Items
Nr. |
Item |
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1 |
Nun geht es um Ihre allgemeine Lebenszufriedenheit. Wie zufrieden sind Sie gegenwärtig, alles in allem, mit Ihrem Leben? |
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Antwortvorgaben
Für die Antworten der Befragungsperson steht eine elfstufige Ratingskala zur Verfügung. Die Antwortkategorien der L-1 reichen von "überhaupt nicht zufrieden" (0) bis "völlig zufrieden" (10).
Auswertungshinweise
Der Messwert (Skalenwert) für die individuelle Ausprägung der Befragungsperson in der Allgemeinen Lebenszufriedenheit ergibt sich aus dem Itemrohwert. Da die L-1 aus nur einem Item besteht, stellt die Antwort der Befragungsperson auf das Item gleichzeitig den Skalenwert dar. Der Wertebereich des Skalenwerts liegt zwischen 0 und 10 (für Referenzwerte siehe Tabelle 4)
Anwendungsbereich
Die Kurzskala Lebenszufriedenheit-1 (L-1) wurde entwickelt, um eine ökonomische Messung des psychologischen Merkmals Allgemeine Lebenszufriedenheit in sozialwissenschaftlichen Untersuchungen zu ermöglichen, die trotz der Kürze der Skala eine ausreichend reliable und valide Messung erlaubt.
Als Zielgruppe wurde die deutschsprachige Allgemeinbevölkerung ab 18 Jahren gewählt (ausgenommen sind Personen, deren sprachliche oder kognitive Fähigkeiten oder deren Wahrnehmungsfähigkeiten, z. B. durch Seh- oder Hörschwäche, unzureichend sind, um die Items zu verstehen). Auch die in dieser Publikation berichteten Gütekriterien beziehen sich auf diese Zielgruppe (siehe Abschnitt Gütekriterien).
Die L-1 kann prinzipiell in unterschiedlichen Erhebungsmodi eingesetzt werden. Im Rahmen der Entwicklung und Validierung der Skala haben wir diese im CAPI-Modus (Computer Assisted Personal Interview), im CAWI-Modus (Computer Assisted Web Interview) und in Papierform (Selbstausfüller) eingesetzt. Diener et al. (2013) geben hierbei zu bedenken, dass sich der Erhebungsmodus über die soziale Erwünschtheit auf die selbstberichtete Lebenszufriedenheit auswirken kann. Vor einem Einsatz der L-1 in Mixed-Mode-Designs sollte allerdings eine Prüfung der Invarianz erfolgen.
Die Durchführungszeit der L-1 im CAPI-Modus setzt sich aus dem Vorlesen des Items durch den Interviewer und die Beantwortung durch die Befragungsperson zusammen. In 75% der CAPI-Interviews dauert die Durchführung 23 Sekunden oder weniger (Perzentil75 = 22.5; Stichprobe 3). Die Durchführungsdauer in den anderen getesteten Erhebungsmodi war vergleichbar.
In den 1960er und 1970er Jahren stand die Erfassung objektiver Sozialindikatoren zur Beschreibung der Lebensqualität im Mittelpunkt sozialwissenschaftlicher Surveyforschung. Anfang der 1980er Jahre jedoch rückte die subjektive Beurteilung der Lebensqualität durch die Befragten selbst in den Fokus der Sozialindikatorenforschung (Wagner, 2007; siehe auch Diener, Inglehart & Tay, 2013). Das Konzept der allgemeinen Lebenszufriedenheit wurde als ein interessanter, interdisziplinär relevanter Indikator für die Lebensqualität entdeckt. Messinstrumente zur Erfassung der allgemeinen Lebenszufriedenheit sowie domainspezifischer Aspekte der Lebenszufriedenheit (mit Bezügen auf den Arbeitskontext, die Partnerschaft, die Gesundheit u.a.) wurden seit Ende der 1970er Jahren in deutschen Wohlfahrtssurveys eingesetzt (Glatzer & Zapf, 1984). Heute wird die allgemeine Lebenszufriedenheit regelmäßig in mehreren bevölkerungsrepräsentativen, sozialwissenschaftlichen Umfragen erhoben (z.B. SOEP, ALLBUS, GESIS Panel, Pairfam, ISSP, HILDA).
Die Lebenszufriedenheit wird als Teil des Konzepts des subjektiven Wohlbefindens verstanden. Diener (1984, 2001) zufolge besteht das subjektive Wohlbefinden aus drei Komponenten: positiver Affekt, negativer Affekt und Lebenszufriedenheit. Die ersten beiden Komponenten beziehen sich auf die emotionalen Komponenten des subjektiven Wohlbefindens. Die dritte Komponente, die Lebenszufriedenheit, wird als ein kognitiver Bewertungsprozess des eigenen Wohlbefindens bezeichnet (Diener, et al., 1985; Pinquart & Sörensen, 2000). Sie lässt sich damit von affektiven Maßen der Lebensqualität (Freude, positiver und negativer Affekt, positive Stimmung, gute Laune) abgrenzen (Dette, 2005, S. 37). In einer Metaanalyse konnten DeNeve und Cooper (1998) zudem zeigen, dass die Lebenszufriedenheit die Traitkomponente des subjektiven Wohlbefindens und positiver/negativer Affekt die Statekomponente repräsentiert. Die Lebenszufriedenheit bezieht sich auf eine globale Einschätzung der Lebensqualität entsprechend selbstgewählten Kriterien (Shin & Johnson, 1978). Heller, Judge und Watson (2002) beschreiben sie als eine summarische Bewertung aller Anteile des eigenen Lebens.
