erprobt, validiert
Der Hauptstatus gibt Auskunft darüber, welche Aktivität eine Person aktuell ihrer eigenen Wahrnehmung nach hauptsächlich ausübt, z.B. ob sie zur Schule geht, erwerbstätig, arbeitslos oder im Ruhestand ist. Die Erwerbstätigkeit beschreibt darüber hinaus, ob sie erwerbstätig ist (sofern dies nicht schon aus dem Hauptstatus ersichtlich ist), und wenn ja, in welchem Umfang. Da viele Personen Erwerbstätigkeit mit einem anderen Hauptstatus (z.B. Studium oder Ruhestand) kombinieren, ist es sinnvoll, Hauptstatus und Erwerbstätigkeit als getrennte Merkmale zu betrachten. Beide Merkmale hängen erhebungstechnisch jedoch eng zusammen, da Erwerbstätigkeit eine wichtige Hauptstatuskategorie darstellt.
Der Hauptstatus wird wie folgt definiert (European Commission, 2020, S. 22):
“The variable refers to a person’s own perception of his or her current main activity status. The different statuses refer to socially relevant categories including labour market participation, but also consider several categories of social status for persons where employment is not the main activity. It does not apply criteria of a specific concept e. g. of labour market participation as defined by the International Labour Organisation (ILO). More than one activity status can apply to a person but relevant for this variable is only the most important one for the respondent. The main status refers to the current situation (situation at the moment of the data collection/interview).”
Die Erfassung des subjektiven Hauptstatus, einschließlich der darin enthaltenen Kategorie der Erwerbstätigkeit und der Arbeitslosigkeit, dient der Identifikation gesellschaftlicher Subgruppen in ihrem Verhältnis zum Arbeitsmarkt, z.B. für die mikrosoziologische oder gesundheitswissenschaftliche Forschung. Sie unterscheidet sich grundlegend von dem makroökonomisch orientierten Vorgehen zur Einschätzung der Wirtschaftskraft eines Landes, mit dem Erwerbstätigkeit und Erwerbslosigkeit nach dem Konzept der International Labour Organisation (ILO; Eurostat, 2008; International Labour Organisation, 1982, 2023; Rengers, 2004) erfasst wird: Hierbei wird angestrebt, den Erwerbsstatus unabhängig von der subjektiven Wahrnehmung von Befragten und nationalen Gesetzen bzw. Institutionen zu messen, um die Arbeitsmärkte verschiedener Länder vergleichen zu können. Die amtliche Statistik verwendet in Erhebungen, die in internationale Arbeitsmarktstatistiken eingehen, entsprechend einen Satz detaillierter Fragen, um die internationalen Definitionen der ILO umzusetzen. Dies geht mit einem entsprechend höheren Erhebungsaufwand und mehr Belastung für die Befragten einher. Studien, die den Erwerbsstatus nach ILO-Konzept erfassen sollen, können sich an den entsprechenden Fragen im Mikrozensus orientieren (s. dazu auch Gauckler & Körner, 2011; Marder-Puch, 2023a, 2023b). In diesem Beitrag geht es im Folgenden ausschließlich um die Erhebung und Kodierung des subjektiven Hauptstatus und der subjektiven Erwerbstätigkeit ohne Berücksichtigung der ILO-Kriterien.
In diesem Abschnitt werden zunächst die von den „Demographischen Standards“ (Hoffmeyer-Zlotnik et al., 2024) empfohlenen Fragebogenitems zur Erhebung des subjektiven Hauptstatus und der Erwerbstätigkeit dargestellt (die Demographischen Standards verwenden die Begriffe „Haupttätigkeit“ und „Erwerbssituation“). Diese soziodemographischen Standard-Fragebogenitems dienen der Vereinheitlichung der Stimuli bei der Erfassung soziodemographischer Merkmale mittels Fragebögen im Sinne einer Input-Harmonisierung. Danach werden für beide Merkmale Standardvariablen vorgestellt, die über Datensätze hinweg konsistente Metadaten in Form standardisierter Variablennamen und -labels sowie Werte und Wertelabels spezifizieren. Soziodemographische Standardvariablen dienen der Vereinheitlichung soziodemographischer Variablen in Umfragedaten im Sinne einer Output-Harmonisierung. Standarditems und Standardvariablen ergänzen einander und haben zum Ziel, die Messung soziodemographischer Merkmale über Studien hinweg vergleichbar zu machen. Weitergehende Informationen zu soziodemographischen Standarditems und -variablen finden sich in Schneider et al. (2023).
Hauptstatus und Erwerbstätigkeit werden in den Demographischen Standards (Hoffmeyer-Zlotnik et al., 2024) durch zwei Fragen (Frage 8 zum Hauptstatus und 8 A zur Erwerbstätigkeit) erfasst. Ein Filter stellt sicher, dass Personen, deren Erwerbstätigkeit sich bereits aus dem Hauptstatus ergibt (z.B. in beruflicher Ausbildung oder im Freiwilligendienst), nicht separat nach ihrer Erwerbstätigkeit gefragt werden. Tabelle 1 zeigt die grundlegenden Eigenschaften beider Fragebogenitems:
Tabelle 1 : Eigenschaften der Erhebungsinstrumente für die Merkmale Hauptstatus und Erwerbstätigkeit
Nr. |
Merkmal |
offen/halboffen/ geschlossen |
numerisch/ kategorial |
Antwortkategorien/ -format |
Einfach- /Mehrfachantwort |
8 |
Hauptstatus |
halboffen |
kategorial |
13 |
Einfach |
8 A |
Erwerbstätigkeit |
geschlossen |
kategorial |
4 |
Einfach |
Tabelle 2 zeigt die empfohlenen Fragebogenitems zur Erfassung von Hauptstatus und Erwerbstätigkeit in den Demographischen Standards (Hoffmeyer-Zlotnik et al., 2024):
Tabelle 2: Items zur Erfassung von Hauptstatus und Erwerbstätigkeit in den Demographischen Standards
|
Demographische Standards 2024 |
|
Nr. |
Frage |
|
8 |
Was machen Sie zurzeit hauptsächlich? |
|
|
A: Besuch einer allgemeinbildenden Schule |
|
|
B: Studium |
|
|
C: Berufliche Ausbildung |
|
|
D: Umschulung |
|
|
E: Freiwilliger Wehrdienst |
|
|
F: Bundesfreiwilligendienst, freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr |
|
|
G: Erwerbsunterbrechung wegen Pflegezeit, Mutterschutz, Elternzeit ohne Teilzeit-Tätigkeit |
|
|
H: Erwerbstätig in Vollzeit, Teilzeit (auch in Altersteilzeit) oder geringfügig |
|
|
I: Rentner*in, Pensionär*in |
|
|
J: arbeitslos |
|
|
K: dauerhaft erwerbsunfähig |
|
|
L: Hausfrau/Hausmann |
|
M: Sonstiges, und zwar: |
||
Filter: |
Code C, D, E, F weiter zu Frage 8 B (frühere Erwerbstätigkeit) |
|
|
Code G weiter zu Frage 9 (berufliche Tätigkeit) |
|
8 A |
Welche Erwerbssituation passt für Sie? |
|
|
A: Vollzeiterwerbstätig gemäß den branchenüblichen oder betrieblichen Regeln |
|
|
B: Teilzeiterwerbstätig, auch Midijob, aber kein Minijob |
|
|
C: in einer geringfügigen, gelegentlichen, kurzfristigen oder unregelmäßigen Beschäftigung (z.B. 538-Euro-Job, Minijob, Ein-Euro-Job, Saisonarbeit) |
|
|
D: gehe keiner bezahlten Tätigkeit nach |
|
Filter: |
Code A, B, C weiter mit Frage 8 C (Details Beschäftigungsverhältnisse) |
|
Die Kategorien dieser Fragebogenitems ergeben sich z.T. aus dem aktuell gültigen deutschen Recht (z.B. zum Bundesfreiwilligendienst im BFDG, 2011; zum freiwilligen Wehrdienst im SG, 2024; zur Familienpflegezeit im FPfZG, 2012; zur Pflegezeit im PflegeZG, 2008; zur Elternzeit im BEEG, 2007; zum Mutterschutz im MuSchG, 2018; zu Teilzeitarbeit im TzBfG, 2001; zu Altersteilzeit im AltTZG 1996, 2022; und zur geringfügigen Beschäftigung im SGB 4, 2024). Bei Änderungen der entsprechenden Gesetze müssen ggf. Änderungen in den Fragebogenitems von den Nutzenden selbst eingearbeitet werden (Hoffmeyer-Zlotnik et al., 2024, S. 21).
