Die Skala besteht aus sechs Verteilungs-Szenarien mit je drei Items, von denen immer eines die Umsetzung des Gleichheitsprinzips beschreibt, eines die Umsetzung des Leistungsprinzips und eines die Umsetzung des Bedürftigkeitsprinzips. Je zwei Verteilungs-Szenarien stammen aus dem sozialen Kontext Wohlfahrt, zwei aus dem Freundschaftskontext und zwei aus dem Arbeitskontext. Der Proband bzw. die Probandin wird instruiert, alle geschilderten Verteilungs-Umsetzungen im Hinblick auf ihre Gerechtigkeit zu beurteilen.
Instruktion
Was finden Sie gerecht? Hier sind Situationen, in denen Entscheidungen getroffen werden müssen. Zu jeder Situation sind drei mögliche Entscheidungen aufgeführt. Bitte geben Sie zu jeder Entscheidung an, als wie gerecht Sie sie empfinden.
Items
Tabelle 1
Items der Skala
Nr. |
Item |
Polung |
Subskala/Kontext |
Wenn bei einer Wohltätigkeitsveranstaltung Geld für eine soziale Wohneinrichtung für Menschen mit einer geistigen Behinderung gesammelt wird, fände ich es gerecht, wenn ... |
|||
1 |
... das gespendete Geld unter allen BewohnerInnen der Wohneinrichtung gleichmäßig verteilt würde. |
+ |
Gleichheit/Wohlfahrt |
2 |
... die BewohnerInnen bei der Geldverteilung bevorzugt würden, die sich im Wohnheim am meisten engagieren (die Aufgaben übernehmen, z.B. aufräumen, putzen, einkaufen helfen oder ähnliches). |
+ |
Leistung/Wohlfahrt |
3 |
... die BewohnerInnen am meisten von dem gespendeten Geld erhalten würden, die am dringendsten auf finanzielle Unterstützung angewiesen sind |
+ |
Bedürftigkeit/Wohlfahrt |
Wenn zwei befreundete Paare gemeinsam in ein Ferienhaus fahren und es dort ein lautes Schlafzimmer zu einer verkehrsreichen Straße und ein ruhiges Schlafzimmer mit Meerblick gibt, fände ich es gerecht, wenn ... |
|||
4 |
...die beiden Schlafzimmer nach der Hälfte des Urlaubs gewechselt würden, damit niemand benachteiligt wird. |
+ |
Gleichheit/Freundschaft |
5 |
...das ruhige Schlafzimmer das Paar erhalten würde, das die meiste Arbeit für die Planung und Vorbereitung der Reise für alle hatte. |
+ |
Leistung/Freundschaft |
6 |
...das ruhige Schlafzimmer jenes Paar erhalten würde, das besonders erholungsbedürftig ist, weil es viel Stress hinter sich hat. |
+ |
Bedürftigkeit/Freundschaft |
Wenn für BewohnerInnen eines Seniorenheims sehr begehrte Freizeitaktivitäten angeboten werden, jedoch nur eine begrenzte Anzahl von Personen teilnehmen kann (wegen begrenzter Plätze), fände ich es gerecht, wenn... |
|||
7 |
... alle BewohnerInnen teilnehmen können, auch wenn jede/r dann nur kurz dabei ist oder abgewechselt werden muss. |
+ |
Gleichheit/Wohlfahrt |
8 |
... diejenigen BewohnerInnen bevorzugt teilnehmen dürfen, die sich im Seniorenheim mehr engagieren (die sich z.B. im Heimbeirat engagieren, sich um andere kümmern, anderen helfen, etwas mit anderen unternehmen). |
+ |
Leistung/Wohlfahrt |
9 |
... jene BewohnerInnen vor allem teilnehmen dürfen, die nicht mehr alleine ihre Freizeit verbringen können. |
+ |
Bedürftigkeit/Wohlfahrt |
Ich fände die Einkommensverteilung gerecht, wenn ... |
|||
10 |
... alle das Gleiche verdienen würden. |
+ |
Gleichheit/Arbeitsplatz |
11 |
... sich die Höhe des Einkommens nach der Leistung richten würde. |
+ |
Leistung/Arbeitsplatz |
12 |
... sich die Höhe des Einkommens nach der Bedürftigkeit richten würde (z.B. zur Versorgung von Familienangehörigen). |
