8) 0.79, 9) 0.71. Anfängliche kumulative erklärte Varianz der ersten drei extrahierten Faktoren in der Stichprobe: 54.62 %.

     

     

    Itemkennwerte

    Die itemanalytischen Kennwerte der KSA-3-1 sind in Tabelle 3 dargestellt. Über die beiden Teilstichproben hinweg zeigen sich ähnliche Verteilungen der Itemrohwerte. Alle Antwortkategorien der Skala werden von den Befragten genutzt. Eine Ausnahme bildet lediglich Item U3 in Teilstichpro-be 1. Hier wurde die höchste Antwortkategorie nicht gewählt. Insgesamt zeigt sich, dass die Items statistisch signifikante Abweichungen von der Normalverteilung aufwiesen. Die Abweichungen waren jedoch geringfügig.

     

    Tabelle 3

    Deskriptive Statistiken der Items der KSA-3 in den Teilstichproben 1 (n1 = 228) und 2 (n2 = 223) in Welle U20 des GESIS Online Panel Pilots (Struminskaya et al., 2014)

    stichStichprobe

    M

    SD

    Sch

    Kurt

    Min

    Max

    2.69 2.68

    3.05 3.09

    2.52 2.67

    1.13  1.19

    1.19 1.19

    1.07 1.22

    0.07 0.31

    -0.01  -0.11

    0.31 0.33

    -0.75   -0.70

    -0.84   -0.77

    -0.50   -0.83

    1            1

    1            1

    1            1

    5               5

    5               5

    5               5

    2.26  2.24

    0.77 0.76

    0.28 0.30

    -0.49  -0.44

    1        1

    4.67 4.33

    2.92 2.99

    2.07 1.93

    1.79 1.81

    2.58  2.50

    3.27 3.24

    2.44 2.33

    2.02 1.93

    1.06 1.04

    0.94 0.90

    0.82 0.87

    0.76  0.84

    0.98 1.07

    0.99 1.09

    0.86 0.86

    -0.08  -0.12

    0.68 0.74

    0.75 1.05

    0.24 0.23

    -0.19  -0.27

    0.30 0.41

    0.52 0.74

    -0.67   -0.54

    0.11    -0.05

    -0.21   -0.96

    -0.11  -0.10

    -0.19 0.41

    -0.37   -0.74

    -0.17 0.24

    1            1

    1            1

    1            1

    1        1

    1            1

    1            1

    1            1

    5               5

    5               5

    4               5

    5        5

    5               5

    5               5

    5               5

          2.53 2.52

         0.63 0.69

    -0.01 0.20

    0.16    -0.42

    1        1

    4.56 4.11

    Anmerkung: Die Kennwerte aus Teilstichprobe 2 sind fettgedruckt. Sch = Schiefe, Kurt = Kurtosis,
    Min = Minimum, Max = Maximum.

     

     

     

    [2] Neben diesen Skalen wurden auch deutschsprachige Messinstrumente zu alternativen theoretischen Konzeptionen von Autoritarismus, z. B. von Oesterreich (1998), Lederer (1983) und Stellmacher und Petzel (2005) entwickelt sowie eine Kurzskala mit nur drei Items (Schmidt et al. 1995).

    Objektivität

    Unter Objektivität wird der Grad verstanden, in dem eine Messung unabhängig vom Untersucher ist (vgl. Lienert & Raatz, 1998). Diese bezieht sich auf verschiedene Phasen einer Untersuchung: Durchführung, Auswertung und Interpretation. Im Falle eines Face-to-face-Interviews z.B. hängt die Durchführungsobjektivität von dem Interviewer ab, der die Daten erhebt. Sie ist gegeben, wenn dieser sich bei der Vorgabe der Skala an die genauen Instruktionen und den Wortlaut der Items hält. Bei entsprechend geschulten Interviewern ist die Durchführungsobjektivität üblicherweise gewährleistet (Rammstedt, 2010). Auswertungsobjektivität betrifft die numerische und kategoriale Auswertung des Antwortverhaltens der Befragten nach festgelegten Regeln (vgl. Lienert & Raatz, 1998). Diese ist bei der KSA-3 gegeben, da die vorliegende Skalenbeschreibung explizite Regeln zur Auswertung und zur Bildung von Messwerten (Skalenwerten) enthält. Interpretationsobjektivität ist gegeben, wenn die aus den Befragungsergebnissen gezogenen Schlüsse über verschiedene Forscher vergleichbar sind. Zur Maximierung der Interpretationsobjektivität sollte das Wissen der Forscher über die Messintention der Skala und über die Interpretation der quantitativen Messwerte vergleichbar sein (Rammstedt, 2010).

