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Einstellung zum Islam (ALLBUS)

  • Author: Breyer, B. & Danner, D.
  • In ZIS since: 2015
  • DOI: https://doi.org/10.6102/zis231
  • Abstract: The scale measures attitudes to Islam in Germany and was used in the General Population Survey of the Social Sciences (ALLBUS) in 2012.
  • Language Documentation: deutsch
  • Language Items: German
  • Number of Items: 5
  • Reliability: Cronbachs Alpha = .73 bis . 75; Raykovs Rho = .71 bis .76
  • Validity: Hinweise für Konstrukt- und inhaltliche Validität
  • Construct: Einstellung Islam
  • Catchwords: Islam, Ethnozentrismus, Toleranz | Islam, ethnocentrism, tolerance
  • Item(s) used in Representative Survey: ja
  • URL Data archive: http://dx.doi.org/10.4232/1.11753
  • Status of Development: validiert, normiert
    • Instruktion

      Im Folgenden möchte ich Ihnen noch einige Fragen zum Islam stellen. Sagen Sie mir bitte zu

      jeder Aussage anhand dieser Liste, inwieweit Sie ihr zustimmen.

       

      Items

      Nr.

      Item

      Polung

      Dimension

      1

      Die Ausübung des islamischen Glaubens in Deutschland sollte eingeschränkt werden.

      +/-

      Ablehnung/Wertschätzung

      2

      Der Islam passt in die deutsche Gesellschaft.

      +

      Wertschätzung

      3

      Die Anwesenheit von Muslimen in Deutschland führt zu Konflikten.

      +

      Ablehnung

      4

      Islamische Gemeinschaften sollten vom Staat beobachtet werden.

      +

      Ablehnung

      5

      Ich hätte nichts gegen einen muslimischen Bürgermeister in meiner Gemeinde.

      +

      Wertschätzung

       

      Antwortvorgaben

      Es liegt eine 7-stufig nummerierte Antwortskala mit Benennung der Extrempole von 1 = „Stimme überhaupt nicht zu“ und 7 = „Stimme voll und ganz zu“ vor. Zusätzlich gibt es die Antwortkategorie „KA“ (Keine Angabe).

       

      Auswertungshinweise

      Für jede Dimension können Mittelwerte gebildet werden. Der Mittelwert der Dimension Ablehnung wird aus den Werten der Items 1, 3 und 4 gebildet. Der Mittelwert der Dimension Wertschätzung wird aus den Werten der Items 1, 2 und 5 gebildet. Hierbei ist Item 1 negativ kodiert und muss vor der Bildung des Mittelwertes für Wertschätzung umkodiert werden.

      Da Befragte aus den neuen Bundesländern in ALLBUS-Stichproben überproportional vertreten sind, ist für repräsentative Aussagen für Gesamtdeutschland eine Design-Gewichtung erforderlich. Die entsprechende Gewichtungsvariable (Ost-West-Gewicht) ist in den Datensätzen enthalten. Zudem kann eine Transformations-Gewichtung sinnvoll sein, wenn personenbezogene Auswertungen mit den ALLBUS-Daten aus den Jahren 1980 bis 1992 sowie 1998 gemacht werden, da unterschiedliche Auswahlwahrscheinlichkeiten vorliegen (siehe auch Terwey, 2012).

       

      Anwendungsbereich

      Diese Skala wurde in der Allgemeinen Bevölkerungsumfrage der Sozialwissenschaften (ALLBUS) 2012 in mündlichen Einzelbefragungen an einer repräsentativen Stichprobe der deutschen Bevölkerung eingesetzt. Die Fragen wurden innerhalb des Themenkomplexes „Ethnozentrismus und Minoritäten“ gestellt. Die Skala kann auch für schriftliche Befragungen und in Gruppenuntersuchungen eingesetzt werden.

