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Deutschsprachiges Instrument zur Erfassung der Kollektiven Orientierung (KO)

  • Author: Hagemann, V.
  • In ZIS since: 2020
  • DOI: https://doi.org/10.6102/zis280
  • Abstract: Collective Orientation (CO) is an individual attitude that describes the propensity of each member of a team to work cooperatively and goal-oriented in team situations. In the following, I present an ... moreinstrument for measuring CO for the German-speaking countries. The reliability and validity of the scale was confirmed. In future research the instrument can be applied to diagnose teamwork deficiencies and to evaluate interventions regarding the development of team member's collective orientation. The instrument also predicts team performance in terms of interdependent teamwork. less
  • Language Documentation: deutsch
  • Language Items: German
  • Number of Items: 16
  • Survey Mode: Paper-pencil Fragebogen, Erhebung im Online-Survey möglich
  • Processing Time: ca. 3 Minuten
  • Reliability: Cronbachs Alpha ≥.74, McDonalds Omega ≥.74
  • Validity: Hinweise auf konvergente und diskriminante Validität sowie prognostische Validität (Kriteriumsvalidität)
  • Construct: Kollektive Orientierung (KO)
  • Catchwords: Kollektive Orientierung, Fragebogen, Einstellung, Interdependente Teamarbeit | Collective Orientation, questionnaire, attitude, interdependent teamwork
  • Item(s) used in Representative Survey: nein
  • Status of Development: validiert
    • Instruktion

      Im Folgenden bekommen Sie eine Reihe von Aussagen gezeigt. Es geht dabei um Ihre eigene Meinung. Daher gibt es keine „richtigen" oder „falschen" Antworten. Antworten Sie so, wie es für Sie am besten zutrifft. Bitte beantworten Sie die Aussagen hinsichtlich Ihrer persönlichen Einstellung. Denken Sie dabei entweder an Ihre Ausbildung, Ihr Studium oder an Ihre Arbeit. Die Beantwortung der Items dauert etwa drei Minuten.

       

      Items

      Tabelle 1

      Items der Skala Kollektive Orientierung (KO)

      Nr.

      Deutsch

      Polung

      Englisch

      Subskala

      1

      Ich finde die Arbeit an Teamprojekten sehr zufriedenstellend.

      +

      I find working on team projects to be very satisfying.

      Zugehörigkeit

      2

      Ich würde eher selbst handeln als auf den Input von anderen zu warten.

      -

      I would rather take action on my own than to wait around for others’ input.

      Zugehörigkeit

      3

      Ich bevorzuge es eine Aufgabe von Anfang bis Ende durchzuführen, ohne die Unterstützung von anderen.

      -

      I prefer to complete a task from beginning to end with no assistance from others.

      Zugehörigkeit

      4

      Teams arbeiten normalerweise sehr effektiv.

      +

      Teams usually work very effectively.

      Zugehörigkeit

      5

      Ich denke es ist normalerweise besser den Stier bei den Hörnern zu packen und etwas selber zu machen, als darauf zu warten Input von anderen zu bekommen.

      -

      I think it is usually better to take the bull by the horns and do something yourself, rather than wait to get input from others.

      Zugehörigkeit

      6

      Bei den meisten Aufgaben würde ich eher alleine arbeiten, als Teil einer Gruppe zu sein.

      -

      For most tasks, I would rather work alone than as part of a group.

      Zugehörigkeit

      7

      Ich kann normalerweise mehr leisten, wenn ich für mich alleine arbeite.

      -

      I can usually perform better when I work on my own.

      Zugehörigkeit

      8

      Ich finde, dass es meist produktiver ist für mich alleine zu arbeiten als mit anderen.

      -

      I find that it is often more productive to work on my own than with others.

      Zugehörigkeit

      9

      Ich arbeite gerne mit anderen zusammen.

      +

      I like working with others.

      Zugehörigkeit

      10

      Ich finde es nicht gut sich auf andere Teammitglieder verlassen zu müssen.

      -

      I don’t like having to rely on other team members.

      Zugehörigkeit

      11

      Wenn ich anderen Teammitgliedern nicht zustimme, neige ich dazu meinem eigenen Bauchgefühl zu folgen.

      -

      When I disagree with other team members, I tend to go with my own gut feelings.

      Dominanz

      12

      Wenn ich eine andere Meinung als ein anderes Teammitglied habe, versuche ich normalerweise bei meiner eigenen Meinung zu bleiben.

      -

      When I have a different opinion than another group member, I usually try to stick with my own opinion.

      Dominanz

      13

      Es ist wichtig bei der eigenen Meinung zu bleiben, gerade wenn andere um dich herum versuchen dich zu einer Änderung zu bewegen.

      -

      It is important to stick to your own decisions, even when others around you are trying to get you to change.

      Dominanz

      14

      Wenn andere widersprechen, ist es wichtig standzuhalten und nicht nachzugeben

      -

      When others disagree, it is important to hold one’s own ground and not give in.

      Dominanz

      15

      Ich finde auch bei Teamarbeiten sollte man immer das tun, was man selbst für richtig hält.

      -

      I think that even when working in a team, one should always do what one think is right.

      Dominanz

      16

      Wenn ich von etwas überzeugt bin bleibe ich bei meiner Meinung, egal was andere Teammitglieder dazu sagen.

      -

      When I’m convinced of something, I stick to my opinion, whatever other team members say.

      Dominanz

                 

      Anmerkung. Die englischen Items 1 bis 12 sind aus der ursprünglichen Skala von Driskell et al. (2010) übernommen und ins Deutsche übersetzt worden. Die Items 13 bis 16 wurden neu entwickelt und der Skala hinzugefügt.

       

      Antwortvorgaben

      Die Items werden anhand einer Likert-Skala beantwortet. Die Skala umfasst die Antwortmöglichkeiten 1 = stimme nicht zu, 2 = stimme eher nicht zu, 3 = weder noch, 4 = stimme eher zu und 5 = stimme sehr zu.

       

      Auswertungshinweise

      Zur Errechnung des Gesamtwertes für die Kollektive Orientierung müssen die folgenden Items rekodiert werden: 2, 3, 5, 6, 7, 8, 10, 11, 12, 13, 14, 15, 16. Der Gesamtwert der Kollektiven Orientierung entspricht dem ungewichteten Mittelwert der (rekodierten) Item-Antworten. Hierfür wird ein Summenwert aus allen (rekodierten) Item-Antworten gebildet und durch die Anzahl der Items geteilt.

