Skala für informelles Lernen am Arbeitsplatz
Rollenkonflikt
Soziale Stressoren am Arbeitsplatz
Work-Family Conflict Scale (ISSP)

Skala für informelles Lernen am Arbeitsplatz

Author: Decius, J., Schaper, N. & Seifert, A.
In ZIS Since: 2025
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Summary:

Die vorliegende Skala erfasst das mehrdimensionale Konstrukt Informelles Lernen am Arbeitsplatz. Dieses beschreibt Verhaltensweisen und Aktivitäten bei der Arbeit, die dem Erwerb von Wissen und Fähigkeiten dienen und außerhalb formaler Lernkontexte stattfinden. Die acht Subfacetten des Konstrukts sind Eigenes Ausprobieren, Modelllernen, Direktes Feedback, Stellvertretendes Feedback, Vorausschauende Reflektion, Reflektion im Nachhinein, Extrinsische Lernintention sowie Intrinsische Lernintention. Das Messinstrument enthält 24 Items, die auf einer vierstufigen Likert-Skala (für die Zielgruppe Industriebeschäftigte) bzw. auf einer sechsstufigen Likert-Skala (für alle anderen Zielgruppen) beantwortet werden. Die Skala wurde anhand einer Stichprobe aus Industriebeschäftigten verschiedener Industriezweige erprobt. Die 24-Item-Skala wurde im Rahmen der Entwicklung einer Kurzversion von Decius, Knappstein et al. (2023) auch für die Verwendung bei Bürobeschäftigten erprobt, sodass sie verallgemeinerbar ist und eine breite Anwendbarkeit für den Angestelltenkontext in verschiedenen Wirtschaftszweigen erlaubt. Zudem liegt eine validierte Version für informelles Lernen im Studium vor (Decius et al., 2024).

Abstract:

This scale captures the multidimensional construct of informal workplace learning. This construct describes behaviors and activities at work that serve to acquire knowledge and skills and take place outside formal learning contexts. The eight sub-facets of the construct are Trying & applying own ideas, Model learning, Direct feedback, Vicarious feedback, Anticipatory reflection, Subsequent reflection, Extrinsic intent to learn and Intrinsic intent to learn. The scale contains 24 items, which are answered on a four-point Likert scale (for the target group of blue-collar workers) or on a six-point Likert scale (for all other target groups). The scale was tested using a sample of industrial employees from various branches of industry. The 24-item scale was also tested for use with office workers as part of the development of a short version by Decius, Knappstein et al. (2023) and thus offers generalizability and broad applicability for the white-collar context in various industries. There is also a validated version for informal learning in higher education (Decius et al., 2024).


Language Documentation: deutsch
Language Items: deutsch, englisch (nicht validiert)
Number of Items: 24
Survey Mode: Paper-and-Pencil Befragung
Processing Time: 3 Minuten
Reliability: Cronbachs Alpha im Gesamt-Range zwischen .76 und .92
Validity: Hinweise auf konvergente und diskriminante Validität
Construct: Informelles Lernen am Arbeitsplatz
Catchwords: Informelles Lernen am Arbeitsplatz | informal workplace learning
Item(s) used in Representative Survey: nein
Scale development:

Instruktion

„Die folgenden Aussagen beziehen sich auf Lernsituationen in Ihrem Arbeitsalltag. Bitte geben Sie an, inwieweit die Aussagen auf Ihre letzten Arbeitswochen zutreffen.

Denken Sie nicht lange nach und kreuzen Sie bitte das an, was Ihnen als Erstes in den Sinn kommt. Es gibt kein richtig oder falsch. Es geht um Ihre ehrliche Meinung und nicht darum, was Ihre Kolleg:innen oder Vorgesetzten meinen.“

 

Items

Tabelle 1

Items der Skala für informelles Lernen am Arbeitsplatz für Angestellte

Nr.

Items auf Deutsch

Items auf Englisch [nicht validiert]

Subskala

1

Ich probiere bei neuen Aufgaben einfach eine andere Methode bei der Arbeit aus.

I try a different method to solve new tasks at work.

A

2

Ich probiere bei neuen Aufgaben meine eigenen Ideen aus.

I try out my own ideas for new tasks.

A

3

Ich setze meine eigenen Ideen zum Verbessern der Aufgaben bei der Arbeit ein.

I use my own ideas to improve tasks at work.

A

4

Ich schaue, wie andere im Unternehmen arbeiten, um meine Arbeit zu verbessern.

I look at how others work in the company to improve my work.

B

5

Ich schaue mir an, wie meine Kolleg:innen arbeiten, damit ich nicht die gleichen Fehler mache wie sie.

I look at how my colleagues work so I do not make the same mistakes as they do.

B

6

Ich probiere Sachen bei meiner Arbeit aus, die ich mir bei meinen Kolleg:innen abgeguckt habe.

I try things out at my work, which I have copied from my colleagues.

B

7

Ich frage meine Führungskraft, wie gut ich gearbeitet habe.

I ask my supervisor how well I have worked.

C

8

Ich frage bei meiner Führungskraft nach, wenn ich nicht sicher bin, wie gut ich gearbeitet habe.

I ask my supervisor when I am not sure how well I worked.

C

9

Ich frage bei meinen Kolleg:innen nach, wenn ich nicht sicher bin, wie gut ich gearbeitet habe.

I ask my colleagues when I am not sure how well I worked.

C

10

Ich frage meine Kolleg:innen nach ihren Erfahrungen bei der Arbeit.

I ask my colleagues about their experience at work.

