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Erfassung berufsbezogener Selbstkonzepte angehender Lehrkräfte (ERBSE-L)

  • Autor/in: Retelsdorf, J., Bauer, J., Gebauer, S. K., Kauper, T. & Möller, J.
  • In ZIS seit: 2015
  • DOI: https://doi.org/10.6102/zis238
  • Zusammenfassung: ERBSE-L ist ein Instrument zur mehrdimensionalen Erfassung berufsbezogener Selbstkonzepte von angehenden Lehrkräften. Erfasst werden die Selbstkonzeptdimensionen Fach, Innovation, Medien, Diagnostik, ... mehr Erziehung und Beratung. Das Instrument ist ökonomisch und kann in Large-Scale-Studien zur Professionalisierung von Lehrerinnen und Lehrern eingesetzt werden. Die psychometrischen Kennwerte sind zufriedenstellend bis gut und es liegen erste Hinweise auf die Validität des Instruments vor. weniger
    Abstract: ERBSE-L is an instrument for the multidimensional recording of occupation-related self-concepts of prospective teachers. The self-concept dimensions subject, innovation, media, diagnostics, education ... mehrand counselling are recorded. The instrument is economic and can be used in large scale studies to professionalise teachers. The psychometric parameters are satisfactory to good and there are initial indications of the instrument's validity. weniger
  • Sprache Dokumentation: deutsch
  • Sprache Items: deutsch
  • Anzahl der Items: 20
  • Reliabilität: Cronbachs Alpha = .71 bis .88
  • Validität: Hinweise auf konvergente, diskriminante, prädiktive und faktorielle Validität
  • Konstrukt: Berufsbezogene Selbstkonzepte (SK) angehender Lehrkräfte (6 Dimensionen: SK Fach, SK Innovation, SK Medien, SK Diagnostik, SK Erziehung und SK Beratung)
  • Schlagwörter: Beruf, Selbstkonzept, Lehramt| profession, self-concept, teaching profession
  • Item(s) in Bevölkerungsumfrage eingesetzt: ja
  • URL Webseite: http://www.palea.uni-kiel.de
  • Entwicklungsstand: validiert
    • ERBSE-L besteht aus insgesamt 20 Items mit jeweils drei oder vier Items pro Selbstkonzeptdimension. Alle Items sind positiv kodiert.

       

      Instruktion

      „Es folgen nun einige Aussagen dazu, wie Sie sich einschätzen, wenn es um verschiedene Kompetenzen geht, die für Ihren späteren Beruf wichtig sein könnten. Bitte geben Sie jeweils an, wie Sie sich jetzt in den einzelnen Bereichen einschätzen.“

       

      Items

      Nr.

      Item

      Subskala

      01

      Die Inhalte meiner Studienfächer bereiten mir keine Schwierigkeiten

      SK Fach

      02

      Ich denke, meine Studienfächer liegen mir besonders

      SK Fach

      03

      Was meine Studienfächer angeht, bin ich ziemlich fit

      SK Fach

      04

      Ich kann gut mit Kindern und Jugendlichen umgehen

      SK Erziehung

      05

      Ich finde auch zu „schwierigen“ Kindern und Jugendlichen einen guten Zugang

      SK Erziehung

      06

      In Konflikten zu vermitteln liegt mir

      SK Erziehung

      07

      Mir liegt es, Kinder zu motivieren

      SK Erziehung

      08

      Ich kann Leistungen anderer gut beurteilen

      SK Diagnostik

      09

      Es fällt mir leicht einzuschätzen, bei welchen Aufgaben andere Probleme haben

      SK Diagnostik

      10

      Ich merke schnell, wenn andere Probleme haben

      SK Diagnostik

      11

      Ich bin gut, wenn es darum geht andere Leute einzuschätzen

      SK Diagnostik

      12

      Es liegt mir, neue Projekte zu planen und umzusetzen

      SK Innovation

      13

      Ich kann schnell viele neue Ideen produzieren

      SK Innovation

      14

      Ich halte mich für talentiert darin, Veränderungen durchzusetzen

      SK Innovation

      15

      Ich kann Präsentationsmedien angemessen einsetzen

      SK Medien

      16

      Ich kann meine Vorträge gut durch Medieneinsatz unterstützen

      SK Medien

      17

      Der Umgang mit neuen Medien fällt mir leicht

      SK Medien

      18

      Ich kann andere gut beraten

      SK Beratung

      19

      Andere haben schon immer gerne meinen Rat gesucht

      SK Beratung

      20

      Anderen bei Problemen weiterzuhelfen ist etwas, das ich gut kann

      SK Beratung

       

      Antwortvorgaben

      Für jedes Item stehen vier Antwortalternativen zur Verfügung: 1 = ‚trifft überhaupt nicht zu‘, 2 = ‚trifft eher nicht zu‘, 3 = ‚trifft eher zu‘ und 4 = ‚trifft völlig zu‘

       

      Auswertungshinweise

      Zur Bildung der Skalenwerte werden Mittelwerte aus den drei bzw. vier Items pro Dimension gebildet (alternativ können auch Summenwerte gebildet werden). Eine Rekodierung der Items ist nicht notwendig. Der Wertebereich der sechs Dimensionen liegt dann zwischen 1 und 4.