    Vor dem Hintergrund der zunehmenden Anzahl von Migranten und der sich daraus ergebenden Konflikte zwischen Mehrheitsgesellschaft und religiösen Minderheiten wurde im Sommer 2010 eine ländervergleichende Studie zum Thema „Wahrnehmung und Akzeptanz religiöser Vielfalt in ausgewählten Ländern Europas“ durchgeführt (Pollack, 2014). In fünf europäischen Ländern (Deutschland, Dänemark, Frankreich, Niederlande und Portugal) sollte untersucht werden, wie die wachsende religiöse Vielfalt, vor allem die Einstellung zur größten Einwanderergruppe der Muslime, in den verschiedenen Ländern wahrgenommen und bewertet wird. Die Entwicklung der ursprünglichen Skala basiert vor allem auf dem Toleranzkonzept von Rainer Forst (2000; 2003; 2006), wonach unterschiedliche Gewichtungen von Akzeptanz- und Ablehnungsgründen zu vier verschiedenen Formen von Toleranz führen: Ablehnung, Duldung, Respekt und Toleranz.

     

     

    Itemkonstruktion und Itemselektion

    Die Items basieren auf einer Skala der Studie „Wahrnehmung und Akzeptanz religiöser Vielfalt in ausgewählten Ländern Europas“ (Pollack, 2014; Friedrichs, 2014). Bei der Entwicklung dieser Skala wurden zu vier verschiedenen Toleranzformen (Ablehnung, Duldung, Respekt und Akzeptanz) jeweils ein bis drei Items formuliert. Die ursprüngliche Skala enthielt die folgenden Items:

    -       „Die Zuwanderung von Muslimen in Deutschland sollte beschränkt werden.“

    -       „Durch die vielen Muslime fühle ich mich manchmal wie ein Fremder im eigenen Land.“

    -       „Die Ausübung des islamischen Glaubens in Deutschland muss stark eingeschränkt werden.“

    -       „Die Muslime in Deutschland müssen sich an unsere Kultur anpassen.“

    -       „Der Islam passt durchaus in unsere westliche Welt.“

    -       „Die zunehmende Anzahl der Muslime in unserer Gesellschaft ist eine Ursache für Konflikte.“

    -       „Die zunehmende Anzahl der Muslime in unserer Gesellschaft stellt eine kulturelle Bereicherung dar.“

    -       „Manchmal habe ich direkt Angst, ob unter den Muslimen in Deutschland nicht auch viele Terroristen sind.“

    -       „Islamische Gemeinschaften sollten vom Staat beobachtet werden.“

    -       „Ich hätte nichts dagegen, wenn für die von mir bevorzugte Partei ein Muslim kandidieren würde.“

     

    Für die Skala in ALLBUS wurden aus der ursprünglichen Skala sowohl Items ausgewählt, die Akzeptanz und Wertschätzung gegenüber dem Islam ausdrücken, als auch Items, die Ablehnung repräsentieren. Zudem sollte eine mögliche Konfundierung mit nicht-religionsbezogenen, allgemeinen Einstellungen gegenüber Ausländern (z.B. allgemeine Assimilationsanforderungen) vermieden werden. In einem Online-Pretest wurde die Faktorenstruktur der ausgewählten und teilweise modifizierten Items untersucht. Dafür wurden zwei unterschiedliche Itemsets zwei verschiedenen Substichproben (N1 = 787, N2 = 736) vorgelegt und die Itemsets wurden einer Hauptkomponentenanalyse mit Oblimin-Rotation unterzogen. Die Analyse ergab für beide Itemsets eine zweifaktorielle Lösung: Die Items 1 (negativ kodiert), 2 und 5 repräsentieren die erste Dimension, die als „Wertschätzung“ bezeichnet wird. Die Items 1, 3 und 4 repräsentieren die zweite Dimension, die als „Ablehnung“ bezeichnet wird. Item 1 repräsentiert somit beide Dimensionen. Für den Einsatz der Skala in der ALLBUS-Hauptstudie wurde auf die Verwendung der Items zu den Toleranzformen Respekt und Duldung, die in der ursprünglichen Skala zusätzlich genutzt worden waren, aufgrund inhaltlicher und statistischer Erwägungen bewusst verzichtet.