D

11

Ich frage meine Kolleg:innen, welche Methoden und Tricks sie bei der Arbeit nutzen.

I ask my colleagues about the methods and tricks they use at work.

D

12

Ich hole mir von meinen Kolleg:innen Tipps und Hinweise zur Arbeit.

I seek tips and hints about work from my colleagues.

D

13

Vor einer neuen Aufgabe denke ich darüber nach, wie ich meine Arbeit am besten mache.

Before starting a new task, I think about how I can do my work best.

E

14

Vor der Arbeit denke ich darüber nach, wie ich meine Arbeitsaufgabe vorbereite.

Before work, I think about how I prepare my work task

E

15

Vor einer neuen Aufgabe denke ich nach, auf welche Sachen ich bei der Aufgabe achten muss.

Before starting a new task, I think about the things I need to pay attention to.

E

16

Wenn ich mit einer neuen Aufgabe fertig bin, denke ich darüber nach, wie gut ich gearbeitet habe.

When I have finished a new task, I think about how well I have worked.

F

17

Wenn ich mit einer neuen Aufgabe fertig bin, denke ich darüber nach, was ich beim nächsten Mal noch besser machen könnte.

When I have finished a new task, I think about what I still could do better next time.

F

18

Wenn ich mit einer neuen Aufgabe fertig bin, denke ich über die Qualität meiner Arbeit nach.

When I have finished a new task, I think about the quality of my work.

F

19

Ich möchte für mich selbst bei der Arbeit etwas dazulernen, weil ich dann im Unternehmen Karriere machen kann.

I want to learn something new at work for myself because then I can pursue my career at the company.

G

20

Ich möchte für mich selbst etwas dazulernen, weil ich dann bei der Arbeit besser bin als meine Kolleg:innen.

I want to learn something new for myself because then I am better at work than my colleagues.

G

21

Ich möchte für mich selbst bei der Arbeit etwas dazulernen, weil meine Führungskraft dann beeindruckt von mir ist.

I want to learn something new at work for myself because then my supervisor is impressed by me.

G

22

Ich möchte für mich selbst etwas dazulernen, weil ich dann mit Schwierigkeiten bei der Arbeit besser umgehen kann.

I want to learn something new for myself because then I feel more capable to deal with difficulties at work.

H

23

Ich möchte für mich selbst etwas dazulernen, weil ich dann Probleme bei der Arbeit schneller lösen kann.

I want to learn something new for myself because then I can solve problems at work faster.

H

24

Ich möchte für mich selbst etwas dazulernen, weil ich dann auch bei schwierigen Aufgaben oder Anweisungen gut arbeiten kann.

I want to learn something new for myself because then I can do a good job even though the tasks or instructions are difficult.

H

Anmerkung. Die englischen Items sind aktuell noch nicht systematisch validiert, wurden aber in einer britischen Stichprobe bereits erfolgreich eingesetzt (Decius et al., 2023).

A = Subskala „Eigenes Ausprobieren” / “Trying & applying own ideas”

B = Subskala „Modelllernen“ / “Model learning”

C = Subskala „Direktes Feedback” / “Direct feedback”

D = Subskala „Stellvertretendes Feedback” / “Vicarious feedback”

E = Subskala „Vorausschauende Reflektion“ / „Anticipatory reflection“

F = Subskala „Reflektion im Nachhinein“ / „Subsequent reflection“

G = Subskala „Extrinsische Lernintention“ / “Extrinsic intent to learn”

H = Subskala „Intrinsische Lernintention” / “Intrinsic intent to learn”

 

Antwortvorgaben

Die Items können für die Zielgruppe der Industriebeschäftigten auf einer vierstufigen Antwortskala mit den Abstufungen (1) stimme überhaupt nicht zu, (2) stimme eher nicht zu, (3) stimme eher zu, (4) stimme voll und ganz zu beantwortet werden. Für alle anderen Zielgruppen wird eine sechsstufige Antwortskala mit den Abstufungen (1) stimme überhaupt nicht zu, (2) stimme größtenteils nicht zu, (3) stimme eher nicht zu, (4) stimme eher zu, (5) stimme größtenteils zu, (6) stimme voll und ganz zu empfohlen.

 

Auswertungshinweise

Das Modell mit acht distinkten Faktoren in einer Struktur zweiter Ordnung weist in allen Kriterien (CFI, IFI, NFI, SRMR, RMSEA, AIC, BCC) die beste Modellpassung auf. Zur Ermittlung der Subskalenwerte wird das arithmetische Mittel der jeweiligen Items der Subskala gebildet Keines der Items ist negativ kodiert. Einzelne nicht bearbeitete Items werden als fehlend behandelt und bei der Berechnung der Mittelwerte nicht berücksichtigt, allerdings sollten für ein aussagekräftiges Ergebnis mindestens zwei der drei Items jeder Subskala beantwortet werden. Wenn ein Gesamtwert des informellen Lernens gewünscht ist, sollte der Mittelwert dann aus den acht Subskalen-Mittelwerten gebildet werden (d. h. nicht aus den verbleibenden Items der Gesamtskala, also z. B. 23 Items bei einem fehlenden Item), damit dennoch alle acht Faktoren des Oktagon-Modells mit gleichem Gewicht in den Gesamtmittelwert eingehen. Die Ergebnisse können als Indikator für das Ausmaß des informellen Lernens am Arbeitsplatz interpretiert werden. Höhere Mittelwerte deuten auf ein höheres Maß an informellem Lernen hin, während niedrigere Mittelwerte auf ein geringeres Maß an informellem Lernen hinweisen. Die Subskalen können verwendet werden, um spezifische Aspekte des informellen Lernens am Arbeitsplatz zu untersuchen und zu vergleichen.

