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Epidemiebezogene Dark Future Scale für Kinder (eDFS-K) am Beispiel von COVID-19

  • Author: Voltmer, K. & von Salisch, M.
  • In ZIS since: 2021
  • DOI: https://doi.org/10.6102/zis307
  • Abstract: The epidemic-related Dark Future Scale for Children (eDFS-K) is based on the Dark Future Scale by Zaleski (1996). It assesses children's fears about the future in specific relation to an epidemic (or ... morepandemic) and the associated changes and constraints in society. In the present work, the scale was related to the corona pandemic in the years 2020/2021. The likert-scaled questionnaire includes four items and is designed for children between the ages of eight and twelve. The scale was first adminis-tered to N = 140 third- and fourth-grade students at several elementary schools in Lower Saxony, Germany in the context of the Atempause intervention study. less
  • Language Documentation: deutsch
  • Language Items: German
  • Number of Items: 4
  • Survey Mode: CAPI in der Ersterhebung
  • Processing Time: 3-5 Minuten bei Durchführung im Klassenverband und Vorlesen der Instruktion und Items. Bei Einzelbefragung und Selbstlesen der Kinder kann die Durchführungsdauer je nach Lesekompetenz variieren. Keine Zeitbegrenzung.
  • Reliability: Cronbachs Alpha = .76; McDonalds Omega = .76; Retest-Korrelation = .34 (in Substichprobe)
  • Validity: Hinweise auf Inhaltsvalidität, faktorielle Validität, konvergente und diskriminante Konstruktvalidität und konkurrente Kriteriumsvalidität
  • Construct: epidemiebezogene Zukunftsangst
  • Catchwords: Zukunftsangst, Kinder, Pandemie, Epidemie, Corona | anxiety about the future, children, pandemic, epidemic, Covid
  • Item(s) used in Representative Survey: nein
  • Status of Development: erprobt
    • Instruktion

      Sicherlich ist auch Dir schon [das Corona-Virus] begegnet. Zum Beispiel durften fast alle Kinder lange Zeit nicht zur Schule gehen und viele Erwachsene konnten nicht zur Arbeit gehen. Wir möchten Dir einige Fragen darüber stellen, was Du glaubst, welche Folgen [das Corona-Virus] für Dich haben wird.

       

      Items

      Tabelle 1

      Items der Skala epidemiebezogene Dark Future Scale für Kinder

      Nr.

      Item

      Polung

      1

      Hast Du Angst, dass [das Corona-Virus] noch lange bleiben wird?

      +

      2

      Hast Du Angst, das Dein Leben durch [das Corona-Virus] schlechter wird?

      +

      3

      Hast Du Angst, dass sich Deine Familie durch [das Corona-Virus] bald weniger leisten kann?

      +

      4

      Hast Du Angst, dass Du durch [das Corona-Virus] in Zukunft Deine Hobbies, Deinen Schulabschluss oder Deinen Wunschberuf nicht mehr machen kannst?

      +

      Anmerkung. Der Ausdruck „das Corona-Virus“ kann beliebig durch andere Krankheiten, Viren etc. ausgetauscht werden.

       

      Antwortvorgaben

      Die vier Antwortvorgaben der Items lauten „Nie“, „Selten“, „Manchmal“ und „Oft“.

       

      Auswertungshinweise

      Bei der Auswertung wird der Antwortvorgabe „Nie“ der Wert 0 zugeordnet, „Selten“ erhält den Wert 1, „Manchmal“ den Wert 2 und „Oft“ den Wert 3. Alle Items sind positiv kodiert und werden zu einer gemeinsamen Skala zusammengefasst. Zur Ermittlung des Rohwertes wird die ungewichtete Summe aller Itemwerte ermittelt, sodass ein Skalenrohwert von 0 bis 12 Punkten erreicht werden kann. Bei fehlenden Werten ist die Gesamtskala nicht auszuwerten.

       

      Anwendungsbereich

      Die eDFS-K kann zur Erfassung von epidemie- oder pandemiebezogenen emotionalen Auffälligkeiten bei Kindern im Alter zwischen acht und zwölf Jahren eingesetzt werden. Bei der hier vorliegenden Stichprobe wurden die Antworten der Kinder im Klassenverband digital auf Tablets erhoben, nachdem eine Testleiterin die Items vorgelesen hat. Aufgrund der wenigen kurzen Items kann der Befragungsmodus jedoch sehr variabel gewählt werden. Eine schriftliche Befragung (sowohl paper-pencil als auch digital am Tablet oder Computer) ist genauso möglich wie eine mündliche face-to-face Befragung oder ein telefonisches Interview. Aufgrund des abgefragten Konstrukts der Angst und den möglicherweise damit verbundenen Tendenzen, sozial-erwünscht zu antworten, ist eine schriftliche Befragung (digital oder analog [CASI, PASI]) einer mündlichen Befragung vorzuziehen. Eine Gruppenbefragung, z. B. im Klassenverband, ist möglich. Die Befragungsleitenden sollten mit der Durchführung von psychologischen Fragebögen bei Kindern vertraut sein und in Hinblick auf die Wahrung der Durchführungs-, Auswertungs- und Interpretationsobjektivität geschult werden. Die Bearbeitungszeit der Skala liegt in der Regel bei unter fünf Minuten. Lesen die Kinder selbst, kann die Beantwortung der Fragen entsprechend länger dauern, sollte jedoch nicht über 10 Minuten liegen.

