Instruktion
Hier folgen einige Aussagen, die sich auf ausgewählte Aspekte Ihrer Persönlichkeit beziehen. Kreuzen Sie bitte jeweils eine der Antwortalternativen entsprechend Ihrer Zustimmung oder Ablehnung der Aussage an. Denken Sie dabei immer an die generelle Tendenz, die Ihrer Persönlichkeit entsprechen würde, nicht an Ausnahmesituationen. Versuchen Sie, spontan zu antworten und nicht zu lange zu überlegen!
Wir bitten Sie darum, an eine Person zu denken, die Sie Ihrem Eindruck nach irgendwann einmal ungerecht behandelt und verletzt hat. Stellen Sie sich für einen Moment die gemeinsamen Ereignisse und die Interaktionen mit dieser Person vor. Versuchen Sie, sich die Person vorzustellen und erinnern Sie sich an all das, was passiert ist. Unten finden Sie einige Fragen über diese Person (Täter/in). Beantworten Sie bitte die folgenden Fragen, während Sie an die Person denken, die Sie verletzt hat.
Items
Nr. |
Item |
Subskala |
1 |
Ich sorge dafür, dass er/sie dafür bezahlt. |
Rache |
2 |
Ich halte so viel Abstand zwischen uns wie möglich. |
Vermeidung |
3 |
Ich wünsche, dass ihm/ihr etwas Schlimmes passiert. |
Rache |
4 |
Ich lebe so, als ob es ihn/sie gar nicht gibt (als ob er/sie nicht da ist). |
Vermeidung |
5 |
Ich vertraue ihm/ihr nicht. |
Vermeidung |
6 |
Ich möchte, dass er/sie bekommt, was er/sie verdient. |
Rache |
7 |
Es fällt mir schwer, freundlich zu ihm/ihr zu sein. |
Vermeidung |
8 |
Ich gehe ihm/ihr aus dem Weg. |
Vermeidung |
9 |
Ich werde es ihm/ihr heimzahlen. |
Rache |
10 |
Ich breche die Beziehung zu ihm/ihr ab. |
Vermeidung |
11 |
Ich will ihn/sie leiden sehen. |
Rache |
12 |
Ich ziehe mich von ihm/ihr zurück. |
Vermeidung |
Antwortvorgaben
5-stufige Ratingskalen mit den Zahlenwerten 1 bis 5 und Benennung der Endpole 1 = 'Lehne vollständig ab' und 5 = 'Stimme voll und ganz zu'.
Auswertungshinweise
Es können Summenwerte für die Subskalen Vermeidung und Rache durch Addition der Zahlenwerte für die ihnen zugeordneten Items gebildet werden.
Das Konstrukt Vergebung spielte in der Vergangenheit im deutschen Sprachraum nur eine recht untergeordnete Rolle. Wenn überhaupt, dann wurde es fast ausschließlich im religiösen Kontext thematisiert und untersucht. Die Vergebungsfähigkeit bzw. die Vergebungsunfähigkeit von Schuld hat aber einen großen Stellenwert in jeder Art von zwischenmenschlichen Beziehungen (McCullough, Pargament & Thoresen, 2000; Wolf, 2002). Es existierte jedoch bislang noch kein deutsches Instrument, mit dem dieses Konstrukt adäquat erfasst werden konnte. Aus dem englischen Sprachraum liegt dazu das 'Transgression-Related Interpersonal Motivations Inventory' (TRIM; McCullough et al., 1998) vor. Es umfasst die zwei Subskalen Vermeidung und Rache, die nach McCullough et al. (1998) den beiden grundlegenden Dimensionen von Vergebung entsprechen. Dabei ist zu beachten, dass beide Dimensionen eher Teilaspekte von Vergebungsunfähigkeit/Vergeltung als von Vergebungsfähigkeit abbilden. Das Trim wurde bisher in mehrere Sprachen übertragen und auf seine psychometrische Güte geprüft. In diesen Untersuchungen konnte die Zuverlässigkeit und Validität des Instruments einschließlich der postulierten zweidimensionalen Struktur wiederholt belegt werden. Da ein entsprechendes Instrument, wie erwähnt, für den deutschen Sprachraum noch aussteht, wurde die hier dokumentierte deutsche Übersetzung des TRIM erstellt und empirisch erprobt.