Da Personen in beruflicher Ausbildung oder Umschulung in den oben vorgestellten Items nicht nach ihrer Erwerbstätigkeit gefragt werden, ist unbekannt, ob sie eine vergütete Ausbildung bzw. Umschulung machen und damit zu den Erwerbstätigen zählen, oder ob sie eine unvergütete vollzeitschulische Ausbildung oder Umschulung machen, und damit nicht zur Erwerbsbevölkerung gehören. Soll aus den Items der Demographischen Standards die unten beschriebene Standardvariable „Erwerbstätigkeit“ hergeleitet werden, sollten bei Frage 8 die Kategorien C und D geändert werden in C „Berufliche Ausbildung oder Umschulung mit Ausbildungsvergütung“ und D in „Berufliche Ausbildung oder Umschulung ohne Ausbildungsvergütung“. Sollen Ausbildungen/Umschulungen oder Freiwilligendienste in Teilzeit (was selten vorkommt aber möglich ist) von solchen in Vollzeit unterschieden werden, bietet es sich an, die Kategorien C, D, E und F zu Frage 8 A statt 8 B zu führen.
Auf die zwei Fragen zu Hauptstatus und Erwerbstätigkeit folgen in den Demographischen Standards vier optionale Fragen: eine zur früheren Erwerbstätigkeit der aktuell nicht Erwerbstätigen, der Personen in beruflicher Ausbildung oder Umschulung sowie derer in Freiwilligendiensten (8 B), sowie drei vertiefende Fragen zur Beschreibung der aktuellen Tätigkeit (8 C, 8 D, 8 E) für aktuell erwerbstätige Personen. Wird im Fragebogen auch der Beruf erfragt, sollten früher erwerbstätige Personen identifiziert (8 B) und nach ihrem zuletzt ausgeübten Beruf gefragt werden, um auch für diese Gruppe soziale Statusmaße herleiten zu können. Dieses Set an optionalen Fragen wird hier nicht weiter thematisiert.
Die Erhebung von Hauptstatus und Erwerbstätigkeit wird auch im Standardfragenkatalog des RatSWD (Rat für Sozial- und Wirtschaftsdaten, 2023, S. 14 ff.) empfohlen. Dort wird eine Maximal- und eine Minimalversion der Instrumente vorgeschlagen. Die Maximalversion basiert auf den Items der Demographischen Standards von 2016 (Hoffmeyer-Zlotnik et al., 2016). Dabei werden die Antwortkategorien „Vollzeiterwerbstätig“ und „Teilzeiterwerbstätig“ um nähere Erläuterungen ergänzt und veraltete Begriffe durch aktuelle ersetzt (z.B. „Erziehungsurlaub“ durch „Elternzeit“). Ebenso werden Ergänzungen und Hinweise aus Lenzner et al. (2019) berücksichtigt. Als Minimalversion werden etwas einfachere Fragebogenitems vorgeschlagen, die sich stärker an der Erhebung in der Allgemeinen Bevölkerungsumfrage der Sozialwissenschaften (ALLBUS) orientieren. Die Items der Maximalversion (d.h. auch die entsprechenden Items der Demographischen Standards) wurden insbesondere für selbstadministrierte Fragebögen als zu kompliziert erachtet – daher wurden sie in den Demographischen Standards (2024) auch überarbeitet.
Die Fragen in den Demographischen Standards 2024 sind so konzipiert, dass keine oder nur geringfügige modusspezifischen Anpassungen notwendig sind. Bei computergestützten Befragungen besteht die Möglichkeit, Plausibilitätskontrollen während der Befragung durchzuführen. Dazu können bestimmte Antwortmöglichkeiten in Frage 8 A in Abhängigkeit von der Antwort auf Frage 8 ausgeblendet oder mit einer Rückfrage („prompt“) versehen werden. So kann z.B. für Befragte, die in Frage 8 angeben, erwerbstätig zu sein (Antwort H), in Frage 8 A die Antwortkategorie D ("gehe keiner bezahlten Tätigkeit nach") ausgeblendet werden. Für Befragte, die in Frage 8 angeben, arbeitslos zu sein (Antwort J), kann Antwortkategorie A („Vollzeiterwerbstätig“) ausgeblendet werden. Hier sollte aber berücksichtigt werden, dass subjektiv Kombinationen möglich sind, die auf den ersten Blick unplausibel erscheinen (z.B. „Besuch einer allgemeinbildenden Schule“ und „Vollzeiterwerbstätig“). Nur strikt inkompatible Antworten sollten daher in selbstadministrierten Befragungen ausgeschlossen werden; in Interviewer-administrierten Befragungen sollten alle Antwortmöglichkeiten erhalten werden.
Die meisten Hauptstatusgruppen sind in allen Ländern der westlichen Welt vorhanden, auch wenn sich die rechtlichen Details (z.B. Schulpflicht, Wehrpflicht, Renteneintrittsalter u.ä.) unterscheiden. Frage 8 der Demographischen Standards zum Hauptstatus lässt sich jedoch nicht durch Übersetzung allein in internationalen Studien anwenden, da sie Kategorien beinhaltet, die sich im Wortlaut auf im deutschen Recht festgelegte Statusgruppen beziehen, und für die es entsprechend in anderen Ländern keine Äquivalente gibt. Daher werden hier alternative Lösungen aus amtlichen und wissenschaftlichen internationalen Befragungen knapp vorgestellt.
Für die Erhebung des Hauptstatus empfiehlt die Europäische Kommission die Implementierung einer einzigen Frage mit den Antwortkategorien der europäischen Kernvariable „main activity status (self-defined)“ (European Commission, 2020, S. 23). Auch wenn die Europäische Kommission selbst keinen Fragetext vorgibt, wird darauf hingewiesen, dass das Antwortverhalten und damit die resultierenden Verteilungen bei Fragen nach dem Hauptstatus stark von der genauen Ausgestaltung der Frage(n) (z.B. Frageformulierung, Anzahl, Art und Reihenfolge der Antwortkategorien, ggf. Routing zwischen Fragen) abhängen. Eine ex-post-Harmonisierung der Variablen „Hauptstatus“ aus unterschiedlichen Fragebogenitems ist unter diesen Umständen nur begrenzt möglich. Um internationale Vergleichbarkeit zu gewährleisten, sollte die Information zum Hauptstatus daher nicht aus anderen Fragen hergeleitet werden. Ländervergleichende Studien sollten stattdessen die Kategorien der europäischen Kernvariablen gleich bei der Erhebung einsetzen. Der Umfang der Erwerbstätigkeit (Voll- oder Teilzeit) wird in einer weiteren Kernvariablen nur für Erwerbstätige erfasst (European Commission, 2020, S. 25). Eine Erwerbstätigkeit nebenher wird in den europäischen Kernvariablen somit nicht erfasst; dies ließe sich ebenfalls mit einer Folgefrage bewerkstelligen, für die es jedoch (noch) keine Empfehlung gibt.