    Die eDFS-K basiert auf dem Konstrukt der Zukunftsangst, wie es Zaleski (1996) beschreibt. Laut dieser Definition ist Zukunftsangst ein „Zustand der Befürchtung, Ungewissheit, Angst, Sorge und Beunruhigung vor ungünstigen Veränderungen in einer weiter entfernten persönlichen Zukunft“ (Zaleski, 1996, S. 165, eigene Übersetzung). Damit kann sich Zukunftsangst sowohl auf die Unerreichbarkeit einer gewünschten Zukunft als auch auf die Befürchtung von schlimmen Ereignissen, auf die eine Person selbst keinen oder wenig Einfluss hat, beziehen. Ausgelöst wird die Zukunftsangst laut Zaleski (1996) immer durch kognitive Repräsentationen der eigenen, weiter entfernten Zukunft, bei denen sich die Personen der erwarteten zukünftigen Ereignisse, mit denen sie dann umgehen müssen und deren Konsequenzen sie tragen, bewusst sind. Damit grenzt sich die Zukunftsangst von anderen Ängsten ab, bei denen z. B. die direkte physische Konfrontation mit einem aktuellen oder sehr nahen Ereignis (oder Gegenstand) und nicht die mentale Auseinandersetzung damit angstauslösend wirkt. Auch die Angst vor dem eigenen Tod, bei der sich die betreffende Person keine Zukunft vorstellt, in der sie lebt und handelt, fällt nicht unter das Konstrukt der Zukunftsangst. Nach der Definition von Zaleski (1996) bezieht sich Zukunftsangst nicht ausschließlich auf konkrete zukünftige Ereignisse, sondern auch auf die allgemeine Vorstellung der persönlichen Zukunft mit Krisen, Schwierigkeiten, dem Nicht-Erreichen von wichtigen Zielen und sozialen Aspekten. Diese allgemeine Zukunftsangst erreicht laut Zaleski (1996) in einem Alter zwischen 20 und 30 Jahren ihren Höhepunkt, weil die Personen dann bereits auf frühere Erfahrungen von Erfolg oder Misserfolg, ausgeprägtere kognitive Fähigkeiten sowie auf ein tieferes Verständnis der Beziehung zwischen ihren gegenwärtigen Handlungen und zukünftigen Ergebnissen zurückgreifen können.

    Zaleski (1996) entwickelte und validierte auf der Basis seiner theoretischen Arbeit die Future Anxiety Scale, die die Zukunftsangst von Erwachsenen mit insgesamt 29 Items (inklusive vier positiver Füllitems) erfasst. Sowohl diese Version als auch die auf fünf Items gekürzte Fassung, die Dark Future Scale (Zaleski et al., 2019), werden in internationalen Studien mit Erwachsenen genutzt (z. B. Dadaczynski et al., 2021). Ein ähnliches Instrument für Erwachsene, welches sich auch auf die negativen Aspekte der Zukunft bezieht, ist die Future Negative Scale (Carelli et al., 2011), welche acht Items umfasst. Für Kinder hingegen existieren keine Fragebögen zur Erfassung der allgemeinen Zukunftsangst. Ein zumindest ähnliches Konstrukt erfasst der von Dalgleish et al. (2000) entwickelte Subjective Probability Questionnaire. Dies ist ein Fragebogen zur Selbsteinschätzung, in dem die Befragten angeben sollen, wie wahrscheinlich eine Reihe negativer Ereignisse in der Zukunft eintreten werden. Darüber hinaus werden immer wieder Fragen in Fragebogenbatterien eingefügt, die die Angst vor bestimmten Ereignissen in der Zukunft erfragen (z. B. in den Shell Jugendstudien), allerdings meist ohne psychometrische Analyse.

     

    Die individuelle Ausprägung der Zukunftsangst hängt laut Zaleski (1996) davon ab, welche persönliche Relevanz das zu erwartende Ereignis hat, wie hoch die Wahrscheinlichkeit eingeschätzt wird, dass dieses Ereignis wirklich eintritt, und als wie positiv eine Person ihre Fähigkeit zur Bewältigung des Ereignisses einschätzt. Diese Faktoren wiederrum hängen von persönlichen Prädispositionen und Erfahrungen und von aktuellen Trends der menschlichen Weltgeschichte ab. Dass in der Studie von Petri (1985), bei der 3499 Kinder und Jugendliche im Alter zwischen neun und achtzehn Jahren aus Westdeutschland untersucht wurden, 66% der Befragten über Angst vor einem Atomkrieg berichteten, war demnach vermutlich dem bis damals andauernden Wettrüsten der Weltmächte und der damit verbundenen erhöhten subjektiv empfundenen Wahrscheinlichkeit dieses Ereignisses, der enormen persönlichen Relevanz eines solchen Krieges und der persönlichen Ohnmacht zuzuschreiben. In einer australischen Studie berichtete die Hälfte der befragten 379 Vier- bis Siebenjährigen von dieser Angst. Bei den älteren Kindern und Jugendlichen (N = 864) stand die Angst vor einem Atomkrieg mit ca. 77% auf dem ersten Platz der Liste mit den am häufigsten berichteten Ängsten (Slee & Cross, 1989). Auch das direkte und indirekte Erleben von Terrorattacken, insbesondere der Anschläge auf das World Trade Center im Jahr 2001, lösten bei Kindern Stress und Angst vor weiteren Anschlägen aus (Burnham, 2007; Fremont et al., 2005). Aktuell berichtete die 18. Shell Jugendstudie (Albert et al., 2019), dass 66% der deutschen Befragten im Alter zwischen 12 und 25 Jahren angaben, Angst vor Terroranschlägen zu haben. Übertroffen wurde dieser Wert nur noch von der Angst vor dem Voranschreiten der Umweltverschmutzung (75%). Die Angst vor der wachsenden Feindlichkeit zwischen Menschen verschiedener Meinung (56%) und vor der wachsenden Ausländerfeindlichkeit (52%) waren in dieser Shell Studie ebenfalls ausgeprägt. Damit waren die Ängste vor den Auswirkungen gesellschaftlicher und politischer Ereignisse noch weiterverbreitet als die persönlichen Ängste, wie z. B. die Angst vor einem Arbeitsplatzverlust oder davor, keinen Ausbildungsplatz zu finden, die nur etwa jede/r Dritte Befragte angab (Albert et al., 2019).

     

    Die langfristigen Folgen der COVID-19 Pandemie, welche im März 2020 von der WHO ausgerufen wurde, waren zum Zeitpunkt der Entwicklung der eDFS-K nur zu erahnen. Doch bereits einige Monate nach Ausbruch der Pandemie berichteten die ersten Studien von den Auswirkungen der Einschränkungen des öffentlichen und privaten Lebens im Rahmen der Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie auf das Wohlbefinden und die Gesundheit der Menschen, insbesondere von Kindern (Cuevas-Parra & Stephano, 2020; Schlack et al., 2020). Die gesundheitliche Bedrohung durch das SARS-CoV-2 Virus stellte ebenfalls eine Belastung für viele Menschen dar (Kuehner et al., 2020). Die gesundheitliche Gefahr des Virus für Kinder wurde als niedrig eingeschätzt (Sinha et al., 2020). Jedoch brachten die flächendeckenden Schließungen von Schulen und Kindergärten, Spielplätzen und Sportvereinen und die angeordneten Einschränkungen privater Treffen das soziale Leben vieler Kinder und Jugendlichen fast vollständig zum Erliegen. Manche Familien hatten darüber hinaus unter wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu leiden. Die Möglichkeit, zwar selbst nicht schwer an COVID-19 zu erkranken, das Virus jedoch an andere vulnerable Personen, wie z.B. Eltern, Großeltern oder Angehörige mit Vorerkrankungen weitergeben zu können, stellte für viele Kinder und Jugendliche ebenfalls eine große Belastung dar (DAK-Gesundheit, 2020; Oosterhoff et al., 2020).
    Bereits kurz nach Ausbruch der Pandemie haben sich einige Forschende mit der Entwicklung von Skalen befasst, die Angst und Stress in Bezug auf COVID-19 bei Erwachsenen erfragen. So wurde im Iran die sieben Items umfassende Fear of COVID-19 Scale entwickelt (Ahorsu et al., 2020) und bereits in verschiedene Sprachen übersetzt und validiert (z. B. Martínez-Lorca et al., 2020; Nguyen et al., 2020; Reznik et al., 2020). Lee (2020) entwickelte die Coronavirus Anxiety Scale, die fünf Items umfasst. Und Ellis et al. (2020) entwarfen ebenfalls acht COVID-19 Stress Items. Speziell für Kinder existieren zumindest im deutschsprachigen Raum jedoch keine COVID-19 spezifischen Angst-Fragebögen. Häufig werden einzelne Items wie „Wie sehr beunruhigt dich das Coronavirus?“ in größeren Befragungen wie z.B. der österreichischen Jugendwertstudie 2020 (T-Factory & Institut für Jugendkulturforschung, 2020) genutzt. Darüber hinaus werden die psychischen Belastungen und Angsterfahrungen der Kinder und Jugendlichen während der Coronapandemie häufig mit etablierten allgemeinen Screening- oder Diagnoseinstrumenten erfasst und dann mit Daten aus früheren Erhebungen (vor der Pandemie) verglichen. Dies ist z. B. auch in der deutschlandweiten, repräsentativen COPSY-Studie der Fall (Ravens-Sieberer et al., 2020). Diese berichtet davon, dass die Prävalenz psychischer Erkrankungen bei den Sieben- bis Zehnjährigen von 7% vor der Pandemie auf 27% während der Pandemie stieg. Bei den 11- bis 17-Jährigen gab es einen Anstieg der selbst berichteten generellen Angst von 15% auf 24%. Auch psychosomatische Beschwerden wie Gereiztheit, Schlafprobleme und Kopf- und Bauchschmerzen traten vermehrt auf. Eine erneute Befragung während des zweiten bundesweiten Lockdowns von Mitte Dezember 2020 bis Mitte Januar 2021 zeigte, dass sich diese Situation bei den meisten Variablen weiter verschlechterte (Ravens-Sieberer et al., 2021). Ob der Trend anhält, sich die Belastungserfahrungen der Kinder und Jugendlichen auf diesem hohen Niveau einpendeln oder die Zahlen wieder zurückgehen, hängt vermutlich mit dem weiteren Verlauf der Pandemie zusammen.

     

    Laut Einschätzung der Wissenschaft wird die Krankheit COVID-19 auch mit einer hohen Impfquote in der Bevölkerung nicht vollständig verschwinden (Lavine et al., 2021; Shaman & Galanti, 2020). Darüber hinaus liegt laut einer Studie (Marani et al., 2021) die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten eine Epidemie jedes Jahr bei ca. 2%. Das heißt, dass ein im Jahr 2000 geborener Mensch mit einer Wahrscheinlichkeit von 38% eine Epidemie in seinem Leben erleben wird. Diese Wahrscheinlichkeit nimmt weiter zu und könnte sich in den nächsten Dekaden verdoppeln (Marani et al., 2021). Auch zukünftig werden Epidemien und Pandemien und die damit verbundenen Einschränkungen Bedrohungen für die psychische Gesundheit von Kindern darstellen.

    Itemkonstruktion und Itemselektion

    Die Entwicklung der Items der eDFS-K fand im Juni 2020 im Rahmen eines Forschungsprojektes statt, für welches im September 2020 die Datenerhebung startete. Die vier Items der Skala basieren auf der von Zaleski et al. (2019) aus der Future Anxiety Scale entwickelten Dark Future Skale mit fünf Items. Diese Skala wurde von Dadaczynski et al. (2021) ebenfalls im Rahmen einer Studie über die Auswirkungen der Coronapandemie auf Deutsch übersetzt. Die Übersetzung fand laut Aussage von Kevin Dadaczynski mittels der Vorwärts- und Rückwärtsübersetzung durch eine/n Muttersprachler/in aus dem Englischen statt und wurde von einer geringen Anzahl von Studierenden einem Prätest unterzogen. In Tabelle 2 sind die Items der deutschen Skala für Studierende zu finden.

     

    Tabelle 2

    Items der Deutschen Version der Dark Future Scale von Dadaczynski et al. (2021)

    Nr.

    Item

    Polung

    1

    Ich fürchte, dass die Probleme, die mich jetzt beunruhigen, noch lange andauern werden.

    +

    2

    Mich erschreckt der Gedanke, dass ich manchmal mit den Krisen oder Schwierigkeiten des Lebens konfrontiert bin.

    +

    3

    Ich fürchte, dass sich mein Leben in Zukunft zum Schlechteren wenden wird.

    +

    4

    Ich befürchte, dass Veränderungen in der wirtschaftlichen und politischen Situation meine Zukunft bedrohen werden.

    +

    5

    Mich beunruhigt der Gedanke, dass ich in Zukunft nicht mehr in der Lage sein werde, meine Ziele zu verwirklichen.

    +

     

    Da der Wortlaut der Items für Kinder zu anspruchsvoll war, wurden diese Items in Zusammenarbeit mit Kevin Dadaczynski und der Lehrerin Nina Engel von den Autorinnen an das Sprachniveau und das Verständnis von Grundschulkindern angepasst. So wurde ein konkreter Bezug zur Coronapandemie konstruiert, die Perspektive der Items geändert (von „Ich fürchte…“ zu „Hast Du Angst…“), konkretere Formen der „Zukunft“ gebildet und die siebenstufige Antwortskala zu einer vierstufigen Skala reduziert. Außerdem wurde das Item 2 der DFS ersatzlos aus der Skala entfernt, da sich für dieses keine kindgerechte Formulierung finden ließ. Die vier Items der eDFS-K wurden dann im August 2020 in einer Pilotierung der Fragebogenbatterie des Forschungsprojektes mit einer dritten Klasse einer Grundschule auf Verständlichkeit überprüft.  

     

    Stichprobe

    Die Stichprobe für die vorliegenden Analysen bestand aus N = 140 Kindern im Alter zwischen 7 und 11 Jahren (M = 8.8, SD = 0.704), die aus insgesamt neun Grundschulklassen (3. und 4. Jahrgang) rekrutiert wurden. Mit n = 68 waren 49% der Kinder weiblich. Die Daten wurden im Rahmen einer Interventionsstudie erhoben, bei denen die Kinder in eine Interventionsgruppe (N = 81) und eine aktive Kontrollgruppe eingeteilt wurden (N = 59) und zu drei Messzeitpunkten (vor der Intervention, direkt nach der Intervention und einige Monate nach der Intervention) zu verschiedenen Konstrukten befragt wurden. Da sich die vorliegenden Analysen auf die Daten des ersten Messzeitpunktes vor der Intervention, bezogen und dadurch Interventionseffekte ausgeschlossen werden können, wurden die Daten aus beiden Gruppen gemeinsam analysiert. Zusätzlich zu den Kindern wurden außerdem die jeweiligen Klassenlehrkräfte (N = 9) zu Stärken und Schwierigkeiten des Kindes (SDQ) befragt. Mittels Elternfragebögen wurde der sozioökonomische Hintergrund des Kindes in Form des höchsten Bildungsabschlusses innerhalb der Familie erfasst. In der vorliegenden Stichprobe konnte für n = 134 Kinder (90%) der höchste Bildungsabschluss der Eltern berechnet werden. Die Verteilung der Bildungsabschlüsse ist in Tabelle 3 dargestellt. Insgesamt hatte in n = 104 Familien (76%) mindestens ein Elternteil einen Berufsqualifizierenden Abschluss (Berufsausbildung/Lehre, Fachschulabschluss oder Hochschulabschluss). Der Migrationshintergrund der Kinder wurde ebenfalls durch den Elternfragebogen erfasst. Zwölf Kinder (9%) wurden außerhalb Deutschlands geboren, für zwei Kinder lagen keine Informationen vor. Bei n = 31 Kindern (24%) wurde mindestens ein Elternteil im Ausland geboren, für n = 18 Kinder (12%) lag keine Information über den Geburtsort der Eltern vor. Siebenundzwanzig Kinder (19%) sprachen laut Elternangaben eine weitere Sprache außer Deutsch zu Hause. Nach der Definition von Schenk et al. (2006) hatten demnach n = 27 Kinder (19%) einen Migrationshintergrund, der bei n = 4 Kindern (3%) nicht berechnet werden konnte.

     

    Die Daten der Kinder wurden im September 2020 mittels digitaler Befragung mit Tablets im Klassenverband erhoben. Dabei wurden die Fragen zum Geschlecht und Geburtsdatum, sowie die eDFS-K von einer Testleiterin der ganzen Klasse vorgelesen und von den Kindern individuell auf einem Tablet beantwortet. Bei der Beantwortung über das Tablet wurden die Kinder bei Bedarf (z.B. bei technischen Schwierigkeiten oder geringer Medienkompetenz) von weiteren Testleiterinnen unterstützt. Die Beantwortung der eDFS-K war ein Teil der Befragung/Testung, die insgesamt ca. drei bis vier Unterrichtsstunden dauerte und von den üblichen Unterrichtspausen unterbrochen wurde. Die Fragen der eDFS-K wurden in der ersten Unterrichtsstunde beantwortet. Die Befragung der Kinder fand nur mit schriftlichem Einverständnis einer erziehungsberechtigen Person statt und war für die Kinder freiwillig. Kinder, die nicht an der Befragung teilnehmen durften oder wollten, wurden entweder in einem anderen Raum betreut oder beschäftigten sich während der Befragung still mit von der Lehrkraft zur Verfügung gestellten Materialien. Im Anschluss an die Befragung erhielten alle anwesenden Kinder ein kleines Geschenk. Alle Kinder haben alle Items der eDFS-K zum ersten Messzeitpunkt beantwortet, wodurch es zu keinen fehlenden Werten in der Datenerhebung kam.

      

     

    Tabelle 3

    Verteilung der höchsten Bildungsabschlüsse in den Familien der teilnehmenden Kinder

     

    Anzahl

    %

    Kein Schulabschluss

    5

    3.7

    Hauptschulabschluss1

    5

    3.7

    Realschulabschluss1

    13

    9.7

    Abitur

    7

    5.2

    Berufsausbildung/Lehre

    24

    17.9

    Fachschulabschluss

    12

    9.0

    Hochschulabschluss

    68

    50.7

    Gesamt

    134

    100

    Anmerkung. 1oder vergleichbare Abschlüsse

     

     

    Itemanalysen

    Alle Analysen wurden mit der Statistiksoftware R (Version 3.6.3; R Core Team, 2013) durchgeführt. Da eine einfaktorielle Struktur der Daten angenommen wurde, wurde eine konfirmatorische Faktorenanalyse mit dem R-Paket lavaan (Version 0.6-5; Rosseel, 2012) durchgeführt. Dafür wurde der robuste Maximum Liklihood Schätzer genutzt. Zur Bewertung des Fits wurden der Comparative Fit Index (CFI), der Root Mean Square Error of Approximation (RMSEA) und der Standardized Root Mean Square Residual (SRMR) herangezogen. Für einen guten Fit sollte der CFI bei ≥ .95, der RMSEA bei ≤ .06 und der SRMR bei ≤ .08 liegen (Hu & Bentler, 1999). Das geschätzte einfaktorielle Modell der eDFS-K erreichte einen insgesamt guten Fit (c²(2) = 6.475, p = .039; CFI = .96; RMSEA = .133; SRMR = .041, N = 140). Die Werte des CFI und des SRMR lagen im sehr guten Bereich. Der c²-Wert wurde nur relativ knapp signifikant. Lediglich der RMSEA weist auf einen schlechten Modellfit hin. Allerdings liegt der RMSEA bei kleinen Stichproben häufig trotz Modellpassung über dem empfohlenen Cutoff (Hu & Bentler, 1999). Die standardisierten Pfadkoeffizenten und Fehlervarianzen sind der Abbildung 1 zu entnehmen. Die Pfadkoeffizienten variierten zwischen .624 und .729 und unterstützen damit die angenommene einfaktorielle Struktur der Daten.

     

     

     

     

    Abbildung 1. Modell der einfaktoriellen Struktur der eDFS-K. Standardisierte Pfadkoeffizienten und Fehlervarianzen.

     

    Itemkennwerte

    In Tabelle 4 sind die Itemkennwerte der eDFS-K abgebildet. Die Trennschärfen aller Items weisen einen Wert > .50 auf, was nach Fisseni (2004) auf eine sehr gute Trennschärfe hinweist. Die negative Schiefe und der vergleichsweise hohe Mittelwert von Item 1 zeigt an, dass bei diesem Item eine minimal linksschiefe Verteilung vorliegt und die Kinder etwas häufiger angegeben haben, „manchmal“ oder „oft“ Angst zu haben, dass das Coronavirus noch lange bleiben wird. Alle weiteren Items weisen eine rechtsschiefe Verteilung auf und einen eher niedrigen Mittelwert. Dies deckt sich damit, dass bei Item 1 lediglich 19% der Kinder angegeben haben, „nie“ Angst zu haben, dass das Coronavirus noch lange bleiben wird. Bei Item 2 bis Item 4 gab jeweils die Mehrheit der Kinder an, „nie“ Angst vor der jeweils beschriebenen Situation zu haben (Item 2: 36%, Item 3: 54%, Item 4: 46%).

     

    Tabelle 4

    Mittelwerte, Standardabweichungen, Schiefe, Kurtosis, Trennschärfen der manifesten Items

     

    M

    SD

    Schiefe

    Kurtosis

    Trennschärfe

    Item 1

    1.61

    1.06

    -0.12

    -1.21

    .53

    Item 2

    1.09

    1.03

    0.49

    -0.49

    .56

    Item 3

    0.86

    1.09

    0.90

    -0.65

    .55

    Item 4

    1.12

    1.22

    0.51

    -1.37

    .60

    Anmerkung. Skala von 0 (nie) bis 3 (oft), = 140.

    Objektivität

    Für die Datenerhebung im Interventionsprojekt wurden alle Testleiterinnen von der Projektleitung in der Durchführung der Datenerhebung geschult. Zum ersten Messzeitpunkt der Datenerhebung, von dem die vorliegenden Daten stammen, wurden die Items der eDFS-K in allen Klassen von derselben Person vorgelesen. Die Datenerhebung für die eDFS-K fand im Klassenverband statt. Ausnahmen bildeten hier Kinder, die zum Zeitpunkt der Datenerhebung nicht in der Schule anwesend waren. Diese wurden nach Möglichkeit einige Tage später in Kleingruppen befragt. Jedoch wurden auch hier die Items der Skala von einer geschulten Testleiterin vorgelesen. Da die Skala kurze und genaue Instruktionen beinhaltet, kann die Durchführungsobjektivität auch zukünftig gewährt werden.

    Für die Auswertung der Skala muss lediglich ein Summenwert der Antworten gebildet werden. Da alle Items positiv gepolt sind, ist es unwahrscheinlich, dass hierbei Fehler entstehen. Die Auswertung ist damit unabhängig von der auswertenden Person und für alle Kinder gleich.

    Durch die Auswertungshinweise in Kapitel 2 ist die Interpretationsobjektivität gegeben.

     

    Reliabilität

    Zu Schätzung der internen Konsistenz der eDFS-K wurde Cronbachs Alpha berechnet. Mit α = .76 kann der Wert unter der Berücksichtigung der geringen Anzahl an Items als akzeptabel angesehen werden. Bei keinem Item führte das Herauslassen aus der Skala zu einem höheren Wert und die mittlere Inter-itemkorrelation betrug r = .44. McDonalds Omega betrug ebenfalls .76, 95% CI [.67, .82]. Bei der Berechnung einer Retest-Korrelation ist zu beachten, dass die Kinder ein zum Zeitpunkt der Befragung aktuelles Ereignis bewerteten, welches sich im schnellen Wandel befand, weil die Infektionszahlen mit dem Coronavirus in Deutschland zwischen September und Dezember 2020 stark anstiegen. Die coronabezogene Zukunftsangst kann damit nicht als stabiles Merkmal bezeichnet werden. Die Retest-Korrelation nach 12 bis 16 Wochen wurde dennoch anhand der Daten der Kontrollgruppe des Interventionsprojektes berechnet und lag bei r(54) = .34, p = .012.

     

    Validität

    Alle Items der eDFS-K beginnen mit der Frage „Hast Du Angst…“ und beinhalten einen Bezug zum Coronavirus und (durch Wortwahl oder Grammatik) zur Zukunft. Die Items erfassen die coronabezogene Zukunftsangst im Sinne von Zaleski (1996) und Zaleski et al. (2019) repräsentativ, sodass die inhaltliche Validität der Skala gegeben ist.

    Die Faktorenanalyse (Kapitel 4) zeigt durch ausreichend hohe und wenig variierende Faktorladungen, dass die Items der Skala die coronabezogene Zukunftsangst hinreichend abbilden. Die Fit-Indizes des Modells deuten auf einen guten Fit der Daten zur einfaktoriellen Struktur. Damit ist die faktorielle Konstruktvalidität der Skala gegeben.

    Die konvergente und die diskriminante Konstruktvalidität der eDFS-K wurde anhand der Zusammenhänge der Skala mit weiteren in dem Interventionsprojekt untersuchten Variablen untersucht:

    Die Kinder wurden mit den Subskalen soziale Phobie und generalisierte Angststörung der Spence Children‘s Anxiety Scale (SCAS; Essau et al., 2002; Spence, 1998) befragt. Die SCAS wurde entwickelt, um den Schweregrad von Angstsymptomen von Kindern ab 8 Jahren zu beurteilen, die weitgehend mit den im DSM-IV vorgeschlagenen Dimensionen von Angststörungen übereinstimmen. Er dient daher zur Überprüfung der konvergenten Konstruktvalidität. Die beiden Subskalen umfassten insgesamt 11 ebenfalls vierstufig likert-skalierte Items (niemals, manchmal, häufig, immer) und wurden durch sechs positive Füllitems ergänzt. Ein Beispielitem aus der Skala soziale Phobie lautet „Ich habe Angst, dass ich mich vor anderen lächerlich mache“. Cronbachs Alpha lag für die Skala soziale Phobie bei α = .75 und für die Skala generalisierte Angststörung bei α = .67.

    Als ein weiteres Maß für die konvergente Konstruktvalidität wurde die Subskala emotionale Probleme des Strengths and Difficulties Questionnaire (SDQ; Goodman, 1997) genutzt. Hierbei handelt es sich um ein von der Lehrkraft ausgefülltes Rating der Stärken und Schwierigkeiten jedes Kindes. Die Skala emotionale Probleme umfasst fünf Items, bei der die Lehrkraft gebeten wird, entweder „nicht zutreffend“, „teilweise zutreffend“ oder „eindeutig zutreffend“ anzukreuzen. Ein Beispiel für ein Item lautet „Hat viele Sorgen; erscheint häufig bedrückt“. Cronbachs Alpha war mit α = .77 für diese Skala akzeptabel.

    Zur Überprüfung der diskriminanten Konstruktvalidität wurde der Zusammenhang der eDFS-K mit der Komponente Emotionen Erkennen des Adaptiven Tests des Emotionswissens für drei- bis neunjährige Kinder (ATEM 3-9, Voltmer & von Salisch, 2021) untersucht. Der ATEM 3-9 erfasst das Wissen und Verständnis der Kinder über die Emotionen andere Menschen mit insgesamt 32 Items in sieben Komponenten. Die Komponente Emotionen Erkennen beinhaltet sechs Items zum Erkennen von Emotionen in der Mimik. Da der ATEM 3-9 nach der Item-Response-Theorie konstruiert wurde, liegen Angaben zur EAP/PV-Reliabilität der Normstichprobe vor, die genau wie Cronbachs Alpha interpretiert wird. In der Normstichprobe des ATEM 3-9 lag die EAP/PV-Reliabilität für die Komponente Emotionen Erkennen bei .87 (Voltmer & von Salisch, 2021). 

    Alle Zusammenhänge zur Bestimmung der konvergenten und diskriminanten Konstruktvalidität sind in Form von Bonferroni-korrigierten Pearson Korrelationen in Tabelle 5 abgebildet. Da nur eine Substichprobe den ATEM 3-9 durchgeführt hat, ist das N für diesen Zusammenhang entsprechend geringer.

     

    Tabelle 5

    Bonferroni-korrigierten Pearson Korrelationen zwischen der coronabezogenen Dark Future Scale und Variablen zur Bestimmung der konver-

    genten und diskriminanten Konstruktvalidität (N in Klammern)

     

    SCAS_soz

    SCAS_gen

    SDQ_emo

    ATEM 3-9_EE

    eDFS-K

    .46*** (139)

    .55*** (139)

    .19* (139)

    -.09 (65)

    Anmerkung. SCAS_soz: SCAS Subskala soziale Phobie; SCAS_gen: SCAS Subskala generalisierte Angststörung; SDQ_emo_ SDQ Subskala

    emotionale Probleme; ATEM 3-9_EE: ATEM 3-9 Komponente Emotionen Erkennen. ***: p < .001; *: p < .05

     

    Die nach Cohen (1992) als mittel bis hoch einzuschätzenden Korrelationen der eDFS-K mit den beiden Subskalen der SCAS deuten auf eine teilweise, jedoch nicht vollständige Überlappung der beiden erhobenen Konstrukte und damit auf eine hohe konvergente Konstruktvalidität hin. Die Korrelation mit der Skala emotionale Probleme ist als niedrig einzuschätzen, ist jedoch signifikant. Da es sich bei dem SDQ um ein Fremdberichtsmaß und bei der eDFS-K um einen Selbstbericht handelt, ist die Korrelation als ausreichend zu bewerten, um ebenfalls auf eine gute konvergente Konstruktvalidität hinzuweisen. Da die Überlappung zwischen der eDFS-K, die die selbstberichtete Ausprägung einer Emotion angeben soll, und dem Erkennen von Emotionen bei anderen Menschen, gemessen mit dem ATEM 3-9, nicht signifikant ist, ist die diskriminante Konstruktvalidität gegeben.

     

    Als Maß der Kriteriumsvalidität wurde der Zusammenhang zwischen der coronabezogenen Zukunftsangst und der Betroffenheit der Familie des Kindes von der Coronapandemie ermittelt. Da die Kinder erst zum zweiten Messzeitpunkt des Interventionsprojekts zu der Betroffenheit der Familie von der Pandemie befragt wurden, wurden für diese Analysen lediglich die Daten der Kinder aus der Kontrollgruppe des zweiten Messzeitpunktes genutzt. Die Kinder wurden gefragt, ob sie selbst, ein enges Familienmitglied oder Bekannte wegen der Coronapandemie in häusliche Quarantäne mussten. Aus den Angaben wurde eine dichotome Variable konstruiert, aus der hervorging, ob die Familie des Kindes (inkl. des Kindes selbst) in häusliche Quarantäne musste oder nicht[1]. Erwartet wurde, dass diejenigen Kinder, deren Familie bereits von der Pandemie betroffen war (d. h. in häusliche Quarantäne musste) einen höheren Wert der coronabezogenen Zukunftsangst erreichten. Eine univariate Varianzanalyse bestätigte einen signifikanten positiven Effekt der Betroffenheit der Familie von der Coronapandemie auf die coronabezogene Zukunftsangst (F(1) = 4.912, p = .031, η² = .081, N = 58). Die Ausprägung der coronabezogenen Zukunftsangst hängt demnach signifikant mit dem Kriterium der Betroffenheit der Familie des Kindes zusammen.

     

    Soziodemografische Variablen (Korrelationen und Mittelwertsvergleiche)

    Die Ausprägung der coronabezogenen Zukunftsangst stieg tendenziell mit dem Alter des Kindes (r(140) = .15, p = .074). Bisher wurden keine Daten zur Entwicklung von Zukunftsängsten bei Kindern und Jugendlichen veröffentlicht, jedoch stehen diese Ergebnisse im Einklang mit Zaleskis (1996) Angaben, die Zukunftsangst erreiche im frühen Erwachsenenalter ihren Höhepunkt, da jüngere Menschen noch nicht auf so viele frühere Erfahrungen von Erfolg oder Misserfolg und auf weniger ausgeprägte kognitive Fähigkeiten zurückgreifen können. Mädchen (M = 5.35, SD = 3.54) berichten, wie bei anderen Angstskalen auch (z. B. Ohannessian et al., 2017), eine ausgeprägtere coronabezogene Zukunftsangst als Jungen (M = 4.06, SD = 3.10; t(138) = -2.312, p = .022). Kinder, von denen mindestens ein Elternteil eine berufsqualifizierende Ausbildung abgeschlossen hatte, berichteten von einer signifikant geringer ausgeprägten coronabezogenen Zukunftsangst (M = 4.12, SD = 2.90) als Kinder, in deren Familie kein berufsqualifizierender Bildungsabschluss vorhanden war (M = 6.10, SD = 4.06; t(37) = -2.499, p = .017). Ähnlich verhielt es sich bezüglich des Migrationshintergrundes der Kinder: Kinder mit Migrationshintergrund berichteten von einer ausgeprägteren coronabezogenen Zukunftsangst (M = 6.00, SD = 3.35) als Kinder ohne Migrationshintergrund (M = 4.38, SD = 3.31; t(39) = 2.260, p = .029). Da jedoch bei 87% der Kinder ohne Migrationshintergrund mindestens ein Elternteil eine berufsqualifizierende Ausbildung abgeschlossen hatte (Kinder mit Migrationshintergrund: 39%), waren diese beiden Variablen stark konfundiert. In einer gemeinsamen Varianzanalyse war lediglich der höchste Bildungsabschluss der Eltern ein signifikanter Prädiktor der coronabezogenen Zukunftsangst ihrer Kinder (F(1) = 9.020, p = .003).

    In Hinblick auf die soziodemografischen Hintergründe der Zukunftsangst bei Kindern liegen bisher keine Daten vor. Lediglich in einer Studie von Bujnowska et al. (2019) berichten Eltern von Kindern mit einer Entwicklungsstörung, die einen niedrigeren Bildungsgrad aufwiesen von stärker ausgeprägten Zukunftsängsten als Eltern von Kindern mit einer Entwicklungsstörung, die einen höheren Bildungsgrad aufwiesen. Anzunehmen ist, dass Kinder aus Familien mit einem allgemein niedrigeren Bildungsgrad von einer ausgeprägteren coronabezogenen Zukunftsangst berichten, da die Eltern vermutlich öfter in einem von der Pandemie stark betroffenen Wirtschaftszweig (oft im Niedriglohnsektor) beschäftigt sind und die Wahrscheinlichkeit von finanziellen Einbußen für diese Familien höher ist.

     

     

    Deskriptive Statistiken

    In Tabelle 6 sind die deskriptiven Statistiken der eDFS-K abgebildet.

     

    Tabelle 6

    Mittelwerte, Standardabweichungen, Spannweite, Schiefe und Kurtosis der eDFS-K

     

    M

    SD

    Spannweite

    Schiefe

    Kurtosis

    eDFS-K

    4.69

    3.37

    0 - 12

    0.50

    -0.86

    Anmerkung. Skala von 0 – 12. = 140.

     

    Nebengütekriterien

    Die Bearbeitungszeit der eDFS-K hängt davon ab, wie die Items der Skala vorgegeben werden. Werden die Items, insbesondere bei jüngeren Kindern, von der Testleitung vorgelesen, liegt die geschätzte Bearbeitungszeit in der Regel bei unter fünf Minuten. Lesen die Kinder selbst, kann die Beantwortung der Fragen entsprechend länger dauern, sollte jedoch nicht über 10 Minuten liegen. Damit ist die Ökonomie der eDFS-K gegeben. Es ist zu beachten, dass es sich bei der eDFS-K um einen Selbstberichtfragebogen handelt, bei dem die Kinder im Sinne der sozialen Erwünschtheit antworten könnten oder eigene Ängste nicht zugeben wollen. Daher ist besonders bei Erhebungen in Gruppen (z.B. im Klassenverband) auf eine anonyme Durchführung zu achten, um die Wahrscheinlichkeit von Verfälschungen gering zu halten. Da alle Items der eDFS-K positiv gepolt sind, ist auszuschließen, dass Kinder aufgrund von flüchtigem Lesen der Items versehentlich einen Wert mit entgegengesetzter Valenz angeben.

     

     

    Danksagung

    Unser Dank gilt den studentischen Hilfskräften Martha Jez, Annika Thaer, Paulina Buss, Karen Helmsen, Lara Wirdemann, Lara Baerens und Nadine Karnetzke für die tatkräftige Unterstützung bei der Datenerhebung. Wir danken Kevin Dadaczynski, Nina Engel und Stephan Schiemann für die reibungslose Zusammenarbeit bei der Konstruktion der epidemiebezogenen Dark Future Scale für Kinder und den Kindern, Lehrkräften und Eltern für ihre Auskunftsbereitschaft im Rahmen der Interventionsstudie.



    [1] Da fast alle Kinder mindestens eine/n Bekannte/n hatten, der/die in häusliche Quarantäne musste, wurde diese Angabe bei der Bildung der dichotomen Variable nicht berücksichtigt.