Gießen-Test (Kurzform)
Rollenkonflikt
Soziale Stressoren am Arbeitsplatz
Work-Family Conflict Scale (ISSP)

Gießen-Test (Kurzform)

Autor/in: Giegler, H. & Schürhoff, R.
In ZIS seit: 1997
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Zusammenfassung:

Bei den hier vorgestellten Gießen-Test Kurzskalen handelt es sich um ein ökonomisches Breitband-Messinstrument zur Erfassung psychosozialer Konstrukte wie z.B: soziale Schwäche, Depressivität, Unstetigkeit, soziale Attraktivität, Urmisstrauen, Fügsamkeit oder soziale Nähe.

Abstract:

The Giessen-Test short scales presented here are an economic broadband measuring instrument for recording psychosocial constructs such as social weakness, depressivity, unsteadiness, social attractiveness, fundamental distrust, obedience or social proximity.


Sprache Dokumentation: deutsch
Sprache Items: deutsch
Anzahl der Items: 21
Reliabilität: Cronbachs Alpha = .45 bis .64; Joereskogs Rho = .46 bis .69
Validität: Hinweise auf die Kriteriumsvalidität
Konstrukt: Sozial, Konstrukt, Depression, Schwach
Schlagwörter: Gießen, Persönlichkeit | Gießen, personality
Item(s) in Bevölkerungsumfrage eingesetzt: nein
Skalenentwicklung: validiert

Instruktion

Die Instruktion ist identisch mit der allgemeinen Instruktion zum semantischen Differential und wird an einem Beispiel verdeutlicht. Beispiel:

 

Ich glaube, ich bin"

 

eher ungeduldig

3

2

1

0

1

2

3

eher geduldig

 

Items

Nr.

Item

Polung

1

Ich habe den Eindruck, ich bin eher ungeduldig / eher geduldig.

+

2

Ich schätze, ich lege es eher darauf an, andere zu lenken / von anderen gelenkt zu werden.

+

3

Ich habe den Eindruck, dass ich mir eher selten / eher besonders häufig über meine inneren Probleme Gedanken mache.

+

4

Ich habe den Eindruck, dass andere mit meiner Arbeitsleistung im allgemeinen eher besonders zufrieden / eher unzufrieden sind.

+

5

Ich glaube, ich habe zu anderen Menschen eher besonders viel / besonders wenig Vertrauen.

+

6

Ich habe den Eindruck, ich zeige besonders viel / sehr wenig von meinen Bedürfnissen nach Liebe.

+

7

Ich glaube, ich meide eher / suche eher sehr engen Anschluss an einen anderen Menschen.

+

8

Ich glaube, ich kann im Vergleich zu anderen eher gut / eher schlecht mit Geld umgehen.

+

9

Ich schätze ich halte mich selten / oft für sehr bedrückt.

+

10

Ich habe den Eindruck, ich gebe im Allgemeinen viel / sehr wenig von mir preis.

+

11

Ich schätze es gelingt mir eher schwer / eher leicht, mich bei anderen beliebt zu machen.

+

12

Ich schätze, ich gerate besonders häufig / besonders selten in Auseinandersetzungen mit anderen Menschen.

+

13

Ich denke, ich fühle mich den anderen Menschen eher sehr fern / eher sehr nahe.

+

14

Ich glaube, ich lege kaum / sehr viel Wert darauf, schön auszusehen.

+

15

Ich habe den Eindruck, es fällt mir eher schwer / eher leicht mit anderen eng zusammenzuarbeiten.

+

16

Ich denke, ich mache mir selten / immer Selbstvorwürfe.

+

17

Ich glaube, ich benehme mich im Vergleich zu anderen besonders fügsam / besonders eigensinnig.

-

18

Ich habe den Eindruck, es gelingt mir eher schlecht / eher gut, meine Interessen im Lebenskampf durchzusetzen.

-

19

Ich glaube, dass man mich im allgemeinen eher als stark / eher als schwach einschätzt.

+

20

Ich habe den Eindruck, ich habe es sehr schwer / sehr leicht, auf andere anziehend zu wirken.

+

21

Ich glaube, ich habe es im Vergleich zu anderen eher leicht / eher schwer, bei einer Sache zu bleiben.

+

 

Antwortvorgaben

Die Fragen sind ähnlich wie beim semantischen Differential bipolar formuliert. Sie werden auf einer nicht verbalisierten numerischen Skala eingestuft. Für jeden der beiden Pole der Antwortoptionen stehen drei Punkte für die Intensitätsbeschreibung zur Verfügung.