Auch viele wissenschaftliche internationale Umfragen erfragen Hauptstatus und/oder Erwerbstätigkeit und auf diese Items kann bei Bedarf zurückgegriffen werden. Die EVS (European Values Study, 2018) fragt in Frage Q82 primär nach Erwerbstätigkeit, die hier auch gleich in Voll- und Teilzeit sowie Selbständigkeit (d.h. dem Status in der Erwerbstätigkeit, was in anderen Studien meist separat erfasst wird) differenziert wird. Die Antwortkategorien zu Frage Q82 beinhalten auch die typischen weiteren Statusgruppen, die jedoch nur nicht-erwerbstätige Befragte auswählen sollen. Bei Erwerbstätigen entspricht der Hauptstatus in der EVS damit immer der Erwerbstätigkeit, auch wenn Befragte selbst möglicherweise einen anderen Hauptstatus angeben würden, wenn sie entsprechend gefragt würden. Das International Social Science Programme (ISSP, Jonas Edlund et al., 2023) fragt stattdessen, welche Kategorie die aktuelle Situation am besten beschreibt. Damit wird eher der Hauptstatus als eine mögliche Erwerbstätigkeit nebenher berichtet. Im ESS (z.B. European Social Survey, 2022) wird Erwerbstätigkeit und Hauptstatus mit zwei Fragen mit der gleichen Liste mit neun Antwortkategorien erfragt. In der ersten Frage sollen alle zutreffenden Aktivitäten, die in den vergangenen sieben Tagen ausgeübt wurden, angegeben werden. In der zweiten Frage soll dann nur noch die Hauptaktivität ausgewählt werden. Durch dieses Design kann sowohl der subjektive Hauptstatus als auch eine mögliche Erwerbstätigkeit nebenher (oder sogar jede andere gleichzeitig ausgeübte Aktivität) identifiziert werden.
In allen internationalen Befragungen fehlen Kategorien, die für bestimmte Gruppen von Befragten in Deutschland eine Auswahl erleichtern – wie z.B. Bundesfreiwilligendienst oder Erwerbsunterbrechung wegen Mutterschutz o.ä. Alle drei internationalen Umfragen nutzen jedoch eine Antwortkategorie „sonstiges“, so dass Befragte auch eine Angabe machen können, wenn sie sich in den vorgesehenen Kategorien nicht wiederfinden.
Die hier vorgestellten Fragen sind für allgemeine Bevölkerungsumfragen in allen Befragungsmodi gedacht. Werden nur bestimmte Hauptstatus- oder Altersgruppen befragt müssen die Fragen entsprechend adaptiert werden; zu Anpassungen für verschiedene Modi s. Abschnitt „Anpassung an verschiedene Befragungsmodi“
Um Hauptstatus und Erwerbstätigkeit über Studien und Zeitverlauf hinweg einheitlich benennen, kodieren und damit besser vergleichen zu können, wurden zwei Standardvariablen entwickelt. Tabelle 3 listet deren Variablennamen, -labels und -formate auf. In Tabelle 4 und Tabelle 5 werden die Codeschemata für die Standardvariablen x_mainstatus und x_empl dargestellt.
Tabelle 3: Spezifikation der Standardvariablen für Hauptstatus und Erwerbstätigkeit
Variablenname |
Variablenlabel DE |
Variablenlabel EN |
Format |
Version |
x_mainstatus |
Hauptstatus (subjektiv) |
Main status (self-defined) |
kategorial |
1.1.0* |
x_empl |
Erwerbstätigkeit (subjektiv) |
Employment (self-defined |
kategorial |
1.0.1* |
Anmerkungen: * Version 1.0.0 dieser Variablen wurde in Schneider et al. (2023) publiziert. Die hier dargestellte neuere Version von x_mainstatus erlaub eine Herleitung aus den Demographischen Standards 2024 sowie eine Differenzierung der beruflichen Ausbildung in Voll- und Teilzeit. Bei x_empl haben sich nur einzelne Labels geändert, nicht aber der Inhalt der Kategorien. |
Die Variable Hauptstatus (x_mainstatus) ist an der europäischen Kernvariablen „main activity status (self-defined)“ angelehnt (European Commission, 2020). Tabelle 4 zeigt das mehrstellige hierarchische Codeschema für die Standardvariable x_mainstatus mit Zuordnung der Antwortkategorien von Frage 8 und 8 A der Demographischen Standards. Das Schema lässt sich in maschinenlesbarer Form hier herunterladen. Ebenso ist eine maschinenlesbare Verknüpfung des Schemas mit den entsprechenden Instrumenten der Demographischen Standards (Hoffmeyer-Zlotnik et al., 2024) und Variablen des ALLBUS 2021 (GESIS-Leibniz-Institut Für Sozialwissenschaften, 2023) zum Download hier verfügbar.
Tabelle 4: Codeschema für die Standardvariable x_mainstatus und Zuordnung zu Antwortmöglichkeiten der Demographischen Standards 2024
Standardvariable x_mainstatus, Version 1.0 |
Demographische Standards 2024 |
||||
Wert |
Wertelabel DE |
Wertelabels EN |
Frage |
Code |
Antwortkategorien |
100 |
Erwerbstätig, nfs |
Employed, nfs |
8 8 A |
H & k.A. |
Erwerbstätig UND keine Angabe zu Umfang der Erwerbstätigkeit |
101 |
In beruflicher Ausbildung (mit Ausbildungsvergütung),nfs |
In apprenticeship (vocational training for pay), nfs |
|
|
(aus Demographischen Standards 2024 nicht herleitbar, sofern Items nicht wie in Abschnitt 2.1 dargestellt angepasst werden) |
110 |
Vollzeit-erwerbstätig, nfs |
Full-time employed, nfs |
8 8 A |
H & A |
Erwerbstätig UND Vollzeiterwerbstätig gemäß den branchenüblichen oder betrieblichen Regeln |
8
8 A |
M | k.A. & A |
Sonstige ODER keine Angabe zu Hauptstatus UND Vollzeiterwerbstätig gemäß den branchenüblichen oder betrieblichen Regeln |
|||
111 |
In beruflicher Ausbildung (mit Ausbildungsvergütung), in Vollzeit |
In apprenticeship (vocational training for pay), full-time |
|
|
(aus Demographischen Standards 2024 nicht herleitbar, sofern Items nicht wie in Abschnitt 2.1 dargestellt angepasst werden) |
120 |
Teilzeit-erwerbstätig, nfs |
Part-time employed, nfs |
8 8 A |
H & B |
Erwerbstätig UND Teilzeiterwerbstätig, auch Midijob, aber kein Minijob |
8 8 A |
H & C |
Erwerbstätig UND in einer geringfügigen, gelegentlichen, kurzfristigen oder unregelmäßigen Beschäftigung |
|||
121 |
In beruflicher Ausbildung (mit Ausbildungsvergütung), in Teilzeit |
In apprenticeship (vocational training for pay), part-time |
|
|
(aus Demographischen Standards 2024 nicht herleitbar, sofern Items nicht wie in Abschnitt 2.1 dargestellt angepasst werden) |
200 |
Arbeitslos |
Unemployed |
8 |
J |
Arbeitslos |
300 |
Im Ruhestand, pensioniert |
Retired |
8 |
I |
Rentner/-innen, Pensionäre/-innen, im Vorruhestand |
400 |
Studierende, Schüler*innen |
Student, pupil |
8 |
A |