Seit den 1970er Jahren wurde eine Vielzahl von Messinstrumenten zur Erfassung der allgemeinen Lebenszufriedenheit entwickelt. In sozialwissenschaftlichen Surveys werden in der Regel Skalen mit einem Item verwendet. Die Befragten werden dabei z.B. gebeten, ihr Leben insgesamt auf einer Skala von "sehr zufrieden" bis "sehr unzufrieden" einzustufen. Die Operationalisierung (Itemwortlaut, Bezeichnung der Antwortkategorien sowie deren Anzahl) unterscheidet sich jedoch zwischen den Surveys. Diener (1984) kritisierte die Messung der allgemeinen Lebenszufriedenheit über Ein-Item-Skalen. Die Varianz dieser Skalen werde durch die Formulierung des Items stark beeinflusst. Andere Forscher fanden, dass durch die Messung der Lebenszufriedenheit mit nur einem Item die Effektstärke der Korrelationen mit soziodemographischen Variablen (z.B. Alter, Geschlecht) reduziert sein kann (Pinquart & Sörensen, 2000). Außerdem sei die Berechnung von Koeffizienten der internen Konsistenz im Sinne der Reliabilitätsschätzung nicht möglich. Vor diesem Hintergrund werden auch Multi-Item-Skalen für die Messung der allgemeinen Lebenszufriedenheit verwendet (z.B. Andrews, & Robinson, 1991). Diener, Emmons, Larsen und Griffin (1985) konstruierten eine fünf Items umfassende Skala zur Beurteilung der globalen Lebenszufriedenheit (Satisfaction With Life Scale, SWLS).
Insgesamt erweist sich die Lebenszufriedenheit als ein relativ stabiles Konstrukt (Lucas & Donnellan, 2012). Bei der Messung der allgemeinen Lebenszufriedenheit über Single-Item-Skalen weist das Konstrukt eine niedrigere Stabilität auf als bei Multi-Item-Skalen. Allerdings ist die Höhe der Stabilität für Gruppenvergleiche insgesamt akzeptabel (Michalos & Kahlke, 2010).
Empirische Studien belegen, dass die allgemeine Lebenszufriedenheit systematisch und theoretisch begründet mit (weiteren) psychologischen und sozialwissenschaftlichen Variablen kovariiert. So steht die Lebenszufriedenheit in positivem Zusammenhang mit den Big-Five-Dimensionen Extraversion und Offenheit, wohingegen die Big Five-Dimension Neurotizismus in negativem Zusammenhang mit der Lebenszufriedenheit steht (DeNeve & Cooper, 1998). Gleichzeitig geht sie mit Optimismus und selbstbezogenen Kognitionen wie dem Selbstwert und der Selbstwirksamkeitserwartung einher (Judge, Bono, Erez & Locke, 2005). Sie lässt sich jedoch auch theoretisch und empirisch von diesen Konstrukten abgrenzen. Studienergebnisse mit Gesundheitsindikatoren zeigen, dass die Lebenszufriedenheit beim Vorkommen von psychischen und physischen Beeinträchtigungen geringer ist (Glaesmer, Grande, Braehler & Roth, 2011; Heidl, Landenberger & Jahn, 2012; Watten, Vassend, Myhrer & Jon-Lars, 1997). In Bezug auf soziale Einflüsse auf die Lebenszufriedenheit konnte gezeigt werden, dass die wahrgenommene Unterstützung durch Familie, Freunde und Nachbarn positiv mit der selbstberichteten Lebensqualität assoziiert ist. Je häufiger die sozialen Kontakte, desto höher auch die Lebenszufriedenheit (Glaesmer et al., 2011). Pinquart und Sörensen (2000) weisen darauf hin, dass die Qualität der sozialen Kontakte dabei einen stärkeren Einfluss auf die Lebenszufriedenheit hat als die Quantität der Kontakte. Diese Befunde werden unterstützt durch die Beobachtung, dass Verheiratete eine höhere Lebenszufriedenheit angeben als Verwitwete, Geschiedene oder Singles (Lucas, Clark, Georgellis & Diener, 2003). Soziale und arbeitsbezogene Lebensereignisse haben darüber hinaus einen systematischen Effekt auf die Lebenszufriedenheit, der sich jedoch für Männer und Frauen unterscheidet (Clark, Diener, Georgellis & Lucas, 2003). Neben den sozialen Ressourcen stehen auch materielle Ressourcen mit der wahrgenommenen Lebenszufriedenheit in Verbindung. Diener, Sandvik, Seidlitz und Diener (1993) fanden, dass ein Anstieg des absoluten Einkommens mit der selbstberichteten Lebenszufriedenheit einhergeht (vgl. auch Pinquart & Sörensen, 2000). Der Zusammenhang könnte jedoch auch nichtlinearer Natur sein, in dem die Rate des Anstiegs der Lebenszufriedenheit mit zunehmender Einkommenshöhe abnimmt (Bulmahn, 2002).
In mehreren Studien wurden zudem Beziehungen zwischen soziodemographischen Merkmalen und der Lebenszufriedenheit untersucht. Häufig wird ein positiver Zusammenhang zwischen Bildungsstand und Lebenszufriedenheit berichtet (z.B. Pinquart & Sörensen, 2000; Witter, Okun, Stock & Haring, 1984). Diener und Suh (1998) fanden heraus, dass die Lebenszufriedenheit über die Lebenszeit bzw. die Altersgruppen hinweg weitgehend stabil bleibt. Heidl et al. (2012) zeigen positive Zusammenhänge zum Alter auf, allerdings ist dabei der subjektive Gesundheitszustand zu berücksichtigen. Glaesmer et al. (2011) berichten statistisch signifikante Geschlechtsunterschiede insofern, dass Männer höhere Lebenszufriedenheiten berichteten. Allerdings waren die Effektstärken gering. Die Ergebnisse sprechen vielmehr dafür, dass sich Männer und Frauen in Bezug auf die Höhe der berichteten Lebenszufriedenheit in der Population nicht systematisch unterscheiden. Angelini, Cavapozzi, Corazzini & Paccagnella (2013) geben hierbei zu bedenken, dass Gruppenunterschiede in einzelnen Stichproben durch methodische Artefakte wie den unterschiedlichen Umgang mit der Antwortskala bedingt sein können.
Itemkonstruktion und Itemselektion
Der L-1 liegt eine in der psychologischen Forschung weit verbreitete Konstruktdefinition von allgemeiner Lebenszufriedenheit zugrunde, nach der sich die allgemeine Lebenszufriedenheit als ein kognitiver Bewertungsprozess der eigenen Lebensqualität beschreiben lässt (Diener et al., 1985). Ausgangspunkt für die Entwicklung der Kurzskala war die Operationalisierung der Allgemeinen Lebenszufriedenheit im Rahmen der sozialwissenschaftlichen Quality of Life-Forschung. Das Einzelitem basiert auf dem im SOEP etablierten Messverfahren und wurde weiter verbessert: Anstelle einer bipolaren Antwortskala wurde eine unipolare Antwortskala gewählt. Darüber hinaus wurde die optimale Anzahl von Antwortkategorien überprüft. Die L-1 wurde in mehreren umfangreichen alters-, geschlechts- und bildungsheterogenen Stichproben vorgegeben, um die psychometrischen Gütekriterien zu ermitteln.