      Es kann ebenso ein separater Wert für die beiden Subskalen Zugehörigkeit und Dominanz berechnet werden. Hierfür wird genauso wie für die Gesamtskala der Mittelwert der (rekodierten) Antworten der zur Skala zugehörigen Items gebildet. Bei unsystematisch fehlenden Werten kann bei einer Stichprobengröße ab ca. 50 Personen die Summe der Itemantworten gebildet und diese durch die Anzahl der Personen, die dieses Item beantwortet haben, geteilt werden. Dieser Wert ersetzt die fehlenden Werte auf diesem Item. Es wird jedoch empfohlen die Skala im Online-Survey durchzuführen und eine verpflichtende Beantwortung der Items einzustellen, um fehlende Werte zu vermeiden.

       

      Anwendungsbereich

      Die Zielgruppe der Skala sind Personen, die in Berufsfeldern arbeiten, in denen eine effektive Teamarbeit für eine erfolgreiche Aufgabenerfüllung erforderlich ist. Die Skala Kollektive Orientierung kann eingesetzt werden, um die Bereitschaft von Personen in Teamsituationen kollektiv und zielführend zusammenzuarbeiten, zu überprüfen. Das Instrument kann zur Diagnose von Defiziten in der Teamarbeit und zur Evaluation von Interventionen zur Entwicklung der kollektiven Orientierung der Teammitglieder eingesetzt werden. Die Skala wird den Proband*innen als Paper-Pencil-Fragebogen  oder im Online-Survey vorgelegt. Üblicherweise wird sie nicht als mündliche Befragung durchgeführt. Die Beantwortung der Skala dauert etwa drei Minuten.

       

    Die Skala Kollektive Orientierung ist eine deutschsprachige Adaptation der englischsprachigen Collective Orientation Skala von Driskell et al. (2010). Die Autoren definieren Kollektive Orientierung (KO) als die Neigung in einem Team kollektiv zusammenzuarbeiten. Eine in hohem Maße kollektiv orientierte Person arbeitet demnach zielorientiert, sucht den Input anderer und trägt dazu bei, Ergebnisse im Team zu erreichen (Driskell et al., 2010). Kollektive Orientierung als individuelle Einstellung umfasst die Faktoren Zugehörigkeit und Dominanz. Kollektiv orientierte Personen bevorzugen gemeinsame Arbeit mit anderen gegenüber der Arbeit alleine, weisen also ein hohes Bestreben nach Zugehörigkeit (high affiliation) auf. Darüber hinaus schätzen Personen mit hohem Wert in KO Kooperativität gegenüber Macht und Kontrolle. Sie sind somit in geringem Maße dominant (low dominance). Aufgrund dieser Eigenschaften unterstützen Personen mit hohen KO-Werten Teamarbeit effektiv und zeigen kooperatives Verhalten. Dies führt dazu, dass Teams, deren Mitglieder eine hohe kollektive Orientierung zeigen, erfolgreicher arbeiten als Personen, die individualistisch und dominant orientiert sind (Driskell & Salas, 1992; Driskell et al., 2010; Eby & Dobbins, 1997).

    Untersuchungen von Hagemann (2017) konnten herausstellen, dass die KO vor allem dann von Relevanz ist, wenn Teammitglieder interdependent, d.h. voneinander abhängig zusammenarbeiten müssen, um eine Aufgabe erfolgreich zu bewältigen. Insbesondere bezüglich Aufgaben, die einem Team eine gemeinsame Entscheidungsfindung abverlangen, ließen sich signifikant erfolgreichere Ergebnisse in Teams mit hoher Ausprägung in Kollektiver Orientierung beobachten im Vergleich zu Teams mit niedriger Ausprägung in KO. Beispiele für Aufgaben, die Teams eine gemeinsame Entscheidungsfindung abverlangen, finden sich in der Beschreibung von Studie 3 unter Stichprobe. Hierzu zählen aber auch bspw. die Behandlung eines Patienten in einem Schockraum oder die Menschenrettung aus einem brennenden Gebäude.

     

    Itemkonstruktion und Itemselektion

     

    Die deutschsprachige Skala Kollektive Orientierung ist eine Adaptation der englischsprachigen KO-Skala von Driskell und Kollegen (2010). Die Skala wurde in zwei Studien (Studie 1 und Studie 2) ins Deutsche überführt und erweitert. Eine dritte Studie (Studie 3, n = 60) diente der Evaluation der prognostischen Validität, wofür die Teamleistung, gemessen an der Qualität der interdependenten Teamarbeit, als Kriterium herangezogen wurde.  Für Items, die nicht in die finale, deutschsprachige KO-Skala aufgenommen wurden, siehe Tabelle 2.

    In Studie 1 (n = 500) wurden die 15 Items der originalen, englischsprachigen Skala ins Deutsche und durch eine muttersprachlich-englische Person wieder zurück ins Englische übersetzt (Werner & Campbell, 1970). Ziel der Studie war die Faktorstruktur und Reliabilität der Skala sowie Subskalen zu überprüfen. Drei Items (Tabelle 2, E1, E2, E5) wurden aufgrund geringer Faktorladungen von kleiner als .40 in einer konfirmatorischen Faktorenanalyse und aufgrund nicht ausreichender Indikatoren der Modellgüte (TLI, CLI, RMSEA) aus dem ursprünglichen Modell entfernt. Für das Analyseverfahren siehe Itemanalysen.