Itemkonstruktion und Itemselektion
Die hier dokumentierte Itembatterie entspricht einer Übersetzung der 12 Items des Transgression-Related Interpersonal Motivations Inventory (TRIM) von McCullough et al. (1998). Der TRIM setzt sich aus zwei Subskalen - Vermeidung und Rache - zusammen, die das Konstrukt Vergebung bzw. Vergebungsunfähigkeit/Vergeltung erfassen sollen. Um sicherzustellen, dass die Itembedeutung der englischen Originalversion gleicht, wurden die 12 Items zuerst von den Autoren in die deutsche Sprache übertragen und im Anschluss unabhängig von zwei zweisprachigen Universitätsabsolventen rückübersetzt. Für die Erfassung von Vergebungsfähigkeit lag für den deutschen Sprachraum bisher kein Instrument vor. Die beiden Subskalen des TRIM zu Rache und Vermeidung konnten auch nicht separat mit vorliegenden deutschen Instrumenten erhoben werden können. Das Instrument ist mit 12 Items bereits relativ kurz. Falls erforderlich kann sein Umfang jedoch noch weiter reduziert werden, indem nur die Items mit den höchsten Trennschärfen eingesetzt werden.
Stichproben
Die Stichprobe umfasst 244 Befragte und wurde zwischen September und November 2003 vor allem aus dem Bekanntenkreis von Leipziger Studenten, und in Vorlesungen und Seminaren rekrutiert. Die Daten von sieben Teilnehmern wurden wegen stereotyper Antwortmuster nicht in die Auswertung einbezogen. Von den verbleibenden 237 Befragten waren 169 (71.3%) weiblich. Ihr Alter variierte zwischen 16 und 73 Jahren (M = 29, s = 9.1). 48.9% der Teilnehmer hatten als höchsten Bildungsabschluss das Abitur, 29.5% darüber hinaus einen Hochschulabschluss. 38% der Befragten waren Studenten, 32.4% Arbeiter/Angestellte, 5.9% Schüler und 5.5% Selbständige.
Itemanalysen
Eine Faktorenanalyse (Tabelle 1) (Hauptachsenextraktion mit Oblimen-Rotation) der Interitemkorrelationen bestätigt bei Anlegen des Scree-Test Kriteriums die nach den Ergebnissen für die englische Originalversion zu erwartende zweidimensionale Struktur. Die beiden Faktoren erklären 34% (Eigenwert = 4.07) und 17% (Eigenwert = 2.04) der Varianz. Der Eigenwert für den dritten Faktor unterschreitet mit .80 die kritische Grenze von 1.438 für den Zufallswert nach dem Paralleltest (Longman et al., 1989). Der erste, varianzstärkste Faktor umfasst die sieben Items zur Vermeidung, der zweite Faktor die fünf Items zur Erfassung von Rache. Item 7 der Subskala Vermeidung ist jedoch ebenfalls bedeutsam mit diesem Faktor assoziiert. Dennoch ist festzuhalten, dass sich die beiden theoretisch postulierten Subdimensionen von Vergebung bzw. Vergebungsunfähigkeit/Vergeltung auch nach den Daten der deutschen Stichprobe gut trennen lassen. Die beiden Subskalen sind wie erwartet positiv untereinander (.31) und mit dem Gesamtinstrument (.88 bzw. .72) assoziiert.
Tabelle 1
Faktorenladungen für die Dimensionen Vermeidung und Rache (Hauptachsenextraktion mit Oblimin-Rotation)
Item |
Vermeidung |
Rache |
1 |
|
.71 |
2 |
.86 |
|
3 |
|
.65 |
4 |
.60 |
|
5 |
.50 |
|
6 |
|
.64 |
7 |
.45 |
.29 |
8 |
.84 |
|
9 |
|
.82 |
10 |
.74 |
|
11 |
|
.70 |
12 |
.80 |
|
Anmerkungen. Faktorenladungen < .11 werden nicht angezeigt
Itemkennwerte
Die Trennschärfen (Tabelle 2) der 12 Items variieren zwischen .48 (Item 9) und .71 (Item 2).