Besuch einer allgemeinbildenden Schule |
8 |
B |
Studium |
|||
500 |
In verpflichtendem Wehr- oder Zivildienst |
Compulsory military or civilian service |
|
|
(aktuell für Deutschland nicht relevant) |
600 |
Anderes nfs |
Other nfs |
8 |
M |
Sonstiges, und zwar |
610 |
Dauerhaft erwerbsunfähig |
Unable to work due to long-standing health problems |
8 |
K |
dauerhaft erwerbsunfähig |
620 |
Haus-, Erziehungs- und Pflegearbeit leistend |
Fulfilling domestic tasks |
8 |
L |
Hausfrau/Hausmann |
8 |
G |
Erwerbsunterbrechung wegen Pflegezeit, Mutterschutz, Elternzeit ohne Teilzeit-Tätigkeit |
|||
630 |
In freiwilligem Wehrdienst, Bundesfreiwil-ligendienst u.ä. |
Voluntary military or civilian service |
8 |
E |
Freiwilliger Wehrdienst |
8 |
F |
Bundesfreiwilligendienst, freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr |
|||
640 |
In beruflicher Ausbildung, nfs |
In vocational education, nfs |
8 |
C |
Berufliche Ausbildung |
8 |
D |
Umschulung |
Die Kategorie „Berufliche Ausbildung“ wird, wenn sie sich auf eine vergütete Ausbildung bezieht, gemeinhin als Vollzeiterwerbstätigkeit betrachtet. Version 1.1.0 von x_mainstatus erlaubt ihre Differenzierung in Vollzeit oder Teilzeit und bietet Code 101 dafür, dass diese Information nicht vorliegt. Personen, die eine rein schulische, unvergütete Berufsausbildung absolvieren, sollen, sofern diese in den Daten identifiziert werden können, der Kategorie 400 „Studierende, Schüler*innen“ zugeordnet werden. Ermöglichen die Antwortkategorien keine Unterscheidung zwischen beruflicher Ausbildung mit und ohne Ausbildungsvergütung (wie bei den Demographischen Standards in Frage 8), müssen die entsprechenden Antwortkategorien (Demographische Standards: Kategorien C und D) in eine Unterkategorie "In beruflicher Ausbildung, nfs“ unter „Anderes“ zugeordnet werden. Die Kategorie zur Wehrpflicht ist in Deutschland seit dem Aussetzen der Wehrpflicht 2011 zwar nicht mehr relevant, für ältere Daten und mögliche internationale Vergleiche ist eine Kategorie hierfür jedoch weiterhin sinnvoll. Weitere Details zu den Kategorien der Standardvariablen finden sich im Abschnitt "Konstruktion und Selektion der Standardvariablen“.
Tabelle 5 zeigt das einfache Codeschema für die Standardvariable x_empl zur subjektiven Erwerbstätigkeit. In diesem Schema wird die Erwerbstätigkeit unabhängig vom Hauptstatus abgebildet. Dadurch kann insbesondere die Erwerbstätigkeit nebenher, inklusive geringfügiger Erwerbstätigkeit, abgebildet werden, welche (meist) nicht den subjektiven Hauptstatus einer Person definiert. Das Schema lässt sich in maschinenlesbarer Form hier herunterladen und enthält Querbezüge zur Standardvariablen x_mainstatus. Ebenso ist eine maschinenlesbare Verknüpfung des Schemas für x_empl mit den entsprechenden Instrumenten bzw. Variablen der Demographischen Standards 2024 (Hoffmeyer-Zlotnik et al., 2024) und des ALLBUS 2021 (GESIS-Leibniz-Institut Für Sozialwissenschaften, 2023) zum Download hier verfügbar.
Tabelle 5: Codeschema für die Standardvariable x_empl und Zuordnung zu Antwortmöglichkeiten der Demographischen Standards
Standardvariable x_empl, , Version 1.0 |
Demographische Standards 2024 |
||||
Wert |
Wertelabel DE |
Wertelabels EN |
Frage |
Code |
Antwortkategorie |
1 |
Vollzeit-erwerbstätig |
Full-time employed |
8 A |
A |
Vollzeiterwerbstätig gemäß den branchenüblichen oder betrieblichen Regeln |
2 |
Teilzeit-erwerbstätig |
Part-time employed |
8A |
B |
Teilzeiterwerbstätig, auch Midijob, aber kein Minijob |
3 |
Geringfügig oder nebenher erwerbstätig |
Working in a side/minor job |
8 A |
C |
in einer geringfügigen, gelegentlichen, kurzfristigen oder unregelmäßigen Beschäftigung (z.B. 538-Euro-Job, Minijob, Ein-Euro-Job, Saisonarbeit) |
4 |
Erwerbslos |
Unemployed |
8 8 A |
J & D |
Arbeitslos UND gehe keiner bezahlten Tätigkeit nach |
5 |
Nichterwerbsperson |
Outside the labor force |
8 & 8 A |
A
D |
Besuch einer allgemeinbildenden Schule UND gehe keiner bezahlten Tätigkeit nach |
8 8 A |
B & D |
Studium UND gehe keiner bezahlten Tätigkeit nach |
|||
8 |
E |
Freiwilliger Wehrdienst |
|||
8 |
F |
Bundesfreiwilligendienst, freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr |
|||
8 |
G |
Erwerbsunterbrechung wegen Pflegezeit, Mutterschutz, Elternzeit ohne Teilzeit-Tätigkeit |
|||
8 8 A |
I & D |
Rentner*in, Pensionär*in UND gehe keiner bezahlten Tätigkeit nach |
|||
8 8 A |
K& D |
dauerhaft erwerbsunfähig UND gehe keiner bezahlten Tätigkeit nach |
|||
8 8 A |
L& D |
Hausfrau/Hausmann UND gehe keiner bezahlten Tätigkeit nach |
|||
8 8 A |
M& D |
Sonstiges, und zwar: … UND gehe keiner bezahlten Tätigkeit nach |
|||
-6 |
Nicht generierbar/codierbar |
Cannot be generated/coded |
8 |
C |
Berufliche Ausbildung |
8 |
D |
Umschulung |
|||
8 8 A |
H & D |
Erwerbstätig UND gehe keiner bezahlten Tätigkeit nach |
Bei der Zuordnung der Erwerbskategorien aus Fragen 8 und 8 A der Demographischen Standards sind folgende Punkte zu beachten:
Alle Personen, die weder erwerbstätig noch erwerbslos sind, werden in einer Kategorie für Nichterwerbspersonen zusammengefasst. Die Unterscheidung von Erwerbstätigen, Erwerbslosen und Nichterwerbspersonen ist hier dem ILO-Konzept entnommen, jedoch werden zur Erfassung und Kodierung nur einfache subjektive Fragen verwendet und zentrale ILO-Kriterien (z.B. 1-Stunden-Kriterium für Erwerbstätigkeit oder Verfügbarkeit für eine Stelle bei Erwerbslosen) nicht angewendet, so dass nicht von einer Vergleichbarkeit mit Daten ausgegangen werden kann, die anhand der ILO-Kriterien erhoben wurden.
Die Standardvariablen Hauptstatus und Erwerbstätigkeit sind nützlich, um für bestimmte Fragestellungen sinnvolle Subpopulationen auswählen und/oder miteinander kontrastieren zu können. Die Kategorien der Variablen können in Dummy-Variablen überführt werden, die dann als unabhängige Variablen in Regressionsmodellen genutzt werden können. Zur Nutzung als abhängige Variable können die Kategorien je nach Fragestellung weiter zusammengefasst und mit geeigneten Verfahren für kategoriale Daten (bspw. mit logistischen bzw. multinomialen Regressionsmodellen) analysiert werden.
