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Skala zur Messung der beruflichen Selbstwirksamkeitserwartung (BSW-5-Rev)

  • Author: Knispel, J., Wittneben, L., Slavchova, V., & Arling, V.
  • In ZIS since: 2021
  • DOI: https://doi.org/10.6102/zis303
  • Abstract: The BSW-5-Rev measures occupational self-efficacy expectations in an economic way with five items. The BSW-5-Rev is based on an adaptation and reanalysis of the BSW scale by Abele, Stief, and Andrä (2 ... more000) with originally six items. Conceptually, the BSW-5-Rev maps motivational and skill-related aspects of occupational self-efficacy; factor analytically, a single-factor approach is suggested. The BSW-5-Rev was validated for use with students and employed persons in the form of two versions (206 students and 228 employed persons). less
  • Language Documentation: deutsch
  • Language Items: German
  • Number of Items: 5
  • Survey Mode: Online-Befragung (CASI: Computer Assisted Self-Interview)
  • Processing Time: datenbasiert ca. 1 Minute (Online-Befragung / Paper-Pencil)
  • Reliability: Cronbachs Alpha = .73 bis .77; Bollen/Raykov ω1 = .73 bis .78; Bentler ω2 = .73 bis .78, McDonald ω3 = .73 bis .79
  • Validity: Hinweise auf faktorielle Validität, Konstruktvalidität (konvergent & diskriminant) und Kriteriumsvalidität
  • Construct: Berufliche Selbstwirksamkeitserwartung
  • Catchwords: Berufliche Selbstwirksamkeitserwartung, Studierende, Erwerbstätige | Occupational self-efficacy, students, employed
  • Item(s) used in Representative Survey: nein
  • Status of Development: erprobt
    • Instruktion

      Je nach Zielgruppe (Studierende/ Erwerbstätige) kommen leicht modifizierte Versionen der Instruktion zum Einsatz.

       

      1) Die Instruktion der Skala lautet für Studierende: „Im folgenden Abschnitt finden Sie einige Aussagen, die sich auf Ihre Zuversicht im Rahmen Ihres Studiums beziehen. Bitte geben Sie zu jeder Aussage an, in welchem Ausmaß Sie dieser Aussage zustimmen bzw. diese ablehnen. Dabei können Sie zwischen „stimmt gar nicht“ bis „stimmt genau“ abstufen.“

       

      2) Die Instruktion der Skala lautet für Erwerbstätige: „Im folgenden Abschnitt finden Sie einige Aussagen, die sich auf Ihre berufliche Zuversicht im Rahmen Ihrer beruflichen Tätigkeit beziehen. Bitte geben Sie zu jeder Aussage an, in welchem Ausmaß Sie dieser Aussage zustimmen bzw. diese ablehnen. Dabei können Sie zwischen „stimmt gar nicht“ bis „stimmt genau“ abstufen.“

       

      Items

      Je nach Zielgruppe (Studierende/ Erwerbstätige) kommen zwei unterschiedliche Versionen des BSW-5-Rev zum Einsatz (vgl. Tabelle 1).

       

      Tabelle 1

      Items der eindimensionalen Skala BSW-5-Rev (Studierenden- und Erwerbstätigenversion)

      Nr.

      Item Studierendenversion

      Item Erwerbstätigenversion

      1

      Ich weiß genau, dass ich die an mein Studium gestellten Anforderungen erfüllen kann, wenn ich nur will.

      Ich weiß genau, dass ich die an meinen Beruf gestellten Anforderungen erfüllen kann, wenn ich nur will.

      2

      Ich weiß, dass ich die für mein Studium erforderlichen Fähigkeiten wirklich habe.

      Ich weiß, dass ich die für meinen Beruf erforderlichen Fähigkeiten wirklich habe. 

      3

      Ich weiß, dass ich genügend Interesse für alle mit meinem Studium verbundenen Anforderungen habe.

      Ich weiß, dass ich genügend Interesse für alle mit meinem Beruf verbundenen Anforderungen habe.

      4

      Schwierigkeiten im Studium sehe ich gelassen entgegen, da ich meinen Fähigkeiten vertrauen kann.

      Schwierigkeiten im Beruf sehe ich gelassen entgegen, da ich meinen Fähigkeiten vertrauen kann.

      5

      Es bereitet mir keine Schwierigkeiten, meine studiumsbezogenen Absichten und Ziele zu verwirklichen.

      Es bereitet mir keine Schwierigkeiten, meine beruflichen Absichten und Ziele zu verwirklichen.

       

      Antwortvorgaben

      Die Einschätzungen o.g. Items erfolgen auf einer vierstufigen Skala von ‚stimmt gar nicht‘, ‚stimmt eher nicht‘, ‚stimmt eher‘ und ‚stimmt genau‘.

       

      Auswertungshinweise

      Die Antwortkategorien sind folgenden numerischen Werten zugeordnet: ‚1‘: stimmt gar nicht, ‚2‘: stimmt eher nicht, ‚3‘: stimmt eher und ‚4‘: stimmt genau. Alle Items sind positiv formuliert, d.h. eine Umkodierung ist nicht erforderlich. Aus den fünf Items wird ein ungewichteter Mittelwert gebildet, der die berufliche Selbstwirksamkeitserwartung des Befragten widerspiegelt. Bei fehlenden Items könnte statt des Mittelwertes auch eine latente Modellierung zur Auswertung und Analyse verwendet werden. Der Mittelwert lässt sich inhaltlich auf Basis der Skalierung von 1 bis 4 interpretieren: je höher der Wert, desto höher die selbst eingeschätzte berufliche Selbstwirksamkeitserwartung. Darüber hinaus können die Referenzwerte der Validierungsstichproben (getrennt für Studierende und Erwerbstätige) zur Einordnung entsprechender Werte verwendet werden. Es ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei den Validierungsstichproben jeweils um Gelegenheitsstichproben handelt, die die Anforderungen an eine Normierungsstichprobe nicht erfüllen. Aus inhaltlichen Gründen erscheint die Bildung eines kategorialen Cut-Offs nicht sinnvoll, da es sich aus Sicht der Autoren bei der beruflichen Selbstwirksamkeitserwartung um ein kontinuierliches Merkmal handelt.

       

      Anwendungsbereich

      Primärer Anwendungsbereich des BSW-5-Rev stellen Forschungsvorhaben dar, in denen berufliche Selbstwirksamkeitserwartungen als psychologisches Konstrukt von Interesse sind. Mit dem BSW-5-Rev kann die Zielgruppe von Studierenden bzw. Erwerbstätigen fokussiert werden. Hierfür liegen zwei Versionen vor, die unabhängig voneinander für die jeweilige Zielgruppe validiert wurden.

