erprobt, validiert
Die Haushaltsgröße wird durch die Anzahl der ständig im Haushalt lebenden Personen gemessen. In diesem Abschnitt wird zunächst das von den „Demographischen Standards“ (Hoffmeyer-Zlotnik et al., 2024) empfohlene Fragebogenitem zur Erhebung der Haushaltsgröße dargestellt. Diese soziodemographischen Standard-Fragebogenitems dienen der Vereinheitlichung der Stimuli bei der Erfassung soziodemographischer Merkmale mittels Fragebögen. Danach wird für dieses Merkmal eine Standardvariable vorgestellt, die über Datensätze hinweg konsistente Metadaten in Form eines standardisierten Variablennamens und -labels spezifiziert. Soziodemographische Standardvariablen dienen der Vereinheitlichung soziodemographischer Variablen in Mikrodaten. Standarditems und Standardvariablen ergänzen einander und haben zum Ziel, die Messung soziodemographischer Merkmale über Datensätze hinweg vergleichbar zu machen. Weitergehende Informationen zu soziodemographischen Standarditems und -variablen finden sich in Schneider et al. (2023).
1.1 Standard-Fragebogenitems
Die Haushaltsgröße wird direkt durch eine halboffene Einzelfrage erfasst. Tabelle 1 zeigt die grundlegenden Eigenschaften dieses Fragebogenitems im Überblick:
Tabelle 1: Eigenschaften des Erhebungsinstruments für die Haushaltsgröße
Nr. |
Merkmal |
offen/halboffen/ geschlossen |
numerisch/ kategorial |
Antwortkategorien/ bzw. -format |
Einfach- /Mehrfachantwort |
12 |
Haushaltsgröße |
halboffen |
geschlossener Teil: kategorial |
2 |
einfach |
offener Teil: numerisch |
2-stellig |
Tabelle 2 zeigt das empfohlene Fragebogenitem zur Erfassung der Haushaltsgröße in den Demographischen Standards (Hoffmeyer-Zlotnik et al., 2024, S. 52):
Tabelle 2: Item zur Erfassung der Haushaltsgröße in den Demographischen Standards
Nr. |
Demographische Standards 2024 |
12 |
Wie viele Personen leben ständig in Ihrem Haushalt? Zu diesem Haushalt zählen alle Personen, die hier gemeinsam wohnen und Denken Sie bitte auch an alle im Haushalt lebenden Kinder. |
|
Eine Person ( ) |
|
Mehrere Personen, und zwar: ( ) |
Die halboffene Erfassung soll alleinlebenden Personen die Beantwortung der Frage erleichtern, die somit nur ein Kreuzchen setzen müssen. Die Demographischen Standards geben folgende weitergehende Informationen zur Erhebung der Haushaltsgröße (Hoffmeyer-Zlotnik et al., 2024, S. 28):
Einerseits werden die Befragten als Referenzpersonen für einen Haushalt gesehen. Andererseits benötigt der/die Forscher/-in zur Einordnung der Befragten gemäß sozio-ökonomischem Status auch Haushaltsinformationen. Daher ist es notwendig, die Haushaltsgröße zu erfassen. Hierzu muss zunächst definiert werden, was unter „Haushalt“ zu verstehen ist, denn jede Person hat eine eigene Vorstellung davon, was ein Haushalt ist (s. dazu auch Abschnitt 1.2.1). Diese Vorstellung ist einerseits von der nationalen Kultur und andererseits von den persönlichen Lebensumständen geprägt (siehe Hoffmeyer-Zlotnik, Warner 2008, S. 42 ff.).
Zu beachten sind:
Die in der Bundesrepublik Deutschland übliche Definition für „Haushalt“ besteht aus zwei Kriterien: (1) dem gemeinsamen Wohnen und (2) dem gemeinsamen Wirtschaften. Wer allein wohnt oder allein wirtschaftet, bildet einen eigenen Haushalt. Diese Definition benutzt auch der Mikrozensus. Will man vergleichbare Daten erheben, so ist eine einheitliche Definition unumgänglich. (Siehe auch Abschnitt 1.2.1 zu Haushalt).