Der Hauptstatus beschreibt gesellschaftliche Gruppen anhand ihrer subjektiven aktuellen Hauptaktivität. Hierdurch wird die Position eines Individuums zum Arbeitsmarkt beschrieben, welche eng mit dem Lebenslauf (Kohli, 1997) zusammenhängt: Während jüngere Befragte häufig noch in schulischer oder beruflicher Ausbildung sind oder verschiedene Arten von Freiwilligendiensten leisten, sind Befragte jenseits des Renteneintrittsalters meist im Ruhestand. Dazwischen liegt die lange Phase der Erwerbstätigkeit, die aus verschiedenen Gründen temporär unterbrochen oder vorzeitig beendet werden kann – sei es durch Beurlaubung oder Rückzug aus dem Arbeitsleben zur Betreuung von Kindern oder älteren Familienmitgliedern, Arbeits- bzw. Erwerbslosigkeit oder Erwerbsunfähigkeit.
Die Begriffe Erwerbs- und Arbeitslosigkeit werden alltagssprachlich meist synonym gebraucht. In der amtlichen Statistik werden sie jedoch differenziert verwendet (z.B. Sauermann, 2005). Dabei gilt in der amtlichen Statistik der Bundesagentur für Arbeit jede Person als arbeitslos, die bei der Bundesagentur für Arbeit als arbeitslos gemeldet ist, was an bestimmte Bedingungen geknüpft ist (aktuell §§16 und 138 im SGB III, 1997, zuletzt geändert durch Art. 60 G v. 23.10.2024). Der Begriff der Erwerbslosigkeit wird v.a. im internationalen Kontext verwendet, wenn die Definitionen der ILO angewendet werden, welche den Erwerbstatus unabhängig von subjektiver Wahrnehmung und nationalen Institutionen erfassen sollen. Entsprechende amtliche Statistiken hierzu werden in Deutschland vom Statistischen Bundesamt publiziert. Erwerbslose sind Personen im erwerbsfähigen Alter, die derzeit nicht erwerbstätig sind, aktiv nach Arbeit suchen und kurzfristig eine Stelle antreten könnten. (International Labour Organisation, 2023, Abs. 47). Erwerbstätige sind Personen im erwerbsfähigen Alter, die innerhalb einer Bezugswoche mindestens eine Stunde entgeltlich oder selbstständig gearbeitet haben, oder wenn sie nur zeitweise abwesend waren (z. B. im Urlaub). Dies umfasst abhängig Beschäftigte, Selbstständige, unbezahlt mithelfende Familienangehörige, bezahlte Auszubildende und Personen im Militär- oder Zivildienst (International Labour Organisation, 2023, Abs. 27–32). Sowohl die registrierte Arbeitslosigkeit als auch Erwerbslosigkeit i.S. der ILO-Definition weicht somit von der in der Forschung gebräuchlichen und oben verwendeten subjektiven Definition deutlich ab. Manche Personen betrachten sich als arbeitslos, auch wenn sie nicht als arbeitslos registriert sind (und umgekehrt), wenn sie in den vergangenen vier Wochen nicht aktiv nach einer Tätigkeit gesucht haben oder nicht kurzfristig für einen Job zur Verfügung stehen, oder obwohl sie in der Berichtswoche geringfügig gearbeitet haben. Es muss also dokumentiert werden, wie Arbeits- bzw. Erwerbslosigkeit in einer Studie definiert und gemessen wird.
Auf der Mikroebene prägen Hauptstatus und Erwerbstätigkeit den Alltag, das Verhalten, Erleben und die Sozialbeziehungen einer Person. Außerdem hängen Hauptstatus und Art und Umfang der Erwerbstätigkeit eng mit dem (insbes. persönlichen) Einkommen und damit den Konsummöglichkeiten, mit der sozialen Absicherung sowie weiteren Möglichkeiten der gesellschaftlichen Teilhabe zusammen: „Moderne Gesellschaften sind Arbeitsgesellschaften. Das heißt, dass die eigene Erwerbstätigkeit für die Menschen die wichtigste Quelle des Lebensunterhalts, der Kontakte zu Mitmenschen, des Ansehens, des Selbstrespekts und der eigenen Identität darstellt“ (Steuerwald, 2016, S. 187). Entsprechend wichtig ist das Merkmal der Erwerbstätigkeit bei der Analyse des Wohlbefindens, der gesellschaftlichen Teilhabe, des sozioökonomischen Status und des Einkommens. In einem größeren Review von van de Noordt (2014) konnte gezeigt werden, dass Erwerbstätigkeit hilft, vor Depressionen zu schützen, und eine positive Wirkung auf die allgemeine mentale Gesundheit hat (vgl. van de Noordt, 2014).
(Subjektive) Arbeitslosigkeit ist im Umkehrschluss ein Risikofaktor für Gesundheit und soziale Teilhabe. Der negative Effekt von Arbeitslosigkeit auf das subjektiven Wohlbefindens ist gut dokumentiert (Lucas et al., 2004; von Scheve et al., 2017; Winkelmann & Winkelmann, 1998). Mit dem Verlust des Arbeitsplatzes steigt auch das Trennungsrisiko von Ehen (Franzese & Rapp, 2013) und Partnerschaften (Esche, 2017). Die negativen Auswirkungen von Arbeitslosigkeit hängen auch von ihrer Dauer ab (Franzese & Rapp, 2013; Leopold et al., 2017; von Scheve et al., 2017), die jedoch häufig nicht erfragt wird. Hauptfaktoren für Arbeitslosigkeit sind die formale Qualifikation und Gesundheit (Möller & Walwei, 2017; Röttger et al., 2020). Außerdem ist das Risiko, arbeitslos zu werden, regional ungleich verteilt: Nach wie vor ist die Arbeitslosigkeit in Ostdeutschland höher als in Westdeutschland (Steuerwald, 2016, S. 209), wenn auch der Abstand seit 2005 deutlich gesunken ist (Röttger et al., 2020).
Aus diesen Gründen erfassen praktisch alle Studien den aktuellen Hauptstatus und/oder die Erwerbstätigkeit von Befragten, wobei meist die subjektive Einordnung der Befragten selbst ausschlaggebend ist, unabhängig davon, ob die Person beispielsweise arbeitssuchend gemeldet ist oder nicht. Häufig treffen mehrere Aktivitäten auf eine Person zu, und für diese ist es häufig schwierig, sich für einen Hauptstatus zu entscheiden – z.B. für Studierende oder für Personen im Ruhestand, die gleichzeitig arbeiten. Erwerbstätigkeit „nebenher“ kann eine attraktive Möglichkeit sein, die eigene Einkommenssituation zu verbessern, die häufig in Form der steuerlich und sozialversicherungsrechtlich begünstigten geringfügigen Beschäftigung (sogenannte „Minijobs“) ausgeübt wird. Teilzeittätigkeit und geringfügige Beschäftigung stellen jedoch gleichzeitig Formen prekärer Beschäftigung dar, sofern die Person eigentlich lieber mehr Stunden arbeiten wollen würde (Steuerwald, 2016, S. 187): geringfügige Beschäftigung und Teilzeittätigkeiten über einen längeren Zeitraum erschweren die Altersvorsorge und den Vermögensaufbau. Erwerbstätigkeit wird daher häufig auch dann erfasst, wenn sie nur als Nebentätigkeit erfolgt. Es gibt weitere Merkmale der Erwerbstätigkeit, die prekäre Beschäftigung ausmachen, die in den oben genannten Fragebogenitems jedoch nicht abgebildet werden und ggf. zusätzlich berücksichtigt werden sollten. Dazu zählt insbesondere, ob es sich um ein Leiharbeitsverhältnis handelt oder ob der Arbeitsvertrag befristet ist.
