Instruktion
Jeder Mensch hat ja bestimmte Vorstellungen, die sein Leben und Denken bestimmen. Für uns sind Ihre Vorstellungen wichtig. Wenn Sie einmal daran denken, welche Ziele Sie in Ihrem Leben eigentlich anstreben: Wie wichtig sind Ihnen dann die Ziele und Lebenseinstellungen, die wir hier aufgeschrieben haben? Bitte schauen Sie sich die einzelnen Punkte an und kreuzen Sie jeweils auf der Skala von 1 bis 7 an, wie wichtig Ihnen das ist. “Sieben” bedeutet, dass es für Sie sehr wichtig ist, und “eins” bedeutet, dass es für Sie ganz unwichtig ist. Mit den Werten dazwischen können Sie die Wichtigkeit der einzelnen Punkte abstufen.
Items
Tabelle 1: Items der Kurzskala „Individuelle reflexive Werte“
Nummer |
Item IRV-Kurzskala |
Übergeordnete Werte |
1 |
Am Althergebrachten festhalten. |
Traditionelle Werte |
2 |
Gesetz und Ordnung respektieren. |
|
3 |
Nach Sicherheit streben |
|
4 |
Ein Leben mit viel Vergnügen führen. |
Moderne Werte |
5 |
Ein aufregendes Leben führen. |
|
6 |
Eigenverantwortlich leben und handeln. |
|
7 |
Ein gutes Familienleben führen |
Idealistische Werte |
8 |
Sozial benachteiligten Gruppen helfen |
|
9 |
Macht und Einfluss haben |
Materialistische Werte |
10 |
Schnell Erfolg haben. |
|
11 |
Mein Leben nach religiösen Werten und Normen ausrichten |
Religiöse Werte |
12 |
Religion und Glaube |
Antwortvorgaben
Die Items der Skala haben 7 Antwortkategorien, wobei nur Anfangs- und Endpunkt der Skala angegeben werden: „1- Das ist für mich ganz unwichtig“ und „7-Das ist für mich ganz wichtig“.
Auswertungshinweise
Je nach Fragestellung können die Items als einzelne Variablen berücksichtigt werden, die Items der übergeordneten Werte gleichgewichtet zusammengefasst werden oder die Items faktorenanalytisch komprimiert werden.
Anwendungsbereich
Mit dem Messinstrument können individuelle Werteprofile erfasst werden. Die Skala wurde in Online-Befragungen und schriftlichen Befragungen eingesetzt. Die Zielgruppe bestand aus Personen ab dem 14. Lebensjahr.
Viele Werteskalen sind durch eine vergleichsweise große Anzahl von Items charakterisiert. Dies ist sinnvoll, denn dadurch wird die Möglichkeit geboten, aufgrund der Mehrfachmessung von Wertedimensionen die Messqualität zu verbessern und zu schätzen. Manchmal erscheint es angesichts des Umfangs eines Fragebogens angemessen zu sein, auf eine Kurzskala zurückzugreifen. Die Kurzskala für individuelle reflexive Werte (IRV-Kurzskala) wurde mit dem Ziel entwickelt, den gesamten Werteraum abzudecken, aber die Itemzahl so gering wie möglich zu halten. Nach dem Wertekonzept von Shalom Schwartz, das inzwischen als Standardmodell der Werteforschung bezeichnet wird (Gollan & Witte 2014), kann der Werteraum durch 10 Werte abgebildet werden: Macht, Leistung, Hedonismus, Stimulation, Selbstbestimmung, Universalismus, Wohlwollen, Tradition, Konformität und Sicherheit, wobei diese 4 übergeordneten Werten zugeordnet werden können (Schwartz 1992; Schwartz und Bilsky 1990; Schwartz et al. 2012). Die IRV-Kurzskala ordnet jedem dieser 10 Werte ein Item der Langversion zu.
Self-Enhancement
Openness to Change
Self-Transcendence
Conservation
Nach dem Wertekonzept von Schwartz stehen Werte in einer dynamischen Beziehung und können nach Ähnlichkeiten geordnet werden. In einem zweidimensionalen Raum können sie wie in Schaubild 1 mittels eines Kreismodells dargestellt werden.