„Gemeinsam Wohnen und gemeinsam Wirtschaften“ bedeutet, dass bei Wohngemeinschaften, bei denen in der Eigendefinition ein „gemeinsames Wirtschaften“ vorkommt, ob über gemeinsam Kochen oder eine gemeinsame Haushaltskasse oder sonst eine Definition von Gemeinsamkeit, alle Personen, die es betrifft, zu einem Haushalt zählen. In der Konsequenz muss bei der Haushaltsgröße und dem Haushaltsnettoeinkommen also die gesamte Wohngemeinschaft, sofern sie denn „gemeinsam wirtschaften“, berücksichtigt werden und nicht allein die Befragungsperson. Das Gegenteil ist die „Gemeinschaftswohnung“, in der die einzelnen Zimmer in einer großen Wohnung separat an Personen vermietet wurden, die, obwohl gemeinsam Wohnen, NICHT gemeinsam Wirtschaften. Hier stellt jede separate Mieteinheit einen eigenen Haushalt dar. […]
Die beiden Verweise, man soll an alle Personen denken, die ständig im Haushalt der befragten Person leben, einschließlich „Sie (die befragte Person) selbst“[1] und einschließlich „alle im Haushalt lebenden Kinder“ ist notwendig, da diese beiden Personen(-gruppen) oft vergessen werden.
Der Mikrozensus definiert Haushalte ebenso nach dem gemeinsamen Wohnen und Wirtschaften (Statistisches Bundesamt, 2022, S. 4). Er fragt zunächst, ob es in der Wohnung der*des Befragten neben dem eigenen Haushalt noch weitere Haushalte gibt, z.B. Untermieter*innen. Er gibt Befragten in Bezug auf Wohngemeinschaften dabei folgenden Hinweis: „Weitere Haushalte in Ihrer Wohnung bestehen aus Personen, die nicht gemeinsam mit ihnen leben und wirtschaften. WG-Mitbewohner/-innen sind in der Regel als eigener Haushalt zu betrachten.“ Darauf folgt dann die Frage nach der Haushaltsgröße.
Die 2016er-Version (Hoffmeyer-Zlotnik et al., 2016) dieses Fragebogenitems zur Erfassung der Haushaltsgröße – d.h. noch mit dem Hinweis, dass der*die Befragte auch sich selbst mitzählen soll, der 2024 im Sinne einer Vereinfachung für selbst-administrierte Befragungen entfallen ist – wird auch im Standardfragenkatalog des RatSWD (Rat für Sozial- und Wirtschaftsdaten, 2023, S. 29) empfohlen. Direkt im Anschluss werden dort dann Fragen zur Haushaltszusammensetzung ergänzt, die eine grobe Differenzierung nach dem Alter zur Berechnung des Äquivalenzeinkommens sowie eine Unterscheidung verschiedener Haushaltstypen ermöglichen (vgl. ebd. S. 29 f.). Die Demographischen Standards enthalten keine Empfehlungen zur Erfassung der Haushaltszusammensetzung. Sie empfehlen jedoch eine Frage dazu, wie viele Personen im Haushalt ein Merkmal, durch das die Grundgesamtheit der Studie definiert wird, besitzen, welches eigentlich der Stichprobenkontrolle dient (z.B. Mindestalter 16 Jahre). Diese Frage kann aber auch zur Berechnung des Äquivalenzeinkommens genutzt werden, wenn nach der Anzahl von Personen unter 14 Jahren gefragt wird.
Die Demographischen Standards sehen keine modusspezifischen Anpassungen vor. Bei computergestützten Befragungen kann ein Filter eingesetzt werden, sodass der offene Teil der Frage nach der Anzahl der Personen im Haushalt nur dann angezeigt wird, wenn der Befragte angibt, dass mehrere Personen im Haushalt leben. Des Weiteren ist bei dieser numerischen Frage darauf zu achten, dass nur Zahlen größer als 1 zugelassen werden, ggf. ergänzt um einen Hinweis, dass Befragte sich selbst mitzählen sollen.
