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Deutsche Führungskräfte-Version des Emotion Regulation Questionnaire (ERQ-D-FK)

  • Autor/in: Stadelmaier, U. W.
  • In ZIS seit: 2009
  • DOI: https://doi.org/10.6102/zis29
  • Zusammenfassung: Die Skala erfasst zwei Strategien der Emotionsregulation: Neubewerten (bedingungs-fokussierte Strategie) und Unterdrücken (reaktions-fokussierte Strategie). Die Skala ist eine Adaption des Emotion ... mehr Regulation Questionnaire von Gross und John (2003). weniger
    Abstract: The scale captures two strategies of emotion regulation: reassessment (condition-focused strategy) and suppression (reaction-focused strategy). The scale is an adaptation of the Emotion Regulation Que ... mehrstionnaire by Gross and John (2003). weniger
  • Sprache Dokumentation: deutsch
  • Sprache Items: deutsch, englisch (original)
  • Anzahl der Items: 10
  • Reliabilität: Cronbachs Alpha = .73 bis .83
  • Validität: Hinweise auf die Konstruktvalidität
  • Konstrukt: Führungsverhalten
  • Schlagwörter: Emotion, Führung, Persönlichkeit | emotion, leadership, personality
  • Item(s) in Bevölkerungsumfrage eingesetzt: nein
  • Entwicklungsstand: validiert
    • Instruktion

      Nun folgen ein paar Fragen zu Ihren Emotionen, besonders dazu, wie Sie sie kontrollieren (d. h. wie Sie sie regulieren und mit ihnen umgehen). Die Fragen betreffen zwei verschiedene Aspekte Ihrer Emotionen. Ein Aspekt ist Ihr emotionales Erleben, was Sie also im Innern fühlen. Der andere Aspekt ist Ihr emotionaler Ausdruck, also wie Sie Ihre Emotionen zeigen. Z. B.  mit der Art, wie Sie sprechen, gestikulieren und sich verhalten. Obwohl manche der folgenden Fragen einander ähnlich scheinen, unterscheiden sich alle Fragen bedeutend voneinander. Antworten Sie bitte mit der folgenden Skala auf jede einzelne Frage: 1 = stimme überhaupt nicht zu  4 = neutral  7 = stimme vollkommen zu.

       

      Items

      R = Items zur Erfassung von Neubewerten

      S = Items zur Erfassung von Unterdrücken

       

      Nr.

      Item

      Original-Items (Gross & John, 2003)

      Skala

      R1

      Wenn ich mehr positive Emotionen empfinden möchte (wie z.B. Freude oder Vergnügen), dann ändere ich meine Denkweise.

      When I want to feel more positive emotion (such as joy or amusement), I change what I’m thinking about.

      R

      S1

      Ich behalte meine Emotionen für mich.

      I keep my emotions to myself.

      S

      R2

      Wenn ich weniger negative Emotionen empfinden möchte (wie z. B. Traurigkeit oder Zorn), dann ändere ich meine Denkweise.

      When I want to feel less negative emotion (such as sadness or anger), I change what I’m thinking about.

      R

      S2

      Wenn ich positive Emotionen empfinde, achte ich darauf, sie nicht zu zeigen.

      When I am feeling positive emotions, I am careful not to express them.

      S

      R3

      Wenn ich mich in einer stressigen Situation befinde, dann denke ich so darüber, dass ich ruhig bleibe.

      When I’m faced with a stressful situation, I make myself think about it in a way that helps me stay calm.

      R

      S3

      Ich kontrolliere meine Emotionen dadurch, dass ich sie nicht zeige.

      I control my emotions by not expressing them.

      S

      R4

      Wenn ich mehr positive Emotionen empfinden möchte, dann ändere ich, wie ich über die Situation denke.

      When I want to feel more positive emotion, I change the way I’m thinking about the situation.

      R

      R5

      Ich kontrolliere meine Emotionen, indem ich einmal anders über meine Situation nachdenke.