Schaubild 1: Idealisierter Kreis der zehn persönlichen Grundwerte (nach Schwartz et al., 2012)
Schwartz unterscheidet vier übergeordnete Werte: "Openness to Change“, „Conservation“, „Self-Transcendence“ und "Self-Enhancement“. Diese übergeordneten Werte umfassen, in der Reihenfolge der Auflistung, erstens Werte, welche die Bereitschaft zur Veränderung betonen, zweitens Werte, bei denen bewahrende Ziele und Ordnung im Vordergrund stehen, drittens Werte, welche die Sorge um das Wohlergehen und die Interessen anderer hervorheben und viertens Werte, die eigene Interessen, Erfolg und Dominanz betonen (Schwartz 2012, S. 8). Die Begriffe für die übergeordneten Werte werden unterschiedlich übersetzt. Anknüpfend an die deutschsprachige Wertediskussion werden folgende Begriffe verwendet:
In der Werteskala von Schwartz sind religiöse Werte unberücksichtigt (Borg, Dobewall & Aavik 2016). Um dies zu kompensieren, wird der oben beschriebene Werteraum nach Schwartz um diesen Aspekt ergänzt. Religiöse Werte werden in Analogie zur Wertetheorie von Milton Rokeach (1973), der zwischen instrumentellen und terminalen Werte unterscheidet, als Werte erster Ordnung verstanden. Diese beeinflussen die Werte zweiter Ordnung wie beispielsweise Altruismus, Fürsorge, Tradition, Leistungsorientierung und Hedonismus (Hermann 2013).
Nach Schwartz erfolgt die Erfassung dieser 10 Werte mit Hilfe des „Portrait Value Questionnaire“ (PVQ). Die Version mit 21 Items wird insbesondere im European Social Survey eingesetzt.
Itemkonstruktion und Itemselektion
Die Langfassung der Skala „individuelle reflexive Werte“ (IRV) basiert auf Arbeiten von Klages (1992). Die von ihm entwickelten 24 Items wurden um kriminologisch und subkulturell relevante Aspekte ergänzt und auf 34 Items erweitert (Hermann, 2003). Für die Konzeption der Kurzskala sollen aus dieser Liste die Items ausgewählt werden, die den Werten der PVQ-Skala entsprechen: Macht, Leistung, Hedonismus, Stimulation, Selbstbestimmung, Universalismus, Wohlwollen, Tradition, Konformität und Sicherheit. Dabei soll die Itemzahl möglichst gering sein, damit der Werteraum mit minimaler Itemzahl abgebildet werden kann.
Die Messungen mit der IRV- und PVQ-Skala unterscheiden sich zwar, allerdings kann empirisch und inhaltlich eine Kongruenz zwischen beiden Wertekonzepten hergestellt werden (Borg, Hermann, Bilsky & Pöge 2019). Jedem Wert der PVQ-Skala konnten inhaltlich passende Items der IRV-Skala zugeordnet werden, die in einer multidimensionalen Skalierung nahe am entsprechenden PVQ-Wert waren. Diese Analyse war der Ausgangspunkt der Itemselektion für die Kurzskala. Dazu wurden in einem ersten Schritt zu jedem der 10 Werte der PVQ-Skala die Items individuell reflexiver Werte zugeordnet, die subjektiv gesehen inhaltlich kongruent sind, wobei zudem die Ergebnisse der oben beschrieben multidimensionalen Skalierung berücksichtigt wurden. In einem zweiten Schritt wurde in den Fällen, in denen einem PVQ-Wert mehrere Items der IRV-Skala zugeordnet werden konnten, das inhaltlich passendere Item gewählt. Falls dieses Kriterium zu keiner eindeutigen Lösung führte, wurden in einem dritten Schritt verschiedene Varianten der Itemauswahl anhand multidimensionaler Skalierungen miteinander verglichen. Dabei wurde jeweils ein Item getauscht und schließlich das Item des Modells mit dem besten Stress-Wert gewählt. Zudem wurden noch zwei Items berücksichtigt, die religiöse Werte abbilden, damit auch diese Dimension berücksichtigt wird. Für die Itemselektion wurden subjektive und objektive Methoden kombiniert.