International wird nicht immer das „gemeinsame Wirtschaften“ zur Definition eines Haushaltes herangezogen: in manchen Ländern werden Haushalte allein durch das Kriterium des gemeinsamen Wohnens definiert (vgl. Hoffmeyer-Zlotnik & Warner, 2008; United Nations, 2017, S. 192 ff.). Diese Definition liegt auch den EU key social variables zugrunde (European Commission, 2020, S. 14–15). Sie wird in Deutschland auch im Zensus 2011 und 2022 angewendet, was notwendig war, weil dieser registergestützt (und nicht als Vollerhebung mit Befragung aller in Deutschland lebenden Personen) durchgeführt wurde (Vorndran, 2004). Dies mindert die Vergleichbarkeit der resultierenden Daten.
Auf den internationalen Vergleich angelegte Studien arbeiten bei der Messung der Haushaltsgröße daher mit einer Input-Harmonisierung und länderübergreifend einheitlichen Festlegung der Kriterien, was einen Haushalt ausmacht. Im European Social Survey wird die Haushaltsgröße erfasst und allein am gemeinsamen Wohnen festgemacht (European Social Survey, 2024, S. 58). Wird Vergleichbarkeit mit internationalen Daten angestrebt, kann die Frage also allein auf das gemeinsame Wohnen abstellen, wodurch aber die Vergleichbarkeit mit dem Mikrozensus und anderen deutschen Daten, die auf das gemeinsame Wohnen und Wirtschaften abstellen, eingeschränkt wird. Wichtig ist hierbei, dass alle weiteren Informationen, die für den Haushalt insgesamt erfragt werden (z.B. das Haushaltsnettoeinkommen), auf der gleichen Haushaltsdefinition beruhen wie die Haushaltsgröße.
Die hier vorgestellten Fragebogenitems können für alle Befragten und in jedem Befragungsmodus genutzt werden; zu Anpassungen für verschiedene Modi s. Abschnitt „Anpassung an verschiedene Befragungsmodi“.
Um die Haushaltsgröße über Studien und den Zeitverlauf hinweg einheitlich benennen, kodieren und damit besser vergleichen und zur Herleitung weiterer Variablen (beispielsweise das pro-Kopf-Einkommen) nutzen zu können, wurde eine Standardvariable entwickelt. Tabelle 3 zeigt hierzu Variablenname, -label und -format.
Tabelle 3: Spezifikation der Standardvariablen für Haushaltsgröße
Variablenname |
Variablenlabel DE |
Variablenlabel EN |
Format |
Version |
x_hhsize |
Haushaltsgröße |
Household size |
numerisch, integer, XX |
1.0.1 |
Die Spezifikation der Standardvariablen lässt sich in maschinenlesbarer Form herunterladen.
1.2.1 Auswertungshinweise
Die Haushaltsgröße selbst ist in sozialwissenschaftlichen Analysen nur selten ein inhaltlich relevanter Faktor. Sie wird vor allem verwendet, um haushaltsbezogene Merkmale an der Haushaltgröße zu normieren, um Informationen besser über Personen hinweg vergleichen zu können. Zum Beispiel errechnet sich das Pro-Kopf-Einkommen von Haushaltsmitgliedern als Quotient aus Haushaltsnettoeinkommens und Haushaltsgröße. Eine bessere Einschätzung der Ressourcen von Haushaltsmitgliedern, die zusätzlich sogenannte „Skalengewinne“ (economies of scale) berücksichtigt, erlaubt das Nettoäquivalenzeinkommen (z.B. Hochgürtel, 2019, S. 56), welches die Haushaltmitglieder nach Alter unterschiedlich gewichtet. Hierzu muss zumindest auch erfasst werden, wie viele Haushaltsmitglieder jünger als 14 Jahre und wie viele 14 Jahre und älter sind.
[1] Dieser Fragezusatz ist in den Demographischen Standards 2024 entfallen, wird im Begleittext aber noch erwähnt.