Die Erfassung der Allgemeinen Lebenszufriedenheit stand im Fokus. Die Entwicklung einer oder mehrerer Messinstrumente für die Messung domainspezifischer Aspekte der Lebenszufriedenheit wurde nicht angestrebt. Vielmehr sprechen die dargestellten Befunde dafür, dass die Allgemeine Lebenszufriedenheit als globale Bewertung der Lebensqualität einen wertvollen Beitrag für die Prädiktion und Deskription sozialwissenschaftlicher Inhaltsvariablen leisten kann. Eine weitere Differenzierung der Messung schien an dieser Stelle deshalb nicht nötig.
Ausgangspunkt für die Skalenentwicklung der L-1 war die erstmals im Jahre 1978 im Wohlfahrtsstaatsurvey und anschließend im SOEP eingesetzte Einzelitem-Skala zur Messung der Lebenszufriedenheit (Wagner, 2007). Die Operationalisierung im SOEP beinhaltet dabei folgenden Itemwortlaut: "Wie zufrieden sind Sie gegenwärtig, alles in allem, mit Ihrem Leben?". Die Befragten werden gebeten, die Frage auf einer bipolaren, 11-stufigen Antwortskala mit den Endpunkten (0) "ganz und gar unzufrieden" und (10) = "ganz und gar zufrieden" zu beantworten. Neben der 11-stufigen Antwortskala werden häufig 7-stufige Antwortskalen zur Messung der Allgemeinen Lebenszufriedenheit verwendet (z.B. British Household Panel Study, International Social Survey Programme, The Household, Income, and Labor Dynamics in Australia Study; Lucas & Donellan, 2012; Kroh, 2006).
Kroh (2006) hat die im SOEP realisierte Single-Item-Skala zur Erfassung der Allgemeinen Lebenszufriedenheit in Bezug auf die Anzahl der Antwortkategorien hin systematisch untersucht. Seine Befunde zeigen, dass die 11-stufige Antwortskala der 7-stufigen Alternative in Bezug auf die Reliabilität und die Validität überlegen ist. Die 11-stufige Antwortskala erlaubt darüber hinaus eine differenziertere Messung im hohen bzw. niedrigen Merkmalsbereich (Stichwort: Decken- bzw. Bodeneffekte). Surveyforscher weisen jedoch darauf hin, dass die kognitive Belastung des Befragten mit der Anzahl der Antwortkategorien zunimmt (Krosnick & Presser, 2010; Maitland, 2009). Vor diesem Hintergrund wurden in der vorliegenden Arbeit beide Antwortskalen-Alternativen miteinander verglichen (vgl. Tabelle 3, Stichprobe 2).
Zunächst wurde eine Modifikation des SOEP-Einzelitems zur Allgemeinen Lebenszufriedenheit vorgenommen: Es wurde in Stichprobe 1 eine unipolare 7-stufige anstelle einer biploaren 11-stufigen Antwortskala verwendet. Auf Basis von Stichprobe 1 wurde eine Item- bzw. Verteilungsanalyse der Itemrohwerte der Itemversion mit 7-stufiger Antwortskala vorgenommen (Zentrale Tendenz, Streuung, Schiefe, Exzess). Die Ergebnisse der Itemanalyse aus Stichprobe 1 (sowie den weiteren Stichproben) sind in Tabelle 3 dargestellt. Wie erwartet, ist die Verteilung der Itemrohwerte linksschief. Das Item hat folglich einen hohen Schwierigkeitsindex. Dies bedeutet, dass es den Befragten leicht fällt, dem Item im Sinne des Konstrukts zuzustimmen. Durch die eingeschränkte Streuung im oberen Merkmalsbereich ist die Differenzierbarkeit zwischen Personen mit Merkmalsunterschieden bei hohen Ausprägungen der Lebenszufriedenheit eingeschränkt. Auf der Basis der Befunde aus Stichprobe 1 wurde das Item in Stichprobe 2 den Befragten in zwei verschiedenen Versionen vorgelegt. Im Rahmen eines Within-Designs wurden die Befragten einmal zu Beginn und einmal zum Ende der Erhebung gebeten, das Item zu beantworten. Dabei wurde die Reihenfolge der Vorgabe der 7- bzw. der 11-stufigen Antwortskalenversion zufällig zwischen Personen variiert, um Reihenfolgeeffekte bei der Beantwortung der beiden Skalenversionen berücksichtigen zu können. Gruppe 1 beantwortete zu Beginn der Befragung die 7-stufige und zum Ende die 11-stufige Skalenversion. Gruppe 2 wurden die Skalenversionen in umgekehrter Reihenfolge präsentiert. Die Reihenfolge der Beantwortung der beiden Skalenversionen hatte keinen systematischen Effekt auf die Messwerte in den beiden Gruppen (7-stufig: M Gruppe1 = 3.64, SD Gruppe1 = 1.22; M Gruppe2 = 3.81, SD Gruppe2 = 1.13; t 7-stufig [658] = -1.87, p = .06; 11-stufig: M Gruppe1 = 6.71, SD Gruppe1 = 2.52; M Gruppe2 = 6.50, SD Gruppe2 = 2.29; t 11-stufig [626] = 1.10, p = .27). Beide Skalenversionen korrelierten mit r = .85 (p < .001, n = 571) stark positiv miteinander. Da die 11er-Antwortskala eine bessere Differenzierung im höheren Merkmalsbereich erlaubt, wurde diese als finale Skalenversion in Stichprobe 3 eingesetzt und evaluiert.