Bereits in der „ZUMA-Standarddemographie“ (Pappi, 1979, Anhang A) wurde ein Vorschlag zur Erfassung der Erwerbstätigkeit (hier genannt Erwerbssituation) gemacht, jedoch noch nicht zum Hauptstatus. Es wurden fünf Kategorien differenziert:
Alle nicht hauptberuflich Erwerbstätigen wurden dann nach ihrer früheren Erwerbstätigkeit gefragt, zu der (wie für aktuell Erwerbstätige) weitere Fragen folgten. Danach wurden alle Befragten, unabhängig davon, ob sie jemals erwerbstätig waren, nach ihrer Haupteinkommensquelle gefragt. Der Hauptstatus wurde nicht erfragt. Zusammen mit den Angaben aus einer vorausgegangenen Frage nach einem aktuellen (Hoch-)Schulbesuch, ließe sich dann der Hauptstatus in etwa herleiten, wobei dauerhafte Erwerbsunfähigkeit und Leistung von Hausarbeit nur über Annahmen zu erschließen waren.
Die ZUMA-Standarddemographie war die Grundlage für die sozio-demographischen Fragen im ALLBUS. Die ersten vier Antwortkategorien – ergänzt durch umfangreiche Hinweise für Auszubildende, Personen in Elternzeit etc. – werden im ALLBUS bis heute zur Erhebung der Erwerbstätigkeit verwendet (z.B. Frage F063 im ALLBUS 2021, GESIS, 2023). Zur Erfassung des Hauptstatus der nicht-Erwerbstätigen wurden im ALLBUS in den 1980er Jahren Fragen zu den Gründen der Nichterwerbstätigkeit ergänzt. Seit 1990 wird der Hauptstatus der nicht hauptberuflich Erwerbstätigen in einer Folgefrage erfragt (z.B. Frage F073 im ALLBUS 2021, GESIS, 2023). Der ALLBUS nimmt also durch die Filterführung an, dass der Hauptstatus aller hauptberuflich Erwerbstätigen (egal ob in Voll- oder Teilzeit) die Erwerbstätigkeit ist. Bis heute ist die oben fünfte Kategorie für den heute freiwilligen Wehrdienst und die Freiwilligendienste (inkl. Bundesfreiwilligendienst, freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr, FSJ/FÖJ) im ALLBUS im Unterschied zu den Demographischen Standards bis 2016 eine Antwortkategorie dieser Folgefrage. Personen im Freiwilligendienst, die sich selbst als erwerbstätig zuordnen (im ALLBUS 2021 in F063 GESIS, 2023), werden damit nicht als solche erkannt.
Bereits in der ersten Version der Demographischen Standards (Ehling et al., 1992) wurde das Item zur Erwerbssituation um zwei weitere Antwortkategorien (für Befragte in Erziehungsurlaub o.ä. und Auszubildende) erweitert, so dass insgesamt sechs Antwortkategorien unterschieden wurden. ALLBUS und Demographische Standards haben sich hier also schon früh auseinanderentwickelt. In den Demographischen Standards (2004) erfolgte dann eine umfangreichere Überarbeitung der Antwortkategorien. Von da an wurden verschiedene Formen geringfügiger oder gelegentlicher Erwerbstätigkeit in drei detailliertere Kategorien unterteilt. Außerdem wurden in dieser Version Altersteilzeit und Umschulungen differenziert, und die Kategorie für den damaligen Wehr- und Zivildienst wurde von der Folgefrage für nicht-Erwerbstätige zur Frage zur Erwerbssituation bewegt. Der Umfang der Erwerbstätigkeit (Vollzeit vs. Teilzeit) wird seitdem anhand der „branchenüblichen Regeln“ (statt der wöchentlichen Arbeitszeit) differenziert.
In den Demographischen Standards wurde von Anfang an (Ehling et al., 1992) empfohlen, den Hauptstatus der nicht in Vollzeit Erwerbstätigen in einer Folgefrage zu erheben. In den ersten Ausgaben wurde diese Frage neben den nicht-Erwerbstätigen auch Teilzeit- und geringfügig Beschäftigten gestellt. Ab der Version von 2010 soll die Frage nach dem Hauptstatus nur noch den geringfügig Beschäftigten und nicht-Erwerbstätigen gestellt werden. Die Antwortkategorien des Items zum Hauptstatus der nicht hauptsächlich Erwerbstätigen haben sich bis 2016 mehrmals geändert. 1995 wurde eine Kategorie für Schüler*innen ergänzt, die in der Version von 1992 noch in einer separaten Frage identifiziert wurden. In der Version von 2004 wurde die Kategorie „Wehrdienst“ in das Item zur Erwerbssituation verschoben. 2010 wurde eine Kategorie für dauerhaft Erwerbsunfähige Personen ergänzt, die im ALLBUS bis heute nicht vorkommt.
Mit der neuen Version der Demographischen Standards von 2024 (Hoffmeyer-Zlotnik et al., 2024, s. Abschnitt 2.1) wurden die Fragen zu Hauptstatus und Erwerbstätigkeit grundlegend überarbeitet, um die Anwendbarkeit in selbst-administrierten Fragebögen zu verbessern. Es wird nun zuerst nach dem subjektiven Hauptstatus, einschließlich einer Kategorie für Erwerbstätige, gefragt. Alle Kategorien, bei denen eine gleichzeitige Erwerbstätigkeit möglich ist, werden zur Folgefrage nach der Erwerbssituation geleitet. Dadurch vereinfacht sich die Filterführung im Frageblock. Im Unterschied zur Version von 2016 (Hoffmeyer-Zlotnik et al., 2016) werden auch Kombinationen abbildbar, die bisher durch das Routing ausgeschlossen wurden, wie z.B. Erwerbstätigkeit in Voll- oder Teilzeit bei gleichzeitig subjektivem Hauptstatus „Studium“. Außerdem legen Befragte ihren Hauptstatus selbst fest, während in der 2016er Version Voll- oder Teilzeiterwerbstätigkeit „automatisch“ als Hauptstatus gesetzt wurde, da die entsprechenden Personen nicht zusätzlich gefragt wurden, ob sie studieren, in Rente sind o.ä. Allerdings sind in der Version 2024 auch wenig plausible Kombinationen möglich, z.B. dass jemand als Hauptstatus „Erwerbstätigkeit“ angibt und in der Folgefrage nach dem Umfang der Erwerbstätigkeit antwortet, keiner bezahlten Tätigkeit nachzugehen, oder umgekehrt als Hauptstatus „arbeitslos“ und in der Folgefrage dann „Vollzeiterwerbstätig“. Diese Kombinationen lassen sich zumindest in computergestützten Befragungen ausschließen.
Die Standardvariablen für Hauptstatus und Erwerbstätigkeit wurden 2022/23 im KonsortSWD-Teilprojekt TA3-M1 „Harmonized Variables – Umfragedaten leichter kombinieren durch standardisierte und harmonisierte Variablen“ entwickelt.