 

Anwendungsbereich

Die Skala wurde im Zuge einer Paper-and-Pencil Befragung anhand einer Stichprobe bestehend aus Industriebeschäftigten unterschiedlicher Unternehmen erprobt, die in verschiedenen Industriezweigen tätig waren, z. B. in der Kunststoff- und Metallherstellung, in der Lebensmittelindustrie, in der Möbelfertigung und im Maschinenbau. Eine Kurzversion der Skala für informelles Lernen am Arbeitsplatz wurde von Decius, Knappstein et al. (2023) für die Verwendung bei Büro- und Industriebeschäftigten validiert und ermöglicht eine breite Anwendbarkeit in weiteren Berufen. In abgewandelter Form wurde die Skala auch bei Fußballschiedsrichter:innen (Paulsen & Decius, 2018) eingesetzt und für Studierende im Hochschulbereich adaptiert und validiert (Decius et al., 2024). Für informelles Lernen in anderen Kontexten sind jedoch möglicherweise Anpassungen der Skala erforderlich. Es ist zu empfehlen, die Generalisierbarkeit der Skala nicht zu überschätzen und je nach Anwendungsdomäne Anpassungen und weitere Validierungen vorzunehmen. Aktuell liegt noch keine Normierungsstichprobe für die Individualdiagnostik vor. Auch für den Vergleich von aggregierten Daten auf Bereichs- oder Organisationsebene mit Durchschnittswerten einer Branche (mit Ausnahme der Publikation von Decius & Schaper, 2021) oder in Bezug auf bestimmte Tätigkeiten über mehrere Organisationen hinweg, müssen noch Vergleichswerte generiert werden. Im Gegensatz zur Kurzversion, deren Bearbeitungszeit bei etwa einer Minute liegt, sind für die Bearbeitung der Langversion etwa drei Minuten zu veranschlagen.

Bei informellem Lernen am Arbeitsplatz handelt es sich um überwiegend selbstgesteuerte und intentionale Aktivitäten, die dem Erwerb von Wissen, Fertigkeiten und Fähigkeiten dienen und außerhalb formaler Lernkontexte stattfinden (Decius et al., 2025; Cerasoli et al., 2018; Tannenbaum & Wolfson, 2022). Informelles Lernen wird oft durch Herausforderungen bei der Arbeit und persönliche Interaktionen ausgelöst, bei denen das Lernen nicht das primäre Ziel ist (Decius, 2024; Kyndt & Baert, 2013). Auch wenn informelles Lernen am Arbeitsplatz der lernenden Person nicht immer „hochgradig bewusst“ ist, ist die Differenzierung von inzidentellem Lernen wichtig, das eher zufällig und unbewusst geschieht (Decius, 2020; Watkins & Marsick, 1992).

Tannenbaum et al. (2010) konzipierten einen Modellansatz für informelles Lernen am Arbeitsplatz („Dynamisches Modell des informellen Lernens“), bestehend aus den vier Komponenten Erfahrung/Handlung, Feedback, Reflexion und Lernabsicht. Für eine spezifischere Operationalisierung unterteilten Decius et al. (2019) auf Grundlage erster Hinweise von Tannenbaum et al. (2010) sowie konzeptionellen Überlegungen aus der Literatur die vier Modellkomponenten in jeweils folgende zwei Subkomponenten („Oktagon-Modell des informellen Lernens“):

Erfahrung/Handlung bedeutet, dass Arbeitnehmer:innen eine Handlung in Bezug auf eine Arbeitsaufgabe vornehmen und dadurch eine (neue) Erfahrung am Arbeitsplatz machen (Tannenbaum et al., 2010). Im Oktagon-Modell ist Erfahrung/Handlung in die beiden Subkomponenten Ausprobieren und Anwenden eigener Ideen und Modelllernen untergliedert (Noe et al., 2013; Lohman, 2006; Bandura, 1986).

Feedback ist die Rückmeldung, die Arbeitnehmer:innen aufgrund einer früheren Handlung erhalten, entweder durch die Aufgabe selbst oder durch andere (Boud & Middleton, 2003). Feedback kann direkt an die Lernenden gerichtet sein oder stellvertretend (durch Wahrnehmung und Verarbeitung des Feedbacks an eine andere Person) erfolgen (Tannenbaum et al., 2010). Daher ist Feedback im Oktagon-Modell in die Subkomponenten direktes Feedback und stellvertretendes Feedback unterteilt.

Reflexion bedeutet, dass Arbeitnehmer:innen über ihre vergangenen und zukünftigen Handlungen nachdenken und Arbeitserfahrungen reflektieren (Tannenbaum et al., 2010). Das Oktagon-Modell beinhaltet dabei die Unterscheidung zwischen den Subkomponenten antizipatorischer Reflexion, z. B. die vorausschauende Berücksichtigung neuer Hindernisse bei einer Aufgabe, und nachträglicher Reflexion, als Reflexion nach Beendigung der Aufgabe (Schön, 1983).

Lernabsicht ist das Bewusstsein für die Notwendigkeit, sich am Arbeitsplatz weiterzuentwickeln und arbeitsbezogenes Wissen zu erwerben (Tannenbaum et al., 2010). In Anlehnung an die Selbstbestimmungstheorie (z.B. Ryan & Deci, 2000) wird im Oktagon-Modell die Lernabsicht in die Subkomponenten intrinsische Lernabsicht (z. B. aus Gründen des persönlichen Wachstums) und extrinsische Lernabsicht (z. B. aus Gründen der Karriereförderung) unterteilt.