    Um die psychometrische Qualität, Inhaltsvalidität sowie die Konstrukt-Äquivalenz (van de Vijver & Leung, 1997) der Skala zu verbessern, wurden im Rahmen von Studie 2 (n = 468) sieben zusätzliche Items neu entwickelt und der Skala hinzugefügt (Tabelle 1, Items 13 - 16 und Tabelle 2, E3, E4, E6). Die neuen Items wurden von der Autorin auf Basis der KO-Definition von Driskell et al. (2010) und unter Berücksichtigung der deutschen Sprache entwickelt. Die Items wurden von 20 Proband*innen hinsichtlich Eindeutigkeit und Verständlichkeit bewertet, bevor sie zur KO-Skala hinzugefügt wurden. Die erweiterte Skala wurde erneut bezüglich ihrer Faktorstruktur und Reliabilität analysiert. Basierend auf den Ergebnissen der konfirmatorischen Faktorenanalyse wurden vier der sieben neu generierten Items in die Skala aufgenommen (Tabelle 1, Items 13 - 16). Die übrigen drei Items wurden aufgrund von Faktorladungen von kleiner als .40 und nicht ausreichender Indikatoren der Modellgüte entfernt. Die finale KO-Skala umfasst 16 Items. Alle in die Skala aufgenommenen Items zeigen eine signifikante Faktorladung von über .40. Das Modell ist zwei-faktoriell (Faktoren Zugehörigkeit und Dominanz) mit signifikanter Korrelation zwischen den Faktoren (r = .44, p < .001).

    In Tabelle 2 sind alle Items aufgeführt, die der finalen KO-Skala nicht hinzugefügt wurden.

     

    Tabelle 2

    Nicht in die KO-Skala aufgenommene Items

    Nr.

    Deutsch

    Polung

    Englisch

    Subskala

    E1

    Ich finde es einfach mit anderen zu verhandeln, die einen anderen Standpunkt als ich vertreten.

    +

    I find it easy to negotiate with others who hold a different viewpoint than I hold.

    Zugehörigkeit

    E2

    Ich frage immer nach Informationen von anderen bevor ich eine wichtige Entscheidung treffe.

    +

    I always ask for information from others before making any important decision.

    Zugehörigkeit

    E3

    Ich finde es wichtig anderen zuzuhören und deren Input bei gemeinsamen Arbeiten zu berücksichtigen.

    +

    I find it important to listen to others and take their input into account when we’re working together.

    Zugehörigkeit

    E4

    Zusammen ist man stärker als alleine.

    +

    People are stronger together than alone.

    Zugehörigkeit

    E5

    Beim Lösen eines Problems ist es sehr wichtig seine eigenen Entscheidungen zu treffen und dazu zu stehen.

    -

    When solving a problem, it is very important to make your own decisions and stick by it.

    Dominanz

    E6

    Ich finde es einfach anderen Teammitgliedern zu widersprechen.

    -

    I find it easy to contradict other team members.

    Dominanz

    Anmerkung. E steht für „entferntes Item“.

     

    Stichproben

    Die drei Studien, mithilfe derer die Skala adaptiert, erweitert sowie evaluiert wurde, nehmen Bezug auf unterschiedliche Stichproben. Die Studierenden, die an den drei Studien teilnahmen, wurden jeweils über Aushänge und Flyer in den Universitätsgebäuden sowie über E-Mail-Verteiler und Posts in sozialen Netzwerken rekrutiert. Studierende der Psychologie wurden mit einer Versuchsprobandenstunde pro Zeitstunde vergütet. Außeruniversitäre Teilnehmende wurden über Anschreiben per E-Mail rekrutiert. Hierfür wurden persönliche Kontakte genutzt, die die Anfragen wiederum weitergeleitet haben. Die Teilnahme dieser Personen erfolgte auf freiwilliger Basis und wurde nicht vergütet. Die Daten für die drei Studien wurden zwischen 2011 und 2014 erhoben.

     

    Studie 1

    Die Stichprobe von Studie 1 umfasst 500 Personen (251 weiblich, 233 männlich, 16 ohne Angabe zum Geschlecht). Die Proband*innen sind im Mittel 32.5 Jahre alt (SD = 10.07, Min. = 19 Jahre, Max. = 67 Jahre). 77 Prozent der Personen sind Angestellte, 17.2 Prozent Studierende und 1.6 Prozent sind selbstständig tätig. Darüber hinaus sind 0.4 Prozent bereits berentet, 0.4 Prozent sind Auszubildende und 3.4 Prozent der Teilnehmenden machten keine Angabe zu ihrem Beschäftigungsverhältnis. 18 Prozent der Angestellten und Auszubildenden arbeiten in Hochrisiko-Organisationen (z.B. bei der Feuerwehr, Polizei, in einem medizinischen Beruf oder beim Militär). Die meisten Teilnehmenden sind für die öffentliche Verwaltung tätig. Einige zufällig ausgewählte Teilnehmende (n = 223, 111 weiblich, 98 männlich, 14 ohne Angabe zum Geschlecht, MAlter = 31.59, SDAlter = 9.66) absolvierten zusätzliche Fragebögen, die folgenden Konstrukte betreffend: Kooperation, Individualität, Soziale Interdependenz, Präferenz des Alleinseins und die Big-Five- Persönlichkeitseigenschaften.

     

    Studie 2

    Die Stichprobe von Studie 2 umfasst 468 Personen (195 weiblich, 255 männlich, 18 ohne Angabe zum Geschlecht). Im Mittel sind die teilnehmenden Personen 32.6 Jahre alt (SD = 11.36, Min. = 17 Jahre, Max. = 63 Jahre). 55.1 Prozent der Teilnehmenden sind in einem angestellten Verhältnis, 38.5 Prozent sind Studierende, 1.9 Prozent sind selbstständig tätig, 0.7 Prozent sind Auszubildende und 3.8 Prozent machten keine Angabe zu ihrem Beschäftigungsverhältnis. 31.4 Prozent der Teilnehmenden sind Auszubildende oder Angestellte im Hoch-Risikobereich. Die übrigen Proband*innen arbeiten in der Dienstleistungsbranche oder in Büros. Einige zufällig ausgewählte Teilnehmende (n = 244, 63 weiblich, 169 männlich, 12 ohne Angabe zum Geschlecht, MAlter = 37.3, SDAlter = 9.88) absolvierten zusätzliche Fragebögen bezüglich ähnlicher sowie unähnlicher Konstrukte, um die konvergente und diskriminante Validität evaluieren zu können.