     

    Stichproben

    Die Grundgesamtheit umfasste alle während der Befragung in Privathaushalten der Bundesrepublik Deutschland lebenden Personen (Deutsche und Ausländer) ab 18 Jahren. Aus dieser Grundgesamtheit wurde eine zweistufige, disproportional geschichtete Zufallsauswahl gezogen. In der ersten Auswahlstufe wurden Gemeinden in Westdeutschland und in Ostdeutschland mit einer Wahrscheinlichkeit proportional zur Zahl ihrer erwachsenen Einwohner ausgewählt. In der zweiten Auswahlstufe wurden Personen aus den Einwohnermeldekarteien zufällig gezogen. Befragte mit nicht hinreichend guten Deutschkenntnissen wurden von der Befragung ausgeschlossen. Da Befragte aus den neuen Bundesländern in ALLBUS-Stichproben überproportional vertreten sind, wurden in den nachfolgenden Analysen für repräsentative Aussagen die Daten gewichtet (Ost-West-Gewicht).

    Die endgültige Gesamtstichprobe umfasst N = 3,354 Personen, davon N = 1,665 männlich und N = 1,689 weiblich. Das Durchschnittsalter beträgt 50.1 Jahre.

    Für die explorative Datenanalyse wurden nach dem Zufallsprinzip zwei Teilstichproben gezogen, die jeweils ca. 50% der Gesamtstichprobe umfassen. Teilstichprobe 1 umfasst N = 1,596 Personen, davon N = 844 männlich und N = 833 weiblich. Das Durchschnittsalter beträgt 50.4 Jahre. Teilstichprobe 2 umfasst N = 1,738 mit einem Durchschnittsalter von 49.8 Jahren, davon N = 851 männlich und N = 884 weiblich.

     

    Itemanalysen

    Um die Dimensionalität zu überprüfen, wurde eine Zufallsstichprobe aus den Daten des ALLBUS 2012 gezogen, die etwa die Hälfte aller Fälle umfasst. Für diese Stichprobe (N = 1,596) wurde eine exploratorische Faktorenanalyse mit Oblimin-Rotation durchgeführt. Fehlende Werte wurden paarweise ausgeschlossen. Die Analyse ergab folgenden Eigenwerteverlauf: 2.76; 0.80; 0.56; 0.46; 0.41. Es wurde eine zweidimensionale Struktur gewählt, die theoretisch am besten interpretierbar ist. Diese entspricht der Faktorstruktur, die bereits im Pretest gefunden wurde. Das erste Item lädt dabei auf beide Faktoren.

    Die Faktorladungen der Items sind in Tabelle 1 dargestellt. Auf den ersten Faktor laden die Items 1, 3 und 4. Dieser Faktor kann demnach als „Ablehnung von Muslimen in Deutschland“ interpretiert werden. Die Items 2 und 5 laden auf den zweiten Faktor, der als „Wertschätzung von Muslimen in Deutschland“ bezeichnet werden kann. Item 1 lädt ebenfalls hoch auf Faktor 1, allerdings negativ. Dies deutet darauf hin, dass sich in Item 1 beide Faktoren manifestieren: Sowohl die Ablehnung vor Konflikten durch den Islam als auch die Ablehnung gesellschaftlicher Wertschätzung des Islams.

     

    Tabelle 1

    Faktorladungen nach einer Faktorenanalyse (Oblimin-Rotation) unter Einbezug aller Items mit Extraktion von zwei Faktoren (Mustermatrix)

     

    Item

    Ablehnung

    Wertschätzung

    1

    Die Ausübung des islamischen Glaubens in Deutschland sollte eingeschränkt werden.

     .47

    -.36

    2

    Der Islam passt in die deutsche Gesellschaft.

    -.07

     .75

    3

    Die Anwesenheit von Muslimen in Deutschland führt zu Konflikten.

     .68

    -.02

    4

    Islamische Gemeinschaften sollten vom Staat beobachtet werden.

     .81

     .04

    5

    Ich hätte nichts gegen einen muslimischen Bürgermeister in meiner Gemeinde.

    -.14

     .52

    Anm.: N = 1,596, Faktorkorrelation: r = -.67.

     

    Das zweidimensionale Modell wurde anhand der zweiten Hälfte der Stichprobe (N = 1,738) mit einem Strukturgleichungsmodell überprüft. Das Modell mit standardisierten Faktorladungen und der Modellfit sind in Abbildung 1 dargestellt.

     

    Abbildung 1. WS = Wertschätzung, A = Ablehnung, Struktur und standardisierte Parameter des Modells, RMSEA = .00, CFI = 1.00, χ²(3) = 0.53, p = .912, N = 1,738.