+ |
Bedürftigkeit/Arbeitsplatz |
Wenn zwei befreundete Familien gemeinsam in ein altes, renovierungsbedürftiges Wohnhaus ziehen, aber beide Familien nur über begrenzte finanzielle Mittel verfügen fände ich es gerecht, wenn ... |
|||
13 |
... die Wohnungsanteile beider Familien bei der Renovierung gleichermaßen berücksichtigt würden, auch wenn dann jeweils nur kleinere Renovierungen möglich sind und es länger dauert, bis beide Teile ganz fertig sind. |
+ |
Gleichheit/Freundschaft |
14 |
... der Teil des Hauses von derjenigen Familie als erstes renoviert wird, die mehr für die Kosten der Renovierung bezahlt und selber mehr bei der Renovierung mitarbeitet. |
+ |
Leistung/Freundschaft |
15 |
... der Teil des Hauses als erstes in Angriff genommen wird, der besonders baufällig ist, sodass die Wohnbedingungen dort schlechter sind. |
+ |
Bedürftigkeit/Freundschaft |
Wenn ein Betrieb Personalkosten einsparen muss, fände ich es gerecht, wenn " |
|||
16 |
... für alle Mitarbeiter die Arbeitszeit und der Lohn gleichmäßig gekürzt würden. |
+ |
Gleichheit/Arbeitsplatz |
17 |
... wenn diejenigen entlassen würden, die am wenigsten geleistet haben. |
+ |
Leistung/Arbeitsplatz |
18 |
... wenn diejenigen von Entlassung verschont blieben, die am dringendsten auf ihren Arbeitsplatz angewiesen sind. |
+ |
Bedürftigkeit/Arbeitsplatz |
Antwortvorgaben
Die Antwortskala stellt eine sechsstufige Likert-Skala von 0 (trifft überhaupt nicht zu) bis 5 (trifft voll und ganz zu) dar.
Auswertungshinweise
Um die mittlere Ausprägung der Einstellung einer Person zu einem der drei Prinzipien der Verteilungsgerechtigkeit zu ermitteln, können Skalenmittelwerte gebildet werden. Hierzu können die Items 1, 4, 7, 10, 13 und 16 zu der Subskala „Gleichheit“ zusammengefasst werden, die Items 2, 5, 8, 11, 14 und 17 zur Subskala „Leistung“ und die Items 3, 6, 9, 12, 15 und 18 zur Subskala „Bedürftigkeit“. Der Mittelwert auf einer Subskala gibt an, in welchem Ausmaß eine Person das jeweilige Verteilungsprinzip im Mittel über alle Kontexte hinweg als gerecht empfindet. Höhere Werte repräsentieren eine größere empfundene Gerechtigkeit und damit eine positivere Einstellung gegenüber dem jeweiligen Verteilungsprinzip.
Anwendungsbereich
Die Skala wird in schriftlicher Form zur Erfassung von Einstellungen zu Verteilungsprinzipien genutzt. Sie kann insbesondere in wissenschaftlichen Untersuchungen im Bereich der Differentiellen und Persönlichkeitspsychologie Anwendung finden. Ebenso kann die Anwendung in angrenzenden Forschungsgebieten, wie etwa der politischen Psychologie gewinnbringend sein. Unbekannt sind bisher Einflüsse des Bildungsgrads von Proband/inn/en, die den Anwendungsbereich einschränken könnten. Beachtet werden sollte, dass das Messinstrument insbesondere an Hand studentischer Stichproben erprobt wurde. Vergleichswerte höherer Altersgruppen liegen noch nicht vor.
Die Gerechtigkeitspsychologie versucht, das Erleben und Verhalten von Menschen bezogen auf Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit zu beschreiben und zu erklären. Gerade die differentielle Betrachtung der Unterschiede zwischen Personen kann wichtige Erkenntnisse liefern und bestenfalls auch eine Vorhersage erlauben, wer unter welchen Bedingungen Ungerechtigkeit wahrnehmen wird.