Informelles Lernen am Arbeitsplatz ist ein wichtiger Bestandteil der kontinuierlichen beruflichen Kompetenzentwicklung, des Wohlbefindens und der Leistungsfähigkeit der Mitarbeitenden. Die Skala ermöglicht es Organisationen in verschiedenen Branchen, das Ausmaß und die Art des informellen Lernens der Beschäftigten zu erfassen, was auch Einblicke in die Lernkultur und die Entwicklungsmöglichkeiten am Arbeitsplatz bietet. Beschäftigte können das Instrument im Rahmen einer Selbsteinschätzung für die selbstgesteuerte Karriereentwicklung (z. B. Hall et al., 2018) nutzen, anhand der Mittelwerte herauszufinden, welche der informelle Lernaktivitäten bei ihnen im Vergleich am stärksten ausgeprägt ist. Wegen aktuell noch fehlender Normwerte ist ein darüber hinaus gehender Einsatz für die Individualdiagnostik (noch) nicht empfehlenswert.

Itemkonstruktion und Itemselektion

Die Items der Skala für informelles Lernen am Arbeitsplatz wurden von Decius et al. (2019) entwickelt. Die Skala basiert auf dem „Dynamic Model of Informal Learning“ von Tannenbaum et al. (2010) mit seinen vier Faktoren. Aufbauend auf theoretischen Überlegungen und unter Einbezug der vorhandenen Literatur zum Lernen am Arbeitsplatz wurde dieses Modell zum Oktagon-Modell des informellen Lernens am Arbeitsplatz mit acht Subfaktoren erweitert. Bei der Itemgenerierung wurden deduktiv zwischen vier und sieben Items für jeden Subfaktor entwickelt, unter Berücksichtigung der Anweisungen von DeVellis (2003) und den Empfehlungen von MacKenzie, Podsakoff & Podsakoff (2011), die u. a. eine einfache und präzise Formulierung der Items und die Vermeidung von offensichtlicher sozialer Erwünschtheit beinhalteten. Dies führte zu einem Pool von 40 Items. Die Itemgenerierung basierte auf den Ergebnissen von zwölf leitfadengestützten, halbstrukturierten Interviews mit Geschäftsführer:innen und Personalverantwortlichen verschiedener kleiner und mittlerer Unternehmen zu den Themen Weiterbildung und Kompetenzentwicklung in der produzierenden Industrie. Alle Items wurden in der Ich-Perspektive formuliert. Negativ formulierte Items, die leicht missverstanden werden können, wurden vermieden. Durch eine qualitative Überprüfung des Fragebogens mit Hilfe der „Technik des Lauten Denkens“ (Flaherty, 1975; Willis, 2005) wurden die Inhalts- und Augenscheinvalidität sowie die sprachliche Verständlichkeit sichergestellt. Hierzu wurden 15 Mitarbeitende in drei kleinen und mittleren Unternehmen des produzierenden Gewerbes (Metall, Elektronik und Möbel) befragt, die aus Gründen der Repräsentativität nach demographischen Kriterien (Alter, Geschlecht, Betriebszugehörigkeit, Bildungsniveau, Position im Unternehmen und Arbeitsbereich) ausgewählt wurden. Die Items wurden auf der Grundlage der Interviewergebnisse überarbeitet. So wurden z. B. abstrakte Begriffe, die mehrere der befragten Personen anders interpretiert hatten, durch konkretere Beschreibungen ersetzt und Items umformuliert, die einige Befragte nicht beantworten konnten, weil die Items nicht auf ihren jeweiligen Arbeitsbereich zutrafen.

Die englischen Items wurden aus den deutschen Originalitems mittels eines Übersetzungs-/Rückübersetzungsverfahrens abgeleitet. Die englische Skalenversion wurde im Gegensatz zur deutschen Skalenversion bislang nicht systematisch validiert. Allerdings zeigt der erfolgreiche Einsatz der englischsprachigen Version in einer britischen Stichprobe (309 Bürobeschäftigte) die grundsätzliche Funktionalität der übersetzten Skala (Decius, Schaper et al., 2023): In der längsschnittlichen Studie mit drei Messzeitpunkten im Abstand von jeweils einem Monat zeigten sich bei der Durchführung einer konfirmatorischen Faktorenanalyse zufriedenstellende Werte hinsichtlich Faktorladungen und Modellgüte, sowie akzeptable Werte für die interne Konsistenz.

 