     

     

    Itemkennwerte

    Tabelle 2

    Mittelwert und Standardabweichung der manifesten Items für die Gesamtstichprobe (ALLBUS 2012)

     

    Item

    M

    SD

    1

    Die Ausübung des islamischen Glaubens in Deutschland sollte eingeschränkt werden.

    3.47

    2.10

    2

    Der Islam passt in die deutsche Gesellschaft.

    2.84

    1.67

    3

    Die Anwesenheit von Muslimen in Deutschland führt zu Konflikten.

    4.33

    1.79

    4

    Islamische Gemeinschaften sollten vom Staat beobachtet werden.

    4.31

    1.97

    5

    Ich hätte nichts gegen einen muslimischen Bürgermeister in meiner Gemeinde.

    3.53

    2.23

    Anm.: Nach Ost-West gewichtete Daten. Skala von 1 (stimme überhaupt nicht zu) bis 7 (stimme voll und ganz zu), N = 3,193.

     

     

    Objektivität

    Die Skala wird als mündliche Befragung mit einem standardisierten Frageprogramm (bei ALLBUS 2012: CAPI – Computer Assisted Personal Interviewing) durchgeführt. Die Durchführungsobjektivität ist gewährleistet, wenn die Interviewer entsprechend geschult sind.

    Die Auswertungsobjektivität ist ebenfalls gegeben, da das Antwortverhalten der Befragten numerisch und kategorial nach festen Regeln vorgenommen wird und keinen Interpretationsspielraum zulässt.

    Um Interpretationsobjektivität zu gewährleisten, sollten die Schlussfolgerungen verschiedener Forscher aus den Ergebnissen der Skala vergleichbar sein. Um dies sicherzustellen, sollten die Forscher ein vergleichbares Wissen darüber besitzen, was mit der Skala gemessen werden soll und wie die Messwerte interpretiert werden müssen (Rammstedt, 2010). Durch das Vorliegen einer Normierungsstichprobe für die Skala zur Einstellung zum Islam (s. deskriptive Statistiken) ist ein Vergleich der Messwerte mit einer repräsentativen Stichprobe aus der Bevölkerung möglich. Die Interpretationsobjektivität ist daher gegeben.

     

    Reliabilität

    Die Reliabilität der Subskalen zur Messung der Einstellung zum Islam wurde für beide Dimensionen anhand der Gesamtstichprobe (N = 3,480) überprüft. Da die Modelle, die den Skalen zu Grunde liegen, unterschiedliche Faktorladungen aufweisen und somit tau-kongenerisch sind, liefert Cronbachs α keine zuverlässige Schätzung der Reliabilität (Cortina, 1993). Daher wird zusätzlich Raykovs ρ zur Prüfung herangezogen (Raykov, 1997). Die Reliabilitätsschätzungen sind in Tabelle 3 dargestellt.


    Tabelle 3

    Cronbachs Alpha und Skalenreliabilität nach Raykov (1997) für die Dimensionen Ablehnung und Wertschätzung

     

    Cronbachs α

    Raykovs ρ

    Ablehnung

    .75

    .76

    Wertschätzung

    .73

    .71

    Anm.: N = 3,480.

     

    Validität

    Inhaltliche Validität ist gegeben, wenn das zu messende Konstrukt a priori hinreichend definiert wird und die Items von Experten im Hinblick auf ihre Gültigkeit beurteilt werden. Für die inhaltliche Validität der Skala spricht, dass sich die Formulierung der Items eng an der Definition der Toleranz-Konstrukte nach Forst (2000; 2003; 2006) orientierte. Gegen die inhaltliche Validität spricht, dass die Items lediglich die Aspekte Wertschätzung (bzw. Respekt) und Ablehnung abdecken, nicht aber die Aspekte Duldung und Toleranz.

    Konstruktvalidität ist gegeben, wenn eine Skala das interessierende Merkmal so misst, dass es mit bestehenden Definitionen und Theorien des Konstrukts übereinstimmt. Dies kann anhand der konvergenten und diskriminanten Validität überprüft werden. Es wird erwartet, dass eine höhere Ablehnung von Muslimen mit einer höheren Ablehnung von Ausländern im Allgemeinen einhergeht. Hingegen sollte die Wertschätzung von Muslimen mit einer geringeren Ablehnung von Ausländern einhergehen.

