Instruktion
Die folgenden Aussagen befassen sich damit, wie Angehörige einander gerechterweise unterstützen sollten. Bitte sagen Sie jeweils, ob Sie ihnen: voll zustimmen (1), etwas zustimmen (2), ob Sie weder zustimmen noch ablehnen (3), oder ob Sie etwas ablehnen (4) oder ganz ablehnen (5).
Items
Subskalen:
- KO = Kollektivismus (Unbedingte Solidarität)
- IN = Individualismus (Bedingte Solidarität)
Nr. |
Item |
Sub-skala |
1 |
Man sollte vor allem den Angehörigen helfen, die man mag. |
IN |
2 |
Angehörige sollten einander so unterstützen, wie es ihnen die älteren Generationen vorgelebt haben. |
KO |
3 |
Angehörige, von denen man selbst keine Hilfe erwarten kann, braucht man nicht zu unterstützen. |
IN |
4 |
Man sollte vor allem den Angehörigen helfen, denen es schlechter geht als einem selbst. |
KO |
5 |
Von Angehörigen, denen man hilft, sollte man früher oder später eine Gegenleistung erhalten. |
IN |
6 |
Angehörige, die man nicht leiden kann, braucht man auch nicht zu unterstützen. |
IN |
7 |
Man sollte Angehörige immer unterstützen, wenn sie Hilfe benötigen. |
KO |
8 |
Die Jüngeren sollten ihre älteren Angehörigen unterstützen, da diese Achtung verdienen. |
KO |
Antwortvorgaben
5-stufige Antwortskalen mit den Antwortoptionen:
- 1 = stimme voll zu,
- 2 = stimme etwas zu,
- 3 = weder/noch,
- 4 = lehne etwas ab,
- 5 = lehne ganz ab.
Auswertungshinweise
Die hier vorgestellten familialen Unterstützungsideologien lassen sich für weitergehende Analysen in zwei grundsätzlich verschiedenen Weisen nutzen:
- Verwendung von Faktorwerten, um Gruppenunterschiede darzustellen und zu analysieren.
- Verwendung der Dimensionsstruktur der sechs Basisindikatoren in weiterführenden Analysen z.B. mit Strukturgleichungsmodellen.
Zu beachten ist, dass von einer Unabhängigkeit der Einstellungsdimensionen ausgegangen wird. Eine einfache mathematische Verknüpfung der familialen Unterstützungsideologien (z.B. Indexbildung oder Berechnung von Differenzen) ist daher auf Basis des hier vorgestellten Instruments nicht sinnvoll.
Die Frage nach Gerechtigkeit in der Familie kann Walzer (1983) zufolge gerechtigkeitsphilosophisch nicht beantwortet werden, da es "kein singuläres Spezialsystem von gefühlsmäßigen Bindungen [gibt], das gerechter wäre als irgendein anderes" (Walzer, 2006, S. 332). Für die ordnungsbezogene empirische Gerechtigkeitsforschung stellt sich diese Problematik nicht: Sie beschäftigt sich damit, welche Prinzipien der Verteilung von Gütern und Leistungen von den Akteuren als gerecht angesehen werden (Wegener, 1999). Für die Frage nach Gerechtigkeit in der Familie ist aus dieser Perspektive die Identifizierung der Güter und Leistungen, der Verteilungsprinzipien sowie der Verteilungsszenarien notwendig, die in diesem Kontext Relevanz besitzen. Über Erstere gibt die Netzwerkforschung Aufschluss: Innerhalb privater sozialer Netzwerke werden Verteilungen unterschiedlichster Leistungen und Güter unter dem Sammelbegriff "soziale Unterstützung" gefasst, wobei aufgrund der Art der Hilfeleistungen zwischen verschiedenen Unterstützungstypen, z.B. instrumentellen, materiellen und emotionalen unterschieden wird. Eine detaillierte Typologie findet sich in Diewald (1991, S. 70ff).