      Ein Einsatz als Verfahren für die Individualdiagnostik ist ebenfalls möglich (z.B. zur Ist-Soll-Standortbestimmung im Kontext der Personalentwicklung, zum Anstoß von Selbstreflexionsprozessen). In diesem Fall wird jedoch empfohlen, die Diagnostik mit Hilfe weiterer Zugänge zu ergänzen (z.B. Arbeitsproben).

      Bezüglich des Erhebungsmodus gibt es kaum Einschränkungen. Wenngleich das Verfahren im Online-Format validiert wurde, ist eine Erhebung im paper-and-pencil-Format ebenfalls möglich. Darüber hinaus ist der Einsatz im persönlichen Interview [PAPI: paper-and-pencil personal interviewing], computergestützten persönlichen Interview [CAPI: computer-assisted personal interviewing], als schriftliche Befragungen ohne „face-to-face“ [PASI: paper-and-pencil self-administered interviewing] und mündliche telefonische Befragung [PATI: paper-and-pencil telephone interviewing] denkbar.

      Für die Durchführung der Erhebung sind keine besonderen Qualifikationen erforderlich. Im Sinne einer korrekten Auswertung und Interpretation entsprechender Ergebnisse sollte jedoch Expertise im Umgang mit Testverfahren vorhanden sein (z.B. psychologisches Studium).

    Selbstwirksamkeit beschreibt die individuelle Erwartung eines Individuums, Herausforderungen oder schwierige Aufgaben aus eigener Kraft meistern zu können (Abele et al., 2000; Bandura, 1977; Wirtz et al., 2014). Damit einher gehen Überzeugungen eines Individuums, mit seinen eigenen Fähigkeiten und Kompetenzen mögliche Hindernisse und Barrieren, die die Zielerreichung behindern, erfolgreich zu bewältigen und zu überwinden. Hierbei wird die Leistung nicht äußeren Einflussfaktoren zugeschrieben, sondern der eigenen Kompetenz, in diesem Sinne wird Selbstwirksamkeit auch als Kompetenzerwartung bezeichnet (Wirtz et al., 2014). Aufgrund von Selbstwirksamkeit bzw. Selbstwirksamkeitserwartung entscheidet sich das Individuum für Verhaltensweisen, die nach eigener Überzeugung zur erfolgreichen Bewältigung einer Aufgabe führen (Bandura, 1977; Bandura & McClelland, 1977; Schwarzer, 1994; Wirtz et al., 2014).

    Konzeptionell lässt sich zwischen allgemeiner und domänenspezifischer Selbstwirksamkeitserwartung unterscheiden. Während die allgemeine Selbstwirksamkeitserwartung eine über Kontexte und Tätigkeiten hinweg generalisierte Kompetenzerwartung des Individuums beschreibt (Bandura, 2006), beziehen sich domänenspezifische Selbstwirksamkeitserwartungen auf bestimmte Lebens- bzw. Tätigkeitsfelder.

    Bei der Bewältigung arbeitsbezogener Anforderungen spielen entsprechende Erwartungen in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle für den beruflichen Erfolg bzw. Misserfolg. Berufliche Selbstwirksamkeitserwartung (BSW) beschreibt im Speziellen die Überzeugung, auf Basis der eigenen Fähigkeiten berufliche Anforderungen erfolgreich bewältigen zu können (Anderson & Betz, 2001; Niles & Sowa, 1992). Sie stellt somit eine domänenspezifische Fokussierung des übergeordneten Konstruktes der Selbstwirksamkeit dar (Abele et al., 2000). In die berufliche Selbstwirksamkeitserwartung spielt aus theoretischer Sicht sowohl eine motivationale (das „Wollen“) und eine fähigkeitsbezogene Komponente (das „Können“) hinein (Abele et al., 2000). Somit ist die berufliche Selbstwirksamkeit in der vorliegenden Konzeption breiter gefasst als die Selbstwirksamkeit im Sinne Banduras.

    Aus metaanalytischer Sicht gilt, dass eine hoch ausgeprägte berufliche Selbstwirksamkeit mit einem hohen Selbstbewusstsein, einer starken beruflichen Identität, der Unterstützung durch Kollegen, einer positiven Erwartung des Karriereverlaufs und weniger karrierebezogener Unentschlossenheit einhergeht (Choi et al., 2012). In einer weiteren Metaanalyse konnten Shoji et al. (2015) zeigen, dass Selbstwirksamkeit einen Schutzfaktor gegen die Entstehung von arbeitsbezogener Erschöpfung darstellte. Auch im universitären Lernkontext konnte metaanalytisch gezeigt werden, dass akademische Selbstwirksamkeit moderat mit der akademischen Leistung assoziiert war (Honicke & Broadbent, 2016). Analog dazu spielt Selbstwirksamkeit auch in der beruflichen Rehabilitation eine Rolle: Eine hohe berufliche Selbstwirksamkeit konnte den erfolgreichen Maßnahmenabschluss im Umschulungskontext und die Reintegration auf den ersten Arbeitsmarkt vorhersagen (Arling et al., 2016). Somit hat die berufliche Selbstwirksamkeitserwartung eine hohe psychologische Relevanz für verschiedene Anwendungskontexte.

    Um das Konstrukt der beruflichen Selbstwirksamkeitserwartung aus theoretischer Sicht besser verorten zu können, wird im Folgenden das zugehörige nomologische Netzwerk dargestellt (vgl. Abbildung 1).

     

    Abbildung 1. Nomologisches Netzwerk der beruflichen Selbstwirksamkeitserwartung.