       

      Anwendungsbereich

      ERBSE-L wurde als Forschungsinstrument für sozialwissenschaftliche Untersuchungen im Bereich der Professionalisierung von Lehrerinnen und Lehrern in der ersten Phase der Lehrerbildung (Studium) entwickelt. Die Befragung erfolgt schriftlich (Paper-Pencil und online); eine Verwendung in mündlichen Befragungen erscheint vorstellbar, ist aber nicht erprobt. Für Einzelfalldiagnostik ist das Verfahren nicht geeignet.

       

    Selbstbezogene Kognitionen, zu denen auch das Selbstkonzept zählt nehmen eine wichtige Funktion in Modellen professioneller Kompetenz von Lehrerinnen und Lehrern ein (z. B. Baumert & Kunter, 2006, 2011). Während sich die Forschung in diesem Bereich bisher vor allem auf Lehrerselbstwirksamkeit und eher auf globale Selbsteinschätzungen konzentriert hat (z. B. Tschannen-Moran & Woolfolk Hoy, 2001), gelten Selbstkonzepte als höchst domänenspezifisch (z. B. Möller, Retelsdorf, Köller & Marsh, 2011). Gleichzeitig sind auch die Anforderungen im Lehrerberuf vielfältig (Bromme, 1997; KMK, 2004; Terhart, 2002). Vor diesem Hintergrund war es Ziel der Skalenentwicklung, ein Instrument bereitzustellen, das die Domänenspezifität des Selbstkonzepts auch in der empirischen Forschung zur Lehrerprofessionalisierung berücksichtigt.

    Die postulierten Dimensionen des berufsbezogenen Selbstkonzepts sind explizit an verschiedenen beruflichen Kompetenzbereichen orientiert, wie sie etwa in den Standards für die Lehrerbildung formuliert sind (KMK, 2004; Terhart 2002). Dabei haben wir uns an den vier übergeordneten Kompetenzbereichen Unterrichten, Erziehen, Beurteilen und Innovieren der KMK-Standards zur Lehrerbildung orientiert (KMK, 2004, 2008). Eine vollständige Abdeckung aller in den Standards enthaltenen Teilkompetenzen war nicht intendiert und aufgrund der umfassenden Standards auch nicht möglich. Der Bereich Unterrichten wird durch die Selbstkonzepte (SK) Fach und Medien abgedeckt, der Bereich Erziehen durch SK Erziehung, der Bereich Beurteilen durch SK Diagnostik und SK Beratung und der Bereich Innovation durch das SK Innovation. Entsprechend deckt ERBSE-L sicher nicht alle Aspekte des Lehrerberufs ab, greift aber wesentliche der in den Standards formulierten Kompetenzbereiche auf. Da die Skala für den Einsatz in der ersten Phase der Lehrerbildung konzipiert ist, sollen dabei solche Selbsteinschätzungen erfragt werden, über die bereits Lehramtsstudierende zu Beginn des Studiums Aussagen treffen können.

     

     

    Itemkonstruktion und Itemselektion

    Die übergeordneten Kompetenzbereiche werden in ERBSE-L durch sechs Dimensionen operationalisiert. In ERBSE-L wird der Bereich Unterrichten mit den Selbstkonzeptdimensionen zum Fach und zum Einsatz von Medien im Unterricht (Medien) abgedeckt und der Bereich Erziehen durch die Selbstkonzeptdimension Erziehung. Der Bereich Beurteilen wird durch die Selbstkonzeptdimensionen Diagnostik von Schülerleistungen und Beratung von Schülerinnen und Schülern und der Bereich Innovation im Rahmen von Schulentwicklung schließlich durch die Selbstkonzeptdimension Innovation erfasst. Die Items zur Erfassung der berufsbezogenen Selbstkonzepte im Lehramt wurden in Anlehnung an die beschriebenen Vorgaben entwickelt. Es resultierten 20 Items, die theoretisch den sechs Selbstkonzeptdimensionen Fach, Erziehung, Beratung, Diagnostik, Innovation und Medien zugeordnet wurden.

     

    Stichproben

    In einer ersten Studie mit N = 484 Lehramtsstudierenden (68 % weiblich; Alter: M = 22.20, SD = 3.26) wurden mittels exploratorischer Faktorenanalysen die Selbstkonzeptdimensionen Fach, Innovation, Medien, Diagnostik, Erziehung und Beratung extrahiert. In einer zweiten Studie konnte diese faktorielle Struktur mittels konfirmatorischer Faktorenanalysen an einer Stichprobe von N = 5802 Lehramtsstudierenden (72 % weiblich; Alter: M = 21.93, SD = 3.64) repliziert werden. Weitere Angaben zu den Stichproben finden sich bei Retelsdorf, Bauer, Gebauer, Kauper & Möller (2014).