Die Entwicklung und Evaluation der Kurzskala zur Allgemeinen Lebenszufriedenheit erfolgte anhand dreier umfangreicher Stichproben. Die Charakteristika dieser Stichproben können Tabelle 1 entnommen werden. Stichprobe 1 ist eine Quotenstichprobe, geschichtet nach den Merkmalen Geschlecht, Alter, Bildung und Bundesland (N = 539). Die Grundgesamtheit war definiert als "alle in der Bundesrepublik Deutschland in Privathaushalten lebenden deutschsprachigen Personen ab 18 Jahren". Die Erhebung erfolgte in zwei Wellen mit einem zeitlichen Abstand von 6 bis 10 Wochen. An Welle 2 nahmen N = 338 Befragungspersonen der Welle 1 teil. Die Daten wurden im Rahmen eines persönlich-mündlichen Interviews (CAPI) oder durch die Vorgabe eines Papierfragebogens erhoben. Die Erhebung dauerte im Mittel 53 Minuten (SD = 12). Bei Stichprobe 2 handelt es sich ebenfalls um eine Quotenstichprobe, geschichtet nach Geschlecht, Alter und Bildung (N = 741), die im Internet erhoben wurde (CAWI). Grundgesamtheit waren die Teilnehmer eines Online-Access-Pools im Alter von 18 Jahren oder älter, die in Deutschland leben. Die Bearbeitung des Onlinefragebogens dauerte im Mittel 23 Minuten (SD = 8). Stichprobe 3 mit N = 1134 Befragungspersonen ist eine Zufallsstichprobe, die repräsentativ für die Wohnbevölkerung in Deutschland über einem Alter von 18 Jahren ist. Sie wurde mithilfe des ADM-Stichprobensystems F2F (Random Route) der Arbeitsgemeinschaft deutscher Marktforschungsinstitute gezogen. Die Daten dieser Interviews wurden vollständig im CAPI-Modus erhoben (Dauer: M = 43, SD = 13).
Charakteristika der drei Stichproben
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Stichprobe 1 Welle 1 |
Stichprobe 1 Welle 2 |
Stichprobe 2 |
Stichprobe 3 |
Stichprobe |
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Umfang [N] |
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539 |
338 |
741 |
1134 |
Art |
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Quote |
Quote |
Quote |
Zufall |
Modus |
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CAPI, Papier |
CAPI, Papier |
CAWI |
CAPI |
Zusammensetzung |
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Geschlecht [%Frauen] |
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52.5 |
52.1 |
51.8 |
55.6 |
Alter [M (SD)] |
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47.2 (15.2) |
46.7 (15.1) |
48.3 (13.0) |
53.3 (18.4) |
Bildung |
≤ 9 Jahre |
44.7 |
45.3 |
40.1 |
37.2 |
|
10 Jahre |
30.2 |
27.9 |
29.1 |
37.0 |
|
≥ 11 Jahre |
23.7 |
25.4 |
30.8 |
25.8 |
Anm.: CAPI = Computer Aided Personal Interview, CAWI = Computer Aided Web Interview, Papier = Papierversion (Selbstausfüller)
Die Fragebogenbatterie in Stichprobe 3 beinhaltete neben der L-1 umfangreiche soziodemographische Maße, weitere psychologische Messinstrumente sowie einige sozialwissenschaftliche Validierungsmaße. Die Items zu den soziodemographischen Angaben wurden größtenteils den demographischen Standards des Statistischen Bundesamtes (2010) entnommen. Für die Validierung kamen etablierte Standardinstrumente, z. B. zur Erfassung von Allgemeiner Lebenszufriedenheit (SWLS, Diener et al. 1985; nur in Stichprobe 1), verschiedene Maße zur domainspezifischen Lebenszufriedenheit (in Anlehnung an SOEP 2010), Optimismus (SOP2, Kemper et al., 2013), den Hauptdimensionen der Persönlichkeit nach dem Fünf-Faktoren-Modell (BFI-10, Rammstedt & John, 2007), Selbstwert (Rosenberg, 1989; nur in Stichprobe 2), allgemeine Selbstwirksamkeitserwartung (Schwarzer & Jerusalem, 1999; nur in Stichprobe 1) und eigens entwickelte Skalen zum Einsatz (siehe Publikationen auf der GESIS Kurzskalenwebsite). An für die sozialwissenschaftliche Forschung relevanten Maßen wurde unter anderem die Größe des sozialen Netzwerks, die Effort-Reward-Imbalance (Siegrist et al., 2004), der Gesundheitszustand (SF-12; Bullinger & Kirchberger, 1998) und das Einkommen erhoben. Alle Erhebungen wurden von unabhängigen kommerziellen Anbietern durchgeführt. Um die psychometrische Güte der konstruierten Skala zu überprüfen, wurden auf der Grundlage der oben beschriebenen Stichproben Kennwerte für die Reliabilität und verschiedene Aspekte der Validität berechnet (für Details zur Validierung von Persönlichkeitsskalen siehe Bühner, 2011; Lienert & Raatz, 1998).
Objektivität
Unter Objektivität wird der Grad verstanden, in dem eine Messung unabhängig vom Untersucher ist (vgl. Lienert & Raatz, 1998). Diese bezieht sich auf verschiedene Phasen einer Untersuchung: Durchführung, Auswertung und Interpretation. Im Falle eines Face-to-face-Interviews hängt die Durchführungsobjektivität von dem Interviewer ab, der die Daten erhebt. Sie ist gegeben, wenn dieser sich bei der Vorgabe der Skala an die genauen Instruktionen und den Wortlaut der Items hält. Bei entsprechend geschulten Interviewern ist die Durchführungsobjektivität üblicherweise gewährleistet (Rammstedt, 2010b). Auswertungsobjektivität betrifft die numerische und kategoriale Auswertung des Antwortverhaltens der Befragten nach festgelegten Regeln (vgl. Lienert & Raatz, 1998). Diese ist bei der L-1 gegeben, da aufgrund des Einzelitems die Itemrohwerte mit den Skalenwerten identisch sind. Interpretationsobjektivität ist gegeben, wenn die aus den Befragungsergebnissen gezogenen Schlüsse über verschiedene Forscher vergleichbar sind. Zur Maximierung der Interpretationsobjektivität sollte das Wissen der Forscher über die Messintention der Skala und über die Interpretation der quantitativen Messwerte vergleichbar sein (Rammstedt, 2010b).