Die vorliegende Skala bezieht sich auf Verteilungssituationen, in denen subjektive Ungerechtigkeit entstehen kann, wenn Güter oder Lasten aufzuteilen sind. Situationen, in denen Aspekte der Verteilungsgerechtigkeit eine Rolle spielen, sind solche, in denen es „um die Verteilung der Anteile an etwas Gemeinsamen geht“ (Fetchenhauer, 2010). Dabei sind drei Prinzipien der Verteilungsgerechtigkeit vorherrschend: Güter können nach den Leistungen der Betroffenen verteilt werden, nach deren Bedürftigkeit oder aber alle Personen können gleich viel vom Gut erhalten. Als wie gerecht die Anwendung eines dieser Prinzipien empfunden wird, hängt von verschiedenen situativen Bedingungen ab, unter anderem vom sozialen Kontext, in dem eine Verteilung stattfindet (Deutsch, 1975). Darüber hinaus werden relativ überdauernde Unterschiede zwischen Menschen angenommen, wie sehr sie über Verteilungssituationen und –kontexte hinweg eines der Prinzipien gegenüber den anderen präferieren.
Schmitt et al. (1995,1997) schlugen einen Fragebogen zur Erfassung von Einstellungen zu Verteilungsprinzipien vor. Eine überarbeitete und gekürzte Version unterscheidet das Leistungs-, Bedürftigkeits- und Gleichheitsprinzip und erfasst Einstellungen zu diesen Prinzipien in den sozialen Kontexten Arbeit, Wohlfahrt und Freundschaft.
Itemkonstruktion und Itemselektion
Das wiedervereinigte Deutschland gab Anlass zu der von Schmitt et al. durchgeführten Studie „Gerechtigkeit als innerdeutsches Problem“ (GiP). Sie formulierten hierbei die Annahme, dass Ost und West nicht nur „geographische und historische Begriffe darstellen, sondern psychologisch bedeutsame soziale Kategorien bilden und somit die Grundlage für soziale Vergleiche aller Art abgeben“ (Schmitt et al., 1995, S. 1). Es konnte zu dem Zeitpunkt ein Ungleichgewicht bezüglich der Lebensbedingungen zwischen den beiden Teilen Deutschlands festgestellt werden, was die grundsätzliche Frage nach der subjektiven Gerechtigkeit dieser unausgewogenen Lebenssituationen nach sich zog.
Die in den GiP-Studien verwandte Skala ist eine Weiterentwicklung unterschiedlicher Instrumente zur Erfassung von Einstellungen zu Prinzipien der Verteilungsgerechtigkeit, wie zum Beispiel von Bossong (1983), Montada, Schmitt und Dalbert (1983), Schwinger und Winterhoff-Spurk (1984) sowie Sabbagh, Dar und Resh (1994; Bossong, 1983; Maes, Schmitt & Schmal, 1995; Montada, Schmitt & Dalbert, 1983; Sabbagh, Dar & Resh, 1994; Schwinger & Winterhoff-Spurk, 1984). Großen Einfluss auf den im GiP-Projekt genutzten Fragebogen hatte das von Schmitt im Jahre 1980 entwickelte Instrument, welches 48 Verteilungssituationen schildert und jeweils drei alternative Verteilungen vorschlägt. Obwohl der von Schmitt (1980) entwickelte experimentelle Fragebogen vielversprechende Befunde erbrachte und auch gut interpretierbare Faktoren mit Einfachstruktur der Items aufweisen konnte, musste er wegen des großen Umfangs für die GiP-Studien gekürzt werden (Schmitt et al., 1995). Die somit neu entstandene GiP-Skala schildert 13 Verteilungssituationen mit je vier Verteilungs-Entscheidungen (Umsetzung des Gleichheitsprinzips, Umsetzung des Leistungsprinzips, Umsetzung des Bedürftigkeitsprinzips, Umsetzung des Losprinzips; Maes et al., 1995). Die beschriebenen Situationen operationalisieren die Ressourcentypen, der in GiP als Vergleichsdimensionen für Ost-West-Unterschiede gewählt wurden (Arbeit/Beruf, materielle Situation/Wohlstand, menschliche Situation, Wohnsituation und Stadtqualität; Schmitt et al., 1995, 1997). Die faktorenanalytische Untersuchung der gesamten befragten Stichprobe (Ost und West) ergab nach dem Scree-Test nach Cattell (Cattell, 1966) eine dreifaktorielle Lösung. Auffällig war die mittelhohe Korrelation zwischen dem Bedürftigkeits- und Gleichheitsprinzip, welche sowohl in Ost- als auch in Westdeutschland vorzufinden war. Die Korrelation betrug r = .47 (West) beziehungsweise r = .49 (Ost) (Schmitt et al., 1997). Die Autoren kamen zu dem Schluss, dass beide Einstellungen verwandt sind und möglicherweise ihre Wurzeln in einer gemeinsamen humanistischen Grundhaltung haben, jedoch nicht redundant sind (Schmitt et al., 1997).