     

    3.1 Konvergente Konstrukte

    Grundsätzlich ist zu erwarten, dass die berufliche Selbstwirksamkeitserwartung eine Schnittmenge zur allgemeinen Selbstwirksamkeitserwartung aufweisen sollte (Grether et al., 2018). Eine generalisierte positive Einschätzung dessen, Herausforderungen und Barrieren im alltäglichen Leben gut bewältigen zu können (allgemeine Selbstwirksamkeit), sollte auch auf den beruflichen Kontext übertragbar sein (berufliche Selbstwirksamkeit). Ein hohes Maß an beruflicher Selbstwirksamkeitserwartung sollte darüber hinaus mit einem starken proaktiven Coping bzw. einer gelungenen Stressbewältigung assoziiert sein (Verešová & Malá, 2012). Hintergrund dessen ist, dass eine hohe Kompetenzerwartung die Bewältigung von Anforderungen und potenziellen Stressoren unterstützen sollte. Inhaltlich besitzt die Facette Agency der Big 2 als Streben nach Selbstbehauptung, -entfaltung und -schutz sowie Macht und Kontrolle (Abele & Wojciszke, 2013) eine konzeptionelle Nähe zur beruflichen Selbstwirksamkeiterwartung. In diesem Sinne sind hier positive Bezüge zu erwarten. Eine starke Kompetenzerwartung sollte auch mit einem gewissen Optimismus als positive Zukunftserwartung assoziiert sein (Carifio & Rhodes, 2002). Darüber hinaus kann davon ausgegangen werden, dass eine ausgeprägte berufliche Selbstwirksamkeitserwartung die berufliche Anpassungsfähigkeit bzw. Adaptabilität im Sinne erweiterter Handlungsfreiräume unterstützt (Matijaš & Seršić, 2021). Ein hohes Maß an Selbstwirksamkeitsüberzeugung sollte mit einer hohen Resilienz als psychische Widerstandsfähigkeit assoziiert sein (Schwarzer & Warner, 2013). Darüber hinaus gilt, dass eine hohe Kompetenzerwartung mit einer starken internalen Kontrollüberzeugung als wahrgenommene Fähigkeit zur Kontrolle der individuellen Zukunft und Ereignisse zusammenhängen sollte (Ajzen, 2006). Eine ausgeprägte berufliche Selbstwirksamkeitserwartung ist konzeptionell mit einer hohen psychischen Ausdauer als Zielbindung verknüpft (Restubog et al., 2010).

     

    3.2 Diskriminante Konstrukte

    Aus theoretischer Sicht grenzt sich die berufliche Selbstwirksamkeitserwartung von Facetten der Impulskontrolle ab (vgl. Kovaleva et al., 2012a). In diesem Sinne ist kein bzw. ein schwach negativer Zusammenhang zur Dringlichkeit im Sinne der Tendenz, Handlungen spontan auszuführen, ohne die Folgen zu beachten, zu erwarten. Dasselbe gilt für die Risikobereitschaft als Tendenz, Risiken einzugehen und die Absicht, Handlungen im Vorfeld zu durchdenken. Berufliche Selbstwirksamkeitserwartung grenzt sich als arbeitsbezogene Kompetenzüberzeugung von sozialen Facetten als Streben nach Gemeinschaft und Bindung (Big 2: Communion) ab (Abele & Wojciszke, 2013). Eine gegenläufige Beziehung der beruflichen Selbstwirksamkeit besteht konzeptionell zur externalen Kontrollüberzeugung, die das Gefühl widerspiegelt, dem Schicksal oder der Umwelt ausgeliefert zu sein (Ajzen, 2006).

     

    3.3 Entwicklungsbedarf für die vorliegende Skala

    Auf Basis oben genannter theoretischer Herleitung erscheint es sinnvoll, ein möglichst ökonomisches, aber gleichzeitig auch valides Messinstrument zur Erfassung beruflicher Selbstwirksamkeit im deutschsprachigen Raum bereitzustellen. Mit dem BSW-5-Rev wurde ein solches Instrument entwickelt, erprobt und erfolgreich validiert. Die BSW-5-Rev bildet dabei einen Mehrwert zu bereits existierenden Instrumenten zur Erfassung der beruflichen Selbstwirksamkeit: Alternative Skalen zur Erfassung der beruflichen Selbstwirksamkeit berücksichtigen nicht die aus Sicht der Autoren konzeptionell wichtige Differenzierung zwischen der fähigkeitsbezogenen und motivationalen Komponente. Darüber hinaus sind vergleichbare Instrumentarien oftmals relativ umfangreich und eignen sich daher nicht gut für den Einsatz in größer angelegten Umfragen. Für eine im deutschsprachigen Raum vorliegende Alternative von Schyns und von Collani (2014) waren die berichteten Gütekriterien bzw. der Nachweis der faktoriellen Validität nicht vollumfänglich nachvollziehbar.

    Itemkonstruktion und Itemselektion

    Grundlage für die Itemkonstruktion war die deutschsprachige BSW-Skala von Abele et al. (2000). Diese operationalisiert das Konstrukt der beruflichen Selbstwirksamkeitserwartung für den Berufskontext anhand von insgesamt sechs Items mit motivationalen und fähigkeitsbezogenen Facetten (je drei Items); drei der sechs Items sind negativ gepolt. Die Einschätzung erfolgt auf einer fünfstufigen Skalierung. Die faktorenanalytische Analyse der Originalstudie von Abele et al. (2000) weist in zwei Studien auf eine einfaktorielle Lösung hin. Die BSW-Skala von Abele et al. (2000) wurde im Rahmen mehrerer Forschungsprojekte der Autoren (z.B. Arling et al., 2016; Arling et al., 2020) verwendet. Die Analysen ergaben diesbezüglich, dass in manchen Stichproben (z.B. Personen mit niedrigem bzw. mittleren Bildungsgrad) Methodeneffekte dahingehend auftraten, dass die Items sich nicht inhaltlich (Motivation / Fähigkeit), sondern hinsichtlich ihrer Formulierung (positive bzw. negative Polung) einander zuordnen ließen. Hierzu passt, dass Rückmeldungen von Befragten auf gewisse Verständnisschwierigkeiten der negativ formulierten Items hindeuten. Auf Basis o.g. Überlegungen wurde die originale BSW-Skala von Abele et al. (2000) dahingehend modifiziert, dass alle Items positiv formuliert wurden.

    Darüber hinaus bestand aus Sicht der Autoren ein Interesse daran, die BSW-Skala auch speziell für die Zielgruppe von Studierenden einsetzen zu können. In diesem Rahmen wurde eine Version für Erwerbstätige und eine Version für Studierende entwickelt (vgl. Tabelle 2). Zur Vermeidung einer Mittelkategorie wurde darüber hinaus ein vier- statt fünfstufiges Antwortformat gewählt. Die Entscheidung für eine vier- statt sechsstufige Skala wurde auf Grund der potenziellen Zielgruppen für das Verfahren getroffen. Es wurde darauf geachtet, mit der Skala auch erwerbstätige Personen mit niedrigem Bildungsgrad ohne kognitive Überforderung befragen zu können. In Arling et al. (2016) wurden vor diesem Hintergrund bereits gute Erfahrungen mit vierstufigen Antwortformaten gemacht.