Der Haushalt, in dem eine Person lebt, ist der soziale Kontext, der dieser Person im Alltag am nächsten ist. In vielen Fällen entspricht der Haushalt dem engsten familiären Umfeld, häufig der Kleinfamilie. „The concept of household is based on the arrangements made by persons, individually or in groups, for providing themselves with food and other essentials for living” („housekeeping concept“; United Nations, 2017, S. 38). Haushalte stellen damit in allen Gesellschaften eine grundlegende Wirtschaftseinheit dar. Häufig werden daher auch Daten über alle Mitglieder eines Haushalts erhoben (sog. Haushaltsbefragungen, beispielsweise der Mikrozensus), oder im Fall von Individualbefragungen zumindest einzelne Informationen zum Haushalt.
Dazu zählen insbesondere die Haushaltsgröße und das Haushaltsnettoeinkommen, aus welchen sich das Pro-Kopf-Einkommen und, wenn auch das Alter der Haushaltsmitglieder erfasst wird, das Nettoäquivalenzeinkommen herleiten lässt (zu Verfahren auch bei klassierten Daten siehe Hochgürtel, 2019; Stauder & Hüning, 2004). Wenn das Haushaltsnettoeinkommen erfasst wird, ist es daher wichtig, auch die Haushaltsgröße zu erfassen, um die finanziellen Ressourcen, die dem Individuum zur Verfügung stehen, grob einschätzen zu können. Diese Information ist ein grundlegendes Element des sozialen Status einer Person. Weitere Haushaltsmerkmale, die je nach Studie erfasst werden, sind die Wohnungsgröße, die Haushaltsausstattung, die Höhe der Mietkosten, oder Verbrauchsdaten, beispielsweise für Trinkwasser oder Energie. Auch diese lassen sich besser interpretieren, wenn die Haushaltsgröße bekannt ist.
Dabei werden jedoch unterschiedliche Definitionen des Konzepts „Haushalt“ verwendet. Während die Demographischen Standards wie der Mikrozensus in Deutschland und die Vereinten Nationen international einen Haushalt durch das „gemeinsame Wohnen und Wirtschaften“ definieren, legen andere Studien, Länder oder Organisationen nur das „gemeinsame Wohnen“ zugrunde (s. auch Abschnitt „Anpassung für internationale Umfragen“). Der ALLBUS (GESIS-Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften, 2019) erwähnt nur das gemeinsame Wohnen explizit und überlässt die genaue Interpretation den Befragten (F113: "Wohnen AUSSER IHNEN noch weitere Personen in diesem Haushalt? Zählen Sie dazu bitte auch Kleinkinder bzw. Personen, die normalerweise hier wohnen, aber zur Zeit abwesend sind, z.B. im Krankenhaus oder in Ferien“; in der Folge wird die Anzahl der Haushaltsmitglieder durch eine Personenliste generiert).
Die durchschnittliche Haushaltsgröße ist durch die Zunahme von Einpersonenhaushalten (aktuell gut 40% aller Haushalte und 20% der Haushaltsmitglieder, Statistisches Bundesamt, 2024), auch im Zuge der zunehmenden Alterung der Gesellschaft, in den vergangenen Jahrzehnten gesunken. Dadurch steigt die Anzahl der Haushalte (Statistisches Bundesamt, 2020) und, zusammen mit dem steigenden Flächenbedarf pro Kopf, der Wohnraumbedarf, trotz sinkender Bevölkerungszahlen. Damit ist auch ein Anstieg der individuellen Motorisierung und der Nachfrage nach langlebigen Gebrauchsgütern zu verzeichnen. Diese Entwicklungen haben auch großen Einfluss auf den Bedarf an kommunaler Infrastruktur und Dienstleistungen (Danielzyk et al., 2010), und sie verändern das Alltagsleben der Menschen. Diese Trends haben sich aber inzwischen verlangsamt (Statistisches Bundesamt, 2020).