Stichproben

Stichprobe 1

Die im Jahr 2016 erhobene Stichprobe der ersten Studie zur Itemselektion umfasste 546 Beschäftigte (22.7% weiblich) aus 21 Unternehmen einer Größe von 20 bis 1.500 Beschäftigten in Deutschland, die einen Fragebogen mit dem aus 40 Items bestehenden initialen Itempool bearbeiteten. Die Items sollten auf einer vierstufigen Likert-Skala von Stimme überhaupt nicht zu bis Stimme voll und ganz zu beantwortet werden. Da sich die Arbeitsmethoden von Mitarbeitenden in verschiedenen Branchen unterscheiden können und um ein möglichst universell einsetzbares Instrumentarium zu entwickeln, wurden die Befragungen in unterschiedlichen Industriezweigen durchgeführt, z. B. in der Kunststoff- und Metallherstellung, in der Lebensmittelproduktion oder im Möbel- und Maschinenbau. Bei der Studie handelte es sich um eine Erhebung mit einem anonymen papierbasierten Fragebogen. Die Teilnehmenden wurden gebeten, den unbeaufsichtigt ausgefüllten Fragebogen in eine verschlossene Sammelbox zu werfen. Die Antwortquote betrug 49%. Als Incentivierung für die Teilnahme wurde dem Unternehmen ein anonymer Benchmark-Bericht angeboten. Die Teilnahme der Mitarbeitenden war freiwillig, um eine bessere Validität ihrer Selbsteinschätzung zu gewährleisten (Mabe & West, 1982). Die Berechnung von Intraklassen-Korrelationskoeffizienten (ICC) ergab niedrige Werte für die acht Subskalen des informellen Lernens zwischen .00 und .09. dies wurde als Hinweis darauf gewertet, dass die Organisationszugehörigkeit der Mitarbeitenden keinen bedeutsamen bzw. verzerrenden Einfluss für die Befragungsergebnisse hatte, sodass die Anwendung eines Mehrebenendesigns für die nachfolgenden Berechnungen nicht notwendig erschien. Die Teilnehmenden waren im Durchschnitt 42.9 Jahre alt (SD = 12.1; Min = 17; Max = 64). 14.4% hatten keine abgeschlossene Berufsausbildung, 70.6% hatten eine abgeschlossene Berufsausbildung und 7% hatten einen akademischen Abschluss. Fehlende Werte (insgesamt 4.4%) wurden mit der von Kline (2016) für die Strukturgleichungsmodellierung empfohlenen Full Information Maximum Likelihood (FIML) Methode imputiert.

 

Stichprobe 2

Die im Jahr 2016 erhobene Stichprobe für die zweite Studie zur Evaluierung der Passung der verschiedenen Strukturmodelle umfasste 349 Mitarbeitende (29.0% Frauen) aus zehn Produktionsunternehmen mit einer Größe von 45 bis 450 Beschäftigten in Deutschland, deren Mitarbeitende mit denen der ersten Studie vergleichbar waren. Die Antwortquote betrug 42%. Wie in Stichprobe 1 lagen die ICC-Werte für die acht Subskalen des informellen Lernens zwischen .00 und .09. Die Befragten bearbeiteten die auf 24 Items final gekürzte Version des Fragebogens auf einer sechsstufigen Likert-Skala von Stimme überhaupt nicht zu bis Stimme voll und ganz zu. Die Teilnehmenden gaben ihr Alter in Kategorien an: 16-25 Jahre (21.1%), 26-35 (19.6%), 36-45 (18.6%), 46-55 (29.7%) und 56-65 (11.0%). Insgesamt 17.8% hatten keine systematische Berufsausbildung abgeschlossen, 66% hatten eine Berufsausbildung abgeschlossen, und 9.8% besaßen einen akademischen Abschluss. Wie in Studie 1 wurden fehlende Werte (insgesamt 2.8%) mit der FIML-Methode imputiert.

 

Itemanalysen

Um die Items der Skala zu überprüfen, wurde in einer ersten Studie eine explorative Faktorenanalyse (EFA) mit der ersten Hälfte der Stichprobe (N = 273) mit der Datenanalyse-Software SPSS durchgeführt. Es wurde gemäß des Oktagon-Modells von folgender Struktur der acht Subskalen ausgegangen: Zwei jeweils inhaltlich zusammengehörige Subfaktoren (wie direktes Feedback und stellvertretendes Feedback) laden auf einen übergeordneten Faktor (Feedback), und die vier übergeordneten Faktoren laden auf einen Generalfaktor. Verwendet wurden die Maximum-Likelihood-Methode zur Faktorextraktion und die Promax-Rotation als oblique Rotationstechnik (wie empfohlen von Conway & Huffcutt, 2003; Costello & Osborne, 2005). Die Berechnung des KMO-Kriteriums für die Stichprobenadäquanz ergab einen Wert von .83, sodass die Daten für Faktorenanalysen geeignet erschienen (Hutcheson & Sofroniou, 1999; Kaiser & Rice, 1974). Es wurden 13 Items eliminiert, deren Faktorladungen niedriger als .6 waren (Döring & Bortz, 2016, S. 484), unter Wahrung der inhaltlichen Breite der Items. Durch diesen Evaluierungsprozess wurde der Item-Pool von 40 auf 27 Items reduziert.

Zur Skalenevaluation und -verfeinerung wurde mit der Gesamtstichprobe (N = 546) eine Reihe konfirmatorischer Faktorenanalysen (CFA) mit der Software AMOS 25 durchgeführt. Das Ziel war, so lange das jeweils am schwächsten ladende Item innerhalb der CFA zu entfernen – sofern keine inhaltlichen Gründe wie die konzeptionelle Vollständigkeit einer Subskala dagegensprächen – bis die nachfolgende CFA mit einem Item weniger keine Verbesserung der Modellgüte anzeigte. Die Ergebnisse dieses Vorgehens legten die Eliminierung von drei Items nahe (danach stellte sich sogar eine Verschlechterung der Modellgüte in der nachfolgenden CFA ein), sodass für weitere Analysen die 24-Item-Version der Skala verwendet wurde. Diese zeigte für die oben beschriebene, dem Oktagon-Modell folgende Struktur akzeptable Fit-Indizes: χ2 (240) = 559.067, p < .001; CFI =.942; NFI = .904; IFI = .943; SRMR =.063; und RMSEA = .049, 90% CI = [.044, .055].