      I control my emotions by changing the way I think about the situation I’m in.

      R

      S4

      Wenn ich negative Emotionen empfinde, dann stelle ich sicher, dass ich sie nicht zeige.

      When I am feeling negative emotions, I make sure not to express them.

      S

      R6

      Wenn ich weniger negative Emotionen empfinden möchte, dann ändere ich, wie ich über die Situation denke.

      When I want to feel less negative emotion, I change the way I’m thinking about the situation.

      R

       

      Antwortvorgaben

      Als Antwortvorgabe ist eine 7-stufige Ratingskala mit den Antwortoptionen 1 = stimme überhaupt nicht zu,  4 = neutral,  7 = stimme vollkommen zu vorgegeben

       

      Auswertungshinweise

      Zur Berechnung der Werte für die Subskalen können Mittel- oder Summenwerte berechnet werden. Es empfiehlt sich, Item R3 nicht in die Bildung des Scores einzubeziehen.

       

      Anmerkungen des Autors: Es ist beabsichtigt, zukünftig Vergleichsdaten bereitzustellen, die insbesondere für praktische Anwendungen interessant sind. Dafür ist es erforderlich, auf ein möglichst breites Spektrum von Stichproben zurückgreifen zu können. Der Autor dieser Dokumentation möchte Sie daher bitten, ihm hierfür Daten zur Verfügung zu stellen, wenn Sie diesen Fragebogen verwenden. Sehr gerne werden auch Modifikationsvorschläge für Item R3 angenommen.

       

       

    Emotionsregulation definiert Gross (1998a) als "attempt to influence which emotions we have, when we have them, and how these emotions are experienced or expressed" (S. 224). Nach Gross entsteht eine emotionale Reaktion in einem sich zeitlich entfaltenden Prozess. Er wird durch Situationen eingeleitet, die emotional stimulieren. Solche emotionalen Stimulationen resultieren aus der subjektiven Wahrnehmung, Verarbeitung und Bewertung von Situationen. Der Prozess mündet letztendlich in emotionalen Reaktionstendenzen auf der physiologischen, Erlebens- und Verhaltensebene. Das Entstehen und die Äußerung dieser Reaktionstendenzen kann das Individuum auf vielerlei Weise beeinflussen (Gross, 1998a, b), d.h. es kann eigene Emotionen regulieren. Emotionen entfalten sich nach dem Modell von Gross zeitlich. Die Möglichkeiten oder auch Strategien der Emotionsregulation können unter Berücksichtigung dieser Charakteristik grob in zwei Klassen eingeteilt werden: Die erste Klasse umfasst dabei solche Formen der Emotionsregulation, die vor dem Entstehen von Reaktionstendenzen einsetzen. Gross nennt sie Bedingungs-fokussierte Emotionsregulationsstrategien. Die zweite Klasse von Emotionsregulationsstrategien wird dann wirksam, wenn die emotionalen Reaktionstendenzen bereits vollständig ausgebildet sind. Gross bezeichnet diese Formen der Emotionsregulation als Reaktions-fokussierte Emotionsregulationsstrategien. Gross und John (2003) weisen darauf hin, dass der Begriff Strategie möglicherweise missverständlich ist: Er impliziert, dass die Emotionsregulation vollständig bewusst und kontrolliert stattfindet. Sie gehen jedoch nur davon aus, dass die Emotionsregulation zwar bewusst sein kann, jedoch oft auch automatisiert abläuft. Gross (1998b) unterscheidet weiterführend vier Formen Bedingungs-fokussierter Emotionsregulationsstrategien (siehe Abbildung 1): 1. Situationsselektion (situation selection), d.h. Situationen werden gezielt aufgesucht oder gemieden (z. B. wird S1 aufgesucht, S2 gemieden). 2. Situationsmodifikation (situation modification), d.h. eine gegebene Situation wird verändert (z. B. wird S1 zur Möglichkeit S1y modifiziert). 3. Verlagerung der Aufmerksamkeit (attentional deployment), d.h. die Aufmerksamkeit wird auf ausgewählte Aspekte einer gegebenen Situation verlagert (z. B. wird gezielt der Situationsaspekt a4 statt a1 beachtet) und 4. Kognitive Veränderung (cognitive change), d.h. die subjektive Bedeutung einer gegebenen Situation wird verändert (z. B. führt das zur subjektiven Bedeutung b2).