Aus zwei Gründen wurde die im GiP-Projekt verwendete Skala überarbeitet. Zum einen sollten die für Verteilungsentscheidungen relevanten sozialen Kontexte gleichmäßig durch die Szenarien repräsentiert sein. Dies ermöglicht, konsistente Unterschiede in den Einstellungen zu Verteilungsprinzipien über Kontexte hinweg unkonfundiert zu messen. Zum anderen sollte eine Kurzform zur ökonomischeren und gleichzeitig zuverlässigen Messung entwickelt werden. Diese Kurzform wurde in zwei Schritten erstellt.
Zunächst wurden je 5 Verteilungs-Szenarien für die Kontext Arbeit, Freundschaft, Wohlfahrt aus dem bestehenden Instrument ausgewählt bzw. neu entwickelt. Zu jedem Szenario wurden drei Items vorgegeben, zur Messung der Einstellung zu Gleichheit, Bedürftigkeit, Leistung. Aus den fünf Verteilungs-Szenarien, gekreuzt mit drei Kontexten bei dreifacher Messwiederholung jeder Zelle resultierten folglich 5x3x3 = 45 Items. Diese lieferten in einer großen anfallenden Stichprobe (N = 1022) zufriedenstellende interne Konsistenzen zwischen α = .74 und α = .85. Die faktorenanalytische Untersuchung hingegen ergab uneindeutige Ergebnisse. Während der Scree-Plot (Cattell, 1966) und die Parallelanalyse nach Horn (Horn, 1965) fünf Faktoren nahelegten, wobei nur die ersten drei inhaltlich interpretierbar waren, verletzte eine erzwungene dreifaktorielle Lösung die Einfachstruktur und führte zu erheblichen Doppelladungen. Eine konfirmatorische Faktorenanalyse führte bei keinem der getesteten Modelle zu einem akzeptablen Modellfit.
In einem zweiten Schritt wurde das Instrumente gekürzt und revidiert. Neben inhaltlichen Überlegungen, wie dem Herausnehmen von missverständlich formulierten Items, wurden solche Items aus der Skala entfernt, die beim Betrachten der aus der exploratorischen Faktorenanalyse resultierenden Ladungsmustern Doppelladungen aufwiesen und die angestrebte Einfachstruktur verletzten. Im Rahmen der Kürzung der Skala wurde nur noch ein Szenario pro Kontext (Arbeit, Freundschaft, Wohlfahrt) beibehalten, sodass bei sechs Verteilungs-Szenarien, gekreuzt mit drei Verteilungsprinzipien 6 x 3 = 18 Items entstanden. Die Modellfitindizes root mean square error of approximation (RMSEA), standardized root mean square residual (SRMR), comparative fit index (CFI) und die Ergebnisse eines χ²-Tests deuteten auf einen guten Modellfit mit RMSEA = .05, SRMR = .04, CFI = .92 und χ²/df = 3.40 hin. Die 18-Item Version des Fragebogens wird in Abbildung 1 dargestellt.
Abbildung 1. Angenommenes Messmodell.
Stichproben
Die Gesamtstichprobe, die im Zeitraum von Ende Oktober bis Mitte November 2013 mittels einer Onlinebefragung erhoben wurde, umfasste insgesamt N = 355 Personen, davon 274 Frauen (77.18%) und 81 Männer (22.82%) zwischen 18 und 54 Jahren (M = 24, SD = 6.40). Da es sich um eine studentische Stichprobe handelte, gab der überwiegende Teil mit 249 Teilnehmenden (70.14%) das Abitur als seinen höchsten Bildungsabschluss an. Die Befragten befanden sich in den Semestern 1 bis 19. Es konnten 185 Fälle (52.11%) der Gruppe der Studierenden der Sozialen Arbeit und (Sozial‑)Pädagogik zugeordnet werden, 170 Fälle (47.89%) repräsentierten die Gruppe der BWL‑/VWL-Studierenden.