In einer zweiten Studie (N = 349) wurde diese theoretisch angenommene Struktur im Vergleich zu anderen Modellvarianten mittels CFA bestätigt: χ2 (240) = 545.258, p < .001; CFI = .936; NFI = .893; IFI = .937; SRMR = .060; und RMSEA = .060, 90% CI = [.054, .067] (siehe Decius et al., 2019, für die detaillierten Werte der Modellvergleiche). Die Ladungen der acht Subfaktoren auf die vier Faktoren höherer Ordnung rangierten zwischen .67 (Modellernen) und .84 (Intrinsische Lernmotivation). Die Ladungen dieser vier Faktoren auf den übergeordneten Generalfaktor lagen bei .56 (Feedback), .85 (Lernintention), .94 (Erfahrung/Handlung) sowie .95 (Reflexion).

 

Itemkennwerte

Tabelle 2

Deskriptive Statistiken der Skala zum informellen Lernen am Arbeitsplatz (Studie 1)

 

M

SD

Schiefe

Kurtosis

Trennschärfe

Item 1

2.62

0.94

-0.12

-0.87

.61

Item 2

2.82

0.94

-0.39

-0.72

.77

Item 3

3.08

0.85

-0.77

0.07

.64

Item 4

2.84

0.93

-0.44

-0.62

.58

Item 5

2.92

0.96

-0.56

-0.63

.64

Item 6

2.85

0.89

-0.44

-0.52

.59

Item 7

1.71

0.83

1.01

0.32

.66

Item 8

1.91

0.94

0.66

-0.61

.73

Item 9

1.96

0.93

0.50

-0.87

.64

Item 10

2.92

0.83

-0.70

0.22

.70

Item 11

3.00

0.88

-0.66

-0.18

.81

Item 12

3.04

0.84

-0.70

0.06

.72

Item 13

3.46

0.68

-1.17

1.17

.58

Item 14

3.28

0.81

-0.96

0.33

.56

Item 15

3.52

0.64

-1.29

1.80

.63

Item 16

2.83

0.93

-0.40

-0.71

.66

Item 17

3.17

0.81

-0.78

0.13

.70

Item 18

3.16

0.83

-0.71

-0.17

.68

Item 19

2.63

0.99

-0.08

-1.04

.57

Item 20

2.59

0.95

-0.06

-0.93

.58

Item 21

2.29

0.98

0.26

-0.94

.62

Item 22

3.43

0.63

-0.86

0.79

.76

Item 23

3.50

0.60

-0.93

0.68

.79

Item 24

3.45

0.63

-1.03

1.40

.77

Anmerkung. = 546. Skala von 1 (stimme überhaupt nicht zu) bis 4 (stimme voll und ganz zu). Die Trennschärfe (in Bezug auf das Modell höherer Ordnung mit einem Generalfaktor und vier Faktoren des informellen Lernens, die in jeweils zwei Subfaktoren unterteilt sind) bezieht sich auf die drei Items jedes Subfaktors.

 

Tabelle 3

Trennschärfe und konfirmatorische Faktorenanalyse (Studie 2)

 

M

SD

Schiefe

Kurtosis

Trennschärfe

POMP-Score

CFA-Faktorladungen

Item 1

4.15

1.22

-0.41

-0.21

.68

63.00

.74

Item 2

4.40

1.16

-0.83

0.73

.85

68.00

.93

Item 3

4.57

1.17

-0.93

0.96

.76

71.30

.87

Item 4

4.26

1.39

-0.72

-0.06

.63

65.22

.73

Item 5

4.42

1.31

-0.72

-0.07

.64

68.42

.72

Item 6

4.26

1.36

-0.77

0.08

.67

65.12

.79

Item 7

3.24

1.47

0.03

-0.86

.72

44.78

.82

Item 8

3.37

1.50

-0.02

-0.91

.59

47.35

.64

Item 9

3.32

1.50

-0.09

-0.95

.75

46.49

.90

Item 10

4.18

1.28

-0.70

0.15

.75

63.68

.79

Item 11

4.31

1.31

-0.78

0.23

.84

66.23

.92

Item 12

4.43

1.27

-0.92

0.66

.85

68.58

.91

Item 13

4.94

1.00

-1.16

2.36

.63

78.83

.82

Item 14

4.30

1.36

-0.65

-0.23

.52

65.91

.58

Item 15

4.92

1.02

-0.93

1.09

.67

78.30

.83

Item 16

4.42

1.26

-0.70

0.11

.61

68.42

.68

Item 17

4.66

1.17

-0.91

0.85

.67

73.12

.83

Item 18

4.70

1.08

-0.73

0.51

.76

73.98

.85

Item 19

4.19

1.50

-0.58

-0.52

.56

63.71

.71

Item 20

3.71

1.47

-0.25

-0.74

.65

54.18

.76

Item 21

3.59

1.36

-0.40

-0.56

.61

51.76

.72

Item 22

4.91

1.09

-1.06

1.31

.82

78.13

.87

Item 23

5.02

0.98

-1.02

1.46

.89

80.35

.95

Item 24

4.97

1.01

-1.16

2.12

.82

79.47

.87

Anmerkung. N liegt zwischen 332 und 343. Skala von 1 (stimme überhaupt nicht zu) bis 6 (stimme voll und ganz zu). POMP = Proportion of Maximum Possible. Trennschärfe und CFA-Faktorladungswerte (in Bezug auf das Modell höherer Ordnung mit einem Generalfaktor und vier Faktoren des informellen Lernens, die in jeweils zwei Subfaktoren unterteilt sind) beziehen sich auf die drei Items jedes Subfaktors.