Auch wenn Haushalte und Familien eng zusammenhängen ist es wichtig, beide Konzepte theoretisch und empirisch zu unterscheiden. Einpersonenhaushalte sind per definitionem keine Familien, da letztere mindestens zwei Mitglieder haben. Mehrpersonenhaushalte können (gänzlich oder teilweise) aus Personen bestehen, die nicht miteinander verwandt sind (United Nations, 2017, S. 193). Bei Mehrpersonenhaushalten kommt es auf die Art der Beziehung zwischen den Haushaltsmitgliedern an, ob es sich um eine Familie (oder eine Familie mit weiteren Personen) handelt oder nicht (siehe z.B. Schulz & Thiesen, 2021).
3.1 Konstruktion der Standarditems
Ein Vorschlag zur Erfassung der Haushaltsgröße wurde bereits in der ersten Version der Demographischen Standards von 1992 (Ehling et al., 1992) publiziert. In den Demographischen Standards von 2010 (Hoffmeyer-Zlotnik et al., 2010) wurde der Vorschlag zur Messung des Merkmals angepasst, indem ein Hinweis ergänzt wurde, welche Personen alles zum Haushalt gehören: „Zu diesem Haushalt zählen alle Personen, die hier gemeinsam wohnen und wirtschaften.“ (vgl. ebd. S. 39). In der Version von 2024 (Hoffmeyer-Zlotnik et al., 2024) wurde der Zusatz „Sie selbst eingeschlossen“ herausgenommen, um die Frage zu vereinfachen.
3.2 Konstruktion und Selektion der Standardvariablen
Die Standardvariablen für die Haushaltsgröße wurden 2022/2023 im KonsortSWD-Teilprojekt TA3-M1 „Harmonized Variables – Umfragedaten leichter kombinieren durch standardisierte und harmonisierte Variablen“ entwickelt. Da die Vergleichbarkeit dieser Standardvariablen je nach zugrunde liegender Definition des Haushaltskonzepts eingeschränkt ist, sollte die Definition, die bei der Erhebung eingesetzt wurde, dokumentiert werden, oder ob die Interpretation den Befragten überlassen wurde.
Die Entwicklung weiterer Standardvariablen zur Haushaltszusammensetzung ist angedacht, insbesondere zur Anzahl der Haushaltsmitglieder unter 14 Jahren zur Berechnung des Nettoäquivalenzeinkommens und zur Lebensform.
4.1 Objektivität
Im Allgemeinen führen Standarditems und Standardvariablen zu einer Erhöhung der Durchführungs- und Auswertungsobjektivität – vor allem über verschiedene Studien hinweg. So tragen Standarditems durch die Harmonisierung der Frage zu einer standardisierten Durchführung bei. Standardvariablen führen durch ihr standardisiertes Codeschema zu einer objektiven Auswertung. Zusammengefasst erhöhen die hier vorgestellten Standarditems und Standardvariablen die Unabhängigkeit in der Erfassung der Haushaltsgröße von den spezifischen Forschenden.
Bei der Haushaltsgröße handelt es sich um ein potenziell objektiv messbares Merkmal, welches jedoch subjektiv, durch Angabe der Befragten, erhoben wird. Es besteht somit die Möglichkeit, dass die subjektive Angabe vom objektiven Wert (d.h. Zielperson zählt nicht alle oder zu viele Haushaltsmitglieder) abweicht.
4.2 Reliabilität
Da soziodemographische Merkmale typischerweise mit nur einem Item pro Merkmal gemessen werden, sind psychometrische Verfahren zur Reliabilitätsschätzung nicht anwendbar. Eine Einschätzung der Reliabilität über Test-Retest-Verfahren ist prinzipiell möglich, wird aber nur selten durchgeführt (s. bspw. Porst & Zeifang, 1987). Zur Reliabilität der Frage nach der Haushaltsgröße liegen uns keine Informationen vor. Eine mangelnde Zuverlässigkeit der Messung der Haushaltsgröße kann durch verschiedene Faktoren zustande kommen. Einerseits kann Unklarheit über die genaue Definition des Konzepts „Haushalt“ und ihre Anwendung auf die eigene Situation herrschen, beispielsweise ob Mitbewohner*innen in einer Wohngemeinschaft (WG) mitgezählt werden sollen oder nicht. Andererseits kann Unsicherheit in Übergangssituationen eine Rolle spielen, beispielsweise wenn sich der Haushalt in der jüngeren Vergangenheit vergrößert oder verkleinert hat. Studien, die zusätzlich zur Frage nach der Haushaltsgröße mit einer Haushaltsliste arbeiten, in welcher Befragte alle Haushaltsmitglieder aufzählen sollen, können die Informationen beider Variablen (idealerweise während der Befragung, um Korrekturen durch Befragte selbst zu ermöglichen) miteinander abgleichen (wie z.B. im ALLBUS praktiziert, GESIS-Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften, 2019) und somit die Reliabilität der Messung erhöhen.