     

    Reliabilität

    Unter der Reliabilität oder Messgenauigkeit einer Skala versteht man den Grad der Genauigkeit, mit dem ein bestimmtes Merkmal erfasst wird (vgl. Lienert & Raatz, 1998). Die Reliabilität wurde separat für die drei Dimensionen der KSA-3 im Rahmen von Strukturgleichungsmodellen (SEM; Jöreskog, 1969) auf Grundlage der Ladungen und Fehlervarianzen der Messmodelle in Teilstichprobe 2 geschätzt. Als Schätzer wurde der Koeffizient ω von McDonald (1999, S. 90) verwendet (siehe auch Composite Reliability nach Raykov, 1997, 2012). Der Koeffizient gibt das Ausmaß an, in dem eine latente Variable (Konstrukt) von den Items geteilte Varianz reflektiert (Krohne & Hock, 2007). Laut Raykov und Marcoulides (2011) weist dieser Schätzer der Reliabilität gegenüber Cronbachs α bedeutsame Vorteile auf. Die Interpretation der Höhe von McDonald ω ist dabei analog zu Cronbach α. Die Schätzer der Reliabilität für die drei Dimensionen der KSA-3 wurden anhand der Ladungen der jeweils drei Items auf dem gemeinsamen Faktor ermittelt. Das Vorgehen erbrachte die folgenden Punkt- und Intervallschätzungen für die Reliabilität der drei Subdimensionen: Autoritäre Aggression, ω = .86 (CI = .81; .89); Autoritäre Unterwürfigkeit, ω = .74 (CI = .67; .79); Konventionalismus, ω = .78 (CI = .72; .83). Dies entspricht einer für Gruppenuntersuchungen ausreichenden Reliabilität. Lediglich bei der Subskala „Autoritäre Unterwürfigkeit“ umfasst das Konfidenzintervall auch Werte unterhalb der kritischen Grenze von .70.

     

    Validität

    Inhaltliche Validität

    Eine Skala ist inhaltlich valide, wenn ein Item das zu messende Konstrukt wirklich bzw. hinreichend präzise abbildet (Bühner, 2011). Eine empirische Prüfung der Inhaltsvalidität ist meist nicht möglich. Um zu überprüfen, ob ein Verfahren inhaltlich valide ist, wird üblicherweise dessen Konstruktion detailliert beleuchtet (Rammstedt, 2010). Die inhaltliche Validität ist gegeben, wenn das zu messende Konstrukt a priori hinreichend definiert und die Items von einem Expertengremium im Hinblick auf ihre Gültigkeit beurteilt werden. Die inhaltliche Validität der KSA-3 wurde gewährleistet, indem die Formulierung der Items eng an den Konstruktdefinitionen der Subdimensionen orientiert war. Darüber hinaus beurteilten die Experten für das Konstrukt Autoritarismus die Repräsentativität der ausgewählten Items als zufriedenstellend.

     

    Faktorielle Validität

    Faktorielle Validität kann als sichergestellt gelten, wenn die Annahmen über die dimensionale Struktur des zu erfassenden Konstrukts überprüfbar sind und belegt werden können. Die faktorielle Validität der KSA-3 wurde auf der Basis von Teilstichprobe 2 (n = 223) mittels konfirmatorischer Faktorenanalysen überprüft. Getestet wurde ein hierarchisches Modell, mit einem (General-)Faktor höherer Ordnung (Autoritarismus) und drei Faktoren erster Ordnung (Autoritäre Aggression, Autoritäre Unterwürfigkeit, Konventionalismus). Jeder Faktor erster Ordnung wurde mit jeweils drei Items gemessen. Es wurden keine korrelierten Fehlervarianzen zugelassen. Die Varianzen der Faktoren wurden auf 1 gesetzt. Als Schätzmethode wurde Robust Maximum Likelihood (MLR) ausgewählt. Die Ergebnisse der Konfirmatorischen Faktorenanalyse sind in Abbildung 1 dargestellt. Die Items der KSA-3 erreichten alle standardisierte Faktorladungen von .58 und höher. Gleichzeitig zeigten sich statistisch signifikante und substanzielle Ladungen der drei Faktoren erster Ordnung auf dem Generalfaktor Autoritarismus. Die globale Modellgüte kann als zufriedenstellend bewertet werden: χ² = 47.22, df = 24, p = .003; CFI = .962; TLI = .942; RMSEA = .067 (CI: .038; .095); SRMR = .043. Dies lässt auf die faktorielle Validität der Kurzskala schließen.

    Grafik_CFA_KSA_3_neuJan2015

    Abbildung 1: Ergebnisse der konfirmatorischen Faktorenanalyse des hierarchischen Messmodells der KSA-3 mit drei Subdimensionen von Autoritarismus (n2 = 223).

    Konstruktvalidität

    Konstruktvalidität ist gegeben, wenn sich der Messwert einer Skala als Indikator für das Merkmal eignet, das mit der Skala gemessen werden soll. Die Eignung wird daran beurteilt, wie gut sich die Skala im Hinblick auf Hypothesen, die sich aus dem Modell des zu erfassenden Merkmals ableiten lassen, empirisch bewährt. Bei der Konstruktvalidierung werden anhand theoretischer Überlegungen positive, negative und Nullbeziehungen einer zu validierenden Skala mit anderen empirischen Indikatoren postuliert (nomologisches Netzwerk) und getestet, ob sich das vorhergesagte Muster empirisch belegen lässt (Krohne & Hock, 2007). Um Hinweise auf die Konstruktvalidität der KSA-3 zu erhalten, wurden Korrelationen mit solchen Konstrukten berechnet, welche im nomologischen Netzwerk mit Autoritarismus theoretisch in Beziehung stehen. In Tabelle 4 sind die über Produkt-Moment-Korrelationsanalysen ermittelten Validitätskoeffizienten der KSA-3 aufgeführt. Die praktische Bedeutsamkeit der im Folgenden berichteten empirisch ermittelten Validitätskoeffizienten aus Teilstichprobe 2 wird nach den Richtlinien von Cohen (1992) vorgenommen: kleiner Effekt (r = .10), mittlere Effekt (r = .30), starker Effekt (r = .50).

     

    Tabelle 4

    Validitätskoeffizienten der KSA-3 (Teilstichprobe 2, n2 = 223)

     

     

    Autoritarismus

    Konstrukt

     

    KSA-3

    Autoritäre   Aggression

    Autoritäre   Unterwürfigkeit

    Konventionalis-mus

    .82**

    -

    .38**

    .40**

    .73**

    .38**

    -

    .41**

    .77**

    .40**

    .41**

    -

    .37**

    .40**

    .22**

    .21**

    .30**

    .30**

    .28**

    .11

    .34**

    .29**

    .26**

    .24**

    .58**

    .40**

    .48**

    .49**

    .49**

    .31**

    .29**

    .54**

    .65**

    .54**

    .44**

    .52**

    -.19**

    -.17*

    -.14*

    -.12

    .15*

    .18**

    .16*

    -.02

    .18**

    .17*

    .15*

    .09

    .27**

    .15*

    .27**

    .24**

    .18**

    .06

    .22**

    .18**

    .22**

    .17*

    .20**

    .15*

    .52**

    .54**

    .29**

    .34**

    .48**

    .48**

    .27**

    .34**

    Anmerkung: KSA-3 = Gesamtskalenwert, *p < .05; ** p < .01. Die Validitätskoeffzienten stellen bivariate Korrelationen der Variablen auf manifester Ebene dar. 1 Diese Daten basieren auf der Erhebung in Welle U20 des GESIS Online Panel Pilot (September 2014); 2 Diese Daten auf der Erhebung in Welle U21 des GESIS Online Panel Pilot (November 2014).

     

    Zunächst wurden die Korrelationen der drei Subdimensionen untersucht. Hier zeigte sich erwartungsgemäß, dass alle drei Subdimensionen statistisch signifikant und in mittlerer Stärke miteinander korreliert waren (r = .38 bis r = .41; siehe Tabelle 4, sowie Abschnitt zur Faktoriellen Validität oben). Autoritarismus wird häufig herangezogen, um konservative politische Orientierungen zu beschreiben (z. B. Jost, Glaser, Kruglanski & Sulloway, 2003). In Übereinstimmung mit dieser Annahme und im Sinne der konvergenten Validität der KSA-3 zeigten sich positive Korrelationen mit der Links-Rechts-Selbsteinstufung. Dies galt sowohl für die Gesamtskala (r = .37, p <.01) als auch für die drei Subdimensionen (Autoritäre Aggression: r = .40, p <.01; Autoritäre Unterwürfigkeit: r = .22, p <.01, Konventionalismus: r = .20, p <.01). Der Vergleich der Fischer-Z transfomierten Korrelationskoeffzienten aus einer abhängigen Stichprobe (vgl. Eid, Gollwitzer & Schmitt, 2013, S. 548f.) ergab, dass die Korrelation der Subskala Autoritäre Aggression mit der Links-Rechts-Skala statistisch signifikant stärker ausfiel als die Korrelation der Subdimension Autoritäre Unterwürfigkeit (z = 2.575, p = .005) bzw. Konventionalismus (z = 2.757, p = .003) mit dem Validitätskriterium.

    Systematische Beziehungen der KSA-3 ergaben sich auch auf Werteprioritäten der Befragten. Im Wertemodell von Schwartz (1992, 1994; Schwartz & Boehnke, 2004) werden häufig die Werte Konformität, Tradition und Sicherheit als Conservation-Werte zusammengefasst. Die drei Werte drücken alle das motivationale Ziel aus, Bestehendes zu bewahren und die Bedürfnisse des Einzelnen den Bedürfnissen der Eigengruppe unterzuordnen (Schwartz & Boehnke, 2004; Schwartz et al., 2012). Diese grundlegende Motivation stimmt mit konservativen politischen Überzeugungen überein. Auch im Hinblick auf die Conservation-Werte zeigten sich die erwarteten Beziehungen mit der KSA-3. Die Gesamtskala war stark mit der persönlichen Priorität von Sicherheits-, Konformitäts- und Traditionswerten assoziiert (r = .65, .68 bzw. 49, alle p <.01). In Übereinstimmung mit den theoretischen Annahmen korrelierte die Subskala „Konventionalismus“ im Vergleich zu den beiden anderen Subdimensionen am stärksten mit Traditionswerten nach Schwartz (r = .54, p <.01; z [Autoritäre Unterwürfigkeit] = 3.918, p < .001; z [Autoritäre Aggression] = 3.597, p < .001). Traditionswerte teilen mit Konventionalismus die Betonung, dass das Individuum ein Verpflichtungsgefühl gegenüber gesellschaftlichen, kulturellen bzw. religiösen Bräuchen und Gepflogenheiten verspürt.

    Im Hinblick auf die diskriminante Validität der Skala zeigte sich, dass die Korrelationen der Gesamtskala und der Subskalen mit den Werten Universalismus bzw. Leistung und Macht deutlich geringere Effektstärke aufwiesen im Vergleich zu Korrelationen mit den Conservation-Werten (siehe Tabelle 4). Universalismus-Werte, welche die Orientierung am Gemeinsinn und die Förderung des Wohlbefindens anderer Menschen betonen, bilden eine andere, unabhängige Wertedimension ab als die Conservation-Werte und waren (außer mit Konventionalismus) systematisch negativ mit Autoritarismus korreliert. Einzelne, schwach positive Korrelationen zeigten sich zwischen der KSA-3 und den Werten Leistung und Macht (siehe Tabelle 4).[3] Diese differenziellen Befunde zu den Beziehungen mit den Schwartz-Werten stimmen mit den Annahmen des Dual-Process-Modells von Duckitt (2001) überein. Danach sagen sowohl Autoritarismus als auch Soziale Dominanzorientierung negative Einstellungen zu Fremdgruppenmitgliedern vorher, allerdings liegen den beiden Einstellungssystemen unterschiedliche Motivationen zugrunde. Autoritarismus wird dabei, wie beschrieben, stärker mit Conservation-Werten in Verbindung gebracht, wohingegen die soziale Dominanzorientierung mit dem Wunsch nach sozialer Anerkennung über Machtbesitz und Leistungsdemonstration korreliert. Diese Werte schließen das Bedürfnis nach hierarchischen Beziehungen zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen in der Gesellschaft mit ein (Cohrs, Moschner, Maes & Kielmann, 2005).  Ähnlich wie in Schwartz Wertekreismodell sind auch die beiden Einstellungssysteme als theoretisch weitgehend unabhängig voneinander konzeptualisiert. Im Rahmen der vorliegenden Studie wurde deshalb überprüft, inwiefern die neue Kurzskala zu Autoritarismus gemeinsame Varianz mit einer SDO-Skala teilt. In der Studie ergaben sich mittelstarke positive Korrelation der Gesamtskala KSA-3 sowie deren Subskalen mit zwei Aspekten der Sozialen Dominanzorientierung (Dominanz und [Anti]-Egalitarismus, Beierlein et al., 2014, siehe auch Tabelle 4). Eine Ausnahme bildete lediglich die Korrelation von Konventionalismus und Dominanz, die nicht statistisch signifikant wurde (r = .11, p = .12). Diese Befunde überraschen, da die wenigen vorherigen Studien zum Zusammenhang von Autoritarismus und den Subdimensionen der sozialen Dominanzorientierung höhere Korrelationen zwischen Autoritarismus und Dominanz fanden als zwischen Autoritarismus und Egalitarismus (Cohrs et al., 2005; Kugler, Cooper & Nosek, 2010).

     

    Kriteriumsvalidität

    Zunächst wurde der Zusammenhang zwischen den soziodemographischen Variablen Geschlecht, Bildung und Alter und der KSA-3 überprüft. Hierzu wurde eine MANOVA gerechnet, in der die drei soziodemographischen Variablen als Unabhängige Variablen und die drei Autoritarismus-Subdimensionen als Abhängige Variablen aufgenommen wurden. Unter Verwendung von Hotellings Spur Statistik zeigte sich, dass die Variablen Bildung (d.h. Anzahl der Schuljahre) und Alter einen statistisch signifikanten Effekt auf die Ausprägungen in den drei Variablen hatten (T Bildung = 0.223, F [6, 396] = 7.346, p < .001, η²partiell = .069; T Alter = 0.074, F [3, 199] = 4.894, p = .003, η²partiell = .10). Die Höhe der Bildung wirkte sich dabei auf alle Subdimensionen von Autoritarismus aus (Autoritäre Aggression: F [2, 201] = 9.463, p < .001; Autoritäre Unterwürfigkeit: F [2, 201] = 13.907, p < .001; Konventionalismus: F [2, 201] = 9.964, p < .001). Mit steigendem Bildungsniveau nimmt die Neigung zu autoritären Einstellungen ab.  Demgegenüber hatte das Alter lediglich einen statistisch signifikanten Effekt auf die Höhe zweier Subdimensionen (Autoritäre Aggression: F [1, 201] = 0.002, p = .965; Autoritäre Unterwürfigkeit: F [1, 201] = 4.275, p = .04; Konventionalismus: F [1, 201] = 9.964, p < .001). Ein höheres Alter ging demnach mit einer stärkeren Konventionalismus-Neigung und einer geringeren Neigung zu Autoritärer Unterwürfigkeit einher. Das Ergebnis hinsichtlich Konventionalismus als Teilaspekt von Autoritarismus entsprechen bisherigen Befunden (Cornelis, van Hiel, Roet & Kossowska, 2009; Schmidt & Heyder, 2000). Studien zum Zusammenhang der Subdimensionen mit demographischen Variablen fehlen allerdings nach Kenntnis der Autoren bisher.

    Systematische Beziehungen der KSA-3 bzw. ihrer Subdimensionen konnten auch zu sozialwissenschaftlichen Inhaltsvariablen nachgewiesen werden. Dies gilt zum Beispiel für Korrelationen der KSA-3 und ihrer Subdimensionen mit der selbstberichteten Religiosität (r = .27, p <.01) und der Einstellung zur eigenen Religion als die „wahre“ Religion (r = .18, p <.01). Hier zeigte sich, dass die KSA-3 schwach bis mittelstark mit beiden Variablen korreliert war. Dies bedeutet, dass Personen, die sich selbst als religiöser beschrieben und ihre eigene Religion eher als „die wahre“ Religion ansahen, gleichzeitig eher autoritäre Einstellungen aufwiesen. Ausschlaggebend für die Zusammenhänge der KSA-3 mit diesen beiden Variablen waren insbesondere die Höhe der Messwerte auf den beiden Subskalen Autoritäre Unterwürfigkeit und Konventionalismus. Dies entspricht weitgehend früheren Befunden (vgl. Mavor et al., 2011).

    Im Hinblick auf Einstellungen zu Militäreinsätzen befürworteten Personen mit stärkeren autoritären Einstellungen gemessen mit der KSA-3 eher Militäreinsätze als Mittel der Politik als Personen mit geringerer autoritärer Einstellung (Gesamtskala: r = .22, p < 01). Im Gegensatz zu früheren Studien zeigten sich hier jedoch keine bedeutsamen Unterschiede in den Korrelationen der drei Subdimensionen mit der Einstellung zu Militäreinsätzen (vgl. Funke, 2003). Wie erwartet ging das mit der KSA-3 erfasste Autoritarismus-Einstellungssystem auch mit Vorurteilen gegenüber Minderheiten (d.h. Migrant/-innen, Homosexuellen) einher. Dieses Ergebnis scheint insbesondere auf die Höhe der Autoritären Aggression zurückführbar zu sein: Diese Subdimension korrelierte in Teilstichprobe 2 am höchsten mit den beiden Vorurteilsmaßen (r = .54 bzw. .48, p < .01). Diese Befunde entsprechen denjenigen früherer Studien (Asbrock & Kauff, 2014; Duckitt & Bizumic, 2013; Feldman, 2003).


     

     

    [3]       Es wurden mehrere Vergleiche durchgeführt, bei denen die Korrelationen der KSA-3 mit einzelnen Werten Conservation und Self-Enhancement bzw. Self-Transcendence-Werten kontrastiert wurden. Die Ergebnisse nach Fisher's-Z-Transformation und Vergleich bei abhängigen Stichproben ergaben für die Vergleiche zwischen den Korrelationen folgende z-Werte: KSA-3 mit Konformität und Universalismus: 8.495, p < .001, mit Tradition und Universalismus: 7.772, p < .001, mit Sicherheit und Universalismus: 9.6120, p < .001, mit Konformität und Power: 5.102, p < .001, mit Tradition und Power: 3.93, p < .001, mit Sicherheit und Power: 6.825, p < .001, mit Konformität und Achievement: 5.219, p <.001, mit Tradition und Achievement: 3.548, p <.001, mit Sicherheit und Achievement: 6.3, p <.001.