 

Auswertungshinweise

Bei der Auswertung werden die Itemrohwerte von 1 bis 7 codiert. Die gewichteten Itemrohwerte werden zu einem Gesamtwert je Subskala aufaddiert. Zur Gewichtung wird der Multiplikator für Itemrohwerte unter der Annahme eines kongenerischen Modells herangezogen. Die spezifischen Gewichte der Items werden in Tabelle 1 und Tabelle 2 aufgeführt.

 

Tabelle 1

Spezifische Gewichte der Items (Multiplikatoren bei Auswertung, 1985b, 7 Faktoren, konfirmatorische Faktorenanalyse (WLS)

Item

Faktorladung

Gewicht

Skala 1: Soziale Attraktivität

16    

.56

.49

27    

.35

.24

37    

.60

.66

Skala 2: Soziale Schwäche

03    

.38

.29

33    

.67

.82

36    

.62

.73

Skala 3: Fügsamkeit

01    

.33

.19

22    

.46

.36

31    

.60

.59

Skala 4: Sachbezogene Unstetigkeit

09    

.51

.49

13    

.41

.29

38    

.48

.40

Skala 5: Depressivität

05    

.38

.25

14    

.74

.92

29    

.56

.48

Skala 6: Urmisstrauen

10    

.49

.40

11    

.44

.33

15    

.48

.37

Skala 7: Soziale Nähe

12    

.38

.26

25    

.61

.64

28    

.54

.49

       

 

Tabelle 2

Spezifische Gewichte der Items (Multiplikatoren bei Auswertung, 1992, 5 Faktoren, konfirmatorische Faktorenanalyse (WLS)

Item  

Faktorladung

Gewicht

Skala 1:  Soziale Attraktivität

16    

.59

1.07

23    

.68

.88

37    

.50

.90

Skala 2:  Angepasstheit

01    

.49

.64

22    

.60

.72

31    

-.35

.60

Skala 3:  Sachbezogene Unstetigkeit

09    

.68

.86

13    

.49

.91

38    

.51

.77

Skala 4:  Depressivität

08    

.55

.67

14    

.68

1.85

29    

.59

.85

Skala 5:  Urmisstrauen

11    

.53

.67

15    

.52

1.07

19    

.79

1.51

Gesamtfitmaße des Faktormodells: Chi²(80)=512.32, p=.000, Goodness of fit index: .975, adj. goodn. of fit in.: .963, root mean square res.:  .048

 

 


 

Der Gießen-Test bietet einer Zielperson an, "....ihre intraindividuellen Merkmale so zu beschreiben, wie sie in ihre psychosozialen ..... Erfahrungen eingehen" (Beckmann, Brähler & Richter, 1983).

Während Persönlichkeitstests üblicherweise darauf abzielen, eine Zielperson möglichst so zu erfassen, wie sie "an sich" ist, bezieht der Gießen-Test in besonderem Umfang soziale Einstellungen und Reaktionen mit ein. Der GT kann in rollentheoretischen oder interaktionistischen Ansätzen zur Anwendung kommen. Er eignet sich dabei nicht nur zur Erfassung von Selbstbildern (wie sehe ich mich?), sondern auch - durch einfache verbale Umsetzungen - zur Erfassung von Fremdbildern (wie sehe ich andere?) und auch zur Erfassung idealer Selbst- und Fremdbilder. Bei den hier vorgestellten Gießen-Test Kurzskalen handelt es sich um ein ökonomisches "Breitband"-Messinstrument zur Erfassung psychosozialer Konstrukte wie z.B: soziale Schwäche, Depressivität, Unstetigkeit, soziale Attraktivität, Urmisstrauen, Fügsamkeit, soziale Nähe. Diese Konstrukte können bei einer konkreten Problemstellung einen ersten Überblick über die Bedeutung psychosozialer Merkmale neben sozio-demographischen und soziologischen Merkmalen liefern.

 

 

Itemkonstruktion und Itemselektion

Der Gießen-Test (GT, Beckmann & Richter, 1972) wurde zwar unter Rückgriff auf Daten psychisch gestörter Personen entwickelt. Er ist aber auch im sogenannten "Normalbereich" anwendbar, wenn die Items der Skalen umgruppiert werden. Dies zeigte Giegler (1985a) auf der Basis von N = 160 Personen. Aus den 40 Items des GT wurden mittels exploratorischer und konfirmatorischer Faktorenanalysen, sowie klassischer Itemanalysen Kurzskalen entwickelt. Diese wurden an soziologischen und sozialpsychologischen Außenmerkmalen validiert. Die Kurzfassung enthält noch 21 Items, die 7 Dimensionen mit je 3 Items bilden. Giegler (1985b) überprüfte sie mit konfirmatorischen (hypothesentestenden) Faktorenanalysen zunächst erneut anhand der Daten einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage mit N = 1601 Personen, dann 1989 (Giegler, 1992) anhand der Daten einer weiteren Bevölkerungsstichprobe mit N = 2025 Einwohnern der BRD und West-Berlins über 18 Jahre.

 

Stichproben

Die Kurzskalen wurden zunächst auf der Basis einer Stichprobe von N = 160 Personen induktiv gebildet. Anschließend wurden diese Skalen auf der Datenbasis zweier Stichproben von N = 1601 (Giegler, 1985b) sowie N = 2025 (Giegler, 1992) Personen überprüft. In den zitierten Arbeiten werden die Stichproben genauer beschrieben.

 

 

Itemanalysen

Die erste Kurzfassung des Gießen-Tests (Giegler, 1985) schließt 7 Dimensionen bzw. Kurzskalen oder Faktoren ein (siehe Tabelle 1):

Faktor 1: Soziale Attraktivität

Faktor 2: Soziale Schwäche

Faktor 3: Fügsamkeit

Faktor 4: Sachbezogene Unstetigkeit

Faktor 5: Depressivität

Faktor 6: Urmisstrauen

Faktor 7: Soziale Nähe

Die 5 Dimensionen (siehe Tabelle 2) aus der zweiten Prüfung (Giegler, 1992) sind:

Faktor 1: Soziale Attraktivität

Faktor 2: Angepasstheit

Faktor 3: Sachbezogene Unstetigkeit

Faktor 4: Depressivität

Faktor 5: Urmisstrauen

 

Itemkennwerte

Angaben zur Reliabilität der Items liegen in Tabelle 3 vor.

 

Tabelle 3

Reliabilität und Item-Gesamt-Korrelationen der Items für die 7 Kurzskalen des Gießen-Tests (N = 1601,1985b)

  Item

Reliabilität

Item-Gesamt-Korrelation

Skala 1: Soziale Attraktivität

16

.31

.28

27

.13

.26

37

.36

.41

Skala 2: Soziale Schwäche

03

.14

.32

33

.45

.41

36

.39

.43

Skala 3: Fügsamkeit

01

.11

.25

22

.21

.28

31

.36

.30

Skala 4: Sachbezogene Unstetigkeit

09

.26

.28

13

.17

.27

38

.23

.28

 

Skala 5: Depressivität

05

.15

.34

14

.54

.42

29

.31

.41

Skala 6: Urmisstrauen

10

.24

.29

11

.19

.27

15

.23

.28

Skala 7: Soziale Nähe

12

.14

.29

25

.37

.37

28

.30

.32

 

 

Reliabilität

Es werden verschiedene Kennwerte zur Beurteilung der Reliabilität der Kurzskalen des Gießen-Tests in Tabelle 4 und Tabelle 5 angeführt.

 

Tabelle 4

Kennwerte zur Beurteilung der Reliabilität der 7 Kurzskalen des Gießen-Test (N = 1601, 1985b)

Skala              

r

Chi²

Alpha

Rho

Soziale Attraktivität

.25

122

.49

.54

Soziale Schwäche   

.31

54

.58

.62

Fügsamkeit         

.21

107

.45

.49

Sachbezog Unstetig.

.21

79

.45

.46

Depressivität      

.32

44

.58

.64

Urmisstrauen        

.22

1

.46

.46

Soziale Nähe       

.26

42

.51

.54

Anm. r = mittlere Item-Korrelation, Chi² = Chi-Quadrat für Abweichung vom Parallel-Modell, Alpha = Cronbachs Alpha, Rho = Joereskogs Rho.


 

Tabelle 5

Kennwerte zur Beurteilung der Reliabilität der 5 Kurzskalen des Gießen-Test (N = 2025, 1992)

Skala              

Alpha

Rho

Soziale Attraktivität 

.63

.63

Angepasstheit          

.49

.49

Sachbezogene Unstetigkeit

.59

.59

Depressivität         

.64

.69

Urmisstrauen           

.65

.68

Anm. r = mittlere Item-Korrelation, Chi² = Chi-Quadrat für Abweichung vom Parallel-Modell, Alpha = Cronbachs Alpha, Rho = Joereskogs Rho.

 

Validität

Der Autor betrachtet die Faktorenkorrelationen (Tabelle 6), d.h. die Korrelationen zwischen den Kurzskalen als eine Form der Konstruktvalidierung. Er begründet sie damit, dass psychosoziale Faktoren auf jeden Fall zusammenhängen und nicht unkorreliert sein können.

 

Tabelle 6

Interkorrelationen

 Interkorrelationen der 7 Kurz-Skalen (N =1601, 1985b)

Skala         

1

2

3

4

5

6

7

Soziale Attraktivität 

-

 

 

 

 

 

 

Soziale Schwäche

-.50

-

 

 

 

 

 

Fügsamkeit    

.24

-.11

-

 

 

 

 

Sachbezogene Unstetig

-.22

.75

-.64

-

 

 

 

Depressivität 

-.31

.51

-.18

.43

-

 

 

Urmisstrauen   

-.49

.28

-.09

.10

.41

-

 

Soziale Nähe  

.81

-.51

.38

-.33

-.45

-.63

-

Interkorrelationen der 5 Kurz-Skalen (N  2025, 1992)

Skala         

1

2

3

4

5

 

 

Sozi. Attraktivität. 