Bei Gerechtigkeitsprinzipien im gesellschaftlichen Teilbereich Familie handelt es sich also um Präferenzen für Prinzipien sozialer Unterstützung, die innerhalb dieses Netzwerks vorherrschen. In Arbeiten, die sich mit Prinzipiengerechtigkeit in unterschiedlichen sozialen Beziehungsgefügen auseinandersetzen, wird davon ausgegangen, dass hier Bedarf das dominante verteilungsrelevante Kriterium ist, wobei das Gleichheitsprinzip in einigen Ausnahmen vorgezogen wird (Deutsch, 1975; Schwinger, 1980). Walzer (2006, S. 329f) spricht in diesem Zusammenhang von der "Regel des präskriptiven Altruismus". Befunde aus der Unterstützungsforschung zeigen, dass neben Bedarf und Gleichheit weitere Prinzipien eine Rolle bei der Verteilung familialer Unterstützungsleistungen spielen. So identifizieren Künemund und Motel (2000) in der gängigen Literatur vier dominante Unterstützungsmotive und können belegen, dass diese empirische Relevanz besitzen: Zuneigung, normative Verpflichtung, Reziprozität und Altruismus. Kohli und Künemund (2003) zeigen, dass den vier Motiven letztlich zwei zentrale Dimensionen zugrunde liegen: Normative Verpflichtung und Altruismus sind Ausdruck einer unbedingten familialen Solidarität, während Reziprozität und Zuneigung Bestandteile einer bedingten Form familialer Solidarität darstellen.
Aus der Sicht der empirischen Gerechtigkeitsforschung kann das Auftreten zweier familialer Solidaritätsformen als Ausdruck zugrunde liegender familialer Wertesysteme bzw. Gerechtigkeitsideologien interpretiert werden. Ihre Anzahl zeigt, dass sich familiale Gerechtigkeitsideologien nicht wie Gerechtigkeitsideologien in anderen gesellschaftlichen Teilbereichen (Wegener & Liebig, 1993) entlang des Grid-Group-Paradigmas (Douglas, 1978) dimensionalisieren lassen. Es handelt sich auf der einen Seite um einen auf Altruismus und Rollenerwartungen beruhenden Typus und auf der anderen Seite um einen auf Gegenleistung und emotionale Nähe basierenden Typus. Bei Ersterem stellt die Zugehörigkeit zur Familie das zentrale Kriterium für Unterstützungsleistungen dar und bildet die Grundlage unbedingter Solidarität. Mit einer Mischung aus den Verteilungsprinzipien Bedarf und Status besitzt diese Ideologie gleichermaßen egalitaristische wie askriptivistische Züge. Bei dem zweiten Typus hängt Unterstützung innerhalb der Familie von individuellen, rationalen Entscheidungsprozessen ab, was eine bedingte Form von Solidarität erzeugt. Die relevanten Entscheidungskriterien sind einerseits (Gegen-)Leistung und andererseits emotionale Nähe. Während Ersteres ein klassisches individualistisches Prinzip ist, kann Letzteres als Beliebigkeit interpretiert werden, was ein fatalistisches Charakteristikum darstellen würde, oder aber als eine Form von emotionaler Unterstützung, was wiederum dem individualistischen Wertesystem entsprechen würde. Beide familialen Ideologien lassen sich in familiensoziologischen Theorien wiederfinden. Die erste Wertehaltung entspricht dem, was als Kollektivismus bzw. Familialismus bezeichnet wird, während die zweite die theoretische Konzeption von Individualismus bzw. De-Familialisierung widerspiegelt (siehe Burkart, 1991; Burkart & Kohli, 1992; Pyke & Bengtson, 1996; Nauk, 1997, S. 341; Huinink, 2002, S. 51). Kollektivismus stellt eine starke Orientierung an die Familie dar, die durch starre Rollenbilder und dichte Einbindung in das familiale Verpflichtungsgefüge gekennzeichnet ist. Kollektivistische Familien schränken die persönlichen Freiheiten der Individuen deutlich ein, erzeugen aber auch die Wahrnehmung von Stabilität, Schutz und Sicherheit. Individualismus dagegen betont die Bedeutung von Selbstständigkeit und Selbstverwirklichung und drückt sich in lockeren Bindungen zwischen den Individuen aus. Diese Freisetzung aus vergemeinschaftenden Bindungen geht einher mit einem Zuwachs an biographischen Entscheidungsmöglichkeiten, aber auch Entscheidungszwängen (Burkart, 1991).
Itemkonstruktion und Itemselektion
Das Instrument zur Erfassung der beiden familialen Gerechtigkeitsideologien Kollektivismus und Individualismus wurde von der Berliner Projektgruppe für die vierte Welle des International Social Justice Projects (ISJP) entwickelt. Die Entwicklung orientierte sich an einer im Deutschen Alters-Survey 1996 verwendeten Itembatterie zur Erfassung familialer Unterstützungsmotive (Dittmann-Kohli et al., 1997, S. 112, Frage 51). Ihre zehn Items erfassen die vier Motive Altruismus, normative Verpflichtung, Reziprozität und Zuneigung (Künemund & Motel, 2000; Kohli & Künemund, 2003). Eine überarbeitete und erweiterte Fassung dieses Instruments wurde in den SOEP-Pretest für 2005 aufgenommen (SOEP-Pretest "Persönlichkeit und Politik", 29, Frage 73). Die vorhandenen Instrumente konnten nicht eins zu eins übernommen werden, da ihnen der für Ideologien entscheidende normative Bezug fehlte.