Stichproben
Die Entwicklung und Validierung der IRV-Kurzskala basiert auf Bevölkerungsbefragungen, in denen die Langfassung der IRV-Skala und zum Teil das PVQ-Instrument eingesetzt wurde. In allen Fällen basierte die Erhebung auf Zufallsstichproben, die in zwei Fällen geschichtet wurden. Die Grundgesamtheit war jeweils die im Einwohnermelderegister erfasste Wohnbevölkerung ab dem 14. Lebensjahr. Alle Umfragen hatten das Ziel, den Gemeinden Informationen über die subjektive und objektive Sicherheitslage zu geben und Personen mit hoher Kriminalitätsfurcht zu charakterisieren, damit kriminalpräventive Maßnahmen zielgerichtet kommuniziert werden können (Hermann 2006, 2014 und 2016). Die Charakterisierung von Personen mit vergleichsweise hoher Kriminalitätsfurcht erfolgte mittels individueller Werteprofile.
In den realisierten Stichproben gab es bezüglich Geschlecht, Alter und Migrationshintergrund geringe Abweichungen von Repräsentativität. In Tabelle 2 sind die Datensätze beschrieben, die der Entwicklung der IRV-Kurzskala zugrunde liegen. Die Befragungen in Mannheim 2017, Heidelberg 2017 und Pforzheim 2020 wurden schriftlich durchgeführt. Die Erhebung im Jahr 2020 in Mannheim wurde sowohl schriftlich als Online umgesetzt, um die Unterschiede zwischen den beiden Erhebungsmethoden zu klären; alle anderen Befragungen wurden Online durchgeführt. Der Rücklauf betrug bei den schriftlichen Befragungen etwa 35 Prozent und bei den Online-Befragungen etwa 15 Prozent. Die Ergebnisse wurden unter anderem in Hermann (2006, 2009, 2014, 2016 und 2023) sowie in Hermann, Wachter & Kerner (2022) veröffentlicht.
Tabelle 2: Beschreibung der Datensätze
Ort, Zeitpunkt |
Fallzahl |
Durchschnitt Alter1 |
Prozentualer Anteil Frauen |
Berücksichtigte Werteskalen |
Mannheim 2023 |
5.439 |
4,4 |
52 |
IRV2 |
Mannheim 2020 |
5.080 |
4,6 |
53 |
IRV2 |
Mannheim 2016 |
3.197 |
4,5 |
56 |
IRV2 |
Heidelberg 2023 |
5.043 |
4,1 |
54 |
IRV2 |
Heidelberg 2017 |
2.690 |
4,2 |
58 |
IRV2 |
Heilbronn 2022 |
2.867 |
4,6 |
51 |
IRV2 |
Pforzheim 2020 |
2.197 |
4,6 |
56 |
IRV2 + PVQ |
Villingen-Schwenningen 2022 |
3.178 |
4,5 |
53 |
IRV2 + PVQ |
1) Skala: 1-14 bis 19 Jahre, 2-20 bis 29 Jahre, 3-30 bis 39 Jahre, 4-40 bis 49 Jahre, 5-50 bis 59 Jahre, 6-60 bis 69 Jahre, 7-70 bis 79 Jahre, 8-80 Jahre und älter.
2) IRV-Langfassung
Für die Analysen wurden in der Regel alle Daten der acht Befragungen gepoolt. Lediglich für die Prüfung der externen Validität wurden nur die Daten der Befragungen in Pforzheim und Villingen-Schwenningen berücksichtigt, denn nur in diesen Fällen wurde die IRV- und PVQ-Skala berücksichtigt.