     

    Abbildung 1. Vier Formen bedingungs-fokussierter Emotionsregulationsstrategien

     

    Bei Reaktions-fokussierten Emotionsregulationsstrategien handelt es sich dagegen Gross zufolge um solche, mit denen versucht wird, die Äußerungsform einer bereits voll entfalteten emotionalen Reaktionstendenz zu verändern, z. B. das Poker-Face aufzusetzen, während man befürchten muss, die Runde des Spiels wegen schlechter Karten zu verlieren (Gross, 2001). Diese Emotionsregulationsstrategien bezeichnet Gross (1998b) als response modulation (Reaktionsmodulation).

    Erfassung dispositioneller Aspekte der Emotionsregulation: Nach Gross und John (2003) neigen Individuen offenbar per Disposition dazu, bestimmte Emotionsregulationsstrategien häufiger, andere eher seltener einzusetzen. In korrelativen Fragebogenstudien ermitteln sie interindividuelle Unterschiede bezüglich der Emotionsregulationsstrategien, die sie als cognitive reappraisal (Neubewerten) und expressive suppression (Unterdrücken) bezeichnen. Mittels Neubewerten werden die eigenen Emotionen dadurch reguliert, dass man die emotionalen Stimuli einer Situation nochmals bewertet und umdeutet. Neubewerten stellt damit eine Bedingungs-fokussierte Strategie dar. Das Unterdrücken einer bereits entstandenen emotionalen Reaktionstendenz entspricht demgegenüber einer Reaktions-fokussierten Strategie der Emotionsregulation. Der Emotion Regulation Questionnaire (ERQ; Gross & John, 2003) soll diese Strategien erfassen. Aus den Ergebnissen der Analyse seiner psychometrischen Eigenschaften leiten die Autoren ab (Gross & John, 2003; John & Gross, 2004), dass Neubewerten und Unterdrücken voneinander unabhängige Dispositionen sind. Sie korrelieren nur mäßig mit globalen Persönlichkeitsmerkmalen wie den Big Five und Maßen für den Copingstil. Zur Intelligenz bestehen überdies keine Zusammenhänge. Um die von Gross und John (2003) postulierten Dispositionen auch im deutschen Sprachraum und speziell bei Führungskräften untersuchen zu können, wurde die hier dokumentierte deutsche Führungskräfte-Version des ERQ entwickelt (ERQ-D-FK).

     

     

    Itemkonstruktion und Itemselektion

    Ein häufiges Problem bei der Übertragung sozialwissenschaftlicher einschließlich psychodiagnostischer Erhebungsinstrumente in andere Sprachen ist die Generierung eines sogenannten Item-Bias (van de Vijver & Hambleton, 1996). Er äußert sich bei einem Item darin, dass es in Abhängigkeit vom Sprachraum konsistent unterschiedlich verstanden wird, weil die Formulierung in verschiedenen Sprachräumen mit unterschiedlichen Konnotationen verknüpft wird. Die inhaltliche Folge ist, dass ein Item je nach Sprachraum unterschiedliche Konstrukte abbildet (Borg, 2003; van de Vijver & Hambleton, 1996). Deshalb wurde bei der Übertragung des ERQ ins Deutsche vorrangig auf die semantische Äquivalenz der deutschen und englischen Itemaussagen geachtet statt auf deren wörtliche Übereinstimmung.