Zur Erfassung von Gerechtigkeitseinstellungen in der Familie war eine Identifizierung der in diesem Bereich relevanten Verteilungsprinzipien notwendig. Zu diesem Zweck wurde ausgehend von Kohli und Künemund (2003) eine Dimensionalisierung angestrebt (Tabelle 1). Danach setzen sich die beiden familialen Gerechtigkeitsideologien aus jeweils zwei Normen zusammen, denen wiederum verschiedene Verteilungsprinzipien zugrunde liegen. Pro Prinzip wurde mindestens eine Aussage verfasst, die sich auf familiale Unterstützung bezieht. Um den normativen, gerechtigkeitsrelevanten Bezug herzustellen, wurden die Aussagen so formuliert, dass sie generellen Gültigkeitsanspruch erfassen. Zudem wurde die Gerechtigkeitsthematik in der einleitenden Frage explizit angesprochen.
Tabelle 1
Operationalisierung familialer Unterstützungsideologien
Ideologie |
Norm |
Prinzip |
Item |
Kollektivismus (Unbedingte Solidarität) |
Altruismus |
Bedarf |
Wenn Angehörige Hilfe benötigen sollte man sie immer unterstützen. |
|
Ergebnisgleichheit |
Man sollte Angehörigen helfen, denen es viel schlechter geht als einem selbst. |
|
|
Fähigkeit |
Die Älteren sollten ihren jüngeren Angehörigen helfen, da sie in der Regel über mehr Möglichkeiten verfügen. |
|
Verpflichtung |
Tradition |
Angehörige sollten einander so unterstützen, wie es ihnen die älteren Generationen vorgelebt haben. |
|
|
Seniorität |
Die Jüngeren sollten ihre älteren Angehörigen unterstützen, da diese Anerkennung verdienen. |
|
|
Pflicht |
Angehörige sind einander nicht zur Hilfe verpflichtet. |
|
Individualismus (Bedingte Solidarität) |
Reziprozität |
Gegenleistung
|
Von Angehörigen, denen man hilft, sollte man früher oder später eine Gegenleistung erhalten. |
|
Vorleistung |
Es sollte vor allem den Angehörigen geholfen werden, die einem selbst schon einmal geholfen haben. |
|
|
Gegenleistung |
Angehörige, von denen man selbst keine Hilfe erwarten kann, braucht man nicht zu unterstützen. |
|
Zuneigung |
Sympathie |
Man sollte vor allem den Angehörigen helfen, die man mag. |
|
|
Antipathie |
Angehörige, die man nicht leiden kann, braucht man auch nicht zu unterstützen |
|
|
Beliebigkeit |
Es sollte "aus dem Bauch heraus" entschieden werden, welchen Angehörigen man hilft und welchen nicht. |
Als Ergebnis lag eine zwölf Aussagen umfassende Itembatterie vor, die einem Online-Pretest unterzogen wurde. Aufgrund zeitlicher Restriktionen konnte nur eine auf acht Items reduzierte Version des Instruments in den Fragebogen der allgemeinen Bevölkerungsumfrage aufgenommen werden (Tabelle 2). Die Auswahl der vier zu entfernenden Items erfolgte unter Berücksichtigung mehrerer Kriterien. Insbesondere das Bestreben, die jeweils höchsten Korrelationen (Tabelle 3) zwischen Items zu erhalten, die eine Norm repräsentieren, die Faktorstruktur der verbleibenden Indikatoren (Tabelle 4) sowie die teilweise relativ niedrigen Ladungen in der Ausgangslösung (Tabelle 5) führten letztendlich zum Ausschluss der Items B, E, H und I.