Reliabilität
Unter der Reliabilität oder Messgenauigkeit einer Skala versteht man den Grad der Genauigkeit, mit dem ein bestimmtes Merkmal erfasst wird (vgl. Lienert & Raatz, 1998). Die Schätzung der Reliabilität von Lebenszufriedenheitsskalen wird in der Regel mittels der Berechnung von Koeffizienten der internen Konsistenz vorgenommen. Dieser Ansatz kann jedoch nur bei Multi-Item-Skalen wie der SWLS (Diener et al., 1985) und nicht bei Single-Item-Skalen angewendet werden. Für die Reliabilitätsschätzung bei Single-Item-Skalen können Verfahren auf der Basis längsschnittlicher Daten zum Einsatz kommen. Die Bestimmung der Reliabilität erfolgt hierbei in der Regel mittels der Retest-Methode ("Stabilität"). Hierzu werden die Messwertereihen der beiden Wellen korreliert (Schermelleh-Engel & Werner, 2012). Die Stabilität wurde auf Basis der Daten aus Stichprobe 1 unter Verwendung der 7-stufigen Antwortskala ermittelt. Die Stabilität bei einem durchschnittlichen Retest-Intervall von 6 Wochen beträgt rtt = .67 (p < .001, n = 335). Diese Höhe zeigt, dass die L-1 ein Merkmal mittlerer Stabilität erfasst und die Reliabilität für Gruppenuntersuchungen ausreichend ist. Das Ergebnis ist vergleichbar mit der Höhe der Stabilitäten, die für andere Single-Item-Skalen zur Messung der Lebenszufriedenheit berichtet werden (vgl. Michalos & Kahlke, 2010).
Eine Skala ist inhaltlich valide, wenn ein Item das zu messende Konstrukt wirklich bzw. hinreichend präzise abbildet (Bühner, 2011). Eine empirische Prüfung der Inhaltsvalidität ist meist nicht möglich. Um zu überprüfen, ob ein Verfahren inhaltlich valide ist, wird üblicherweise dessen Konstruktion detailliert beleuchtet (Rammstedt, 2010b). Die inhaltliche Validität ist gegeben, wenn das zu messende Konstrukt a priori hinreichend definiert und die Items von einem Expertengremium im Hinblick auf ihre Gültigkeit beurteilt werden. Die inhaltliche Validität der L-1 wurde sichergestellt, indem die Formulierung des Items eng an der Definition des Konstrukts orientiert war.
Konstruktvalidität ist gegeben, wenn sich der Messwert einer Skala als Indikator für das Merkmal eignet, das mit der Skala gemessen werden soll. Die Eignung wird daran beurteilt, wie gut sich die Skala im Hinblick auf Hypothesen, die sich aus dem Modell des zu erfassenden Merkmals ableiten lassen, empirisch bewährt. Bei der Konstruktvalidierung werden anhand theoretischer Überlegungen positive, negative und Nullbeziehungen einer zu validierenden Skala mit anderen empirischen Indikatoren postuliert (nomologisches Netzwerk) und getestet, ob sich das vorhergesagte Muster empirisch belegen lässt (Krohne & Hock, 2007). Dabei wird häufig zwischen der konvergenten und der diskriminanten Validität eines Messinstruments unterschieden (Moosbrugger & Kelava, 2012): Die konvergente Validität bezieht sich auf den Grad der Übereinstimmung mit Ergebnissen von Messinstrumenten, welche das gleiche oder sehr ähnliche Merkmale messen. Die diskriminante Validität spiegelt die Annahme wider, dass das Messinstrument das zu messende Merkmal misst und nicht ein anderes Konstrukt. Im Rahmen der konvergenten Validierung der L-1 wurde zunächst die Korrelation mit der Satisfaction with Life Scale (Diener et al., 1985) bestimmt, einem alternativen Maß für das Konstrukt Lebenszufriedenheit. Darüber hinaus wurde die L-1 mit verschiedenen domainspezifischen Lebenszufriedenheitsmaßen in Bezug gesetzt. Anschließend wurde versucht, weitere aus der Fachliteratur bekannte typische Korrelate der Allgemeinen Lebenszufriedenheit mit der L-1 zu replizieren (siehe Tabelle 2). Die praktische Bedeutsamkeit der im Folgenden berichteten empirisch ermittelten Validitätskoeffizienten (bivariate Produkt-Moment-Korrelationen) aus den Stichproben 2 und 3 wird nach den Richtlinien von Cohen (1992) vorgenommen: kleiner Effekt (r = .10), mittlere Effekt (r = .30), starker Effekt (r = .50).