Die Standardvariable zum Hauptstatus „x_mainstatus“ bietet ein mehrstelliges hierarchisches Codeschema, um eine eindeutige Zuordnung von Antwortkategorien für möglichst viele Erhebungen zu ermöglichen und ist eng an die europäische Kernvariable „main activity status (self-defined)“ angelehnt (European Commission, 2020, S. 22 ff.). Auf der ersten Stelle werden die Hauptstatusgruppen abgebildet: Erwerbstätige, Erwerbslose, Personen im Ruhestand, Studierende und Schüler*innen sowie Personen in der Wehrpflicht. Letztere Kategorie ist aktuell in Deutschland nicht relevant, wird aber für Daten mit Vergangenheitsbezug (z.B. in retrospektiven Längsschnittstudien) benötigt. Darüber hinaus gibt es eine Kategorie „Sonstiges“ für Angaben, die sich keiner dieser Hauptkategorien zuordnen lassen.
Die Standardvariable erweitert die Europäische Kernvariable um zwei Stellen. Dies ermöglicht zum einen die Zuordnung von Details, die in den deutschen Daten meist bekannt sind (z.B. ob die Erwerbstätigkeit in Voll- oder Teilzeit ausgeübt wird). Zum anderen werden damit Kategorien der EU-Kernvariable, die nicht in allen deutschen Studien identifiziert werden (z.B. dauerhaft erwerbsunfähig im ALLBUS oder Hausmann/Hausfrau), zu optionalen Spezifikationen einer größeren „Sonstiges“-Kategorie.
Die zweite Stelle in der Kategorie "Erwerbstätig" ermöglicht eine Differenzierung nach Vollzeit- und Teilzeiterwerbstätigen oder. Die dritte Stelle ist für die Zuordnung von Personen in bezahlter Berufsausbildung mit oder ohne genaue Angabe des Beschäftigungsumfangs vorgesehen. Darüber hinaus werden auf der zweiten Stelle optionale Spezifikationen der Kategorie "Sonstiges" definiert: Freiwilligendienste (freiwilliger Wehrdienst, Bundesfreiwilligendienst oder freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr); dauerhaft erwerbsunfähig; Hausmann/Hausfrau; oder in beruflicher Ausbildung ohne Spezifikation der Vergütung.
Die Standardvariable Erwerbstätigkeit x_empl hängt eng mit dem Hauptstatus zusammen. Sie erlaubt jedoch zusätzlich die Identifikation von Personen, die nebenher (meist geringfügig) erwerbstätig sind unabhängig von ihrem Hauptstatus. Dies hätte zwar auch durch eine einfachere dichotome Standardvariable erreicht werden können, es erschien uns aber sinnvoll, eine eigene Variable zu erstellen, die darüber hinaus die Erwerbsbevölkerung von der Nicht-Erwerbsbevölkerung unterscheidet und erstere gleichzeitig nach dem Umfang der Erwerbstätigkeit differenziert. Diese Differenzierung kommt dem Erwerbskategorien nach ILO (International Labour Organisation, 2023) näher, auch wenn aufgrund der subjektiven Angaben (anstelle der Anwendung objektiver Kriterien) nach wie vor große Messunterschiede zu erwarten sind. Außerdem wird hier der Information über die (subjektive) Erwerbstätigkeit generell Vorrang vor der (subjektiven) Haupttätigkeit eingeräumt, was in manchen Befragungen (so z.B. dem ALLBUS) bereits durch die Filterführung erfolgt.
Für die Standardvariable Erwerbstätigkeit wurden zunächst verschiedene Versionen entwickelt und in einer Validierung mit Daten des ALLBUS 2018 verglichen. Die definierten Versionen sollen unterschiedlichen Anforderungen genügen: Eine Minimalversion sollte so gestaltet sein, dass sie von praktisch jeder Studie, die das Merkmal erhebt, hergeleitet werden kann. Dabei ist jedoch mit Verlust an Vorhersagekraft und damit einer Reduktion der Validität zu rechnen. Eine Maximalversion soll im Gegensatz dazu möglichst viel Vorhersagekraft und damit Validität erhalten, wird aber nicht für alle Studien ohne Überarbeitung der zugrundeliegenden Fragebogenitems erreichbar sein. Eine Maximalversion ist auch dennoch erstrebenswert, weil sich damit eine größere Vielzahl an Forschungsfragen bearbeiten lässt und Forschende diese Variable für ihre eigenen Studien in unterschiedlicher Art und Weise vereinfachen können – eine Flexibilität, die eine Minimalversion nicht bieten kann (s. auch Schneider et al., 2023). Für die Standardvariable Erwerbstätigkeit wurden zwei Maximal- und zwei Minimalversionen entwickelt (s. Tabelle 6).
Tabelle 6: Darstellung der unterschiedlichen Versionsvorschläge für das Merkmal Erwerbstätigkeit
Maximalversion 2: Max 1 + Erwerbsl. |
Maximalversion 1 = ALLBUS-Schema |
Minimalversion 2 |
Minimalversion 1 |
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Vollzeit-erwerbstätig |
Hauptberufliche Erwerbstätigkeit, ganztags |
Erwerbstätig in Vollzeit |
Erwerbstätig |
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Teilzeit-erwerbstätig |
Hauptberufliche Erwerbstätigkeit, halbtags |
Erwerbstätig, aber nicht in Vollzeit (Teilzeit, nebenher oder unregelmäßig) |
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Nebenher erwerbstätig |
Nebenher erwerbstätig |
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Erwerbslos |
Nicht erwerbstätig |
Nicht erwerbstätig |
Nicht erwerbstätig |
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Nicht erwerbstätig und nicht arbeitslos |
||||
Die Maximalversion 1 entspricht der Variablen work im ALLBUS, die Vollzeit-Erwerbstätige, Teilzeit-Erwerbstätige, nebenher Erwerbstätige und nicht-Erwerbstätige unterscheidet. Es erschien jedoch konzeptuell sinnvoll, wenn eine separate Variable in Ergänzung zum Hauptstatus entwickelt wird, hier die Erwerbslosen (im ALLBUS aus der Variablen dw03) von anderweitig nicht Erwerbstätigen zu unterscheiden, auch wenn dies zu einer stärkeren Überlappung mit der Variablen „Hauptstatus“ führt. Dies führt zu der etwas stärker differenzierten Maximalversion 2, wobei zu beachten ist, dass hier in der validierten Version, Personen mit dem Hauptstatus „Arbeitslos“ auch dann als solche kodiert wurden, wenn sie eine Nebentätigkeit ausüben (was nur selten vorkommt). In der finalen Version der Standardvariablen (siehe Abschnitt 2.2) soll in diesem Fall jedoch die Nebentätigkeit kodiert werden.
Obwohl diese Maximalversionen nicht sonderlich detailliert sind, lassen sie sich nicht für alle Studien herleiten. Daher wurden auch zwei Minimalversionen entwickelt. Minimalversion 1 unterscheidet schlicht erwerbstätige Personen von nicht erwerbstätigen Personen. Hier könnte in der Umsetzung jedoch problematisch sein, dass nicht alle Studien erfassen, ob eine nicht hauptsächlich erwerbstätige Person nebenher erwerbstätig ist (d.h. diese Studien erfassen nur den Hauptstatus). Außerdem schlagen wir eine Minimalversion 2 mit drei Kategorien vor, welche zwischen den Extremen der Vollzeit-Erwerbstätigen und den nicht Erwerbstätigen alle Personen identifiziert, die zwar erwerbstätig sind, aber nicht in einem „Normalarbeitsverhältnis“ in Vollzeit (d.h. entweder in Teilzeit oder nebenher). Diese vier Vorschläge wurden in einer Validierung mit Daten des ALLBUS 2018 verglichen (s. Gütekriterien, Abschnitt „Validität“).