256 der Befragten (72.11%) waren nicht erwerbstätig, während 80 Probanden und Probandinnen (22.54%) halbtags erwerbstätig waren. 235 Teilnehmende (66.20%) gaben an, im Monat weniger als 1000 Nettoeinkommen zu haben, während weitere 84 Personen (23.66%) zwischen 1000 und 1999 monatliches Nettoeinkommen verzeichnen konnten. 199 der Befragten (55.06%) befanden sich in einer festen Partnerschaft, 124 Personen (34.93%) waren Single. 329 Personen (92.68%) gaben an keine Kinder zu haben. Nur 19 Probanden und Probandinnen (5.35%) hatten eine andere Muttersprache als deutsch, konnten aber dennoch bei der Auswertung berücksichtigt werden, da sie ihre Deutschkenntnisse als nahezu sehr gut einstuften.
Itemanalysen
In einem ersten Schritt wurde eine exploratorische Faktorenanalyse gerechnet. Als Extraktionsmethode war die Hauptachsenanalyse die Methode der Wahl. Zusätzlich wurde die oblimin Rotationsmethode gewählt, da nicht von einer Unabhängigkeit der Faktoren untereinander ausgegangen wurde. Der Screetest nach Cattell (Cattell, 1966) sprach für drei zu extrahierende Faktoren (Abb. 2). Ein sich anschließender Paralleltest nach Horn (Horn, 1965) ergab ebenfalls eine dreifaktorielle Lösung (Abb.3). Diese drei Faktoren klärten 40.11 % der Varianz auf. Die dreifaktorielle Lösung führte zu einer überzeugenden Einfachstruktur, wobei alle Items, die das Leistungsprinzip beschreiben, auf dem ersten Faktor die höchste Ladung aufwiesen, während alle Bedürftigkeitsitems auf dem zweiten Faktor hoch luden und die Gleichheitsitems auf dem dritten Faktor hohe Ladungen vorwiesen. Eine Ausnahme bildete das zehnte Item. Diese Zuordnung wird durch die hervorgehobene Darstellungsweise in Tab. 2 kenntlich gemacht.
Tabelle 2
Rotierte Faktorladungen
Item |
l1 |
l2 |
l3 |
Wohltätigkeitsveranstaltung_Leis (2) |
.68 |
.13 |
.00 |
Seniorenheim_Leis (8) |
.66 |
.26 |
.01 |
Einkommensverteilung_Leis (11) |
.56 |
−.19 |
.10 |
Personalkosten_Leis (17) |
.55 |
−.01 |
.02 |
Wohnhaus_Leis (14) |
.47 |
.13 |
.01 |
Schlafzimmer_Leis (5) |
.41 |
.32 |
−.17 |
Schlafzimmer_Bed (6) |
.02 |
.62 |
−.17 |
Einkommensverteilung_Bed (12) |
−.16 |
.55 |
.22 |
Wohltätigkeitsveranstaltung_Bed (3) |
.03 |
.47 |
.00 |
Personalkosten_Bed (18) |
.09 |
.45 |
.17 |
Seniorenheim_Bed (9) |
.06 |
.45 |
−.06 |
Wohnhaus_Bed (15) |
.06 |
.39 |
.05 |
Einkommensverteilung_Gleich (10) |
−.32 |
.24 |
.30 |
Wohnhaus_Gleich (13) |
.06 |
.01 |
.51 |
Schlafzimmer_Gleich (4) |
.21 |
−.13 |
.50 |
Personalkosten_Gleich (16) |
−.19 |
.11 |
.39 |
Wohltätigkeitsveranstaltung_Gleich (1) |
−.06 |
−.02 |
.34 |
Seniorenheim_Gleich (7) |
.01 |
.07 |
.30 |
Anmerkung. Hauptachsen-Faktorenanalyse, Rotationsmethode: oblimin, Mustermatrix
Abbildung 2. Screeplot mit Eigenwertverlauf.
Abbildung 3. Paralleltest nach Horn.