     

    Tabelle 2

    Validierungsversionen der BSW-Skala (Erwerbstätige & Studierende) im Vergleich.

    Item-Nr.

    Validierungsversion
    Studierende

    Validierungsversion
    Erwerbstätige

    1

    Ich weiß genau, dass ich die an mein Studium gestellten Anforderungen erfüllen kann, wenn ich nur will. (M)

    Ich weiß genau, dass ich die an meinen Beruf gestellten Anforderungen erfüllen kann, wenn ich nur will. (M)

    2

    Ich weiß, dass ich die für mein Studium erforderlichen Fähigkeiten wirklich habe. (F)

    Ich weiß, dass ich die für meinen Beruf erforderlichen Fähigkeiten wirklich habe. (F)

    3

    Ich weiß, dass ich genügend Interesse für alle mit meinem Studium verbundenen Anforderungen habe. (M)

    Ich weiß, dass ich genügend Interesse für alle mit meinem Beruf verbundenen Anforderungen habe. (M)

    4

    Schwierigkeiten im Studium sehe ich gelassen entgegen, da ich meinen Fähigkeiten vertrauen kann. (F)

    Schwierigkeiten im Beruf sehe ich gelassen entgegen, da ich meinen Fähigkeiten vertrauen kann. (F)

    5

    Es bereitet mir keine Schwierigkeiten, meine studiumsbezogenen Absichten und Ziele zu verwirklichen. (F)

    Es bereitet mir keine Schwierigkeiten, meine beruflichen Absichten und Ziele zu verwirklichen. (F)

    6

    Ich glaube, dass ich für mein Studium so motiviert bin, um große Schwierigkeiten meisten zu können. (M)

    Ich glaube, dass ich für meinen Beruf so motiviert bin, um große Schwierigkeiten meisten zu können. (M)

     

    Die Validierung bzw. Itemselektion beider Versionen (jeweils sechs Items) erfolgte anhand der jeweiligen Zielstichprobe (Studierende / Erwerbstätige). Mit konfirmatorischen Faktorenanalysen konnte die Annahme einer einfaktoriellen Struktur gestützt werden Da in beiden Versionen der Ausschluss eines Items eine signifikante Modellverbesserung nach sich zog (vgl. Kapitel zu Itemanalysen), wurde das jeweils problematische Item ausgeschlossen. Daher umfasst die finale Version der BSW-5-Rev in beiden Versionen jeweils fünf Items.

     

    Stichproben

    Die Stichproben zur Validierung wurden in sozialen Netzwerken als Gelegenheitsstichproben gewonnen. Der Erhebungsmodus war CASI (Computer Assisted Self-Interview). Die Probanden erhielten bezüglich der Zielsetzung der Studie den Hinweis, dass es um den Umgang in Bezug auf Herausforderungen im beruflichen und privaten Kontext gehe. Teilnahmevoraussetzung war eine der zwei Ausgangslagen: (1) eingeschrieben in ein Studium oder (2) aktuell erwerbstätig. Darüber hinaus waren ausreichende Deutschkenntnisse erforderlich.

    Der Erhebungszeitraum reichte vom 16.11.2020 bis zum 29.01.2021. Als Gratifikation konnten die Teilnehmer optional an einer Verlosung teilnehmen (Gutscheine in Höhe von 3x10€ und 1x20€).  Zur Sicherung der Datenqualität wurden nach Rossmann (2010) die schnellsten 10% ausgeschlossen (Bearbeitungszeit < 7.2 Minuten, N = 49). Für die Bearbeitung des Fragebogens benötigten die verbleibenden Teilnehmer im Schnitt 13.01 Minuten (SD = 3.79, Spanne: 7.22 – 27.3 Min). Für die Auswertung gilt, dass keine fehlenden Werte vorlagen, alle Befragten beantworteten die Skala vollständig. Grundlage für die Validierung waren 206 Studierende und 228 Erwerbstätige (vgl. Tabelle 3).

     

    Tabelle 3

    Stichprobencharakteristika der beiden Validierungsstichproben (Studierende & Erwerbstätige)

     

    Kategorie

    Studierende
    (N= 206)

    Erwerbstätige
    (N = 228)

    Geschlecht

    weiblich

    männlich

    171 (83.01%)
    57 (16.99%)

    168 (73.68%)

    35 (26.32%)

    Alter

    AM (Jahre)

    SD (Jahre)

    24.79
    (4.87)

    38.64
    (11.49)

    (Bisher) höchster
    Bildungsabschluss

    Hauptschulabschluss

    0 (0.0%)

    0 (0.0%)

    Mittlere Reife

    0 (0.0%)

    9 (3.9%)

    Fachhochschulreife

    10 (4.9%)

    6 (2.6%)

    Abitur

    100 (48.5%)

    32 (14.0%)

    Ausbildung

    11 (5.3%)

    29 (12.8%)

    Bachelor

    76 (36.9%)

    43 (18.9%)

    Magister

    2 (1.0%)

    9 (3.9%)

    Diplom

    0 (0.0%)

    32 (14.0%)

    Master

    6 (2.9%)

    56 (24.6%)

    Promotion

    1 (0.5%)

    12 (5.3%)

    RIASEC

    (Beruf)

    Realistisch

    -

    13 (5.7%)

    Investigativ

    -

    26 (11.4%)

    Künstlerisch

    -

    10 (4.4%)

    Sozial

    -

    104 (45.6%)

    Unternehmerisch

    -

    34 (14.9%)

    Konventionell

    -

    41 (18.0%)

     

    In beiden Stichproben waren anteilig mehr Frauen als Männer vertreten. Erwartungskonform war die Zielgruppe der Studierenden im Schnitt etwas mehr als zehn Jahre jünger als die Erwerbstätigen. Hinsichtlich des zum Zeitpunkt der Befragung höchsten erreichten Bildungsabschlusses zeigte sich eine gewisse Überrepräsentation hoher Bildungsstände. Bezüglich der ausgeübten Berufe erwerbstätiger Personen wurden die im Freitext genannten Tätigkeiten nach dem Hauptcode des RIASEC-Modells klassifiziert (vgl. EXPLORIX von Fux et al., 2013). Es nahmen Erwerbstätige aller Berufsbereiche an der Befragung teil, wobei der Anteil derer aus einem sozialen Beruf anteilig überwog.