Validitätskoeffizienten der L-1 auf Grundlage der 7- und 11-stufigen Antwortskala
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Stichprobe |
Stichprobe |
Stichprobe 33 |
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Konstrukt |
|
Welle 1 |
Welle 2 |
|
|
|
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7-stufig4 |
7-stufig4 |
7-stufig4 |
11-stufig5 |
11-stufig5 |
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Allgemeine Lebenszufriedenheit |
SWLS |
.73** |
.70** |
- |
- |
- |
|
Domänenspezifische Lebenszufriedenheit |
Arbeit |
- |
- |
- |
- |
.48** |
|
Partnerschaft |
- |
- |
- |
- |
.32** |
||
Gesundheit |
- |
- |
- |
- |
.48** |
||
Soziodemographische |
Alter |
.04* |
.01 |
.10* |
.10* |
.00 |
|
Geschlecht |
-.09* |
-.07 |
.09* |
.12** |
.02 |
||
Bildung (Jahre) |
- |
- |
.09* |
.05 |
.13** |
||
Bildung (Bücher) |
- |
- |
- |
- |
.17** |
||
Einkommen |
.28** |
.26** |
- |
- |
.09** |
||
Persönlichkeit |
Neurotizismus |
-.36** |
-.38** |
-.24** |
-.27** |
-.29** |
|
Extraversion |
.31** |
.39** |
.19** |
.22** |
.28** |
||
Offenheit |
.20** |
.24** |
.03 |
.02 |
.19** |
||
Verträglichkeit |
.16** |
.15** |
.04 |
.02 |
.14** |
||
Gewissenhaftigkeit |
.28** |
.35** |
.16** |
.19** |
.25** |
||
Soziale Erwünschtheit |
Übertreibung |
- |
- |
- |
- |
-.14** |
|
Untertreibung negativer Qualitäten |
- |
- |
- |
- |
.19** |
||
Selbstbezogene |
Allgemeine |
.55** |
.53** |
- |
- |
.39** |
|
Selbstwert |
- |
- |
.42** |
.49** |
- |
||
Optimismus |
SOP2 |
- |
- |
- |
- |
.46** |
|
Gesundheitsstatus
|
Physische |
- |
- |
- |
- |
-.37** |
|
Psychische |
- |
- |
- |
- |
-.46** |
||
Soziale Eingebundenheit7 |
Größe soziales Netzwerk |
- |
- |
- |
- |
-.01 |
|
Effort-Reward-Imbalance |
ERI |
- |
- |
- |
- |
.08** |
|
Attraktivität |
AR-1 (Fremdbeurteilung) |
- |
- |
- |
- |
.19** |
|
Anm.: 1Stichprobe1 (Welle 1: N = 539; Welle 2: n = 338), 2Stichprobe 2 (N= 566), 3Stichprobe 3 (N = 309-939). 4Antwortkategorien: 1="überhaupt nicht zufrieden" bis 7="völlig zufrieden". 5Antwortkategorien: 0="überhaupt nicht zufrieden" bis 10="völlig zufrieden"; 6Kodierung Geschlecht 1 = männlich, 2 = weiblich. 7Messung soziales Netzwerk: "Hin und wieder besprechen die meisten Leute wichtige Angelegenheiten mit Anderen: Wenn Sie an die letzten sechs Monate zurückdenken, mit wem haben Sie über Dinge gesprochen, die Ihnen wichtig waren?" Anzahl der Personen wird gezählt. * p < .05, ** p < .01.
Erwartungsgemäß zeigte sich im Sinne der konvergenten Validität eine hohe positive Korrelation der L-1 mit der Multiple-Item-Skala von Diener et al. (1985; r = .74, p < .001). Dies entspricht der von Diener et al. (1985) berichteten Effektstärke. Auch mit domainspezifischen Maßen der Lebenszufriedenheit wies die L-1 Übereinstimmungen auf: So korrelierte die Allgemeine Lebenszufriedenheit mit der Arbeitszufriedenheit und der Zufriedenheit mit der eigenen Gesundheit stark mit jeweils r = .48 (p < .001, n = 521 bzw. n = 1132). Die Korrelation mit der Zufriedenheit mit der eigenen Partnerschaft verzeichnete eine mittlere Effektstärke mit r = .32 (p <. 001, n = 744).
Annahmen zur diskriminanten Validität der L-1 werden ebenfalls durch die empirischen Daten unterstützt. Es zeigt sich, dass die L-1 positiv korreliert ist mit Maßen zu selbstbezogenen Kognitionen wie dem Selbstwert (r = .42 bzw. .49, p <. 001) sowie der Allgemeinen Selbstwirksamkeit (r = .39 bis .55, p <. 001). Korrelationen zeigten sich auch mit den positiven Zukunftserwartungen die mit der Skala Optimismus-Pessimismus-2 (SOP2) gemessen wurden (r = .46, p <. 001). Die Effektstärken liegen jedoch deutlich unter der Höhe der Korrelationen, die mit dem alternativen Messinstrument für die Allgemeine Lebenszufriedenheit (SWLS) erzielt wurden (r = .70 bzw. 73, p <. 001). Weiterhin zeigte die L-1 systematische Beziehungen zu den Big Five Persönlichkeitsdimensionen sowie zu Maßen der sozialen Erwünschtheit. So korrelierte die L-1 über die Studien hinweg konsistent positiv mit den Big-Five-Dimensionen Extraversion und Gewissenhaftigkeit sowie negativ mit Neurotizismus. Offenheit und Verträglichkeit korrelierten nur in Stichprobe 1 und 3 systematisch positiv mit der Allgemeinen Lebenszufriedenheit (siehe Tabelle 2). Die Befunde entsprechen früheren Studien mit anderen Maßen der Allgemeinen Lebenszufriedenheit (vgl. DeNeve & Cooper, 1998). Die L-1 korrelierte mit dem Aspekt "Untertreibung negativer Qualitäten" der Sozialen Erwünschtheit schwach bis mittelstark positiv (r = .19, p <.001) und schwach negativ mit dem Aspekt "Übertreibung positiver Qualitäten" (r = -.14, p <.001). Insbesondere der letzte Befund widerspricht den von Diener et al. (2013) erwarteten Effekten sozialer Erwünschtheit auf die Lebenszufriedenheitsmessung.
Mit soziodemographischen Variablen zeigten sich in den drei Stichproben Ergebnisse für die L-1, die mit früheren Befunden und Hypothesen übereinstimmen. Jedoch wurden diese Befunde nicht in allen Stichproben gleichermaßen repliziert. So korrelierte das Alter nur in Stichprobe 2 systematisch positiv mit der Lebenszufriedenheit (vgl. Greeno, Jackson, Williams & Fortmann, 1998). Das Geschlecht stand in Stichprobe 1 in negativem, in Stichprobe 2 in positiven und in Stichprobe 3 in keinem Zusammenhang mit der Lebenszufriedenheit. Der erste Befund entspricht den Resultaten von Glaesmer et al. (2011) und Heidl et al. (2012), die (wenn auch niedrige, aber) statistisch signifikant höhere Lebenszufriedenheiten bei Männern berichten. Im Hinblick auf den Bildungsgrad der Befragten zeigten sich tendenziell ähnliche Ergebnisse über die Studien hinweg. Der Bildungsstand korrelierte danach schwach positiv mit der Lebenszufriedenheit. Personen mit höherem Bildungsstand (im Sinne von Schuljahren bzw. Büchern im Elternhaus) gaben auch eine höhere Lebenszufriedenheit an (vgl. Witter et al., 1984). Insgesamt sind die Ergebnisse zu den soziodemographischen Unterschieden in der Lebenszufriedenheit als inkonsistent zu bewerten. Die Abweichungen können einerseits durch die Unterschiedlichkeit der verwendeten Maße (z.B. 7er- versus 11er-Antwortskala) bedingt sein oder durch Unterschiede in den Stichproben hervorgerufen worden seien (vgl. Diener et al., 2013).