Itemanalysen
Mit Hilfe der Multidimensionale Skalierung (MDS) können Objekte nach Ähnlichkeiten geordnet und räumlich dargestellt werden. Dieses Verfahren wird in der Werteforschung insbesondere für die Analyse von Umfragedaten mit der PVQ-Skala verwendet (Borg, Dobewall & Aavik 2016; Borg, Hermann, Bilsky & Pöge 2019; Schwartz 1992; Schwartz und Bilsky 1990; Schwartz et al. 2012). In Schaubild 2 sind die Ergebnisse einer MDS (Proxscal in SPSS 29) mit den 12 Werten der IRV-Kurzskala dargestellt, wobei eine 3-dimensionale Lösung vorgegeben wurde.
Schaubild 2: MDS der IRV-Kurzskala
Legende
Itemkennwerte
Die Tabelle 3 enthält univariate Statistiken zu den Items der IRV-Kurzskala.
Tabelle 3: Itemkennwerte
Nr. |
Item |
Mittelwert |
Standard-abweichung |
Schiefe |
Kurtosis |
1 |
Am Althergebrachten festhalten |
3,03 |
1,61 |
,52 |
-,44 |
2 |
Gesetz und Ordnung respektieren |
6,10 |
1,35 |
-2,11 |
4,58 |
3 |
Nach Sicherheit streben |
5,62 |
1,41 |
-1,12 |
,94 |
4 |
Ein Leben mit viel Vergnügen führen. |
4,58 |
1,66 |
-,37 |
-,62 |
5 |
Ein aufregendes Leben führen. |
4,04 |
1,65 |
-,11 |
-,68 |
6 |
Eigenverantwortlich leben und handeln. |
6,24 |
1,14 |
-2,27 |
6,34 |
7 |
Ein gutes Familienleben führen |
6,15 |
1,38 |
-2,03 |
3,87 |
8 |
Sozial benachteiligten Gruppen helfen |
4,87 |
1,50 |
-,42 |
-,38 |
9 |
Macht und Einfluss haben |
3,18 |
1,58 |
,42 |
-,43 |
10 |
Schnell Erfolg haben. |
3,43 |
1,59 |
,25 |
-,58 |
11 |
Mein Leben nach religiösen Werten und Normen ausrichten |
3,16 |
2,08 |
,51 |
-1,10 |
12 |
Religion und Glaube |
3,48 |
2,14 |
,32 |
-1,28 |
Skala: „1- Das ist für mich ganz unwichtig“ bis „7-Das ist für mich ganz wichtig“.
Daten: Mannheim 2016, 2020, 2023; Heidelberg 2017, 2023; Heilbronn 2022; Pforzheim 2020 und Villingen-Schwenningen 2022.
Reliabilität
Jeder Wert der PVQ-Skala wird lediglich durch ein Item der IRV-Skala gemessen; deshalb können für diese Werte keine Reliabilitätstests durchgeführt werden. Reliabilitätstests mit den Items zu übergeordneten Werten sind nur bedingt sinnvoll, da diese nicht konzipiert, eine Dimension punktgenau zu erfassen, sondern sie sollen, ebenso wie die Werte der PVQ-Skala, den gesamten Bereich abdecken, den ein übergeordneter Wert beschreibt. Deshalb führen auch die Reliabilitätstests mit der PVQ-Skala zu relativ schlechten Ergebnissen (Schwartz, Breyer & Danner 2015). Die Items zu religiösen Werte hingegen sollen lediglich eine einzige Wertedimension erfassen; für diese ist ein Reliabilitätstest sinnvoll. Cronbachs Alpha beträgt für die beiden Items zu religiösen Werten 0,87.
Validität
Eine Prüfung der externen Validität ist durch einen Vergleich zwischen den Antworten auf die IRV- und PVQ-Skala möglich. In den Befragungen in Pforzheim und Villingen-Schwenningen wurden beide Skalen berücksichtigt. Die beiden Skalen unterscheiden sich in der Konzeption und in den Antwortkategorien. Bei der PVQ-Skala werden die Befragten jeweils gebeten, sich mit einer beschriebenen Person zu vergleichen; die Antwortkategorien reichen von 1 (sehr ähnlich) bis 6 (sehr unähnlich). Bei der IRV-Skala werden zentrale Ziele und Lebenseinstellungen auf einer Skala von 1 (sehr wichtig) bis 7 (ganz unwichtig) erfasst.