     

    Itemanalysen und Itemkennwerte

    Zur Extraktion der Faktoren wurde in einer ersten Studie eine Serie von exploratorischen Strukturgleichungsmodellen (ESEM, Asparouhov & Muthén, 2009) getestet. Es ergab sich eine akzeptable Anpassungsgüte für Modelle mit sechs, sieben und acht Faktoren, wobei das Acht-Faktorenmodells dem Sieben-Faktorenmodell im χ²-Differenztest nicht mehr signifikant überlegen war. Die Ergebnisse aus weiteren χ²-Differenztest sprechen für das Sieben-Faktorenmodell. Allerdings unterliegt dieser Test einer Tendenz zur Überschätzung der Faktorenzahl (Hayashi, Bentler & Yuan, 2007). Zudem wies ein Faktor dieser Lösung lediglich für ein Item aus der Skala Selbstkonzept Erziehung eine substanzielle Ladung auf, so dass die Ergebnisse insgesamt eher für die Sechs-Faktorenlösung sprechen. Als weitere Absicherung haben wir zusätzlich eine Parallelanalyse (Horn, 1965) durchgeführt, deren Ergebnis ebenfalls für die Extraktion von sechs Faktoren spricht. Wir haben uns daher in der Gesamtschau der Ergebnisse für eben diese Lösung entschieden, die sich zudem in einer zweiten Studie mittels konfirmatorischer Faktorenanalyse replizieren lies (s. Abbildung 1). Details zu den Ergebnissen der Faktorenanalysen und Itemkennzahlen sind der Originalpublikation zu entnehmen (Retelsdorf et al., 2014).

     

    Abbildung 1. Ergebnis der konfirmatorischen Faktorenanalyse aus Studie 2 (c²(155) = 1544.15, CFI = .966, TLI = .958, RMSEA = .039, SRMR = .032). Dargestellt sind standardisierte Koeffizienten.

     

    Objektivität

    Durch die standardisierte Erhebung und Auswertung von ERBSE-L ist die Objektivität gegeben.

     

    Reliabilität

    Die Reliabilitäten (Cronbachs α) der sechs Dimensionen zeigten sich in zwei Studien als relativ stabil und können gemessen an der Kürze der Skalen als mindestens zufriedenstellend bewertet werden (s. Tabelle 1).

     

    Tabelle 1

    Cronbachs α aus Retelsdorf et al. (2014).

    Selbstkonzept-Dimension

    Studie 1 (N = 484)

    Studie 2 (N = 5802)

    SK Fach

    .76

    .76

    SK Erziehung

    .75

    .77

    SK Diagnostik

    .71

    .72

    SK Innovation

    .71

    .72

    SK Medien

    .88

    .83

    SK Beratung

    .79

    .79

    Anm.: Da keine relevanten Unterschiede zwischen den Werten für Cronbachs α und  den Faktorreliabilitäten für tau-kongenerische Items (McDonalds W) feststellbar waren, wurde auf eine zusätzliche Darstellung der Faktorreliabilitäten verzichtet.

     

    Validität

    Hinweise zur faktoriellen Validität ergeben sich aus den oben beschriebenen Faktorenanalysen. Zudem ergaben sich in Studie 2 erste Hinweise für weitere Validitätsaspekte von ERBSE-L. Dafür wurde zum einen die Invarianz des Messmodells über Geschlecht, Lehramt, Studienphase und Messzeitpunkt geprüft, wobei gezeigt werden konnte, dass das Messmodell unabhängig von diesen Variablen gilt. Zum anderen wurden die resultierenden Skalen auf plausible Gruppenunterschiede getestet und Korrelationen zu Außenkriterien aus dem Bereich Studienwahlmotivation und Studienleistung analysiert. Die Ergebnisse sprechen insgesamt für die Validität von ERBSE-L. Detaillierte Ergebnisse finden sich bei Retelsdorf et al. (2014).

     

    Deskriptive Statistiken

    Eine Normierung für das Instrument liegt nicht vor. Referenzwerte aus der großen (allerdings nicht repräsentativ gezogenen) Stichprobe von Lehramtsstudierenden aus Retelsdorf et al. (2014) lauten wie folgt: SK Fach M = 2.91, SD = 0.52; SK Erziehung M = 3.28, SD = 0.48; SK Diagnostik M = 3.16, SD = 0.45; SK Innovation M = 2.93, SD = 0.58; SK Medien M = 3.09, SD = 0.64; SK Beratung M = 3.22, SD = 0.51.

     

     

    -       Jan Retelsdorf, Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik (IPN), Olshausenstraße 62, 24118 Kiel, E- Mail: jretelsdorf@ipn.uni-kiel.de

     

    Die Skala wurde entwickelt und eingesetzt im Projekt PaLea (Panel zum Lehramtsstudium)