     

    Itemanalysen

    Um die dimensionale Validität der 6-Item-Prüfskala zu überprüfen, kamen für die Studierenden sowie die Erwerbstätigen konfirmatorische Faktorenanalysen zum Einsatz (lavaan, Rosseel, 2012; semTools, Jorgensen et al., 2016).

    Vorab gilt der Hinweis, dass die Annahme der multivariaten Normalverteilung in beiden Stichproben auf Basis der Schiefe verletzt war (Studierende: Maridas Schiefe g1p = 89.25, p < .01 und Maridas Kurtosis g2p = 0.45, p = .65; Erwerbstätige: Maridas Schiefe g1p = 189.96, p < .001 und Maridas Kurtosis g2p = 1.73, p = .08). Auf Grund dessen wurde im Rahmen der konfirmatorischen Faktorenanalyse MLM als robustes Schätzverfahren gewählt, das die Mittelwertstruktur zusätzlich zur Kovarianzmatrix mit einbezieht und robuste Standardfehler sowie eine Satorra-Bentler skalierte χ2-Teststatistik miteinander vereint (Rosseel, 2012). Zur Beurteilung der Fit Indizes kamen die restriktiven Empfehlungen von Hu und Bentler (1999) zum Einsatz (vgl. Tabelle 4). Berechnet wurden jeweils τ-kongenerische, unrestringierte Messmodelle.

    Tabelle 4

    Fit Indizes, Cut-Off Kriterien und Interpretation (Hu & Bentler, 1999)

    Fit Index

    Cut-Off

    Interpretation

    χ2 -Test

    p > .05

    H0 = Gleichheit beobachtete und implizite Kovarianzmatrix
    (Modellannahme)

    CFI

    >.95

    besser als Null-Modell

    RMSEA

    < .05

    niedrige Abweichung vom perfekten Modell

    SRMR

    < .05

    niedrige Residualvarianzen

    aBIC/AIC

    -

    Model mit geringeren Werten besser

     

    a) Studierendenversion: Itemanalysen für die Stichprobe der Studierenden

    Die genauen Kennwerte der Modellevaluation für die Stichprobe der Studierenden sind Tabelle 5 zu entnehmen. Initial wurde eine einfaktorielle Faktorenstruktur mit allen sechs Items überprüft. Das Modell erwies sich nicht als grundsätzlich problematisch, allerdings war der Omnibus-χ2 -Test signifikant und der RMSEA-Wert bewegte sich im Grenzbereich. Auf Grund dessen wurde alternativ ein zweifaktorielles Modell berechnet, das die Facetten Motivation und Fähigkeit mit jeweils drei Items ausdifferenziert (ohne Querladungen von Items auf die jeweils andere Subskalen, jedoch mit Faktoreninterkorrelationen). Die Modellpassung war marginal schlechter als bei dem einfaktoriellen Modell, sodass von der Zwei-Faktor-Lösung abgesehen wurde.

    Auf Basis entsprechender Ergebnisse wurde das ursprüngliche einfaktorielle Modell mit sechs Items analysiert. Dabei erwies sich Item 6 („Ich glaube, dass ich für mein Studium so motiviert bin, um große Schwierigkeiten meisten zu können“) als konzeptionell problematisch: Das Item setzt situativ voraus, dass grundsätzlich große Schwierigkeiten im Studium zu bewältigen sind. Möglicherweise hatten die Studierenden z.T. auch keine solchen Herausforderungen zu bewältigen oder aber sie konnten zum Befragungszeitpunkt noch nicht beurteilen (überwiegend Bachelorstudierende), welche Schwierigkeiten sie zukünftig bewältigen müssen. Darüber hinaus bildet der Begriff „motiviert“ eine Mischung aus dem Wollen und der Erwartung des Könnens ab und ist daher möglicherweise nicht trennscharf in seiner Bedeutung.

    Nach dem Ausschluss dieses Items zeigte sich eine sehr gute Modellpassung (χ2(5) = 8.93, p = .11, CFI = .98, RSMEA = .07 [90% KI: .00 - .13], SRMR = .03). Analog dazu fielen die relativ zu beurteilendenden aBIC- und AIC-Werte niedriger aus als in den beiden alternativen Modellen.

     

    Tabelle 5

    Modellevaluation für die Stichprobe der Studierenden

    Modell

    χ2 -Gesamt

    CFI

    RMSEA (90% KI)

    SRMR

    aBIC

    AIC

    6 Items (1F)

    χ2(9) = 19.19, p = .024

    .97

    .08 (.03 - .12)

    .04

    2231.38

    2229.52

    6 Items (2F)

    χ2(8) = 18.56, p = .017

    .97

    .08 (.03 - .14)

    .04

    2233.04

    2231.03

    BSW-5-Rev
    (- Item 6) (1F)

    χ2(5) = 8.93,
    p = .11

    .98

    .07 (.00 - .13)

    .03

    1864.79

    1863.24

    Anmerkung: 1F = einfaktorielle Faktorlösung; 2F = zweifaktorielle Faktorlösung (Motivation & Fähigkeit)

     

    In Abbildung 2 ist das finale Modell auf Basis der fünf Items für die Studierenden-Zielgruppe abgebildet (BSW-5-Rev-Studierendenversion).

     

    Abbildung 2. Tau-kongenerisches Ein-Faktoren-Messmodell für das Konstrukt Berufliche Selbstwirksamkeitserwartung (Erwerbstätige) basierend auf 5 Items (BSW-5-Rev). Abgebildet ist das Messmodell (manifeste Indikatoren) und das Strukturmodell (latente Faktoren) [χ2(5) = 8.93, p = .11, CFI = .98, RSMEA = .07 [90% KI: .00 - .13], SRMR = .03, aBIC = 1864.79, AIC = 1863.24]. Vollstandardisierte Werte werden berichtet.