Für die Validitätsprüfung wurden in einem ersten Schritt die 21 Items der PVQ-Skala nach den Vorgaben von Schwartz (1992, 2012) den oben genannten 10 Werten und diese den vier übergeordneten Werten "Openness to Change“, „Conservation“, "Self-Enhancement“ und „Self-Transcendence“ zugeordnet. Diese Zuordnung von Werten zu einer übergeordneten Ebene ist nicht nur mit den Schwartz-Werten, sondern auch mit der IRV-Kurzskala möglich. Für die Prüfung der Validität der IRV-Kurzskala wurden anhand von vier Strukturgleichungsmodellen die Korrelationen zwischen übergeordneten Werten bestimmt, die mit der PVQ- beziehungsweise IRV-Skala erfasst wurden. In Schaubild 3 ist ein solches Strukturgleichungsmodell, mit dem die Korrelation zwischen übergeordneten Werten bestimmt wurde, beispielhaft dargestellt. Die Korrelation zwischen diesen übergeordneten Werten ist ein Maß für die Kriteriumsvalidität. Die Ergebnisse der entsprechenden Strukturgleichungsanalysen sind in Tabelle 4 dargestellt. Die Analyse wurde mit Amos 29 durchgeführt.
Schaubild 3: Strukturgleichungsmodell zur Prüfung der Kriteriumsvalidität der IRV-Kurzskala
Tabelle 4: Ergebnisse von Strukturgleichungsmodellen zur Beziehung zwischen Werten nach der IRV-Kurzskala und der PVQ-Skala
Übergeordnete Werte: IRV und PVQ |
Items IRV-Kurzskala |
Werte PVQ-Skala |
Korrelation Irrtums-wahrscheinlichkeit |
Gütekriterien Modell |
Traditionelle Werte (Conservation) |
|
|
r=-0,45 p < 0,01 |
χ2 =558, df=8; p < 0,01 CFI = 0,89 |
Moderne Werte (Openness to Change) |
|
|
r=-0,73 p < 0,01 |
χ2=610, df=8; p < 0,01 CFI = 0,92 |
Materialistische Werte (Self-Enhancement) |
|
|
r=-0,58 p < 0,01 |
χ2=228, df=3; p < 0,01 CFI = 0,90 |
Idealistische Werte (Self-Transcendence) |
|
|
r=-0,71 p < 0,01 |
χ2=15, df=1; p < 0,01 CFI = 1,0 |
Daten: Pforzheim 2020 und Villingen-Schwenningen 2022.
Die Prüfung der Validität religiöser Werte ist mittels einer Faktorenanalyse möglich. Die Ladungswerte der beiden Items betragen 0,94; die erklärte Varianz beträgt 89 Prozent. Die Ergebnisse sprechen für valide Messungen.
Ähnlichkeiten
Ein weiteres Gütekriterium für die IRV-Kurzskala ist, ob die Ordnung der Werte nach Ähnlichkeiten dem Postulat von Schwartz entspricht (siehe Schaubild 1). Dies ist in einer dreidimensionalen MDS nur bedingt erkennbar. Das Schaubild 4 enthält eine zweidimensionale Darstellung einer MDS mit den Items der IRV-Kurzskala, die durch eine gleichgewichtetet Addition der einzelnen Items zu übergeordneten Werten zusammengefasst und anschließend z-standardisiert wurden. Durch diese Reduktion der Objektpunkte der MDS ist die Ordnung der Werte nach Ähnlichkeiten besser erkennbar. Es zeigt sich, dass Materialismus und Idealismus Gegensätze sind, ebenso traditionelle und moderne Werte. Diese sind gegenüberliegenden Wertepaare zugeordnet. Die Anordnung der übergeordneten Werte entspricht perfekt dem idealisierten Wertemodell nach Schwartz. Die Datenanpassung ist sehr gut. Der normalisierte Roh-Stress beträgt 0,00008, der Wert für Stress-I ist 0,009.