Mittelwerte (M), Standardabweichungen (SD) und Trennschärfen (T) für die Items (N = 237)
Item |
M |
SD |
T |
1 |
2.11 |
1.07 |
.53 |
2 |
3.73 |
1.12 |
.71 |
3 |
1.87 |
1.18 |
.57 |
4 |
3.11 |
1.28 |
.59 |
5 |
4.21 |
1.13 |
.62 |
6 |
2.94 |
1.30 |
.65 |
7 |
3.21 |
1.24 |
.66 |
8 |
3.64 |
1.28 |
.67 |
9 |
1.75 |
1.02 |
.48 |
10 |
3.34 |
1.39 |
.66 |
11 |
1.86 |
1.16 |
.53 |
12 |
3.79 |
1.19 |
.67 |
Anmerkungen. Cronbachs Alpha = .85
Reliabilität
Die interne Konsistenz der Items zu Vermeidung (n = 7) und Rache (n = 5) ist nach Cronbachs Alpha von .86 bzw. .83 als zufriedenstellend zu beurteilen (Gesamtskala = .85).
Validität
Die Validitätsprüfung erfolgte in enger Anlehnung an die Vorgaben von McCullough et al. (1998). Zur Prüfung der differentiellen Validität wurden die Korrelationen zwischen den beiden Subskalen zur Vergeltung und weiteren Itembatterien (Tabelle 3) geprüft, welche Konstrukte operationalisieren, die theoretisch entweder nicht oder bedeutsam mit Vergebung bzw. Vergebungsunfähigkeit/Vergeltung zusammenhängen sollten.
Laut McCullough et al. (1998) sind Vermeidung und Rache signifikant negativ mit dem „Degree of Apology“ (McCullough et al., 1997) und signifikant positiv mit „Self Deception“ (Paulhus, 1984) assoziiert. Beide Erwartungen konnten auch für die Deutsche Skala bestätigt werden. Die fehlende Korrelation mit Empathie nach dem Saarbrücker Persönlichkeits-Fragebogen (Paulus, 2001), 'Gedanklicher Weiterbeschäftigung' nach einem 'Stressverarbeitungsfragebogen' (Janke et al., 1978), der 'Dyadic Adjustment', (Spanier, 1976), und der „Self Deception“ (Paulhus, 1984) war ebenfalls zu erwarten und stimmt mit der Explikation des Konstrukts durch McCullough et al. (1998) überein. Nach diesen Ergebnissen erfassen die Subskalen Vermeidung und Rache, trotz ihrer signifikanten Interkorrelation (.31), also offensichtlich unterschiedliche Dimensionen des Konstrukts Vergebung bzw. Vergeltung.
Tabelle 3
Zusammenhänge zwischen den Subdimensionen Rache und Vermeidung und anderen Persönlichkeitsmerkmalen
Skala |
DOA |
SVF |
DAS |
SD |
SPF |
Rache |
-.18** |
.07 |
-.09 |
.27** |
.03 |
Vermeidung |
-.37** |
.09 |
-.09 |
.19** |
.07 |
Gesamtskala |
-.36** |
.10 |
-.11 |
.27** |
.07 |
N |
237 |
24 |
24 |
237 |
237 |
Anmerkungen. ** (*) signifikant auf dem .01 (.05) Niveau (2-seitig). DOA = Degree of Apology (McCullough et al., 1997); SVF = Stressverarbeitungsfragebogen (Janke et al., 1978); DAS = Dyadic Adjustment Scale (Spanier, 1976); SD = Self Deception (Paulhus, 1984); SPF = Subskala Empathie aus dem Saarbrücker Persönlichkeits-Fragebogen (Paulhus, 2001)
Deskriptive Statistiken
Die Mittelwerte und Standardabweichungen (Tabelle 2) für die Items liegen vor. Der Mittelwert für alle 12 Items beträgt 35.6, die Standardabweichung 8.81 (Streuungsbereich 12 bis 58). Die Kurtosis ist negativ und weicht signifikant von der Normalverteilung ab (z = -.356). Die Mittelwerte für männliche (M = 35.06) und weibliche Befragte (M = 35.75) unterscheiden sich nicht signifikant (p = .78, df = 1.235).
Dipl.-Psych. Ronny Werner, E-Mail: rwerner@rz.uni-leipzig.de.