Itemkennwerte
Tabelle 3
Itemkennwerte
Item |
M |
Med |
Mod |
Kurtosis |
Schiefe |
SD |
Schwierigkeit (Dahl) |
rit |
1 |
3.45 |
4.00 |
4 |
−.03 |
−.72 |
1.33 |
68.96 |
.28 |
2 |
2.26 |
2.00 |
1 |
−1.06 |
.14 |
1.53 |
45.18 |
.60 |
3 |
3.71 |
4.00 |
4 |
.31 |
−.90 |
1.19 |
74.25 |
.38 |
4 |
3.62 |
4.00 |
5 |
−.21 |
−.99 |
1.60 |
72.45 |
.22 |
5 |
2.32 |
2.00 |
3 |
−1.17 |
−.06 |
1.57 |
46.42 |
.45 |
6 |
2.26 |
2.00 |
3 |
−1.11 |
.04 |
1.56 |
45.13 |
.41 |
7 |
3.38 |
4.00 |
5 |
−.67 |
−.65 |
1.52 |
67.61 |
.25 |
8 |
2.05 |
2.00 |
3 |
−.96 |
.16 |
1.46 |
41.01 |
.60 |
9 |
3.61 |
4.00 |
4 |
.55 |
−.98 |
1.29 |
72.28 |
.37 |
10 |
1.40 |
1.00 |
0 |
−.10 |
.95 |
1.52 |
27.94 |
.28 |
11 |
3.74 |
4.00 |
4 |
.85 |
−1.10 |
1.26 |
74.82 |
.38 |
12 |
2.95 |
3.00 |
3 |
−.23 |
−.48 |
1.29 |
58.93 |
.44 |
13 |
3.61 |
4.00 |
4 |
−.02 |
−.82 |
1.29 |
72.17 |
.37 |
14 |
2.45 |
2.00 |
3 |
−1.01 |
−.03 |
1.50 |
49.07 |
.45 |
15 |
3.68 |
4.00 |
4 |
.36 |
−.90 |
1.21 |
73.52 |
.38 |
16 |
3.39 |
4.00 |
4 |
−.32 |
−.70 |
1.43 |
67.89 |
.32 |
17 |
2.23 |
2.00 |
1 |
−1.07 |
.16 |
1.55 |
44.56 |
.44 |
18 |
2.94 |
3.00 |
4 |
−.84 |
−.32 |
1.48 |
58.76 |
.41 |
Anmerkung. Werte berechnet mit N = 355. Fett gedruckte Items gehören dem Leistungsprinzip an, unterstrichene Items dem Bedürftigkeitsprinzip, Items ohne Markierung dem Gleichheitsprinzip. Errechnung der Trennschärfen unter Beachtung der part-whole-Korrektur und Subskalen-Zugehörigkeit.
Die Trennschärfen- und Itemschwierigkeitsanalyse ergibt ein zufriedenstellendes Bild. Angestrebt wurde eine breite Streuung der Schwierigkeitskoeffizienten bei gleichzeitig noch akzeptabler Trennschärfe. Alle Schwierigkeiten sind größer 20 und kleiner 80 und nehmen somit keine allzu großen Ausprägungen an. Die Trennschärfen bilden größtenteils angemessene Werte; so weisen acht Items Trennschärfen von über .4 auf, sodass davon ausgegangen werden kann, dass die einzelnen Items sehr ähnlich differenzieren wie der Gesamttest.
Objektivität
Die Durchführungsobjektivität kann bei der beschriebenen Untersuchung insofern als gegeben gelten, als dass der Fragebogen als Link im Internet abrufbar war und somit kein Testleitereinfluss vorliegen konnte. Auf Grund des Charakters der Onlinebefragung muss davon ausgegangen werden, dass wegen des unstandardisierten Settings möglicherweise Störeinflüsse vorgelegen haben. Die Auswertungsobjektivität stellt die Verrechnungssicherheit dar, sodass zwei unabhängige Auswerter/-innen aus den Antworten eines Teilnehmenden dieselben Schlüsse ziehen sollten (Moosbrugger & Kelava, 2012). Da es sich bei der Skala zur Messung der Einstellungen zu Verteilungsprinzipien um geschlossene Fragen handelte und kein freies Antwortformat vorlag, ist die Auswertungsobjektivität zu einem erheblichen Maße gewährleistet. Durch die Berechnung der Mittelwerte einer jeden Person auf den drei Skalen lag eine einheitliche Berechnungs- und Auswertungsmethode vor. Von Interesse waren die Antworttendenzen der gesamten befragten Personengruppe, nicht die einer Einzelperson. Somit kann die Interpretationsobjektivität als gegeben angenommen werden. Die Skala zur Messung von Einstellungen zu den Prinzipien der Verteilungsgerechtigkeit kann demnach als objektiv gelten.