Tabelle 2
Itembatterie familiale Unterstützungsideologien
Skala |
Pretest-Version |
Bevölkerungsstichprobe |
Instruktion |
Die folgenden Aussagen befassen sich damit, wie Unterstützung von Angehörigen, z.B. Eltern und Kindern, gerechterweise geleistet werden sollte. Bitte sagen Sie, ob Sie ihnen: voll zustimmen, etwas zustimmen, ob Sie weder zustimmen noch ablehnen, oder ob Sie etwas ablehnen oder ganz ablehnen. |
Die folgenden Aussagen befassen sich damit, wie Angehörige einander gerechterweise unterstützen sollten. Bitte sagen Sie jeweils, ob Sie ihnen: voll zustimmen, etwas zustimmen, ob Sie weder zustimmen noch ablehnen, oder ob Sie etwas ablehnen oder ganz ablehnen. |
Antwort-kategorie |
Stimme voll und ganz zu, stimme etwas zu, weder/noch, lehne etwas ab, lehne ganz ab |
Stimme voll und ganz zu, stimme etwas zu, weder/noch, lehne etwas ab, lehne ganz ab |
Items |
A. Wenn Angehörige Hilfe benötigen, sollte man sie immer unterstützen B. Es sollte vor allem den Angehörigen geholfen werden, die einem selbst schon einmal geholfen haben C. Angehörige sollten einander so unterstützen, wie es ihnen die älteren Generationen vorgelebt haben D. Man sollte vor allem den Angehörigen helfen, die man mag E. Die Älteren sollten ihren jüngeren Angehörigen helfen, da sie in der Regel über mehr Möglichkeiten verfügen F. Angehörige, von denen man selbst keine Hilfe erwarten kann, braucht man nicht zu unterstützen G. Man sollte Angehörigen helfen, denen es viel schlechter geht als einem selbst H. Angehörige sind einander nicht zur Hilfe verpflichtet I. Es sollte "aus dem Bauch heraus" entschieden werden, welchen Angehörigen man hilft und welchen nicht J. Von Angehörigen, denen man hilft, sollte man früher oder später eine Gegenleistung erhalten K. Die Jüngeren sollten ihre älteren Angehörigen unterstützen, da diese Anerkennung verdienen L. Angehörige, die man nicht leiden kann, braucht man auch nicht zu unterstützen |
A. Man sollte vor allem den Angehörigen helfen, die man mag B. Angehörige sollten einander so unterstützen, wie es ihnen die älteren Generationen vorgelebt haben C. Angehörige, von denen man selbst keine Hilfe erwarten kann, braucht man nicht zu unterstützen D. Man sollte vor allem den Angehörigen helfen, denen es schlechter geht als einem selbst E. Von Angehörigen, denen man hilft, sollte man früher oder später eine Gegenleistung erhalten F. Angehörige, die man nicht leiden kann, braucht man auch nicht zu unterstützen G. Man sollte Angehörige immer unterstützen, wenn sie Hilfe benötigen. H. Die Jüngeren sollten ihre älteren Angehörigen unterstützen, da diese Achtung verdienen |
Tabelle 3
Korrelationen (Pearsons R) der Items zu familialen Unterstützungsideologien (N = 277)
Item |
A |
G |
E |
C |
K |
H |
J |
B |
F |
D |
L |
A |
- |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
G |
.41 |
- |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
E |
.36 |
.19 |
- |
|
|
|
|
|
|
|
|
C |
.29 |
.17 |
.30 |
- |
|
|
|
|
|
|
|
K |
.33 |
.31 |
.27 |
.36 |
- |
|
|
|
|
|
|
H |
.34 |
.22 |
-.10 |
-.14 |
.21 |
- |
|
|
|
|
|
J |
.01 |
-.02 |
.24 |
.19 |
.17 |
-.01 |
- |
|
|
|
|
B |
-.15 |
-.02 |
.11 |
.37 |
.13 |
.03 |
.34 |
- |
|
|
|
F |
-.13 |
.19 |
.12 |
.11 |
-.02 |
.20 |
.44 |
.36 |
- |
|
|
D |
.21 |
-.03 |
.15 |
.14 |
.10 |
.20 |
.31 |
.45 |
.35 |
- |
|
L |
.29 |
-.12 |
-.03 |
-.06 |
-.07 |
.23 |
.27 |
.22 |
.38 |
.48 |
- |