     

    b) Itemanalysen für die Stichprobe der Erwerbstätigen

    Für die Analyse der Version für Erwerbstätige kam eine analoge Auswertungsstrategie zum Einsatz (Modellparameter vgl. Tabelle 6). Die Startlösung der einfaktoriellen Struktur mit sechs Items erwies sich hinsichtlich der Modellevaluation als grenzwertig bzw. problematisch (signifikanter Omnibus-Test, zu niedriges CFI, zu hoher RMSEA und SRMR). Zur Kontrolle der einfaktoriellen Struktur wurde daher ein zweifaktorielles Modell berechnet, das die theoretisch zugrundeliegenden Facetten der Motivation und Fähigkeit ausdifferenziert. Es konnte keine Modellkonvergenz erzielt werden, was auf eine Fehlspezifikation hinweist. Aus diesem Grund wurde von der Annahme einer zweifaktoriellen Struktur abgesehen. Infolgedessen wurde die Startlösung erneut im Detail analysiert und auch für diese Stichprobe war Item 6 („Ich glaube, dass ich für meinen Beruf so motiviert bin, um große Schwierigkeiten meisten zu können“) aus inhaltlichen Überlegungen als problematisch einzustufen: Analog zu oben gilt, dass Motivation in diesem Zusammenhang eine Interaktion zwischen Wollen und Erwartung des Könnens darstellt. Darüber hinaus ist dieses Item situativ davon abhängig, ob individuell überhaupt beruflich große Schwierigkeiten zu meistern sind. Die Modellpassung auf Basis der verbleibenden fünf Items war exzellent (χ2(5) = 3.61, p = .61, CFI= 1.00, RMSEA = .00 [90% KI: .00 - .08], SRMR = .02, aBIC = 1971.58, AIC = 1968.98).

     

    Tabelle 6

    Modellevaluation für die Stichprobe der Erwerbstätigen

    Modell

    χ2 -Gesamt

    CFI

    RMSEA (90% KI)

    SRMR

    aBIC

    AIC

    6 Items (1F)

    χ2(9) = 39.75, p = .001

    .89

    .13 (.09 - .17)

    .07

    2333.88

    2330.76

    BSW-5-Rev
    (- Item 6) (1F)

    χ2(5) = 3.61,
    p = .61

    1.00

    .00 (.00 - .08)

    .02

    1971.58

    1968.98

    Anmerkung: 1F = einfaktorielle Faktorlösung; zweifaktorielle Faktorlösung (Motivation & Fähigkeit): nicht dargestellt, da keine Modellkonvergenz erzielt werden konnte

     

    In Abbildung 3 ist das finale Modell auf Basis der fünf Items für die Erwerbstätigen-Zielgruppe abgebildet (BSW-5-Rev-Erwerbstätigenversion).

     

    Abbildung 3. Tau-kongenerisches Ein-Faktoren-Messmodell für das Konstrukt Berufliche Selbstwirksamkeitserwartung (Erwerbstätige) basierend auf 5 Items (BSW-5-Rev). Abgebildet ist das Messmodell (manifeste Indikatoren) und das Strukturmodell (latente Faktoren) [χ2(5) = 3.61, p = .61, CFI= 1.00, RMSEA = .00 [90% KI: .00 - .08], SRMR = .02, aBIC = 1971.58, AIC = 1968.98]. Vollstandardisierte Werte werden berichtet.

     

    Itemkennwerte

    In Tabelle 7 sind die Itemkennwerte des Instruments zur Messung von beruflicher Selbstwirksamkeitserwartung für die Studierendenversion abgebildet; in Tabelle 8 stehen die Itemkennwerte für die Erwerbstätigenversion. Die Trennschärfen beider Versionen waren als gut zu beurteilen; die Items waren insgesamt überwiegend rechtsschief verteilt (Tendenz zur Zustimmung).

    Tabelle 7

    Mittelwerte, Standardabweichungen, Schiefe, Kurtosis und Trennschärfen der manifesten Items (Studierendenversion).

    Item

    M

    SD

    Schiefe

    Kurtosis

    Trennschärfe

    Ich weiß genau, dass ich die an mein Studium gestellten Anforderungen erfüllen kann, wenn ich nur will.

    3.57

    0.53

    -0.67

    -0.79

    .50

    Ich weiß, dass ich die für mein Studium erforderlichen Fähigkeiten wirklich habe.

    3.43

    0.60

    -0.51

    -0.67

    .64

    Ich weiß, dass ich genügend Interesse für alle mit meinem Studium verbundenen Anforderungen habe.

    3.23

    0.72

    -0.61

    -0.10

    .43

    Schwierigkeiten im Studium sehe ich gelassen entgegen, da ich meinen Fähigkeiten vertrauen kann.

    2.75

    0.81

    -0.12

    -0.58

    .61

    Es bereitet mir keine Schwierigkeiten, meine studiumsbezogenen Absichten und Ziele zu verwirklichen.

    2.78

    0.76

    -0.14

    -0.44

    .61

    Anmerkung. Skala ‚1‘: stimmt gar nicht bis ‚4‘: stimmt genau. = 206 Studierende.

     

    Tabelle 8

    Mittelwerte, Standardabweichungen, Schiefe, Kurtosis und Trennschärfen der manifesten Items (Erwerbstätigenversion).

    Item

    M

    SD

    Schiefe

    Kurtosis

    Trennschärfe

    Ich weiß genau, dass ich die an meinen Beruf gestellten Anforderungen erfüllen kann, wenn ich nur will.

    3.61

    0.58

    -1.31

    1.40

    .53

    Ich weiß, dass ich die für meinen Beruf erforderlichen Fähigkeiten wirklich habe.

    3.60

    0.55

    -0.94

    - 0.18

    .51

    Ich weiß, dass ich genügend Interesse für alle mit meinem Beruf verbundenen Anforderungen habe.

    3.48

    0.63

    -0.80

    - 0.40

    .37

    Schwierigkeiten im Beruf sehe ich gelassen entgegen, da ich meinen Fähigkeiten vertrauen kann.

    3.14

    0.67

    -0.25

    - 0.46

    .56

    Es bereitet mir keine Schwierigkeiten, meine beruflichen Absichten und Ziele zu verwirklichen.

    3.08

    0.71

    -0.26

    - 0.55

    .50

    Anmerkung. Skala ‚1‘: stimmt gar nicht bis ‚4‘: stimmt genau. = 228 Erwerbstätige.

    Objektivität

    Die Durchführungsobjektivität war durch die standardisierte Instruktion abgesichert. Die Auswertungsobjektivität ist ebenfalls gegeben, da in beiden Versionen die Bildung eines Gesamtmittelwertes auf Basis der fünf Items erfolgen soll. Im Sinne der Interpretationsobjektivität gilt anzumerken, dass die Skala primär zu Forschungszwecken gedacht ist und infolgedessen das Antwortverhalten der Untersuchungsstichprobe den Maßstab darstellt. Aus theoretischer Sicht gibt es keine inhaltliche Rechtfertigung für die Bildung eines Cut-Off-Wertes, anhand dessen man Studierende bzw. Erwerbstätige eindeutig in beruflich selbstwirksame bzw. nicht selbstwirksame Gruppen unterteilen könnte.