-

 

 

 

 

 

 

Angepasstheit  

.36

-

 

 

 

 

 

Sachbezogene Unstetig

-.67

-.51

-

 

 

 

 

Depressivität 

-.65

-.14

.71

-

 

 

 

Misstrauen 

-.51

.08

.26

.41

-

 

 

 

Zudem wurden von Giegler und Schürhoff (1992) zur Bestimmung der Konstruktvalidität partiell standardisierte Regressionskoeffizienten exogener Merkmale, wie Alter, Geschlecht, formaler Bildungsgrad, Links-Rechts-Orientierung, Kirchenbindung (Tabelle 7), sowie Mitte- und Extremankreuzer ermittelt (Tabelle 8).

 

Tabelle 7

Partiell standardisierte Regressionskoeffizienten zur Ermittlung der Konstruktvalidität

Skala          

Alter

Geschlecht

Bildung

Links-Rechts

Kirchenbindung

Sozi. Attraktivität. 

-.03

.02

.16**

.05

.02

Angepasstheit  

.14**

.01

-.11**

.01

.15*

Sachbezogene Unstetig

-.10**

.08*

-.12**

-.03

-.06

Depressivität 

.07

.30**

-.07*

-.03

-.01

Misstrauen 

.18**

-.01

-.02

.02

-.03

Anm. ** = 1%-Signifikanzniveau, * = 5%-Signifikanzniveau

 

Tabelle 8

Partiell standardisierte Regressionskoeffizienten zur Ermittlung der Konstruktvalidität

Skala         

 Mitteankreuzer 

Extremankreuzer

Sozi. Attraktivität. 

-.22**

.36**

Angepasstheit  

-.05

.27**

Sachbezogene Unstetig

.16**

-.48**

Depressivität 

.15**

-.27**

Misstrauen 

.09**

-.07

Anm. ** = 1%-Signifikanzniveau, * = 5%-Signifikanzniveau

 

Deskriptive Statistiken

Die Mittelwerte und Standardabweichungen der Items werden in Tabelle 9 und Tabelle 10 angegeben.

 

Tabelle 9

7 Kurzskalen des Gießen-Tests, N = 1601 (1985b), Mittelwerte (M) und Standardabweichungen (s) der Items, gruppiert nach Skalenzugehörigkeit

Item

Polung

M

s

Skala 1: Soziale Attraktivität

16     

+

4.43

1.67

27     

+

4.60

1.70

37     

+

4.31

1.43

Skala 2: Soziale Schwäche

03     

+

3.43

1.54

33     

-

4.97

1.51

36     

+

3.13

1.40

Skala 3: Fügsamkeit

01     

+

4.34

1.96

22     

+

5.07

1.62

31     

-

3.60

1.59

Skala 4: Sachbezogene Unstetigkeit

09     

+

2.46

1.38

13     

+

2.75

1.71

38     

+

3.26

1.55

Skala 5: Depressivität

05     

+

4.73

1.83

14     

+

3.36

1.77

29     

+

3.51

1.66

Skala 6: Urmisstrauen

10     

+

3.46

1.64

11     

+

3.46

1.64

15     

+

4.33

1.66

Skala 7: Soziale Nähe

12     

+

4.66

1.69

25     

+

4.63

1.50

28     

+

5.26

1.58

 

Tabelle 10

5 Kurzskalen des Gießen-Tests, N = 2025 (1992), Mittelwerte (M) und Standardabweichungen (s) der Items, gruppiert nach Skalenzugehörigkeit

Item   

Polung  

 M 

 s 

Skala 1: Soziale Attraktivität

16     

 +      

4.65

1.47

23     

 +      

5.00

1.31

37     

 +      

4.51

1.35

Skala 2: Angepasstheit

01     

 +      

4.54

1.86

22     

 +      

4.84

1.56

31     

 -      

3.90

1.45

Skala 3: Sachbezogene Unstetigkeit

09     

 +      

2.69

1.33

13     

 +      

2.88

1.59

38     

 +      

3.23

1.50

Skala 4: Depressivität

08     

 +      

3.20

1.58

14     

 +      

3.18

1.53

29     

 +      

3.37

1.46

Skala 5: Urmisstrauen

11     

 +      

3.72

1.59

15     

 +      

4.07

1.48

19     

 +      

3.88

1.67

 

Giegler, H. & Schürhoff, R.