I |
-.07 |
-.09 |
.11 |
.05 |
.02 |
.22 |
.14 |
.12 |
.29 |
.35 |
.43 |
Anmerkungen. signifikant > |.13|, Quelle: ISJP Online-Pretest 2006, Frage 3. A Wenn Angehörige Hilfe benötigen, sollte man sie immer unterstützen. B Es sollte vor allem den Angehörigen geholfen werden, die einem selbst schon einmal geholfen haben. C Angehörige sollten einander so unterstützen, wie es ihnen die älteren Generationen vorgelebt haben. D Man sollte vor allem den Angehörigen helfen, die man mag. E Die Älteren sollten ihren jüngeren Angehörigen helfen, da sie in der Regel über mehr Möglichkeiten verfügen. F Angehörige, von denen man selbst keine Hilfe erwarten kann, braucht man nicht zu unterstützen. G Man sollte Angehörigen helfen, denen es viel schlechter geht als einem selbst. H Angehörige sind einander nicht zur Hilfe verpflichtet. I Es sollte „aus dem Bauch heraus“ entschieden werden, welchen Angehörigen man hilft und welchen nicht. J Von Angehörigen, denen man hilft, sollte man früher oder später eine Gegenleistung erhalten. K Die Jüngeren sollten ihre älteren Angehörigen unterstützen, da diese Anerkennung verdienen. L Angehörige, die man nicht leiden kann, braucht man auch nicht zu unterstützen
Tabelle 4
Faktorladungen (Varimax Rotation) für acht Pretestitems zu familialen Unterszützungsideologien (N = 225)
|
Individualismus |
Kollektivismus |
L |
.71 |
-.20 |
D |
.70 |
.02 |
F |
.58 |
-.02 |
J |
.51 |
.21 |
A |
-.25 |
.67 |
K |
.09 |
.58 |
C |
.14 |
.55 |
G |
-.08 |
.50 |
Eigenwerte |
1.68 |
1.43 |
Anmerkungen. Anteil erklärter Gesamtvarianz = .39; Log Likelihood (2 Faktoren): -14.9, Likelihood-Ratio-Test independent vs. saturated Chi-Quadrat (28) = 346.7, p = .00; 2 factors vs. saturated Chi-Quadrat (13) = 29.2, p = .01; BIC: 1 factor = 216.7; 2 factors = 111.1; 3 factors = 121.0.
Faktorladungen (Varimax Rotation) für zwölf Pretestitems zu familialen Unterstützungsideologien (N = 213)
|
Individualismus |
Kollektivismus |
D |
.74 |
.00 |
L |
.68 |
-.23 |
F |
.63 |
-.02 |
B |
.59 |
.17 |
J |
.52 |
.22 |
I |
.46 |
-.09 |
A |
-.25 |
.70 |
C |
.22 |
.58 |
K |
.09 |
.57 |
E |
.17 |
.53 |
G |
-.08 |
.49 |
H |
.30 |
-.36 |
Eigenwerte |
2.46 |
1.94 |
Anmerkungen. Anteil erklärter Gesamtvarianz: .37; Log Likelihood (2 Faktoren): -52.99, Likelihood-Ratio-Test independent vs. saturated Chi-Quadrat (66) = 635.7, p = .00; 2 factors vs. saturated Chi-Quadrat (43) = 102.9, p = .00; BIC: 1 factor = 405.2; 2 factors = 229.3; 3 factors = 236.5.
Vor der Aufnahme der Batterie in den Fragebogen der Haupterhebung wurden auf Grundlage des Online-Pretests einige Veränderungen vorgenommen. So mussten die Items nach der Kürzung neu angeordnet werden. Um Ausstrahlungseffekte zu minimieren, wurde wie zuvor eine Anordnung gewählt, bei der die Items den ihnen zugrunde liegenden Normen nach alternieren. Da vermutet wurde, dass die deutliche Zustimmung zu Item A teilweise auf einen Platzierungseffekt zurückzuführen ist, wurde es an das Ende der Batterie verschoben und das umstrittenere Item D an seine Stelle gesetzt (Tabelle 6) . Zudem wurden die Items A, G und K leicht umformuliert, um das Problem der sozialen Erwünschtheit zu reduzieren. Auch die Einleitungsfrage wurde geringfügig verändert: Aus einer Reihe von Anmerkungen der Pretest-Befragten wurde deutlich, dass das Beispiel "Eltern und Kinder" Irritation verursacht hatte. Daher wurde es nicht mehr verwendet.