Reliabilität
Tabelle 4
Reliabilitätsschätzung
Skala |
a |
Split-Half Reliabilitätsschätzung |
Split-Half Reliabilitätsschätzung |
||
|
|
|
Spearman-Brown Korrektur |
|
Spearman-Brown Korrektur |
Gleichheit |
.54 |
.38 |
.55 |
.40 |
.57 |
Leistung |
.75 |
.58 |
.73 |
.64 |
.78 |
Bedürftigkeit |
.67 |
.50 |
.67 |
.48 |
.65 |
Anmerkung. Jede Skala besteht aus sechs Items. Werte berechnet mit N = 355.
Die Skalenkennwerte beschreiben, trotz der lediglich aus sechs Items bestehenden Skalen, akzeptable interne Konsistenzen. Die Items scheinen weitestgehend homogen zu sein und das jewilige Verteilungsprinzip auf passende Art und Weise abzubilden. Auch die beiden Formen der Splithalf-Reliabilitäten kommen zu vergleichbaren Reliabilitätsschätzern, wobei durch die Spearman-Brown Korrektur ebenfalls zufriedenstellende Ergebnisse zustande kommen. Es liegt somit der Schluss nahe, dass es sich um recht reliable Skalen handelt.
Validität
Zur Überprüfung der Konstruktvalidität wurden folgende Korrelate herangezogen: Empathie und Perspektivenübernahme (Maes, Schmitt & Schmal, 1995), Selbstwirksamkeitserwartung (Schwarzer & Jerusalem, 1999) und Faktoren des Hexaco-Persönlichkeitsinventars (Ashton & Lee, 2009). Die Korrelationen lieferten erste Evidenz für eine gute Konstruktvalidität der Skalen.
Bestätigt wurde eine deutlich positive Korrelation zwischen Ehrlichkeit und Bescheidenheit und der Einstellung zum Gleichheitsprinzip: Individuen, die als sehr ehrlich und bescheiden gelten, sind darauf bedacht, allen Mitmenschen einen Teil des Gutes zukommen zu lassen, sodass annäherungsweise Gleichheit herrscht. Die Verteilung eines Gutes an Hand des Geleisteten hingegen ist nicht in Einklang zu bringen ist mit der Bescheidenheit der Personen, sodass die negative Korrelation zum Leistungsprinzip ebenfalls theoretisch erwartet wurde.
Extraversion und Emotionalität wurden aufgrund theoretischer Überlegungen zur Testung diskriminanter Validität mit in die Untersuchung aufgenommen. Die Unabhängigkeit der Konstrukte ließ sich mit den verwendeten Maßen nur teilweise bestätigen. Auf Grund der Theorie ist es jedoch denkbar, dass Emotionalität mit dem Gleichheits- und Bedürftigkeitsprinzip korreliert, da durch eine hohe Emotionalität das Einfühlen in bedürftige Individuen gegebenenfalls leichter fällt. Die positiven Korrelationen zwischen Verträglichkeit und der Einstellung zum Gleichheits- und Bedürftigkeitsprinzip und die negative Korrelation zwischen Verträglichkeit und der Einstellung zum Leistungsprinzip entsprach ebenfalls den Erwartungen. Verträglichkeit beinhaltet Gutmütigkeit, Wohlwollen und Kooperation, die insbesondere durch die Anwendung von Gleichheits- oder Bedürftigkeitsprinzip gestützt werden (Deutsch, 1975).
Theoretisch wurde eine höhere Korrelation zwischen Gewissenhaftigkeit und dem Leistungsprinzip als zwischen Gewissenhaftigkeit und den anderen beiden Prinzipien erwartet. Dies konnte nicht bestätigt werden.
Die Konstrukte der Empathie und Perspektivenübernahme gelten als relevante Kovariaten in der Gerechtigkeitsforschung und der Untersuchung von Verteilungsprinzipien (Maes et al., 1995). Beide Konzepte sind bei der Wahrnehmung von sozialen Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten essentiell. Dispositionell empathische Personen sind dieser Annahme zu Folge eher in der Lage, Bedürfnisse anderer zu erkennen und deren Perspektive in das eigene emotionale Erleben und Verhalten einzubeziehen. Die signifikant positiven Korrelationen zwischen diesen beiden Konstrukten und der Einstellung zum Gleichheits- und Bedürftigkeitsprinzip bestätigten diese theoretischen Erwartungen.
Bezüglich des Korrelats der Selbstwirksamkeit ließ sich feststellen, dass kaum Zusammenhang zu den drei Gerechtigkeitsprinzipien besteht. Die Ergebnisse stützten auch hier die theoretischen Erwartungen: Selbstwirksamkeitserwartungen beziehen sich auf die Einschätzung der eigenen Kompetenzen, um Ziele zu erreichen. Selbstwirksame Individuen schreiben ihrer erbrachten Leistung internale Gründe zu; bei anderen Personen jedoch attribuiert ein Individuum mit hoher Selbstwirksamkeitserwartung möglicherweise nicht internal, schreibt ihnen also keine hohe Selbstwirksamkeit zu, sondern lässt auch andere Attribute außer der Leistung gelten (Beierlein et al., 2012).
Tabelle 5
Korrelationen, Mittelwerte, Standardabweichungen, Schiefe und Kurtosis für die Prinzipien der Verteilungsgerechtigkeit
|
|
Gleichheitsprinzip |
Leistungsprinzip |
Bedürftigkeitsprinzip |
1) |
Ehrlichkeit/Bescheidenheit |
.20** |
−.26** |
.07 |
2) |
Emotionalität |
.17** |
.06 |
.13* |
3) |
Extraversion |
.07 |
.00 |
.00 |
4) |
Verträglichkeit |
.09 |
-.05 |
.12* |
5) |
Gewissenhaftigkeit |
.08 |
.00 |
−.10 |
6) |
Empathie |
.28** |
-.09 |
.19** |
7) |
Perspektiven-Übernahme |
.16** |
-.08 |
.17** |
8) |
Selbstwirksamkeit |
.07 |
.00 |
−.03 |
|
M Kurtosis Schiefe |
3.14 0.22 −0.21 |
2.51 −0.43 −0.01 |
3.19 0.03 −0.44 |
Anmerkung. Jede Skala besteht aus sechs Items. Werte berechnet mit N = 355. *p < .05. **p < .01
Zur Überprüfung der Kriteriumsvalidität diente ein Gruppenvergleich von Studierenden „sozialer“ Fächer mit Studierenden der Wirtschaftsfächer. Folgendes Muster wurde erwartet:
1) Positivere Einschätzung des Leistungsprinzips durch Studierende der Wirtschaftsfächer
2) Positivere Einschätzung des Bedürftigkeitsprinzip durch Studierende der sozialen Fächer
Tabelle 6
Werte, Mittelwerte, Standardabweichungen, t-Werte, df und Cohen’s d der beiden Gruppen (Studium der sozialwissenschaftlichen Fächer vs. Studium der BWL/VWL) der t-Tests für unabhängige Stichproben
|
|
M (SD) |
|
|
|
|
|
p-Wert |
Soziale Arbeit, (Sozial-) Pädagogik |
BWL/VWL |
t |
df |
d |
Gleichheitsprinzip |
.001 |
3.28 (.80) |
2.99 (.77) |
3.49 |
353 |
0.37 |
Leistungsprinzip |
.000 |
2.07 (.86) |
3.00 (.88) |
−10.01 |
353 |
1.07 |
Bedürftigkeitsprinzip |
.021 |
3.29 (.87) |
3.09 (.76) |
2.33 |
353 |
0.24 |
Entsprechend der Erwartungen zeigten sich signifikante Gruppenunterschiede auf allen drei Skalen. Die Studierenden der Sozialen Arbeit und (Sozial-)Pädagogik schätzten das Gleichheitsprinzip und das Bedürftigkeitsprinzip als gerechter ein als die Studierenden der BWL und VWL. Es ergaben sich nach Cohens d kleine Effekte. Ebenso ließen sich im Hinblick auf das Leistungsprinzip signifikante Unterschiede in hypothesenkonformer Richtung finden; hierbei ergab sich nach Cohens d ein großer Effekt. Um auszuschließen, dass differential item functioning die großen Effekte zu verantworten hat, sollte auf Messinvarianz getestet werden, worauf, auf Grund der geringen Anzahl der Items, verzichtet wurde. Zu bedenken gilt es daher, dass zukünftige Analysen noch prüfen müssen, in wieweit die Vergleichbarkeit der Messungen in unterschiedlichen Gruppen gesichert ist.