    Kriteriumsvalidität ist gegeben, wenn eine Skala das interessierende Merkmal so misst, dass es mit einem für das Merkmal relevanten Außenkriterium übereinstimmt. Es wird erwartet, dass eine höhere Ablehnung von Muslimen mit einer höheren politischen Rechtseinstufung sowie der Ablehnung islambezogener Aktivitäten in Deutschland einhergeht. Hingegen sollte die Wertschätzung von Muslimen mit einer geringeren politischen Rechtseinstufung und der Befürwortung islambezogener Aktivitäten in Deutschland einhergehen. Zudem sollten Menschen, die Wertschätzung gegenüber Muslimen zeigen, daran interessiert sein, Randgruppen im Allgemeinen zu helfen.

    Folgende Skala aus ALLBUS 2012 wurde daher zur Überprüfung der Konstruktvalidität herangezogen:

    -       Einstellung zu Ausländern („Die in Deutschland lebenden Ausländer sollten ihren Lebensstil ein bisschen besser an den der Deutschen anpassen.“, „Wenn Arbeitsplätze knapp werden, sollte man die in Deutschland lebenden Ausländer wieder in ihre Heimat zurückschicken.“, „Man sollte den in Deutschland lebenden Ausländern jede politische Betätigung in Deutschland untersagen.“, „Die in Deutschland lebenden Ausländer sollten sich ihre Ehepartner unter ihren eigenen Landsleuten auswählen.“).

     

    Zur Überprüfung der Kriteriumsvalidität wurden die folgenden Variablen aus ALLBUS 2012 herangezogen:

    -       Politische Einstellung („Wenn Sie an Ihre eigenen politischen Ansichten denken, wo würden Sie diese Ansichten auf dieser Skala einstufen?“)

    -       Meinung zum Moscheenbau in Deutschland („Allgemein gefragt, befürworten Sie den Bau von Moscheen in Deutschland?“)

    -       Befürwortung von Islamunterricht an Schulen („An staatlichen Schulen in Deutschland sollte es 1) auch Islamunterricht geben, 2) nur christlichen Religionsunterricht geben, 3) überhaupt keinen Religionsunterricht geben“). Die Variable „Befürwortung von Islamunterricht an Schulen“ wurde im Vorfeld dichotom zu „Zustimmung Islamunterricht“ (1) und „Ablehnung Islamunterricht“ (2+3) zusammengefasst.

    -       Lebensziel: Randgruppen helfen („Wenn Sie einmal daran denken, was Sie in Ihrem Leben eigentlich anstreben: Wie wichtig sind dann die folgenden Dinge für Sie persönlich? - Sozial Benachteiligten und gesellschaftlichen Randgruppen helfen“)

     

    Tabelle 4 zeigt die Korrelationen zwischen den Skalenwerten für Ablehnung und Wertschätzung gegenüber Muslimen und den Kriteriumsvariablen. Die praktische Bedeutsamkeit der empirisch ermittelten Validitätskoeffizienten wird nach den Richtlinien von Cohen (1992) vorgenommen: kleiner Effekt (r = .10), mittlerer Effekt (r = .30), starker Effekt (r = .50).

    Erwartungsgemäß zeigen sich starke Zusammenhänge mit der Skala Ablehnung von Ausländern und Ablehnung von Moscheenbau, mittlere Zusammenhänge mit der politischen Einstellung und Ablehnung von Islamunterricht und kleine Zusammenhänge mit dem Wunsch, Randgruppen zu helfen. Insgesamt deuten diese Befunde auf die konvergente Konstruktvalidität und die Kriteriumsvalidität hin. Es liegen jedoch bislang noch keine empirischen Belege vor, die auf die inkrementelle Validität der beiden Skalenwerte Ablehnung und Wertschätzung hinweisen.

     

    Tabelle 4

    Korrelationen der Dimensionen Ablehnung und Wertschätzung mit relevanten Variablen

     

    Ablehnung von

    Ausländern

    Politische Einstellung: Rechtseinstufung

    Ablehnung Moscheenbau

    Ablehnung Islamunterricht

    Randgruppen helfen als Lebensziel

    Ablehnung

     .56**

     .18**

     .55**

     .20**

    -.04*

    Wertschätzung

    -.54**

    -.20**

    -.60**

    -.24**

       .09**

    Anm.: N = 3,480, *p < .05, **p < .01.

     

    Deskriptive Statistiken (Normierung)

    Die Skalen für Ablehnung und Wertschätzung haben eine leicht rechtsschiefe Verteilung und eine negative Kurtosis (Ablehnung: Schiefe = .31, Kurtosis = -.80; Wertschätzung: Schiefe = .11, Kurtosis = -.94). Liegen die absoluten Werte von Schiefe und Kurtosis unter 1, ist die Abweichung von der Normalverteilung zu vernachlässigen (Miles & Shevlin, 2001). Dies bestätigt auch ein Sichtvergleich mit den Normalverteilungskurven im Histogramm.

    In den Tabellen 5 und 6 sind Referenzwerte in Form von Gruppenmittelwerten und Standardabweichungen für die Skala zur Einstellung zum Islam abgedruckt. Diese wurden 2012 im Rahmen der Allgemeinen Bevölkerungsumfrage der Sozialwissenschaften (ALLBUS) ermittelt. Die Daten wurden zuvor gewichtet, sodass sie einen Vergleich der Skalenwerte mit relevanten Subgruppen aus einer bevölkerungsrepräsentativen Stichprobe ermöglichen, zum Beispiel von Männern oder Frauen oder von Personen mit unterschiedlicher Schulbildung. Die Aufteilung der Bildungsstufen wurde folgendermaßen vorgenommen: Es besteht ein geringes Bildungsniveau, wenn ein Volks-/Hauptschulabschluss oder (noch) kein Schulabschluss vorliegt. Bei einem Realschulabschluss handelt es sich um ein mittleres Bildungsniveau und bei einer (Fach-)Hochschulreife um ein hohes Bildungsniveau.

     

    Tabelle 5

    Referenzwerte Einstellung zum Islam: Ablehnung

    Geschlecht

    Bildung

    N

    M

    SD

    Männlich

    Gering

    613

    4.44

    1.66

    Mittel

    536

    4.22

    1.63

    Hoch

    507

    3.32

    1.46

    Gesamt

    1,656

    4.03

    1.66

    Weiblich

    Gering

    496

    4.58

    1.56

    Mittel

    660

    4.20

    1.56

    Hoch

    526

    3.62

    1.51

    Gesamt

    1,682

    4.13

    1.59

    Gesamt (Geschlecht)

    Gering

    1,109

    4.50

    1.62

    Mittel

    1,196

    4.21

    1.59

    Hoch

    1,033

    3.47

    1.49

    Gesamt

    3,338

    4.08

    1.62

     Anm.: N = 3,338. Gewichtete Daten.


     

    Tabelle 6

    Referenzwerte Einstellung zum Islam: Wertschätzung

    Geschlecht

    Bildung

    N

    M

    SD

    Männlich

    Gering

    613

    2.89

    1.57

    Mittel

    536

    3.13

    1.67

    Hoch

    507

    4.18

    1.71

    Gesamt

    1,656

    3.36

    1.73

    Weiblich

    Gering

    496

    2.65

    1.48

    Mittel

    660

    3.05

    1.65

    Hoch

    526

    3.92

    1.74

    Gesamt

    1,682

    3.20

    1.71

    Gesamt (Geschlecht)

    Gering

    1,109

    2.79

    1.53

    Mittel

    1,196

    3.09

    1.66

    Hoch

    1,033

    4.04

    1.73

    Gesamt

    3,338

    3.28

    1.72

    Anm.: N = 3,338. Gewichtete Daten.

     

    Nebengütekriterien

    Testfairness ist gegeben, wenn keine systematische Diskriminierung bestimmter Testpersonen aufgrund ihrer Gruppenzugehörigkeit vorliegt. Um die Testfairness der Skala zur Einstellung zum Islam zu überprüfen, wurden anhand von Strukturgleichungsmodellen verschiedene Formen der Messinvarianz zwischen verschiedenen Alterskategorien, Staatsangehörigkeiten und Religionszugehörigkeiten systematisch überprüft.

    Konfigurale Messinvarianz liegt vor, wenn die Anzahl der Faktoren und die Ladungsmuster der Items auf den Faktoren in allen Gruppen gleich sind. Bei metrischer Messinvarianz sind zusätzlich die Faktorladungen der manifesten Variablen in allen Gruppen gleich, die Items bilden demnach das Konstrukt in allen Gruppen in gleicher Stärke ab. Skalare Messinvarianz ist gegeben, wenn in allen Gruppen die Faktorladungen und Intercepts der manifesten Variablen gleich sind. Dadurch besteht in allen Gruppen der gleiche Zusammenhang zwischen Testitems und dem zu erfassenden Merkmal und die Itemschwierigkeiten sind in allen Gruppen gleich hoch.

     

    Die Staatsangehörigkeit beinhaltet im ursprünglichen Datensatz vier Antwortkategorien („Deutsch“, „Deutsch neben zweiter“, „Andere“ und „Staatenlos“) und wurde im Vorfeld dichotom zu „Deutsch“ sowie „Deutsch neben zweiter oder andere Staatsangehörigkeit“ zusammengefasst, weil die Antwortkategorie „Staatenlos“ nur in einem Fall gewählt wurde. Die Religionszugehörigkeit wurde von acht Kategorien („evangelisch ohne Freikirche“, „evangelische Freikirche“, „römisch-katholisch“, „andere christliche Religion“, „andere nicht-christliche Religion“, „keine Religionsgemeinschaft“, „verweigert“, „keine Angabe“) zu zwei Kategorien („christliche Religion“ und „andere oder keine Religion“) zusammengefasst. Ebenso wurde das Alter von sechs auf drei Antwortkategorien reduziert, indem jeweils zwei aufeinanderfolgende Kategorien zusammengefasst wurden.

     

    Die Ergebnisse der Analyse sind in den Tabellen 7 bis 9 dargestellt. Mittels Chi-Quadrat-Differenzen-Test und Überprüfung der CFI-Differenz wurde jeweils das striktere Modell mit dem weniger strikten Modell verglichen. Nach Cheung und Rensvold (2002) liegt eine bedeutsame Änderung im Vergleich zum Ausgangsmodell vor, wenn die Differenz zwischen den CFI-Werten ΔCFI > -.01 beträgt. Eine signifikante Differenz im Chi-Quadrat-Test dient zudem als Indikator für eine statistisch signifikante Änderung des Modells durch die festgelegten Einschränkungen im Vergleich zum Ausgangsmodell.

     

    Tabelle 7

    Prüfung auf Messinvarianz der Einstellung zum Islam – Alter

    N = 3,480

    RMSEA

    CFI

    χ²

    df

    Δχ²

    Δdf

    Konfigurale Messinvarianz

    .02

    1.00

    18.86

    9

     

     

    Metrische Messinvarianz

    .02

    1.00

    37.87

    21

    19.01

    12

    Skalare Messinvarianz

    .05

    .94

    263.24

    31

    225.37***

    10

    Anm.: 18-44 J.: N = 1,341, 45-74 J.: N = 1,039, >74 J.: N = 1,093, ***p ≤ .001.

     

    Für die verschiedenen Alterskategorien weist das Modell der metrischen Messinvarianz eine sehr gute Gesamtpassung auf. Ein Vergleich der Chi-Quadrat-Werte zeigt, dass es keine signifikanten Unterschiede zum Modell mit konfiguraler Messinvarianz gibt. Die in der Skala zur Einstellung zum Islam vorhandene Struktur ist somit über alle Altersgruppen hinweg gleich. Für das skalare Messinvarianzmodell liegt eine statistisch signifikante Chi-Quadrat-Differenz zum Modell metrischer Messinvarianz vor (Δχ² (10) = 225.37, p ≤ .001). Die CFI-Differenz beträgt ΔCFI = -.06, wobei es sich nach Cheung & Rensvold (2002) um einen bedeutsamen Unterschied zum weniger strikten Modell handelt. Daher kann über die Kategorien des Alters lediglich metrische Messinvarianz sichergestellt werden. Das bedeutet, dass die Items in allen Altersgruppen das Konstrukt in gleicher Stärke abbilden, die Items in den Altersgruppen aber als unterschiedlich schwierig wahrgenommen werden. Die Werte des RMSEA und des CFI, die sich alle im akzeptablen Bereich befinden, deuten jedoch darauf hin, dass keine schwerwiegende Verletzung der skalaren Messinvarianz vorliegt.