Prozentuale Antworthäufigkeiten für die Items zu familialen Unterstützungsideologien (N = 277)
|
1 |
2 |
3 |
4 |
5 |
A |
41.2 |
43.4 |
8.1 |
5.5 |
1.8 |
B |
19.8 |
17.9 |
19.0 |
25.0 |
18.3 |
C |
10.9 |
24.7 |
27.1 |
21.5 |
15.8 |
D |
11.0 |
25.1 |
22.1 |
27.0 |
14.8 |
E |
14.5 |
44.9 |
31.2 |
7.2 |
2.3 |
F |
3.8 |
6.8 |
14.8 |
32.7 |
41.8 |
G |
35.6 |
39.7 |
18.0 |
5.6 |
1.1 |
H |
20.5 |
16.4 |
13.4 |
24.2 |
25.7 |
I |
11.5 |
17.7 |
25.0 |
21.2 |
24.6 |
J |
3.0 |
11.5 |
15.2 |
29.7 |
40.5 |
K |
11.7 |
30.1 |
28.6 |
19.2 |
10.5 |
L |
9.2 |
13.4 |
24.1 |
30.5 |
22.9 |
Anmerkungen. Quelle: ISJP Online-Pretest 2006. 1 = stimme voll zu, 5 = lehne ganz ab.
Stichproben
- Online-Pretest: 277 Personen einer webbasierten Befragung. 59% von ihnen waren männlich, 5% waren älter als 61 Jahre, 22% waren zwischen 35 und 60 Jahren und 73% unter 35 Jahre alt.
- Bevölkerungsstichprobe: 3059 Personen der Allgemeinbevölkerung, die einem Face-to-Face-Interview unterzogen wurden. 51% von ihnen waren weiblich, 77% lebten in den alten Bundesländern. 29% waren zwischen 18 und 34 Jahre alt, 35% zwischen 35 und 59 Jahre und 36% zwischen 60 und 85 Jahre.
Durchführung
- Online-Pretest: Für die webbasierte Befragung wurde ein HTML-Fragebogen erstellt und eine E-Mail mit der Bitte um Teilnahme an eine Reihe von Sozialforschern an deutschen Universitäten und Forschungsinstituten sowie an Studierende des Instituts für Sozialwissenschaften an der Humboldt-Universität zu Berlin versandt. Die Angeschriebenen wurden darüber hinaus gebeten, Verwandte und Bekannte zur Teilnahme an diesem Online-Pretest zu ermuntern. Der Fragebogen konnte zwischen dem 25.1.2006 und dem 29.1.2006 über die Internetseite www.empisoz.de anonym beantwortet werden. Neben dem hier beschriebenen Instrument umfasste er drei weitere Itembatterien zu altersvorsorgebezogenen Gerechtigkeitsideologien (Gerlitz et al., 2007; Mühleck & Scheller, 2008), intergenerationalen familialen Verpflichtungen (Gerlitz, 2008) sowie intergenerationalen gesellschaftlichen Verantwortlichkeiten. Die Teilnehmer bewerteten so insgesamt 38 Aussagen. Am Ende des Online-Fragebogens konnten sie Kommentare und Verständnisprobleme äußern.
- Bevölkerungsstudie: Die Hauptuntersuchung war Bestandteil der vierten Welle des International Social Justice Projects (ISJP) 2006. Sie wurde in Deutschland, Israel, Tschechien und Chile durchgeführt. Es handelt sich um eine standardisierte allgemeine Bevölkerungsumfrage, die in den teilnehmenden Ländern anhand repräsentativer Stichproben durchgeführt wurde. Die Daten für Deutschland wurden in den alten und neuen Bundesländern vom 15. Mai bis zum 27. Juli 2006 erhoben. Dafür wurden etwa eineinhalbstündige Face-to-Face-Interviews in den Wohnungen der Befragten durchgeführt. Die Grundgesamtheit waren alle wahlberechtigten, in Privathaushalten lebenden Personen mit deutscher Staatsangehörigkeit im Alter von 18 bis 85 Jahren. Das Auswahlverfahren war zweistufig angelegt: In der ersten Stufe wurden 161 Gemeinden bzw. Stadtteile in Großstädten ausgewählt. Die Auswahl der Zielpersonen erfolgte im zweiten Schritt direkt aus den Einwohnermelderegistern. Die primären Erhebungseinheiten wurden proportional zur Anzahl der Zielpersonen ausgewählt. Pro ausgewählter Primäreinheit wurde die gleiche Anzahl von Sekundäreinheiten entnommen. Die zweite Auswahlstufe unterteilte sich wiederum in zwei Schritte. Zunächst wurden von den ausgewählten Gemeinden nach einem vorgegebenen Ziehungsverfahren zufällig zu ziehende Personenstichproben aus den Einwohnermelderegistern angefordert, aus denen dann im zweiten Schritt die nach drei Altersgruppen disproportional stratifizierte Einsatzstichprobe für das Feld gezogen wurde, wobei eine gleiche Zahl an Personenadressen pro Sample-Point eingesetzt wurde. Für die drei Altersgruppen der 18-34, 35-59 und 60-85jährigen wurde eine Befragtenanzahl von jeweils 3000 Personen angestrebt. Die realisierte Bruttoeinsatzstichprobe umfasste 2929 Personen zwischen 18 und 34 Jahren, 2916 Personen zwischen 35 und 59 Jahren sowie 3101 Personen zwischen 60 und 88 Jahren.