4.3 Validität
Die Frage nach der Haushaltsgröße sieht auf den ersten Blick nach einer einfachen Frage aus, zumindest für die große Mehrzahl der Befragten. Dieser Eindruck täuscht jedoch, da Befragte sehr unterschiedliche Vorstellungen davon haben können, was ein „Haushalt“ ist, und Frageformulierung und Hinweistexte diese Vorstellung während der Befragung nicht immer effektiv modifizieren können. Dies kann zu invaliden Antworten und damit systematischen Messfehlern führen. Die häufigsten Fehler sind hierbei, dass Befragte vergessen, sich selbst mitzuzählen, oder kleine Kinder nicht in die Summe einbeziehen.
Darüber hinaus führt die Frage bei komplexen Haushaltskonstellationen (z.B., wenn mehrere Haushalte eine Wohnung teilen, wie in vielen WGs) häufig zu systematischen Fehlangaben. In einem kürzlich durchgeführten online-Pretest für das FReDA-Panel (Bujard et al., 2022) wurden auch Fragen zur Haushaltsgröße getestet, wobei Bewohner von WGs besonders quotiert wurden (Hadler et al., 2024). Die Frage entsprach weitgehend der der Demographischen Standards („Wie viele Personen leben in Ihrem Haushalt, Sie selbst eingeschlossen?“, Hoffmeyer-Zlotnik et al., 2016), jedoch wurden die Hinweise für Befragte stark adaptiert und erweitert, da es sich bei FReDA um eine selbstadministrierte Befragung handelt und Interviewer*innen somit als Unterstützung bei der Interpretation der Frage ausfielen. Der erste Hinweis, welcher die Definition des Konzepts „Haushalt“ beinhaltet, beschreibt hier ein engeres Konzept des „gemeinsamen Wirtschaftens“ als in den Demographischen Standards vorgesehen, nämlich die gemeinsame Finanzierung des Lebensunterhalts. Dies geschah vermutlich, um nur Personen mitzuzählen, die wie bei der Berechnung des Nettoäquivalenzeinkommens angenommen tatsächlich ihr Einkommen miteinander teilen. Es wurde experimentell getestet, ob sich die Antworten unterscheiden, wenn Personen, die in einer WG leben, entweder explizit gebeten werden, ihre Mitbewohner*innen nicht mitzuzählen, oder sie nur dann mitzuzählen, wenn sie gemeinsam wirtschaften (im oben erwähnten engen Sinne, was bei WGs selten sein dürfte). Es ergaben sich keine Unterschiede zwischen den beiden Experimentalbedingungen. Dies lag aber nicht daran, dass sich die Experimentalbedingungen de facto kaum unterschieden, sondern daran, dass unabhängig von der Instruktion die meisten Personen, die in einer WG lebten, ihre Mitbewohner*innen fälschlicherweise mitzählten. Außerdem vergaßen einzelne Befragte trotz der ausführlichen Frageformulierung (im Vergleich zur verkürzten Form der Demographischen Standards 2024, Hoffmeyer-Zlotnik et al., 2024), sich selbst mitzuzählen.
Da es sich bei der Haushaltsgröße um eine einfache Zählvariable handelt, entfällt eine Validierung der Standardvariablen.
Silke Schneider, GESIS – Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften in Mannheim, Silke.Schneider@gesis.org