     

    Studie 3

    Die Daten für Studie 3 wurden im Rahmen eines studentischen Forschungsprojektes an der Universität Duisburg-Essen erhoben. 60 Studierende (davon 47 weiblich, 93 % Bachelor-Studiengang Angewandte Kognitions- und Medienwissenschaften) nahmen an der Studie teil. Im Mittel sind die Teilnehmenden 21.17 Jahre alt (SD = 2.76, Min. = 19 Jahre, Max. = 32 Jahre). In Studie 3 wurde die prognostische Validität evaluiert, wofür die Teamleistung, gemessen an der Qualität der interdependenten Teamarbeit, als Kriterium herangezogen wurde. Die beschriebene Stichprobe (siehe Stichprobe) wurde in zwei Gruppen geteilt (Mediansplit: Md = 3.07, Range: 1.80 - 4.33, Skalierte Range: 1 - 5). Dafür wurde vorab der KO-Wert der Proband*innen erhoben und analysiert. Eine Gruppe (n = 30) wurde durch hohe KO-Werte charakterisiert, die andere Gruppe (n = 30) durch niedrige KO-Werte. Zwischen der Erhebung des KO-Wertes und der Durchführung des Laborexperimentes lag jeweils etwa eine Woche. Für die Experimente wurden innerhalb der KO-Gruppen Drei-Personen-Teams gebildet. Die beiden Gruppen bestanden demnach aus zehn Teams mit jeweils drei Mitgliedern.

    Das Experiment fand in einer Laborsituation statt. Die abhängige Variable Teamleistung wurde durch zwei interdependente Teamaufgaben operationalisiert, die von allen 20 Teams absolviert wurden. Die Team-Aufgaben wurden auf Basis der Team-Aufgaben-Taxonomie von McGrath (1984) ausgewählt. Es wurden zwei Teamaufgaben konstruiert: eine Aufgabe zur Entscheidungsfindung sowie eine Verhandlungsaufgabe. Es handelte sich jeweils um interdependente Aufgaben, sodass jedes Teammitglied sich mit den anderen Mitgliedern koordinieren musste, um die Aufgabe erfolgreich zu bewältigen. Die Teilnehmenden erhielten eine Titelgeschichte mit Bezug auf den Zweck des Experiments.

    Die erste Aufgabe zur Entscheidungsfindung wurde speziell für die Zwecke dieser Studie entwickelt und erfordert zur Problemlösung die Auswahl einer eindeutigen und korrekten Lösung. Die Aufgabe basiert auf einer Hidden Profile-Struktur (siehe Piontkowski et al., 2003). Die Teammitglieder koordinieren sich via eines Chatprogramms und finden gemeinsam eine Entscheidung. So kann die Kommunikation eindeutig nachverfolgt werden. Das Ziel ist die korrekte Identifikation eines Täters auf der Grundlage von 84 Informationseinheiten. Jede der Informationseinheiten beschuldigt oder entlastet jeden der acht Verdächtigen. Die insgesamt drei individuellen Textprofile umfassen jeweils nur einige der 84 Informationseinheiten, die benötigt werden, um den Täter korrekt zu identifizieren. Um die korrekte Lösung zu finden, müssen die Teammitglieder Informationen austauschen. Das Experiment läuft in drei Phasen ab. In einer ersten Phase erhalten die Teammitglieder individualisierte Textteile über die Tat-Geschichte und werden gebeten, diese individuell zu lesen. In der zweiten Phase hat das Team 30 Minuten Zeit Informationen auszutauschen und das Problem über das Chatprogramm zu lösen. Das Ziel des Teams ist dabei eine einvernehmliche Lösung zu finden. In der finalen Phase urteilt das Team über jeden einzelnen Verdächtigen, ob dieser schuldig oder nicht-schuldig ist. Der Indikator für die Teamleistung ist das berechnete Maß über die Qualität der Entscheidung. Dieses Maß reflektiert, ob die Teilnehmenden die Verdächtigen einvernehmlich und korrekt als schuldig oder nicht-schuldig erklärt haben. Die Werte reichen hier von -1 (falsche Lösung) bis 1 (korrekte Lösung). Eine detaillierte Beschreibung ist in Piontkowski et al. (2003) zu finden.

    Die zweite Verhandlungsaufgabe erforderte die Lösung von Konflikten zwischen unterschiedlichen Meinungen oder abweichenden Interessen und trug den Namen „Verloren auf hoher See (Lost at Sea)“. Die Aufgabe wird zum Beispiel im Team-building-Kontext als Aufgabe zur Gruppendynamik eingesetzt. Die Teammitglieder sollen sich vorstellen, dass sie auf offenem Meer in Not geraten. Ihre Aufgabe besteht darin 15 Gegenstände in der Reihenfolge ihrer Relevanz für das Überleben zu ordnen. In den ersten 10 Minuten erhalten die Teammitglieder jeweils eine Liste mit den entsprechenden Gegenständen und werden gebeten für sich alleine eine Rangfolge aufzustellen (1 = am wichtigsten; 15 = am wenigsten wichtig). Diese individuell geordneten Listen fungieren in der darauffolgenden Teamarbeitsphase als Erinnerungshilfe. In der Teamarbeitsphase diskutieren die Mitglieder des Teams die Relevanz der Gegenstände in einer face-to-face Situation und bilden eine gemeinsame Ordnung. Jedes Team erhält zum Abschluss eine neue Liste, um die Lösung zu sichern. Um die Teamleistung zu bestimmen, wird die Lösung des Teams mit einer Expertenlösung verglichen. Das Maß ist in diesem Fall die Summe der Abweichungen zwischen jeder Bewertung der Gegenstände durch das Team von den Bewertungen der Gegenstände durch die Experten. Eine große Summe dient als Hinweis auf eine große Abweichung und somit eine geringe Teamleistung. Die Werte reichen von 0 (15 x 0) bis 210 (15 x 14).

    Nach Abschluss des Experimentes fand ein Debriefing der Proband*innen statt. Im Anschluss an die Experimentalphase absolvierten die Teilnehmenden noch einen Fragebogen zum Konstrukt Kohäsion.  

     

    Itemanalysen

    Studie 1

    Vorab wurde eine exploratorische Faktorenanalyse (Hauptkomponentenanalyse) mit obliquer Rotation durchgeführt, die die zwei-faktorielle Struktur des Modells anhand des Scree-Plots und des Kaiser-Kriteriums bestätigte. Im Anschluss wurde mithilfe von SPSS Amos 19 eine konfirmatorische Faktorenanalyse durchgeführt. In die Berechnung der konfirmatorischen Faktorenanalyse wurden lediglich vollständige Fälle einbezogen, damit Probleme durch Datenimputation vermieden werden konnten. Die Daten wurden in eine Korrelations- und Kovarianzmatrix transformiert und in Amos importiert. Als Schätzstatistik wurde die Maximum-Likelihood-Schätzung verwendet. Um den Index der Passung des Modells zu bestimmen, wurden folgende Indizes verwendet: Comparative Fit Index (CFI), Tucker-Lewis-Index (TLI; kein systematischer Zusammenhang mit der Stichprobengröße), Root Mean Square Error of Approximation (RMSEA) und Standardized Root Mean Square Residual (SRMR). Ein Modell mit einem CFI und TLI größer .90 ist gut angepasst (Vandenberg & Lance, 2000), ein Modell mit einem CFI und TLI größer .95 ist exzellent angepasst (Hu & Bentler, 1999). Ein RMSEA niedriger als .08 ist akzeptabel, ein Wert geringer als .06 ist gut angepasst (Hu & Bentler, 1999; Vandenberg & Lance, 2000). Weist ein Modell einen SRMR-Index von kleiner als .10 (Vandenberg & Lance, 2000) oder .08 (Hu & Bentler, 1999) auf, ist es gut angepasst. Für χ² dividiert durch die Freiheitsgrade sollte einen Wert zwischen 2 und 3 ergeben (Hu & Bentler, 1999; Tabachnick & Fidell, 2007). Es wird empfohlen CFI/ TLI und SRMR in Kombination zu verwenden (Hu & Bentler, 1999, p. 27).

    Die Ergebnisse der konfirmatorischen Faktorenanalyse sind in Abbildung 1 dargestellt. Drei der ursprünglich 15 Items der englischen Skala passten nicht in das Modell und wurden aufgrund niedriger Faktorladungen von kleiner als .25 ausgeschlossen. Alle standardisierten Faktorladungen (bis auf zwei) sind größer als .40 und signifikant. Es zeigte sich eine signifikante Korrelation zwischen den beiden Faktoren Zugehörigkeit und Dominanz (r = .21, p < .01). Die Fehlerkovarianzen bestehen zwischen Items, die auf die gleiche latente Variable laden und gemeinsame Varianz teilen und somit die Modellgüte erhöhen. Die Modifikationsindikatorwerte des Modells wurden der Reihenfolge nach berücksichtigt, d.h. es wurde mit den größten und somit auffälligsten Modifikationsindikatorwerten begonnen und dann schrittweise vorgegangen. Da in der Regel Modifikationsindikatoren erst ab einem Wert von 4 angegeben werden, wurden nur Werte über 10 berücksichtigt, da sich zeigte, dass die Werte entweder nahe 4 lagen oder über 10. Die ins Modell aufgenommenen Fehlerkovarianzen sind auf inhaltliche und sprachliche Gemeinsamkeiten der Items zurückzuführen, wie man in Tabelle 1 vergleichen kann. Die Model-fit-Indikatoren für das zwei-faktorielle Modell mit KO als gemeinsame latente Variable zweiter Ordnung zeigten zufriedenstellende Werte (χ² = 74.46, df = 43, p = .002, χ²/df = 1.73, CFI = .98, TLI = .98, RMSEA = .038, 90% CI = [.023, .053], SRMR = .05).

     

    Abbildung 1. Strukturelle Analyse der Kollektiven Orientierung (Studie 1).

     

    Studie 2

    Im gleichen Verfahren wie in Studie 1 wurde eine konfirmatorische Faktorenanalyse mithilfe von SPSS Amos 21 durchgeführt. Studie 2 hatte zum Ziel die Güte der KO-Skala zu erhöhen und auf den deutschsprachigen Kontext zu adaptieren. Deswegen wurden zu der nun verkürzten KO-Skala aus Studie 1 sieben neu generierte Items hinzugefügt, von denen wiederum drei Items nicht in das zwei-faktorielle Modell passten, da die Indikatoren der Modellgüte unzureichend ausfielen. Die standardisierten Faktorladungen aller 16 Items der finalen KO-Skala sind größer als .40 und signifikant. Abbildung 2 zeigt die Ergebnisse der konfirmatorischen Faktorenanalyse. Es zeigte sich eine signifikante Korrelation zwischen den beiden Faktoren Zugehörigkeit und Dominanz (r = .44, p < .001). Die Model-fit-Indikatoren für das zwei-faktorielle Modell mit KO als gemeinsame latente Variable zweiter Ordnung zeigen zufriedenstellende Werte (χ² = 162.25, df = 92, p = .000, χ²/df = 1.76, CFI = .97, TLI = .96, RMSEA = .040, 90% CI = [.030, .051], SRMR = .043).

     

    Abbildung 2. Strukturelle Analyse der Kollektiven Orientierung (Studie 2).

     

    Itemkennwerte

    Studie 1

    Die standardisierten Faktorladungen der Items der Subskala Zugehörigkeit variieren zwischen .34 und .72. Für die Items der Subskala Dominanz liegen sie zwischen .28 und .95. Alle Werte beider Subskalen, bis auf zwei, liegen über .40 und sind signifikant.

    Für Mittelwerte, Standardabweichungen, Schiefe und Kurtosis der einzelnen Items siehe Tabelle 3.

     

    Tabelle 3
    Mittelwerte, Standardabweichungen, Schiefe und Kurtosis der ursprünglichen KO-Items (Studie 1)

    Items

    M

    (SD)

    Schiefe

    Standardfehler der Schiefe

    Kurtosis

    Standardfehler der

    Kurtosis

    1

    3.74

    (0.96)

    -0.82

    .11

    0.42

    .22

    2

    3.65

    (0.92)

    -0.43

    .11

    -0.38

    .22

    3

    2.90

    (1.01)

    0.19

    .11

    -0.58

    .22

    4

    3.76

    (0.88)

    -0.63

    .11

    0.35

    .22

    5

    3.47

    (0.94)

    -0.41

    .11

    -0.41

    .22

    6

    2.94

    (1.02)

    0.18

    .11

    -0.70

    .22

    7

    3.21

    (1.00)

    -0.15

    .11

    -0.56

    .22

    8

    3.05

    (0.97)

    0.09

    .11

    -0.59

    .22

    9

    3.22

    (0.91)

    -0.18

    .11

    -0.42

    .22

    10

    3.12

    (0.87)

    -0.07

    .11

    -0.18

    .22

    11

    2.82

    (0.91)

    0.25

    .11

    -0.36

    .22

    12

    2.64

    (0.92)

    0.26

    .11

    -0.03

    .22

     

    Studie 2

    Die standardisierten Faktorladungen der Items für die Subskala Zugehörigkeit liegen zwischen .45 und .72. Die der Subskala Dominanz variieren im Bereich .39 bis .63. Siehe Tabelle 4 für die Mittelwerte, Standardabweichungen, Schiefe und Kurtosis der Items der adaptierten KO-Skala.

     

    Tabelle 4
    Mittelwerte, Standardabweichungen, Schiefe und Kurtosis der adaptierten KO-Items (Studie 2)

    Items

    M

    (SD)

    Schiefe

    Standardfehler der Schiefe

    Kurtosis

    Standardfehler der

    Kurtosis

    1

    3.74

    (0.93)

    -.82

    .11

    0.33

    .23

    2

    3.57

    (0.97)

    -.58

    .11

    -.032

    .23

    3

    2.82

    (1.01)

    .23

    .11

    -0.83

    .23

    4

    3.72

    (0.94)

    -.65

    .11

    -0.06

    .23

    5

    3.43

    (1.01)

    -.49

    .11

    -0.49

    .23

    6

    3.03

    (1.09)

    .04

    .11

    -1.03

    .23

    7

    3.29

    (1.02)

    -.19

    .11

    -0.78

    .23

    8

    3.12

    (1.03)

    -.09

    .11

    -0.87

    .23

    9

    3.41

    (0.92)

    -.43

    .11

    -0.29

    .23

    10

    3.26

    (0.92)

    -.06

    .11

    -0.41

    .23

    11

    2.99

    (0.99)

    .21

    .11

    -0.59

    .23

    12

    2.79

    (1.00)

    .16

    .11

    -0.56

    .23

    13

    3.90

    (0.94)

    -.72

    .11

    -0.07

    .23

    14

    2.94

    (1.14)

    .06

    .11

    -0.88

    .23

    15

    2.84

    (1.03)

    .16

    .11

    -0.84

    .23

    16

    2.83

    (1.06)

    .16

    .11

    -0.92

    .23

     

    Objektivität

    Aufgrund der selbsterklärenden Testinstruktionen und der eindeutigen Formulierung der Testitems, kann die Durchführungsobjektivität als gegeben betrachtet werden. Durch die schriftliche Aushändigung der Instruktionen auf dem Testbogen wird weitestgehend auf eine Interaktion zwischen Testperson und Versuchsleiter*in verzichtet und Versuchsleitereffekte werden minimiert. Eine Durchführung der Skala im Online-Survey erhöht die Durchführungsobjektivität. Da keine Empfehlungen bezüglich der Testumgebung gegeben werden und diese im Online-Verfahren nicht kontrollierbar sind, kann ein störender Einfluss nicht ausgeschlossen werden. Aufgrund der Beantwortung der Testitems mittels einer 5-stufigen Likert-Skala und der quantitativen Berechnung des KO-Gesamtwertes, ist die Auswertungsobjektivität als gegeben und hoch einzuschätzen. Bezüglich der Interpretationsobjektivität können die deskriptiven Statistiken als Vergleichsdaten genutzt werden.

     

    Reliabilität

    Für die Subskalen Zugehörigkeit und Dominanz liegen folgende Reliabilitätskennwerte vor. Die Werte für Cronbachs Alpha der KO-Skala (α = .84; siehe DeVellis, 2003) sowie der Subskalen Zugehörigkeit (α = .85) und Dominanz (α = .74) sind akzeptabel bis gut. Die Werte für McDonalds Omega für die KO-Skala (ω = .85) sowie die Subskalen Zugehörigkeit (ω = .86) und Dominanz (ω = .74) sind ebenfalls akzeptabel bis gut. Die durchschnittlich erfasste Varianz (DEV) der beiden Faktoren Zugehörigkeit (DEV = 0.38) und Dominanz (DEV = 0.37) liegt zwar unter der 50 Prozent-Schwelle, jedoch beträgt der Determinationskoeffizient (die quadrierte Korrelation) zwischen den beiden Faktoren 0.19. Da die kleinste DEV (0.37) oberhalb des Wertes des Determinationskoeffizienten liegt, lässt sich auf zufriedenstellende Diskrimination der Faktoren schließen.

     

    Validität

    Tabelle 5 enthält die Daten aus Studie 2 und stellt die Korrelationen als Basis für die Evaluation der konvergenten und diskriminanten Validität der KO-Skala dar. Zur Überprüfung der Validität wurden der Faktor Produktivität der Gruppe/Zusammenarbeit der Skala Kooperation (Lu & Argyle, 1991), der Faktor Kooperative Interdependenz der Skala Soziale Interdependenz (Johnson & Norem-Hebeisen, 1979),  die Subskala Unabhängigkeit der Individualismus-Kollektivismus-Skala (Wagner, 1995), die Skala Präferenz zum Alleinsein (Nestler et al., 2011) sowie die Big-Five-Persönlichkeitseigenschaften (Rammstedt & John, 2005) herangezogen. Erwartet werden positive Korrelationen der KO-Skala mit dem Faktor Produktivität der Gruppe/Zusammenarbeit der Skala Kooperation und dem Faktor Kooperative Interdependenz der Skala Soziale Interdependenz. Negative Korrelationen werden zwischen der KO und der Subskala Unabhängigkeit der Individualismus-Kollektivismus-Skala sowie der Skala Präferenz zum Alleinsein erwartet. Es wird eine positive Korrelation zwischen KO und der Persönlichkeitseigenschaft Verträglichkeit erwartet. Es wird kein signifikanter Zusammenhang von KO zu Extraversion und Offenheit für Erfahrungen sowie Gewissenhaftigkeit und Neurotizismus erwartet. Die genannten Zusammenhänge werden erwartet, da wissenschaftliche Arbeiten bereits darauf hinweisen, dass die aufgeführten Konstrukte mit der Messung der teambezogenen Koordination in Zusammenhang stehen. Für eine ausführliche Diskussion des Zusammenhangs zwischen Kollektiver Orientierung und den genannten Konstrukten siehe Hagemann (2017).

    Die Korrelation zwischen KO und dem Faktor Produktivität der Gruppe/Zusammenarbeit der Skala Kooperation (Lu & Argyle, 1991) ist signifikant (r = .71, p < .01). Ebenso ist die Korrelation zwischen KO und dem Faktor Kooperative Interdependenz der Skala Soziale Interdependenz signifikant (r = .34, p < .01). Zwischen dem KO-Wert und der Subskala Unabhängigkeit der Individualismus-Kollektivismus-Skala (r = -.54, p < .01) sowie der Skala Präferenz zum Alleinsein (r = -.28, p < .01) besteht eine signifikant negative Korrelation. Darüber hinaus bestehen signifikante Korrelationen zwischen KO und Verträglichkeit (r = .18, p < .01) sowie, unter Annahme eines α-Fehlers von 20 % und eines β-Fehlers von 5 %, mit Extraversion (r = .21, p < .01) und Neurotizismus (r = -.13, p = .06). Die Annahme eines α-Fehlers größer dem β-Fehler bei der Prüfung einer ungerichteten Null-Hypothese geht auf die Empfehlung von Bühner und Ziegler (2009) zurück. Es besteht keine signifikante Korrelation zwischen KO und Gewissenhaftigkeit (r = -.04, p = .55) oder Offenheit für Erfahrungen (r = .05, p = .49). Die konvergente sowie diskriminante Validität kann als befriedigend angenommen werden.

     

    Tabelle 5
    Korrelationen zwischen Kollektiver Orientierung (KO) und Vergleichsskalen

    Skalen

    α

    M

    (SD)

    KO

    Zug

    Dom

    Koop

    Indi

    SozU

    PräfA

    Extr

    Vert

    Gewis

    Neuro

    CO

    .84

    3.07

    (0.55)

    -

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

    Zug

    .85

    3.21

    (0.66)

    .91**

    -

     

     

     

     

     

     

     

     

     

    Dom

    .74

    2.98

    (0.65)

    .70**

    .34**

    -

     

     

     

     

     

     

     

     

    Koop

    .71

    3.03

    (0.59)

    .71**

    .77**

    .25**

    -

     

     

     

     

     

     

     

    Indi

    .78

    2.98

    (0.79)

    -.54**

    -.51**

    -.35**

    -.51**

    -

     

     

     

     

     

     

    SozU

    .85

    4.37

    (0.46)

    .34**

    .38**

    .16*

    .41**

    -.29**

    -

     

     

     

     

     

    PräfA

    .85

    3.30

    (0.69)

    -.28**

    -.30**

    -.11

    -.27**

    .26**

    -.05

    -

     

     

     

     

    Extr

    .79

    3.47

    0.81)

    .21**

    .23**

    .08

    .20**

    -.11

    .22**

    -.21**

    -

     

     

     

    Vert

    .61

    2.93

    (0.78)

    .18**

    .19**

    .08

    .23**

    -.20**

    .09

    -.06

    .15*

    -

     

     

    Gewis

    .67

    4.08

    (0.51)

    -.04

    -.07

    .03

    -.02**

    .17**

    .23**

    .09

    .13*

    .02

    -

     

    Neuro

    .81

    2.56

    (0.81)

    -.13+

    -.17**

    .01

    -.17**

    .09

    -.15*

    .08

    -.34**

    -.08

    -.12

    -

    OffE

    .64

    3.73

    (0.64)

    .05

    .03

    .05

    -.08

    -.05

    .15*

    .12

    .20*

    .13*

    .21**

    -.03

                                 

    Anmerkung. KO = Kollektive Orientierung; Zug = Subskala Zugehörigkeit; Dom = Subskala Dominanz; Koop = Kooperation (Lu & Argyle, 1991); Indi = Individualität (Wagner, 1995); SozU = Soziale Unabhängigkeit (Johnson & Norem-Hebeisen, 1979); PrävA = Präferenz zum Alleinsein (Nestler et al., 2011); Extr = Extraversion (Rammstedt & John, 2005); Vert = Verträglichkeit (Rammstedt & John, 2005); Gewis = Gewissenhaftigkeit (Rammstedt & John, 2005); Neuro = Neurotizismus (Rammstedt & John, 2005); OffE = Offenheit für Erfahrungen (Rammstedt & John, 2005).

    +p < .20, *p < .05, **p < .01.

     

    In Tabelle 6 sind Mittelwerte und Standardabweichungen, Interne Konsistenzen, Intraklassen Korrelationen (ICC; one-way random effects ANOVA) sowie die Interrater-Übereinstimmung (rWG(J)) und Interkorrelationen bezüglich aller Variablen aus Studie 3 dargestellt. Die interne Konsistenz der KO-Skala (α = .74) und des Konstrukts Kohäsion (α = .89) sind weitestgehend zufriedenstellend. Der Wert ICC(1) repräsentiert den Anteil der Gesamtvarianz, der durch die Gruppenzugehörigkeit zur Gruppe KO-hoch oder KO-niedrig erklärt werden kann. Der Wert ist zufriedenstellend (für KO = 0.67, Zugehörigkeit = 0.62, Dominanz = 0.13) mit einer mittleren bis großen Effektstärke für die KO-Skalen (Bliese, 2000). Die Ergebnisse für Kohäsion sind nicht zufriedenstellend (ICC(1) = -0.03). Der Wert ICC(2) fungiert als Schätzwert der Reliabilität der Gruppenmittelwerte. Der Wert ist zwar für die KO-Skalen zufriedenstellen (für KO = 0.98, Zugehörigkeit = 0.98, Dominanz = 0.82), jedoch nicht für das Konstrukt Kohäsion (ICC(2) = -4.88). Die Interrater- oder Innergruppen-Übereinstimmung wird mittels des rWG(J) Index für multiple Items berechnet und durch Vergleich der beobachteten Varianz innerhalb der Gruppe mit der erwarteten Varianz zufälliger Antworten bestimmt (Lüdtke & Robitzsch, 2009). Die rWG(J) Werte für die KO-Skalen (für KO = 0.97, Zugehörigkeit = 0.95, Dominanz = 0.88) und das Konstrukt Kohäsion (rWG(J) = 0.94) weisen auf eine starke Übereinstimmung innerhalb der Gruppen hin (LeBreton & Senter, 2008).

    In Tabelle 7 sind die Mittelwerte, Standardabweichungen, statistischen Indikatoren und Effektgrößen der beiden Teamleistungsmaße für die Entscheidungsfindungsaufgabe und die Aufgabe Verloren auf Hoher See nach Gruppen aufgeteilt verzeichnet. Es wird erwartet, dass die interdependente Teamarbeit eines Teams, deren Mitglieder eine hohe Kollektive Orientierung aufweisen, signifikant erfolgreicher ist als die Leistung eines Teams mit KO-niedrigen Mitgliedern. Wissenschaftliche Studien weisen auf diesen Zusammenhang hin (Driskell & Salas, 1992; Driskell et al., 2010; Eby & Dobbins, 1997). Darüber hinaus wird ein Zusammenhang der KO-Skala mit dem Konstrukt Kohäsion (Martens & Peterson, 1971; Yukelson et al., 1984) untersucht. Es wird auf Basis vorangegangener Studien ein signifikanter Zusammenhang erwartet (Driskell & Salas, 1992; Miles, 2000).

    Aufgrund der Normalverteilung der abhängigen Variablen innerhalb der Gruppen (p > .05 für die Tests Kolmogorov-Smirnov und Shapiro-Wilk), wurden (zweiseitige) t-Tests durchgeführt. In der Aufgabe zur Entscheidungsfindung kann ein starker signifikanter Effekt beobachtet werden. Dieser spricht für eine signifikant bessere Qualität der Entscheidungsfindung und somit eine signifikant erfolgreichere interdependente Teamarbeit in Teams mit hohen Werten in KO (t(12) = -2.33, p < .05, r = .56). Da ein Levene Test signifikant ausfiel, wurden Werte für nicht-homogene Varianzen berücksichtigt. In der Verhandlungsaufgabe („Verloren auf See“), können keine signifikanten Unterschiede in der Teamperformance zwischen Teams mit hohen oder niedrigen KO-Werten festgestellt werden. Die Ergebnisse stimmen mit den Korrelationen in Tabelle 5 überein.

    Die Korrelation zwischen Kollektiver Orientierung und Kohäsion beträgt r = .09 (p > .40) und ist nicht signifikant (siehe Tabelle 6). KO steht somit in keinem signifikanten Zusammenhang mit dem Konstrukt Kohäsion. Insgesamt zeigt sich eine hohe Validität der Skala KO, da sie in der Lage ist deutliche Unterschiede in der Leistung bei interdependenter Teamarbeit aufzuzeigen und unabhängig von der in einem Team ausgebildeten Kohäsion Effekte zeigt.

     

    Tabelle 6

    Deskriptive Statistiken, Interne Konsistenzen, Intraklassen-Korrelationen, Interrater-Übereinstimmung, Korrelationen

     

    α

    M

    (SD)

    ICC

    (1)

    ICC

    (2)

    rWG(J)

    KO

     

    Zug

     

    Dom

     

    Kohäsion

     

    TL Ef

    Kollektive Orientierung

    .74

    3.07

    (0.43)

    0.67

    0.98

    0.97

     

     

     

     

     

    Zugehörigkeit

    .80

    3.18

    (0.56)

    0.62

    0.98

    0.95

    .88**

     

     

     

     

    Dominanz

    .61

    2.84

    (0.61)

    0.13

    0.82

    0.88

    .51**

    .20

     

     

     

    Kohäsion

    .89

    4.73

    (0.74)

    -0.03

    -4.88

    0.94

    .09

    .16

    .01

     

     

    Teamleistung

     

     

     

     

     

     

     

     

     

         Entscheidungs-­                              findung

     

    0.75

    (0.29)

     

     

     

    .35**

    .32*

    .16

    .01

     

        Verloren auf See

     

    73.45

    (9.89)

     

     

     

    .07**

    .13

    -.08

    .13

    .15

                           

    Anmerkung. KO = Kollektive Orientierung; Zug = Subskala Zugehörigkeit; Dom = Subskala Dominanz; TL Ef = Teamleistung Entscheidungsfindungsaufgabe.
    *p < .05, **p < .01.

     

    Tabelle 7

    Kennwerte zum Vergleich beider Gruppen in Bezug auf die Kriterien

    Kriterien

    KO hoch

    M (SD)

    KO niedrig

    M (SD)

    t

    Cohens d

    r

    Entscheidungsfindung (Qualität der Entscheidungen)

    0.89 (0.13)

    0.61 (0.34)

    -2.33*#

    1.00

    0.56

    Verloren auf See (Abweichung von der Expertenmeinung)

    75.70 (11.49)

    71.20 (7.51)

    -1.00+

    0.47

    0.23

    Anmerkung. *p < .05, #t(12), +t(15.5).

     

    Deskriptive Statistiken

    Hier werden Angaben zur Verteilung der Skalenwerte gemacht. Bei kontinuierlichen Skalenwerten sind dies Mittelwerte, Standardabweichungen, Schiefe und Wölbung (Kurtosis oder Exzess). Eine tabellarische Darstellung bietet sich oftmals an. Für Mittelwerte, Standardabweichungen, Schiefe und Kurtosis der KO-Skala sowie der Subskalen siehe Tabelle 8.

     

    Tabelle 8

    Mittelwerte, Standardabweichungen, Schiefe und Kurtosis der KO-Skala sowie der Subskalen (Studie 2)

    (Sub-)Skala

    M

    (SD)

    Schiefe

    Standardfehler der Schiefe

    Kurtosis

    Standardfehler der

    Kurtosis

    Kollektive Orientierung

    3.07

    (0.55)

    .05

    .11

    0.15

    .23

    Zugehörigkeit

    3.12

    (0.66)

    -.04

    .11

    -0.31

    .23

    Dominanz

    2.98

    (0.65)

    -.07

    .11

    0.11

    .23

     

     

    Nebengütekriterien

    Für die Paper-Pencil-Durchführung der KO-Skala werden lediglich der ausgedruckte Testbogen und ein Stift benötigt. Die Bearbeitung dauert erfahrungsgemäß knapp drei Minuten und bedarf keiner gesonderten Instruktion des Testleiters. Die Skala kann somit als ökonomisches Verfahren verzeichnet werden. Teilnehmende werden keine psychischen oder physischen Zumutungen abverlangt.

     

    Prof. Dr. Vera Hagemann, Universität Bremen, Fachbereich 7, Fachgebiet Personalwesen, Enrique-Schmidt-Straße 1, 28359 Bremen, Deutschland, E-Mail: vhagemann@uni-bremen.de