Schaubild 4: MDS mit übergeordneten IRV-Werten – alle Fälle
Daten: Mannheim 2016, 2020, 2023; Heidelberg 2017, 2023; Heilbronn 2022; Pforzheim 2020 und Villingen-Schwenningen 2022.
Stabilität
Hinweise auf die Stabilität der Messungen von Werten mit der IRV-Kurzskala erhält man durch Gruppenvergleiche. Die Schaubilder 5 und 6 beschreiben die Ergebnisse von multidimensionalen Skalierungen mit den übergeordneten Werten der IRV-Kurzskala für unterschiedlichen Personengruppen. In Schaubild 5 werden Frauen und Männer verglichen, in Schaubild 6 jüngere und ältere Personen. Die Wertestruktur von Frauen und Männern unterscheidet sich nur minimal – ein Hinweis auf die Stabilität der Messung. Allerdings zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen jüngeren und älteren Menschen. Dies spricht in erster Linie für Unterschiede in den Werten jüngerer und älterer Menschen (Borg; Hertel; Hermann 2017) und kann nicht als Hinweis auf eine fehlende Stabilität der Skala interpretiert werden. Die Wertestruktur der jeweiligen Vergleichsgruppen entspricht dem idealisierten Wertemodell nach Schwartz; sowohl bei jüngeren als auch bei älteren Menschen bilden Materialismus und Idealismus Gegensätze, ebenso traditionelle und moderne Werte. Die Ergebnisse sprechen für stabile Messungen mittels der IRV-Kurzskala.
Schaubild 5: MDS mit übergeordneten IRV-Werten, differenziert nach Geschlecht
Daten: Mannheim 2016, 2020, 2023; Heidelberg 2017, 2023; Heilbronn 2022; Pforzheim 2020 und Villingen-Schwenningen 2022.
M_Wert: Wert von männlichen Befragten.
W_Wert: Wert von weiblichen Befragten.
Schaubild 6: MDS mit übergeordneten IRV-Werten, differenziert nach Altersgruppen
Daten: Mannheim 2016, 2020, 2023; Heidelberg 2017, 2023; Heilbronn 2022; Pforzheim 2020 und Villingen-Schwenningen 2022.
Jun_Wert: Wert von jüngeren Befragten (14 bis 49 Jahre)
Sen_Wert: Wert von älteren Befragten (50 Jahre und älter)
Wertehierarchie
Das Postulat einer Wertehierarchie mit religiösen Werten als „Werte erster Ordnung“ und davon abhängigen Werten als „Werte zweiter Ordnung“ ist mit den Daten aller hier berücksichtigten Befragungen ansatzweise prüfbar. Die Ergebnisse von Strukturgleichungsmodellen, welche die Wertehierarchie abbilden, zeigen eine enge Assoziation zwischen religiösen und idealistischen Werten. Der standardisierte Pfadkoeffizient beträgt 0,40, der CFI-Index ist mit 0,99 sehr gut. Bei der Analyse wurden Geschlecht und Alter als Kontrollvariablen berücksichtigt. Das entsprechende Modell für die Beziehung zwischen religiösen und traditionellen Werten ergibt einen standardisierten Pfadkoeffizienten von 0,20. Die Beziehungen zwischen religiösen Werten und den anderen Werten sind kleiner. Sowohl das in Schaubild 2 dargestellte Ergebnis einer dreidimensionalen MDS als auch die hier berichteten Ergebnisse zu den Korrelationen zwischen religiösen Werten und anderen Werten rechtfertigen das Modell einer Wertehierarchie.
Prof. Dr. Dieter Hermann, hermann@krimi.uni-heidelberg.de
Institut für Kriminologie, Friedrich-Ebert-Anlage 6-10, 69117 Heidelberg, Tel. 06221-547489 (Sekretariat), E-Mail: