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Skala zur exzessiven Bestätigungssuche

  • Autor/in: Schwennen, C. & Bierhoff, H. W.
  • In ZIS seit: 2005
  • DOI: https://doi.org/10.6102/zis57
  • Zusammenfassung: Die Skala erfasst die Neigung, das soziale Umfeld ausgiebig auf eine Bestätigung des eigenen Wertes anzusprechen.
    Abstract: The scale measures the tendency to extensively address the social environment for confirmation of one's own value.
  • Sprache Dokumentation: deutsch
  • Sprache Items: deutsch
  • Anzahl der Items: 4
  • Reliabilität: Cronbachs Alpha = .67 bis .84
  • Validität: Hinweis auf die konvergente Validität
  • Konstrukt: Selbstwert
  • Schlagwörter: Selbstwert, interpersonal, Abhängigkeit, Depression | self-esteem, interpersonal, dependency, depression
  • Item(s) in Bevölkerungsumfrage eingesetzt: nein
  • Entwicklungsstand: validiert
    • Instruktion

      Bitte geben Sie an, inwieweit die folgenden Aussagen auf Sie zutreffen. Ihnen stehen dabei 7 Antwortmöglichkeiten (1-7) zur Verfügung. Je weiter links Sie ankreuzen, desto weniger trifft die Aussage auf Sie zu. Je weiter rechts Sie ankreuzen, desto mehr trifft die Aussage auf Sie zu. "1" bedeutet "die Aussage stimmt überhaupt nicht", die "7" bedeutet "die Aussage stimmt voll und ganz". Die Zahlenwerte dazwischen stellen Abstufungen zwischen den Extremen (1 und 7) dar.

      Die folgenden Aussagen beziehen sich nicht auf eine konkrete Situation oder Person. Sie beschreiben Verhalten, welches Sie "im Allgemeinen" zeigen.

       

      Items

      Nr.

      Item

      1

      Ich ertappe mich öfter dabei, dass ich Personen, die mir nahe stehen, frage, wie sie wirklich über mich denken.

      2

      Ich suche häufig von Leuten, die mir nahe stehen, eine Zusicherung, dass ich ihnen etwas bedeute.

      3

      Manchmal verärgere ich mir nahe stehende Personen dadurch, dass ich wiederholt eine Versicherung von ihnen suche, dass ich ihnen wirklich etwas bedeute.

      4

      Manchmal haben Leute, die mir nahe stehen, die "Nase voll" davon, dass ich versuche eine Bestätigung von ihnen zu bekommen, dass ich ihnen wirklich etwas bedeute.

       

      Antwortvorgaben

      Siebenstufige Likert-Typ Skalen mit Benennung der Extrempole "stimmt überhaupt nicht"  und "stimmt voll und ganz".

       

      Auswertungshinweise

      Der BSS-Wert wird als arithmetisches Mittel der vier Items bestimmt.

       

       

    Interpersonale Abhängigkeit wird in vielen Forschungsbeiträgen als ein Risikofaktor für die Entstehung von Depression (Joiner & Metalsky, 2001; Kendler, Neal, Kessler, Heath & Eaves, 1993) bzw. als ein Symptom der Depression (Beck, 1999) herausgestellt. Eine spezifische Facette der interpersonalen Abhängigkeit kann als exzessive Bestätigungssuche bezeichnet werden (Joiner, 1994). Sie wird als Neigung, das soziale Umfeld ausgiebig auf eine Bestätigung des eigenen Wertes anzusprechen, definiert (Schwennen & Bierhoff, 2005). Coynes (1976) interpersonale Theorie der Depression betont, dass depressiv verstimmte Personen negative Reaktionen ihres Umfelds hervorrufen. So suchen niedergeschlagene Personen offensichtlich nach Bestätigung von anderen, um ihre negativen Gedanken über ihre Wertschätzung zu lindern und um sich zu versichern, dass andere sich aufrichtig um sie kümmern. Die depressive Person befindet sich jedoch in einem Dilemma: Sie braucht und bezweifelt die Bestätigung durch andere (Joiner, Coyne & Blalock, 1999). Dieses Bedürfnis ist emotional sehr stark und führt die depressive Person dazu, wiederholt nach Rückmeldung von anderen zu fragen. Einmal erhalten, wird es wieder angezweifelt und die Sequenz setzt sich fort. Das Verhaltensmuster reagiert vorwiegend resistent gegen Änderungsversuche, was das Umfeld der Person irritiert und frustriert. Im weiteren Verlauf reagieren Bezugspersonen immer öfter ablehnend und wenden sich von der depressiven Person ab.

     

     

    Itemkonstruktion und Itemselektion

    Die Skala zur Erfassung der exzessiven Bestätigungssuche (BSS) ist die deutsche Version der DIRI-RS (Joiner & Metalsky, 2001; Otamendi, et al., in preparation). Die vier Items der Originalversion erheben laut Autoren "the tendency to ask other people too excessively for reassurance of worth" (Joiner, Metalsky, Katz & Beach, 1999). Der amerikanische Fragebogen umfasst mehrere Skalen, von denen nur die DIRI-RS nach Rücksprache mit Thomas Joiner, Florida State University von den Autoren ins Deutsche übersetzt wurde. Faktoren- und Itemanalyse der deutschen Items führen zu den auch von Joiner und Metalsky (2001) beschriebenen Ergebnissen. Ziel der hier vorgestellten Studie ist es, eine Skala zur Erfassung der exzessiven Bestätigungssuche zu entwickeln und ihre psychometrischen Kennwerte zu prüfen.

     

    Stichproben

    -       Der BSS wurde den Studienteilnehmern zu drei Messzeitpunkten (Mzp.) vorgelegt (1. Mzp.: n = 138, 2. Mzp. nach 6 Wochen: n = 83 und 3. Mzp. nach 10 Wochen n = 100). Die Daten der letzten beiden Messzeitpunkte wurden lediglich für die Ermittlung der Retestreliabilitäten herangezogen. Die restlichen Analysen wurden anhand der Daten des ersten Messzeitpunktes durchgeführt.

    -       Die hier berücksichtigte studentische Stichprobe (Tabelle 1) umfasst 101 (73.2%) Frauen und 37 (26.8%) Männer im Alter zwischen 19 und 38 Jahren (M = 23.5, SD = 4.31). 8 (6%) Teilnehmer waren verheiratet und 34 (27%) lebten zusammen mit dem Partner in einem Haushalt. 119 (94%) Befragte waren kinderlos. Die Teilnehmer machten zusätzlich Angaben zur depressiven Verstimmtheit (ADS; Hautzinger & Bailer, 1993) und zur exzessiven Bestätigungssuche in sexuellen Abenteuern (BSS-SA; Schwennen & Bierhoff, 2005, unter Begutachtung).


     

    Tabelle 1

    Demographische Angaben zur studentischen Stichprobe (N = 138)

     

    Anzahl

    Frauen

    101

    Männer

    37

     

     

    verheiratet

    8

    unverheiratet

    119

    zusammen lebend

    35

    getrennt lebend

    90

     

     

    kinderlos

    119

    Mind. 1 Kind

    9

     

    Itemanalysen

    Die einfaktorielle Struktur der BSS wurde erstmals anhand der Daten von insgesamt 610 Probanden belegt (Schwennen, 2004). Eine Hauptkomponentenanalyse (Tabelle 2) der hier verwendeten Daten ergibt eine Komponente mit einem Eigenwert größer als 1. Der Scree-Test (Abbildung 1) legt ebenfalls eine Einkomponentenlösung nahe. Sie ist substantiell (Tabelle 2) mit allen Items assoziiert und erklärt 67.84 % der Varianz.

     

    Tabelle 2

    Hauptkomponentenladungen (L), Kommunalitäten (K) und Trennschärfe (T) der Items (N = 138)

    Item

     

    L

    K

    T

    1

    Ich ertappe mich öfter dabei, dass ich Personen, die mir nahe stehen, frage, wie sie wirklich über mich denken.

    .72

    .52

    .57

    2

    Ich suche häufig von Leuten, die mir nahe stehen, eine Zusicherung, dass ich ihnen etwas bedeute.

    .81

    .66

    .69

    3

    Manchmal verärgere ich mir nahe stehende Personen dadurch, dass ich wiederholt eine Versicherung von ihnen suche, dass ich ihnen wirklich etwas bedeute.

    .90

    .8

    .74

    4

    Manchmal haben Leute, die mir nahe stehen, die „Nase voll“ davon, dass ich versuche eine Bestätigung von ihnen zu bekommen, dass ich ihnen wirklich etwas bedeute.

    .85

    .73

    .67

     

    Abbildung 1. Screeplot der Hauptkomponentenanalyse

     

    Itemkennwerte

    Die korrigierten Trennschärfen (Tabelle 2) variieren zwischen .57 und .74. Die Trennschärfe der vier Items ist also relativ hoch. Die Interkorrelationen der Items (Tabelle 3) liegen zwischen r = .42 (p < .01) und r = .85 (p < .01).

     

    Tabelle 3

    Interkorrelation der Items (N = 138)

    Item

     

    1

    2

    3

    2

    Ich suche häufig von Leuten, die mir nahe stehen, eine Zusicherung, dass ich ihnen etwas bedeute.

    .58

     

     

    3

    Manchmal verärgere ich mir nahe stehende Personen dadurch, dass ich wiederholt eine Versicherung von ihnen suche, dass ich ihnen wirklich etwas bedeute.

    .52

    .60

     

    4

    Manchmal haben Leute, die mir nahe stehen, die „Nase voll“ davon, dass ich versuche eine Bestätigung von ihnen zu bekommen, dass ich ihnen wirklich etwas bedeute.

    .42

    .54

    .85


     

    Reliabilität

    Die interne Konsistenz (Cronbachs Alpha) in der Ausgangsstichprobe ist mit .84 zufriedenstellend. Die Retestreliabilitäten liegen mit .67 (6 Wochen Differenz), .70 (4 Wochen Differenz), und .72 (10 Wochen Differenz) im mittleren Bereich.

     

    Validität

    Validitätshinweise ergeben sich aus den Korrelationen der BSS mit depressiver Verstimmtheit (ADS) und einer Facette der exzessiven Bestätigungssuche, der exzessiven Bestätigungssuche in sexuellen Abenteuern (BSS-SA). Zwischen BSS und BSS-SA beträgt der Korrelationskoeffizient r = .41, p < .001, zwischen BSS und ADS r = .33, p < .001. Mit der BSS liegt ein zuverlässiges und valides Messinstrument vor, um exzessive Bestätigungssuche in geeigneter Form zu erheben. Die signifikant positive Korrelation mit depressiver Verstimmtheit entspricht eine an Coyne (1976 ) angelehnte Annahme, die darin besteht, dass Personen in einem frühen Stadium (vgl. Joiner & Schmidt, 1998) der Depression versuchen, durch die exzessive Bestätigungssuche eine Bestätigung ihrer Wertschätzung zu erlangen.

    Die weiteren Ergebnisse zeigen, dass die BSS über gute psychometrische Kennwerte verfügt und eine eindimensionale Struktur besitzt. Aufgrund der geringen Itemanzahl ermöglicht die BSS einen ökonomischen Einsatz in Forschung und Praxis.     

     

    Deskriptive Statistiken

    Weibliche Probanden (M = 2.65, SD = 1.27) unterscheiden sich nicht von männlichen (M = 2.65, SD = 1.30) hinsichtlich der Ausprägung der exzessiven Bestätigungssuche (Tabelle 4) (t (113) = -.01, p > .50).

     

    Tabelle 4

    Mittelwerte (M) und Standardabweichungen (SD), N = 138

     

    Frauen

    Männer

    Gesamt

    Skala

    M

    SD

    M

    SD

    M

    SD

    BSS

    2.65

    1.27

    2.65

    1.30

    2.65

    1.28

    BSS-SA

    1.94

    .81

    2.32

    1.00

    2.04

    .88

    ADS

    15.01

    9.69

    15.05

    9.73

    15.02

    9.67

     


     

     

     

    • Dipl-Psych. Christian Schwennen, Universität Duisburg-Essen, Institut für Kognition und Kommunikation, Bismarckstr. 90, 47048 Duisburg, E-Mail: c.schwennen@t-online.de.
    • Prof. Dr. Dipl.-Psych. Hans-Werner Bierhoff, E-Mail: hans.bierhoff@rub.de