Objektivität

Die Durchführungsobjektivität des entwickelten Messinstruments ist hinsichtlich der Unabhängigkeit der Ergebnisse von der durchführenden Testleitung hoch, da der Fragebogen ohne Interaktion mit einer anderen Person ausgefüllt werden kann und alle Teilnehmenden die gleichen Instruktionen und Items erhalten. Durch die Verwendung einer Likert-Skala ist die Errechnung der individuellen Ausprägung des informellen Lernens am Arbeitsplatz klar definiert und eine Auswertungsobjektivität gegeben. Bei Industriebeschäftigten wird basierend auf den Erkenntnissen kognitiver Interviews bei der Pre-Testung des Instruments eine vierstufige Skala empfohlen, um die Zielgruppe nicht zu überfordern, obwohl dies mit einer Varianzeinschränkung einhergeht. Für andere Zielgruppen wird eine sechsstufige Skala empfohlen.

 

Reliabilität

Die internen Konsistenzen der Skalen (Cronbach‘s Alpha) in Studie 1 (N = 546) lagen zwischen α = .76 und α = .88 (siehe Tabelle 4), was als gut angesehen werden kann (Hair et al., 2010). Die Werte der Trennschärfe lagen zwischen .56 und .81 (siehe Tabelle 2), was ebenfalls als zufriedenstellend interpretiert werden kann (Lienert & Raatz, 1998). Auch Studie 2 (N = 349) wies hohe Werte für die interne Konsistenz zwischen α = .76 und α = .92 (siehe Tabelle 4) sowie für die Trennschärfe zwischen .52 und .89 (siehe Tabelle 3) auf.

 

Tabelle 4

Interne Konsistenz (Cronbach‘s Alpha) in Studie 1 und Studie 2

 

 

Studie 1 (Skala von 1 bis 4)

Studie 2 (Skala 1 bis 6)

Skala

Item-anzahl

M

SD

POMP

α

M

SD

POMP

α

Eigenes Ausprobieren

3

2.84

0.78

61.24

.81

4.37

1.06

67.45

.88

Modelllernen

3

2.88

0.77

62.50

.77

4.31

1.13

66.18

.80

Direktes Feedback

3

1.86

0.78

28.77

.82

3.31

1.29

46.20

.83

Stellvertretendes Feedback

3

2.99

0.75

66.23

.86

4.31

1.18

66.16

.91

Vorausschauende Reflektion

3

3.42

0.59

80.69

.76

4.71

0.94

74.29

.76

Reflektion im Nachhinein

3

3.06

0.74

68.56

.82

4.59

1.01

71.86

.82

Extrinsische Lernintention

3

2.51

0.81

50.36

.76

3.83

1.20

56.58

.77

Intrinsische Lernintention

3

3.46

0.56

81.93

.88

4.96

0.96

79.30

.92

Erfahrung/Handlung (übergeordneter Faktor)

6

2.86

0.62

61.99

.74

4.34

0.92

66.77

.82

Feedback (übergeordneter Faktor)

6

2.43

0.64

47.64

.82

3.81

1.07

56.27

.86

Reflexion (übergeordneter Faktor)

6

3.24

0.56

74.76

.80

4.65

0.88

73.04

.85

Lernintention (übergeordneter Faktor)

6

2.99

0.57

66.27

.76

4.40

0.93

67.92

.84

Informelles Lernen (Generalfaktor)

24

2.89

0.45

62.88

.88

4.30

0.73

66.00

.91

Anmerkung. N liegt zwischen 531 und 544 (Studie 1) bzw. 338 und 344 (Studie 2). Skala in Studie 1 von 1 (stimme überhaupt nicht zu) bis 4 (stimme voll und ganz zu). Skala in Studie 2 von 1 (stimme überhaupt nicht zu) bis 6 (stimme voll und ganz zu) in Studie 2. POMP = Proportion of Maximum Possible.

 

Validität

Gemäß den methodischen Empfehlungen (Farrell, 2010; Fornell & Larcker, 1981) zur Untersuchung der konvergenten und diskriminanten Validität der Skalen (Messick, 1995) für die Referenzgruppe der Industriebeschäftigten wurde die durchschnittlich erfasste Varianz (DEV) für jeden Subfaktor auf der Grundlage der Faktorladungen (latente Korrelationen) und der geteilten Varianz (oder shared variance, SV; d. h. die quadrierte Korrelation zweier Subfaktoren) über die acht Subfaktoren berechnet. Ein DEV-Wert > .50 ist ein Hinweis auf konvergente Validität (Hair et al., 2010). DEV-Werte, die größer als die SV-Werte zwischen zwei Subfaktoren sind, weisen auf diskriminante Validitäten hin (Farrell, 2010).

Die Werte der DEV lagen in Studie 1 zwischen .52 und .71. Da DEV-Werte >.50 auf eine konvergente Validität hindeuten, ist davon auszugehen, dass die latenten Variablen die Items hinreichend erklären. Die acht Subfaktoren des informellen Lernens wiesen geringe bis mittlere Korrelationen zwischen r = .13 und r = .55 auf. Um zu prüfen, ob die Konstrukte trotz der Struktur zweiter Ordnung unabhängige Subfaktoren darstellten, wurde die SV über die acht Subfaktoren berechnet. Die SV-Werte lagen zwischen .02 und .43. Dies bedeutete, dass alle DEV-Werte über dem Niveau der SV-Werte lagen, was auf diskriminante Validität hindeutet. Daher können die acht Subfaktoren als eigenständige Konstrukte mit ausreichender konvergenter und diskriminanter Validität angesehen werden.