Für den Familienstand konnte ein systematischer Einfluss auf die mit der L-1 erfasste selbstberichtete Lebenszufriedenheit ermittelt werden: Eine einfaktorielle Varianzanalyse mit Scheffé-Einzelvergleichen ergab, dass Verheiratete, die mit ihrem Partner/ihrer Partnerin zusammenleben, wie erwartet eine höhere Lebenszufriedenheit angeben als aktuell Ledige, Geschiedene sowie als Verwitwete (Stichprobe 3; F[df1=4; df2=1118]= 12.114, p < .001; M[Verheiratete, zusammenlebend]= 7.55, SD[Verheiratete]= 1.91, n[Verheiratete]= 588; M[Verheiratete, nicht zusammenlebend]= 6.48, SD[Verheiratete nicht zusammenlebend]= 2.42, n[Verheiratete, nicht zusammenlebend]= 21, p = .23; M[Ledige]= 7.03, SD[Ledige]= 1.95, n[Ledige]= 243, p = .049; M[Geschiedene]= 6.38, SD[Geschiedene]= 2.32, n[Geschiedene] = 116, p < .001; M[Verwitwete]= 6.74, SD[Verwitwete]= 2.28, n[Verwitwete]= 155, p = .002). Dies entspricht früheren Befunden (vgl. Lucas, Clark, Georgellis & Diener, 2003).
Das persönliche Nettoeinkommen stand in Stichprobe 1 und 3 in positiver Beziehung zur Lebenszufriedenheit; es zeigte sich ein schwacher bis mittlerer, positiver Zusammenhang (r = .09 bzw. .28, p <.001). In Bezug auf weitere sozialwissenschaftliche Inhaltsvariablen zeigte sich, dass die Höhe der Lebenszufriedenheit in Stichprobe 3 unabhängig von der Größe des sozialen Netzwerks war (r = -.01, p <.001). Dieses Ergebnis widerspricht den Erwartungen, wonach die Lebenszufriedenheit positiv mit der sozialen Eingebundenheit in Beziehung stehen sollte. Entgegen der Erwartungen korrelierte die L-1 auch schwach positiv mit der Effort-Reward-Imbalance (r = .08, p <.001). Personen, die eine stärkere Diskrepanz zwischen ihrem persönlichen Arbeitseinsatz und der ihnen gewährten Anerkennung beschrieben, gaben höhere Lebenszufriedenheiten an. Diese inkonsistenten Befunde sollten in weiteren Studien genauer überprüft werden. Bezüglich des selbstberichteten Gesundheitsstatus zeigten sich jedoch die erwarteten Beziehungen: Personen, die mehr körperliche und seelische Beeinträchtigungen angaben, berichteten gleichzeitig eine niedrigere allgemeine Lebenszufriedenheit (r = -.37 bzw. -.46, p <.001; vgl. Watten et al., 1997). Schließlich ergab sich der erwartete Zusammenhang zwischen selbstbeschriebener Lebenszufriedenheit der Befragungsperson und der durch den Interviewer eingestuften physischen Attraktivität der Befragten: Je höher die fremdeingeschätzte Attraktivität, desto höher die selbstberichtete Lebenszufriedenheit (r = .19, p <.001).
Die empirischen Belege der Validierungsstudien sprechen dafür, dass die L-1 nicht nur eine ökonomische und reliable, sondern auch eine valide Erfassung der allgemeinen Lebenszufriedenheit erlaubt. In Bezug auf die konvergente Validität der L-1 kann von einer hohen Übereinstimmung mit alternativen Maßen der allgemeinen Lebenszufriedenheit ausgegangen werden. Bezüglich der diskriminanten Validität zeigte sich, dass die L-1 erwartungsgemäß positiv korreliert ist mit Maßen theoretisch ähnlicher Konstrukte (z.B. Selbstwert, Optimismus, Selbstwirksamkeit). Die Höhe der Korrelation fällt jedoch deutlich geringer aus im Vergleich zur Korrelation mit dem alternativen Maß zur Erfassung der Lebenszufriedenheit (SWLS, Diener et al., 1985). Dies kann darauf zurückführbar sein, dass die Multi-Item-Skalen den Ein-Item-Skalen in der Regel im Hinblick auf ihre Reliabilität überlegen sind. Die niedrigere Reliabilität der L-1 gegenüber der SWLS könnte auf diese Weise auch zu niedrigeren Effektstärken bei der Konstruktvalidierung beigetragen haben (Loevinger, 1954). Diesem Umstand muss bei der Bewertung und dem Vergleich der Validitätskoeffizienten zwischen L-1 und SWLS Rechnung getragen werden.
Die L-1 zeigte zudem die theoretisch erwarteten Beziehungen zu Persönlichkeitsmerkmalen wie den Big Five. In den drei Studien korrelierte die L-1 positiv mit Extraversion und Gewissenhaftigkeit, sowie negativ mit Neurotizismus. Die L-1 weist auch mit sozialwissenschaftlichen Inhaltsvariablen erwartete Beziehungen auf. So zeigte sich, dass die Skala negativ mit der Anzahl physischer und psychischer Beeinträchtigungen korreliert. In Bezug auf die soziale Eingebundenheit des Befragten sowie die empfundene Effort-Reward-Imbalance sind die Ergebnisse jedoch nicht hypothesenkonform. Im Bereich der arbeitspsychologischen Forschung wurden jedoch auch in anderen Studien inkonsistente Ergebnisse berichtet (z.B. Nicholson & De Waal-Andrews, 2005; Childs & Klimoski, 1986). Um die Ursachen näher zu beleuchten, sind weitere Studien zu diesen Beziehungen der L-1 mit Außenkriterien nötig.
Insgesamt liegt mit der L-1 ein ökonomisches, valides und reliables Messinstrument vor, das für Gruppenvergleiche im Rahmen sozialwissenschaftlicher Surveys sinnvoll eingesetzt werden kann, wenn eine Messung mit der umfangreicheren SWLS nicht möglich ist (vgl. Pinquart & Sörenson, 2000).