Im Allgemeinen führen Standarditems und Standardvariablen zu einer Erhöhung der Durchführungs- und Auswertungsobjektivität – vor allem über verschiedene Studien hinweg. So tragen Standarditems durch die Harmonisierung der Frage(n) zu einer standardisierten Durchführung bei. Standardvariablen führen durch ihr standardisiertes Codeschema zu einer objektiven Auswertung. Zusammengefasst erhöhen die vorgestellten Standarditems und Standardvariablen die Unabhängigkeit in der Erfassung von Hauptstatus und Erwerbstätigkeit von den spezifischen Forschenden.
Bei den Merkmalen Erwerbstätigkeit und Hauptstatus handelt es sich um subjektive Merkmale. Soziale Erwünschtheit, beispielsweise wenn eine Person nicht zugeben möchte, dass sie arbeitslos ist, kann jedoch auch bei der Angabe des subjektiven Hauptstatus zu Messfehlern führen.
Da soziodemographische Merkmale typischerweise mit nur einem Item pro Merkmal gemessen werden, sind psychometrische Verfahren zur Reliabilitätsschätzung nicht anwendbar. Eine Einschätzung der Reliabilität über Test-Retest-Verfahren ist prinzipiell möglich, wird aber nur selten durchgeführt (s. bspw. Porst & Zeifang, 1987 anhand des ALLBUS 1984). Die Erwerbssituation wurde im ALLBUS 1984 mit einer Frage mit neun Antwortkategorien mit Einfachantwort gemessen. Die Autoren berichten, dass nur 81,2% der Befragten über Befragungswellen hinweg konsistente Antworten gaben, was laut den Autoren für eine minimal akzeptable Messung spricht (Porst & Zeifang, 1987). Dies lässt sich unter anderem dadurch erklären, dass die Frage relativ viele Antwortkategorien hat, was per se die Wahrscheinlichkeit inkonsistenter Antworten steigert. Zudem schließen sich die neun Antwortkategorien nicht gegenseitig aus: es gab z.B. eine Kategorie „nebenher erwerbstätig“, die per definitionem gleichzeitig mit einer Nichterwerbskategorie – meist „Schüler, Student, Auszubildender“ oder „Rentner, Pensionär“ passen kann. Hier haben sich Befragte möglicherweise mal für ihren Hauptstatus, mal für die Erwerbstätigkeit nebenher entschieden. Zur Reliabilität der aktuell von den Demographischen Standards empfohlenen Fragebogenitems sind keine Studien bekannt.
Alle soziodemographischen Standardvariablen, für die verschiedene Versionen entwickelt wurden, wurden einer ausführlichen Validierungsanalyse unterzogen (Schneider et al., 2023). Die Validierung dient der Einschätzung, wie viel Verlust an Vorhersagekraft bzw. Validität mit der Erstellung einer Standardvariablen im Sinne einer Output-Harmonisierung einhergeht. Durch die Validierung kann auf empirischer Basis zwischen verschiedenen Versionen entschieden werden, wenn theoretische Erwägungen keiner Version einer Standardvariablen einen klaren Vorzug geben. Auch wird durch die Validierung ersichtlich, ob ein hierarchisches Codeschema sinnvoll ist, um unterschiedliche Aggregationsmöglichkeiten zu bieten.
Da die Standardvariable zum Hauptstatus keine konkurrierenden Minimal- und Maximalversionen vorsieht und eng an einer internationalen Standardvariablen angelehnt ist, wurde von einer Validierung abgesehen.
Für die Vorschläge einer Standardvariablen Erwerbstätigkeit zeigte sich über 24 Validierungsvariablen hinweg, dass Maximalversion 2 (s. Abschnitt „Konstruktion und Selektion der Standardvariablen“) eine substanziell höhere Erklärungskraft hat als alle anderen Versionen. Allein durch die nicht-Unterscheidung von Erwerbslosen und anderen nicht Erwerbstätigen gehen im Schnitt 25% Erklärungskraft verloren. Wird nicht zwischen Teilzeittätigkeit und Erwerbstätigkeit nebenher unterschieden gehen weitere 8% Erklärungskraft verloren. Für einzelne Analysekontexte – insbesondere soziale Kontakte im Arbeitskontext – ist auch eine binäre Variable „erwerbstätig/nicht erwerbstätig“ ausreichend. Für eine Standardvariable, die in möglichst allen Analysekontexten einsetzbar ist, ist die Performanz dieser binären Minimalversion 1 jedoch mit einem relativen residualen R2 von 53% im Vergleich zu Maximalversion 2 zu gering. Diese kann aber bei Bedarf aus der Standardvariablen hergeleitet werden.
Durch eine Output-Harmonisierung dürfte beim Merkmal „Hauptstatus“ nur eine begrenzte Vergleichbarkeit zustande kommen, da das Antwortverhalten von Befragten stark von der Fragegestaltung abhängt (European Commission, 2020, S. 23). Daher ist hier eine Input-Harmonisierung bzw. Standardisierung deutlich vorzuziehen.
Die Fragen zur Erwerbssituation in den Demographischen Standards von 2016 (Hoffmeyer-Zlotnik et al., 2016) bzw. der leicht aktualisierten Version im Standardfragenkatalog des RatSWD (2023) wurden von Lenzner und Kolleg*innen kognitiven Pretests mit verschiedenen Erhebungsmodi unterzogen (Lenzner et al., 2019, 2022).
Ein wiederholt auftretendes Problem bei der Frage nach der Erwerbssituation (Frage 8) war, dass Befragte mehr als eine Antwort geben möchten, obwohl nur eine Nennung möglich ist. Dies führt in schriftlichen Befragungen zu nicht-intendierten Mehrfachantworten und in anderen Befragungsmodi zu Messfehlern (insbes. einer Untererfassung der geringfügigen Erwerbstätigkeit). Die Frageformulierung „Welche Erwerbssituation passt für Sie? Was in dieser Liste trifft auf Sie zu?“ verdeutlicht nicht, wie Befragte priorisieren sollen, wenn mehrere Antwortmöglichkeiten auf sie zutreffen – im Gegenteil, sie suggeriert, dass alles Zutreffende genannt werden kann (und der Hinweis, dass nur eine Nennung möglich ist, wird leicht überlesen). Dass in der Folgefrage 9 für bestimmte Befragte noch weitere Angaben möglich sind, wissen die Befragten bei Frage 8 noch nicht. Die überarbeitete Version von 2024 formuliert daher klarer und auch kürzer: „Was machen Sie zurzeit hauptsächlich?“ und fragt in einer separaten Frage nach dem Umfang einer möglichen Erwerbstätigkeit. Ein weiteres Problem liegt darin, dass Personen in Übergangssituationen nicht wissen, welcher Status für sie relevant ist – wenn sie z.B. die Schule abgeschlossen haben und auf den Start ihres Studiums „warten“.
Eine Gegenüberstellung (recht unterschiedlich gestalteter) Kurz- und Langversionen zu Hauptstatus und Erwerbstätigkeit (Lenzner et al., 2022) ergab, dass die Kurzversion (welche dem ALLBUS entnommen wurde, s. Abschnitt „Entwicklung“, 4.1) deutlich schneller zu beantworten war, ohne dass sich Einbußen bei der Messqualität zeigten.
Für die überarbeiteten Items der Ausgabe von 2024 (Hoffmeyer-Zlotnik et al., 2024) liegen noch keine Erkenntnisse zu Messproblemen oder Antwortzeiten vor; die Änderungen waren aber zumindest teilweise durch die vorliegenden Testergebnisse motiviert.
Ergebnisse zu den optionalen Fragen 8 A bis 8 C lassen sich in Lenzner et al. (2019) nachlesen.