Itemanalysen
Zur Untersuchung der Dimensionalität wurde mit dem Kaiser-Meyer-Olkin-Kriterium (Kaiser 1974) ermittelt, inwieweit die einzelnen Indikatoren sowie die gemeinsame Korrelationsmatrix für eine Faktorenanalyse geeignet sind. Um Aussagen über die Signifikanz der Faktorlösungen machen zu können, wurde zur Extraktion die Maximum-Likelihood-Faktorenanalyse (Jöreskog, 1969; Kim & Mueller, 1978, S. 23ff) verwendet. Das Bayes Informationskriterium (BIC; Schwarz, 1978) gab zudem Aufschluss darüber, ob die ideale Anzahl an Faktoren extrahiert wurde. Zusätzlich wurde die durch die rotierten Faktoren erklärte Varianz berücksichtigt. Angenommen wurde, dass es sich bei den familialen Unterstützungsideologien um voneinander unabhängige Dimensionen handelt. Deshalb wurden orthogonale Faktorrotationen durchgeführt. Da es sich um ordinalskalierte Variablen handelt, wurden zudem sämtliche Faktorlösungen auch mit Faktorenanalysen polychorischer Korrelationskoeffizienten (Olsson 1979) geprüft.
Online-Pretest: Nach dem Kaiser-Meyer-Olkin Kriterium eignen sich sowohl die einzelnen Indikatoren als auch ihre Korrelationsmatrix für eine Faktorenanalyse. Der Wert der Korrelationsmatrix beträgt .76, die Werte für die Einzelitems variiren von .70 - .80. Die orthogonal rotierten zweifaktoriellen Lösungen für die zwölf (Tabelle 4) und die acht (Tabelle 5) Item Version sind nach dem Likelihood-Ratio-Test signifikant, erzielen den kleinsten BIC und erklären ausreichend Varianz. Die acht Items ordnen sich wie erwartet den zwei Dimensionen zu: Der erste Faktor repräsentiert danach Individualismus, der zweite Kollektivismus. Diese Faktorlösung konnte durch eine Faktorenanalyse polychorischer Korrelationskoeffizienten repliziert werden.
Bevölkerungsstichprobe: Sowohl die einzelnen Indikatoren als auch die gemeinsame Korrelationsmatrix eignen sich nach dem Kaiser-Meyer-Olkin Kriterium für eine Faktorenanalyse. Walzer (2006, S. 329f) spricht in diesem Zusammenhang von der "Regel des präskriptiven Altruismus“. Die rotierte zweifaktorielle Lösung ist nach dem Likelihood-Ratio-Test signifikant und erklärt hinreichend Varianz (Tabelle 6). Nach dem BIC könnten zwei weitere Faktoren extrahiert werden. Beide laden jedoch entweder auf nur einem oder keinem der Items. Außerdem sind ihre Eigenwerte < 1, d.h. sie erklären keine zusätzliche, substanziell bedeutsame Varianz. Deshalb wurde die zweifaktorielle Lösung beibehalten. Ihre beiden Dimensionen korrelieren wie erwartet mit den acht Items. Der erste Faktor reflektiert die Gerechtigkeitsideologie Individualismus, der zweite Faktor die Gerechtigkeitsideologie Kollektivismus. Mit Item G, das die generelle Gültigkeit des Bedarfsprinzips thematisiert, sind beide Faktoren hoch assoziiert. Die Ladungen haben jedoch verschiedene Vorzeichen. Eine danach eher zustimmende Haltung aus kollektivistischer Position sowie eine eher ablehnende Haltung aus individualistischer Warte ist theoretisch plausibel. Die zweifaktorielle Lösung konnte durch eine Faktorenanalyse polychorischer Korrelationen repliziert werden.