     

    Reliabilität

    Da Cronbachs Alpha als Maß für die Reliabilität bzw. interne Konsistenz ausschließlich die manifeste Itemstruktur berücksichtigt, wurden in Ergänzung dazu drei weitere Reliabilitätskoeffizienten (ω1, ω2, ω3) berechnet (Jorgensen et al., 2016). Dass weitere Reliabilitätsschätzungen neben Cronbachs Alpha sinnvoll sind, begründet sich darin, dass Cronbachs Alpha für Kurzskalen oftmals wenig aussagekräftig ist. Zusätzlich setzt Cronbachs Alpha essentiell τ-äquivalente Messmodelle voraus, was im Einzelfall zu überprüfen ist.

    Die zugrundeliegenden Messmodelle sind in diesem Zusammenhang unterschiedlich konservativ angesetzt. ω1 und ω2 postulieren, dass die modellimplizierte Kovarianz die Itemstruktur vollständig erklärt, was zu Verzerrungen des Wertes führen kann; bei ω3 wird die beobachtete Kovarianzmatrix statt der modellimplizierten Kovarianzmatrix genutzt. Besonders empfehlenswert bzw. aussagekräftig für die Beurteilung der Reliabilität von tau-kongenerischen Messmodellen ist das konservative, hierarchische ω3 (Eid et al., 2013). Die Ergebnisse weisen unter Berücksichtigung der geringen Itemzahl auf eine zufriedenstellende bzw. gute Reliabilität hin (vgl. Tabelle 9). Die Stabilität des ω3-Wertes gegenüber den anderen Koeffizienten ist in diesem Kontext als Hinweis auf eine verlässliche Reliabilität zu beurteilen.

     

    Tabelle 9

    Reliabilitätskoeffizienten des BSW-5-Rev (getrennt für die Version der Studierenden & Erwerbstätigen).

    Reliabilitäts-
    koeffizient

    BSW-5-Rev

    (Studierendenversion)

    BSW-5-Rev

    (Erwerbstätigenversion)

    Cronbachs α

    .77

    .73

    ω1 (Bollen)

    .78

    .73

    ω2 (Bentler)

    .78

    .73

    ω3 (McDonald)

    .79

    .73

     

    Validität

    Thematisiert werden im Folgenden die inhaltliche Validität, faktorielle Validität, Konstruktvalidität (konvergente und diskriminante Validität) und Kriteriumsvalidität.

     

    Inhaltliche Validität

    Die inhaltliche Validität der BSW-5-Rev in Bezug auf das Konstrukt berufliche Selbstwirksamkeitserwartung leitet sich aus den theoretischen Überlegungen der Literatur ab und kann als gegeben angesehen werden (Berücksichtigung von Motivation und Fähigkeit).

     

    Faktorielle Validität

    Die faktorielle bzw. dimensionale Validität kann auf Basis der konfirmatorischen Faktorenanalysen als gegeben angesehen werden.

     

    Konstruktvalidität

    Auf Basis der Befundlage kann die Konstruktvalidität in beiden Stichproben als gesichert angesehen werden. Zentrale Ergebnisse werden nachstehend berichtet.

     

    Konvergente Validität

    Es zeigten sich erwartungskonforme Zusammenhänge zwischen der BSW-5-Rev und anderen Verfahren zur Messung der allgemeinen bzw. beruflichen Selbstwirksamkeit in beiden Stichproben. Darüber hinaus korrelierte die BSW-5-Rev positiv mit proaktivem Coping bzw. Stressbewältigung, Agency, Optimismus, beruflicher Anpassungsfähigkeit bzw. Adaptabilität, Resilienz, internaler Kontrollüberzeugung sowie Ausdauer bzw. Zielpersistenz (vgl. Tabelle 10). Die Korrelationen waren dabei im mittleren Bereich zu verorten, was Hinweise auf klare Bezüge zu konstruktnahen Verfahren gab, ohne dass Redundanz der BSW-5-Rev zu anderen Skalen vorlag. Hervorzuheben ist auch, dass die Befunde über beide Stichproben hinweg stabil zu beobachten waren.

     

    Tabelle 10

    Ergebnisse zur konvergenten Validierung der BSW-5-Rev (Pearson-Korrelation, einseitig).

    Konstrukt / Skala

    Quelle

    Inhalt

    Zusammenhang BSW-5-Rev
    (Studierende)

    Zusammenhang BSW-5-Rev
    (Erwerbstätige)

    Occupational Self-Efficiency Scale (OSES)

    Rigotti et al. (2008)

    Alternative Erfassung von beruflicher Selbstwirksamkeitserwartung

    r(205) = .74,
    p < .001

    r(228) = .71,
    p < .001

    Allgemeine Selbstwirksamkeit Kurzskala (ASKU)

    Beierlein et al. (2012)

    Individuelle Kompetenzerwartungen, Umgang mit Herausforderungen und Barrieren im alltäglichen Leben

    r(205) = .59,
    p < .001

    r(228) = .53,
    p < .001

    Proactive Coping Inventory (PCI)

    Greenglass et al. (1999)

    Proaktives Coping bzw. Stressbewältigung

    r(205) = .46,
    p < .001

    r(228) = .52,
    p < .001

    Big 2 (Agency)

    - Eigenschafts-listen

    Uchronski (2010)

    Streben nach Selbstbehauptung, -entfaltung und -schutz sowie Macht und Kontrolle

    r(205) = .50,
    p < .001

    r(228) = .45,
    p < .001

    Optimismus-Skala (SOP2)

    Kemper et al. (2013)

    „Gutes“ von der Zukunft erwarten

    r(205) = .39,
    p < .001

    r(228) = .36,
    p < .001

    Career Futures Inventory (CFI)

    Rottinghaus et al. (2005)

    Berufliche Anpassungsfähigkeit/ Adaptabilität

    r(205) = .40,
    p < .001

    r(228) = .50,
    p < .001

    Resilienzskala (RS11)

    Schumacher et al. (2005)

    Psychische Widerstandsfähigkeit

    r(205) = .54,
    p < .001

    r(228) = .47,
    p < .001

    Internale Kontrollüberzeugung-4 ( Subskala IE4)

    Kovaleva et al. (2012b)

    Überzeugung hinsichtlich der Fähigkeit zur Kontrolle der individuellen Zukunft und Ereignisse

    r(205) = .46,
    p < .001

    r(228) = .37,
    p < .001

    Ausdauer (Subskala I-8)

    Kovaleva et al. (2012a)