Deskriptive Statistiken (Normierung)
In Tabelle 3 sind die deskriptiven Statistiken für das Einzelitem der L-1 dargestellt. Sie basieren auf den Daten einer Quotenstichprobe mit 2 Wellen (Stichprobe 1), einer heterogenen Onlinegelegenheitsstichprobe (Stichprobe 2) sowie einer umfangreichen, bevölkerungsrepräsentativen Zufallsstichprobe (Stichprobe 3; siehe Abschnitt Stichproben). In den Studien wurden verschiedene Versionen der L-1 eingesetzt, die in Bezug auf die Anzahl der Antwortkategorien variierten. Die finale Version der L-1 beinhaltet eine 11-stufige Antwortskala.
Items und deskriptive Statistiken der L-1 aus Stichprobe 1, 2 und 3
|
Erhebungsmodus |
Antwortskala¹ |
N |
M |
SD |
Sch |
Kurt |
Stichprobe 1 Welle 1 |
CAPI |
7-stufig |
407 |
5.05 |
1.23 |
-.98 |
.95 |
|
Papier |
7-stufig |
131 |
5.00 |
1.18 |
-.62 |
.24 |
Stichprobe 1 Welle 2 |
CAPI |
7-stufig |
225 |
5.00 |
1.31 |
-.98 |
.89 |
|
Papier |
7-stufig |
110 |
4.99 |
1.15 |
-.88 |
.80 |
Stichprobe 2 |
CAWI |
7-stufig |
663 |
3.81 |
1.20 |
-.85 |
-.30 |
|
CAWI |
11-stufig |
628 |
6.34 |
2.30 |
-.85 |
-.33 |
Stichprobe 3 |
CAPI |
11-stufig |
1134 |
7.18 |
2.07 |
-.90 |
.74 |
Anm.: Sch = Schiefe, Kurt = Kurtosis. ¹11 Antwortkategorien: 0="überhaupt nicht zufrieden" bis 10="völlig zufrieden"; 7 Antwortkategorien: 1="überhaupt nicht zufrieden" bis 7="völlig zufrieden". CAPI = Computer Assisted Personal Interview, CAWI = Computer Assisted Web Interview, Papier = Papierversion (Selbstausfüller).
In Tabelle 4 sind Referenzwerte in Form von Gruppenmittelwerten und Standardabweichungen für die L-1 abgedruckt. Diese wurden anhand der Zufallsstichprobe (Stichprobe 3) ermittelt und erlauben dem Anwender einen Vergleich der LS-1-Werte aus seiner Untersuchung mit denen relevanter Subgruppen aus einer bevölkerungsrepräsentativen Zufallsstichprobe, zum Beispiel von Männern oder Frauen, von Personen mit unterschiedlicher Schulbildung oder unterschiedlichen Alters. Die Altersgruppen in Tabelle 4 wurden den Lebensphasen der bundesdeutschen Gesellschaft angepasst. Die Zeit von 18 bis 35 Jahren ist die der beruflichen Ausbildung und Familiengründung. Die Zeit der beruflichen Festigung, Karriere, Betreuung heranwachsender Kinder und Pflege älterer Angehöriger fällt in die Zeit zwischen 36 und 65 Jahren. Die dritte Lebensphase beginnt im Alter von 65 Jahren, wenn die berufliche Tätigkeit in den meisten Fällen abgeschlossen ist. Die Aufteilung der Bildungsstufen wurde nach der Dauer der schulischen Allgemeinbildung vorgenommen. Dabei gilt die Dauer der schulischen Bildung bis einschließlich 9 Jahren als geringes Bildungsniveau. Bei einer Schuldauer von 10 oder 11 Jahren handelt es sich um ein mittleres Bildungsniveau und bei mehr als 11 Jahren um ein hohes Bildungsniveau.
Referenzwerte der L-1
Geschlecht |
Bildung |
Altersgruppen |
|
||||||||
|
|
18-35 Jahre |
36-65 Jahre |
> 65 Jahre |
|
|
|||||
|
|
M |
SD |
M |
SD |
M |
SD |
M |
SD |
||
Männlich |
gering |
6.38 |
2.12 |
7.09 |
2.08 |
7.00 |
2.25 |
6.96 |
2.17 |
||
|
mittel |
6.71 |
1.94 |
6.86 |
1.96 |
7.80 |
1.47 |
7.10 |
1.87 |
||
|
hoch |
7.69 |
1.81 |
7.34 |
1.91 |
7.43 |
2.46 |
7.46 |
2.01 |
||
|
Gesamt |
7.03 |
2.00 |
7.08 |
1.99 |
7.28 |
2.13 |
7.14 |
2.04 |
||
Weiblich |
gering |
5.58 |
2.91 |
6.77 |
2.52 |
7.00 |
2.05 |
6.79 |
2.34 |
||
|
mittel |
7.49 |
1.79 |
7.13 |
2.02 |
7.60 |
2.11 |
7.30 |
1.98 |
||
|
hoch |
7.68 |
1.62 |
7.59 |
1.93 |
7.73 |
1.80 |
7.64 |
1.79 |
||
|
Gesamt |
7.32 |
2.01 |
7.14 |
2.16 |
7.23 |
2.05 |
7.21 |
2.09 |
||
Gesamt |
gering |
6.04 |
2.49 |
6.92 |
2.32 |
7.00 |
2.14 |
6.87 |
2.26 |
||
(Geschlecht) |
mittel |
7.27 |
1.86 |
7.03 |
2.00 |
7.70 |
1.80 |
7.23 |
1.94 |
||
|
hoch |
7.68 |
1.69 |
7.47 |
1.92 |
7.56 |
2.19 |
7.56 |
1.89 |
||
|
Gesamt |
7.21 |
2.01 |
7.12 |
2.09 |
7.25 |
2.09 |
7.18 |
2.07 |
- Prof. Dr. Constanze Beierlein, Hochschule Hamm-Lippstadt, E-Mail: constanze.beierlein@hshl.de
Die Skala wurde unter anderem in folgenden Studien eingesetzt:
- Living Spaces - Public Opinion Survey of the BBR (2004, 2005, 2008, 2009, 2010, 2011, 2012)