Die DEV-Werte für die Faktoren des Modells zweiter Ordnung lagen in Studie 2 zwischen .53 und .81, was konvergente Validität nahelegt. Die SV-Werte lagen zwischen .04 und .53. Der höchste SV-Wert von .53 basierte auf der Korrelation zwischen den Subfaktoren Vorausschauende Reflektion (DEV = .56) und Reflexion im Nachhinein (DEV = .62). Da alle DEV-Werte über den SV-Werten lagen, ist ebenfalls von diskriminanter Validität auszugehen.

Zur Prüfung der Kriteriumsvalidität wurden exemplarisch zwei zentrale Bestandteile des nomologischen Netzwerks des informellen Lernens betrachtet (siehe Decius et al., 2019, für Details): Zum einen der Zusammenhang zwischen der Persönlichkeitsdimension Gewissenhaftigkeit als potenziellem Prädiktor und den Subskalen des informellen Lernens, zum anderen die Beziehungen zwischen diesen Subskalen und vier spezifischen Lernergebnissen: Kompetenzentwicklung, Effizienzsteigerung, Zunahme an Arbeitsflexibilität und Reduktion von Belastung.

Gewissenhaftigkeit zeigte signifikante positive Zusammenhänge mit den Subskalen „Eigenes Ausprobieren“ (r = .17) und „Modelllernen“ (r = .12), wenn auch mit geringer Effektstärke. Deutlichere Zusammenhänge ergaben sich mit „Vorausschauender Reflektion“ (r = .38) und „Reflektion im Nachhinein“ (r = .25). Auch mit der „Intrinsischen Lernintention“ (r = .32) sowie in geringerem Ausmaß mit der „Extrinsischen Lernintention“ (r = .14) zeigten sich signifikant positive Beziehungen. Kein signifikanter Zusammenhang wurde mit „Direktem Feedback“ (r = .05) gefunden, während für „Stellvertretendes Feedback“ ein schwach positiver Zusammenhang beobachtet wurde (r = .10).

Die Subskalen des informellen Lernens wiesen darüber hinaus signifikant positive Zusammenhänge mit allen vier untersuchten Lernergebnissen auf (alle Werte ausführlich in Decius et al., 2019). Besonders ausgeprägt waren diese bei „Modelllernen“ (r zwischen .26 und .33), „Reflektion im Nachhinein“ (r zwischen .26 und .44, höchste Korrelation mit Kompetenzentwicklung) sowie bei der „Intrinsischen Lernintention“ (r zwischen .16 und .48). Die Subskala „Eigenes Ausprobieren“ zeigte zwar geringere, aber dennoch signifikante Zusammenhänge mit allen vier Outcomes (r zwischen .09 und .16), besonders mit Arbeitsflexibilität.

Insgesamt stützen diese Befunde die Annahme, dass die Komponenten des informellen Lernens größtenteils erwartbar mit Konstrukten aus dem nomologischen Netzwerk des informellen Lernens zusammenhängen, was für die Kriteriumsvalidität der Skala spricht.

 

Deskriptive Statistiken

Die Mittelwerte sowie Schiefe- und Kurtosis-Werte für die 24 Items der Skala für informelles Lernen am Arbeitsplatz werden in Tabelle 2 berichtet.  Auf Skalenebene ergeben sich folgende Werte (siehe auch Tabelle 4): Stichprobe 1 mit vierstufiger Likert-Skala (N = 544): M = 2.89 (SD = 0.45), Schiefe = -0.12, Kurtosis = 0.26; Stichprobe 2 mit sechsstufiger Likert-Skala (N = 344): M = 4.30 (SD = 0.73), Schiefe = -0.55, Kurtosis = 0.93.

 

Nebengütekriterien

Soziale Erwünschtheit

Eine Verzerrung oder Verfälschung der Werte aufgrund sozialer Erwünschtheit ist unwahrscheinlich, da das Messinstrument anonymisiert und online durchführbar ist.

 

Ökonomie

Das Messinstrument wurde einmalig konzipiert und ermöglicht eine flexible Anwendung in verschiedenen Untersuchungskontexten. Anpassungen für spezifische Befragungen erfordern nur minimalen Aufwand. Zudem ist die Bearbeitung mit geringem Zeitaufwand verbunden, da der Fragebogen lediglich 24 Items umfasst, online verfügbar ist und weder spezielle Räumlichkeiten noch eine Beaufsichtigung erfordert. Die Bearbeitungszeit liegt bei etwa drei Minuten (Schätzung der Autoren).

 

Testfairness

Grundsätzlich ist die Testfairness gegeben. Einschränkungen können jedoch auftreten, wenn Teilnehmende über unzureichende sprachliche Kenntnisse verfügen. In solchen Fällen könnte das Verständnis einzelner Items beeinträchtigt sein, was zu einer Verfälschung der Ergebnisse führen kann.

 

Transparenz der Messung

Die Messintention der Skala wird explizit kommuniziert, und die Items enthalten eine klare Beschreibung relevanter Verhaltensweisen des informellen Lernens. Dadurch ist eine hohe Transparenz der Messung gewährleistet.

 

Weiterführende Literatur

Kortsch, T., Decius, J., & Paulsen, H. (2024). Lernen in Unternehmen – formal, informell, selbstreguliert. Praxis der Personalpsychologie, Vol. 43. Hogrefe. https://doi.org/10.1026/03093-000

Decius, J., Schaper, N. & Seifert, A.