     

    Tabelle 8

    Prüfung auf Messinvarianz der Einstellung zum Islam – Staatsangehörigkeit

    N = 3,480

    RMSEA

    CFI

    χ²

    df

    Δχ²

    Δdf

    Konfigurale Messinvarianz

    .02

    1.00

    10.39

    6

     

     

    Metrische Messinvarianz

    .01

    1.00

    19.67

    12

    9.28

    6

    Skalare Messinvarianz

    .01

    1.00

    21.96

    17

    2.29

    5

    Anm.: Staatsangehörigkeit: Deutsche: N = 3,262, Andere: N = 218.

     

    Sowohl die Modelle der konfiguralen als auch der metrischen und skalaren Messinvarianz weisen für die verschiedenen Kategorien der Staatsangehörigkeit eine sehr gute Gesamtpassung auf. Ein Vergleich der Chi-Quadrat-Werte zeigt, dass es keine signifikanten Unterschiede zu den Modellen mit konfiguraler oder metrischer Messinvarianz gibt. Die Modelle mit metrischer und skalarer Messinvarianz weisen sogar eine leicht bessere Passung als das Ausgangsmodell auf. Die nicht-signifikanten Chi-Quadrat-Differenzen zeigen, dass kein statistisch bedeutsamer Unterschied zwischen den Modellen besteht. Zudem unterscheiden sich die CFI-Werte um weniger als -.01, was nach Cheung & Rensvold (2002) für das Vorliegen skalarer Messinvarianz spricht. Der Test belegt somit die Äquivalenz der Messung über die unterschiedlichen Kategorien der Staatsangehörigkeit.

     

    Tabelle 9

    Prüfung auf Messinvarianz der Einstellung zum Islam – Religionszugehörigkeit

    N = 3,471

    RMSEA

    CFI

    χ²

    df

    Δχ²

    Δdf

    Konfigurale Messinvarianz

    .02

    1.00

    11.39

    6

     

     

    Metrische Messinvarianz

    .02

    1.00

    29.45

    12

    18.06**

    6

    Skalare Messinvarianz

    .03

    .99

    54.35

    17

    24.90***

    6

    Anm.: Christlich: N = 2,180, Andere/keine: N = 1,291, **p ≤ .01, ***p ≤ .001.

     

    Über die Kategorien der Religionszugehörigkeit liegt eine statistisch signifikante Chi-Quadrat-Differenz (Δχ² (6) = 18.06, p = .006) zwischen dem Modell metrischer und konfiguraler Messinvarianz vor. Da sich die CFI-Werte jedoch nicht unterscheiden, kann nach Cheung & Rensvold (2002) davon ausgegangen werden, dass metrische Messinvarianz vorliegt. Zwischen dem Modell skalarer und metrischer Messinvarianz liegt ebenfalls eine statistisch signifikante Chi-Quadrat-Differenz (Δχ² (6) = 24.90, p = .000) vor. Nach Cheung und Rensvold (2002) handelt es sich jedoch um keine bedeutsame Veränderung, da die Differenz zwischen den CFI-Werten lediglich ΔCFI = -.01 beträgt. Zudem liegen die Werte des RMSEA und des CFI alle im sehr guten Bereich, sodass angenommen werden kann, dass keine bedeutsame Verletzung der skalaren Messinvarianz vorliegt.


     

    •       Bianka Breyer, GESIS Leibniz Institute for the Social Sciences, Survey Design and Methodology, P.O. Box 12 21 55, 68072 Mannheim, Germany, E-Mail: bianka.breyer@gesis.org
    •       Daniel Danner, GESIS Leibniz Institute for the Social Sciences, Survey Design and Methodology, P.O. Box 12 21 55, 68072 Mannheim, Germany, E-Mail: daniel.danner@gesis.org

    Die Skala wurde unter anderem in folgenden Studien eingesetzt:

    -       ALLBUS 2012

    -       GMF-Survey 2003 (Item 2, modifiziert)

    -       GMF-Survey 2004 (Item 2, modifiziert)

    -       GMF-Survey 2005 (Item 2, modifiziert)

    -       GMF-Survey 2006 (Item 2, modifiziert)

    -       GMF-Survey 2007 (Item 2, modifiziert)

    -       GMF-Survey 2011 (Item 2, modifiziert)