Tabelle 7
Faktorladungen (Varimax Rotation) für die Items zu familialen Unterstüzungsideologien (N = 2849)
|
Individualismus |
Kollektivismus |
F |
.79 |
-.11 |
C |
.63 |
-.03 |
E |
.44 |
.09 |
A |
.41 |
.27 |
B |
.02 |
.68 |
H |
-.06 |
.66 |
G |
-.47 |
.54 |
D |
-.10 |
.50 |
Eigenwerte |
1.61 |
1.53 |
Anmerkungen. Anteil erklärter Gesamtvarianz = .39; Log Likelihood (2 Faktoren) = -95.0, Likelihood-Ratio-Test independent vs. saturated Chi-Quadrat (28) = 4437.3, p = .00; 2 factors vs. saturated Chi-Quadrat (13) = 189.6, p = .00; BIC: 1 factor = 2161.6; 2 factors = 309.3; 3 factors = 217.6.
Itemkennwerte
Auf eine über die Faktorenanalyse hinausgehende Prüfung der Güte der Einzelitems wurde aufgrund der hohen Stabilität und Qualität der Faktorlösung verzichtet (Tabelle 7).
Reliabilität
Zur Bestimmung der Reliabilität des Erhebungsinstruments wurde Cronbachs Alpha für jede Dimension berechnet. Als intern konsistent bzw. reliabel gelten in der Regel Skalen mit einem Cronbachs Alpha ab .70. Allerdings ist seine Interpretation problematisch, da er mit der Anzahl der Items ansteigt (Cortina, 1993). Da hier Dimensionen mit geringer Itemanzahl untersucht wurden und daher mit relativ niedrigen Werten zu rechnen war, wurde eine Bewertung der Reliabilität des Instruments allein aufgrund dieses Verfahrens als zu wenig aussagekräftig angesehen. Daher wurde die Zuverlässigkeit des Instruments zusätzlich anhand von Faktorenanalysen mit Subsamples aus beiden Datensätzen überprüft: Der Datensatz des Online-Pretests wurde hierzu per Zufallsauswahl in zwei Teilstichproben unterteilt. Die Daten des ISJP 2006 wurden getrennt nach Geschlecht, Altersgruppen und Ost/West analysiert.
§ Online-Pretest: Cronbachs Alpha für die Items der Dimension Individualismus beträgt .71 und für die Items der Dimension Kollektivismus .65. Die Faktorlösung zeichnet sich in beiden Teilstichproben durch eine hohe Stabilität aus.
§ Bevölkerungsstichprobe: Alpha beträgt .70 für Individualismus und .64 für Kollektivismus. Erneut ist die Faktorlösung nach getrennten Analysen der Daten für die beiden Geschlechtergruppen, verschiedene Altersgruppen und für Befragte aus Ost- bzw. Westdeutschland sehr stabil.
Validität
Es liegen keine Angaben vor.
Deskriptive Statistiken (Normierung)
- Online-Pretest: Die Häufigkeitsverteilung für die Pretestantworten zu den zwölf Items der Batterie "familiale Unterstützungsideologien" zeigt, dass die Mehrzahl von ihnen annähernd normalverteilt ist und hinreichend streut (Tabelle 6). Die Items A, F, G und J sind zwar schief verteilt, zeigen aber dennoch eine relativ starke Streuung, wobei die Items F und J deutlich besser abschneiden als die Items A und G.
- Bevölkerungsstichprobe: Den Häufigkeitsverteilungen der Antworten ist zu entnehmen, dass die Antworten zu den Items B, D, G und H zwar linksschief sind, aber relativ stark streuen (Tabelle 8).
Tabelle 8
Prozentuale Antworthäufigkeiten für die Items zu familialen Unterstützungsideologien (N = 3059)
|
1 |
2 |
3 |
4 |
5 |
A |
31.7 |
29.2 |
15.8 |
12.5 |
10.9 |
B |
38.1 |
37.5 |
15.0 |
6.6 |
2.7 |
C |
8.6 |
12.3 |
23.7 |
30.6 |
24.7 |
D |
38.8 |
45.3 |
11.9 |
2.6 |
1.4 |
E |
5.1 |
15.0 |
27.9 |
24.2 |
27.8 |
F |
8.6 |
12.8 |
26.0 |
26.9 |
25.7 |
G |
41.5 |
34.3 |
13.7 |
8.0 |
2.5 |
H |
33.3 |
34.8 |
18.2 |
8.2 |
5.4 |
Anmerkungen. Quelle: ISJP 2006, Frage 83. 1 = stimme voll zu, 5 = lehne ganz ab.
- Jean-Yves Gerlitz, Humboldt-Universität zu Berlin, Institut für Sozialwissenschaften, International Social Justice Project (ISJP), Unter den Linden 6, 10099 Berlin, E-Mail: gerlitz@isjp.de ,