    Tendenz, Begonnenes zu beenden (Zielbindung)

    r(205) = .41,
    p < .001

    r(228) = .35,
    p < .001

     

    Diskriminante Validität

    Erwartungskonform hing die BSW-5-Rev negativ mit impulsivem Verhalten sowie externaler Kontrollüberzeugung zusammen. Positive, aber im Sinne einer Abgrenzung eher schwache Korrelationen zeigten sich zur Risikobereitschaft und der Tendenz, Handlungen im Vorfeld zu durchdenken (Absichtsplanung). In Bezug auf Communion als Streben nach Gemeinschaft und Bindung ergab sich ein unterschiedliches Bild zwischen beiden Gruppen: kein Zusammenhang ergab sich in der Gruppe der Studierenden. Für die Erwerbstätigen ließ sich eine schwach positive Assoziation zwischen Communion und der BSW-5-Rev erkennen. Möglicherweise weist dies auf eine diskriminante Validität hin, weil im Arbeitskontext berufliche Selbstwirksamkeitserwartungen und ein Gemeinschaftssinn miteinander einhergehen können (Stichwort: Teamwork). Entsprechende Ergebnisse sind in Tabelle 11 dargestellt.

     

    Tabelle 11

    Ergebnisse zur divergenten Validierung der BSW-5-Rev (Pearson-Korrelation, einseitig).

    Konstrukt / Skala

    Quelle

    Inhalt

    Zusammenhang BSW-5-Rev
    (Studierende)

    Zusammenhang BSW-5-Rev
    (Erwerbstätige)

    Dringlichkeit  (Subskala I-8)

    Kovaleva et al. (2012a)

    Tendenz, Handlungen spontan auszuführen, ohne die Folgen zu beachten

    r(205) = -.25, p < .001

    r(228) = -.20, p = .003

    Risikobereitschaft (Subskala  I-8)

    Kovaleva et al. (2012a)

    Tendenz, Risiken einzugehen

    r(205) = .16,
    p = .012

    r(228) = .24,
    p < .001

    Absicht  
    (Subskala I-8)

    Kovaleva et al. (2012a)

    Tendenz, Handlungen im Vorfeld zu durchdenken

    r(205) = .16,
    p = .013

    r(228) = .13,
    p = .06

    Big 2 (Communion) – Eigen-schaftslisten

    Uchronski (2010)

    Streben nach Gemeinschaft und Bindung

    r(205) = .03,
    p = .32

    r(228) = .19,
    p = .003

    Subskala Externale-Kontrollüberzeugung-4 (IE4)

    Kovaleva et al. (2012b)

    Externale Kontrollüberzeugung: Gefühl, dem Schicksal oder der Umwelt ausgeliefert zu sein

    r(205) = .-23,
    p < .001

    r(228) = -.24,
    p < .001

     

    Kriteriumsvalidität

    Die Kriteriumsvalidität wurde anhand „harter“ erwerbsbiografischer Fakten bestimmt. Es lassen sich für beide Stichproben Hinweise auf die Kriteriumsvalidität der BSW-5-Rev finden (konkurrent erhoben).

    Für die Stichprobe studierender Personen gilt Folgendes:

    • Studierende mit einer besseren Schulabschlussnote berichten eine höhere berufliche Selbstwirksamkeitserwartung (r(205) = -.14, p > .05).
    • Je höher die berufliche Selbstwirksamkeitserwartung ausfällt, desto positiver wird die anvisierte, voraussichtlich erreichbare Abschlussnote im Studium eingeschätzt (r(205) = -.16, p < .05).

    Für die Stichprobe erwerbstätiger Personen gilt Folgendes:

    • Es kann kein signifikanter Zusammenhang zwischen Schulabschlussnote und beruflicher Selbstwirksamkeitserwartung bei Erwerbstätigen festgestellt werden (r(226) = -.06, p = .18). Möglicherweise kann dies durch den größeren zeitlichen Abstand zwischen Beurteilungszeitpunkt und Erwerb der Abschlussnote verglichen mit den Studierenden erklärt werden.
    • Erwerbstätige, die mehr Berufserfahrung aufweisen, zeigen eine höhere berufliche Selbstwirksamkeit. Dies gilt sowohl für die gesamte Dauer der Berufserfahrung (r(228) = -.22, p < .001) als auch für die Dauer der Berufserfahrung im aktuellen Beschäftigungsverhältnis (r(228) = .16, p = .01).
    • Je höher der selbst berichtete Leistungsanspruch an sich selbst ausfällt, desto höher war die berufliche Selbstwirksamkeitserwartung (r(228) = .11, p < .05).

    Deskriptive Statistiken

    Der Skalenmittelwert lag bei den Studierenden bei M = 3.15 (SD = 0.50, Min = 1.60 Max = 4, Md = 3.2). Erwerbstätige lagen im Mittel bei M = 3.38 (SD = 0.44, Min = 1.80 Max = 4, Md = 3.4). Im direkten Vergleich zu den Erwerbstätigen beurteilten sich die Studierenden als etwas weniger beruflich selbstwirksam (t(406,92)=4.97, p <.001, d = 0.48). Aus deskriptiver Sicht zeigte sich in beiden Versionen eine gewisse Tendenz zur Zustimmung (Mittelwerte oberhalb der theoretischen Skalenmitte von 2.5).

     

    Nebengütekriterien

    Mit der BSW-5-Rev liegt ein äußerst ökonomisches Erhebungsinstrument zur Erfassung von beruflichen Selbstwirksamkeitserwartungen vor. Das Instrument wurde in beiden Stichproben im Mittel in 1.05 Minuten bearbeitet (SD = 1.13 Minuten, Spanne: 0.30 – 14.77 Minuten, Md = 0.80 Minuten; datenbasierte Analyse der Verweildauer auf der entsprechenden Seite des Online-Fragebogens). Im Kontext von (anonymen) Befragungen für definierte Forschungskontexte ist nicht mit einer Verfälschung durch die Befragten zu rechnen. Wird das Verfahren zur Einzelfall-Diagnostik verwendet, hängt es von der Zielsetzung der Diagnostik ab, inwieweit mit systematischen Verzerrungseffekten zu rechnen sein kann.

     

    Dr. Jens Knispel, Veneta Slavchova (M.Sc.), PD Dr. Viktoria Arling, RWTH Aachen, Institut für Psychologie, Lehr- und Forschungsgebiet Gesundheitspsychologie, Jägerstraße 17-19, 52066 Aachen