    Vorschlägen von van de Vijver und Hambleton (1996) folgend wurde dabei konkret folgendermaßen vorgegangen: Die US-amerikanischen Items wurden vier deutschsprachigen Studierenden nicht-psychologischer Fächer zur Übersetzung vorgelegt. Auf der Grundlage dieser Übersetzungen wurden die ERQ-Items vom Autor dieser Dokumentation ins Deutsche übertragen. Diese Übertragungen wurden dann von einer in Deutschland lebenden und fließend Deutsch sprechenden amerikanischen Psychologin ins amerikanische Englisch  rückübersetzt. Diese Rückübersetzungen wurden anschließend daraufhin überprüft, ob sie inhaltlich mit den Original-Items von Gross und John (2003) übereinstimmen. Dies traf auf acht der zehn Items der Originalversion zu. Sie wurden deshalb ohne weitere Änderungen in den ERQ-D-FK übernommen. Schwierigkeiten bereitete jedoch die englische Formulierung "I change what I’m thinking about" in zwei Items (Items R1 und R2). Alle deutschen Übersetzer wählten dafür die Formulierung "dann denke ich an etwas anderes". Von der amerikanischen Psychologin wurde diese jedoch mit "I think of something else" rückübersetzt. Diese Formulierung spricht jedoch eine andere, von Neubewerten abweichende Bedingungs-fokussierte Emotionsregulationsstrategie an. Gross (1998a, b) beschreibt sie als "attentional deployment". Die wörtliche Übersetzung "dann ändere ich, über was ich nachdenke" löst dieses Problem ebenfalls nicht, zumal sie zusätzlich eine Form offenen Verhaltens implizieren könnte (die Situation zu verändern, die Anlass der Gedanken ist). Nach Rücksprache mit einer Anglistin und zwei praktisch tätigen DiplompsychologInnen entschied sich der Verfasser schließlich für die schlichte Übersetzung "dann ändere ich meine Denkweise". Diese nicht ideale, aber gebräuchliche Formulierung scheint zumindest im Kern die von Gross postulierte Strategie des Neubewertens zu erfassen, d.h. die Wahl der Bedeutung eines Situationsaspekts, die die angestrebte emotionale Reaktionstendenz erzeugen kann. Die verbalen Bezeichnungen für die Antwortskala wurden in Anlehnung an Musch, Brockhaus und Bröder (2002) mit stimme überhaupt nicht zu für 1, neutral für 4 und stimme vollkommen zu für 7 übersetzt. Die Instruktion wurde vom Autor dieser Dokumentation frei ins Deutsche übertragen.

     

    Stichproben

    In die Analysen der psychometrischen Eigenschaften des ERQ-D-FK wurden die Daten aus zwei Stichproben einbezogen: 1. die von N = 94 deutschen Führungskräften aus 23 verschiedenen Branchen (Stadelmaier, 2008) und 2. die einer gemischten Stichprobe (N = 91) mit 41 deutschen Führungskräften aus fünf verschiedenen Branchen und 50 deutschen Angestellten aus Dienstleistungsberufen (Neubert, 2007). Zusammenhänge mit weiteren Konstrukten wurden nur für die erste Stichprobe ermittelt (Stadelmaier, 2008).

     

    Itemanalysen

    Die Items des ERQ-D-FK wurden einer Hauptkomponentenanalyse mit Varimax-Rotation unterzogen. Die Anzahl der beizubehaltenden Faktoren wurde mittels Parallelanalyse nach einem Algorithmus von O’Connor (2000) bestimmt. Mit Ausnahme des Items R3 konstituieren die Items der Subskala Neubewerten erwartungsgemäß einen Faktor (Eigenwert = 3.1, Varianzaufklärung 30.5 %, Eigenwert Zufallsfaktor ersten Ranges = 1.4), auf dem sie hoch und eindeutig laden. Einen weiteren davon unabhängigen Faktor bilden die Items der Subskala Unterdrücken (Eigenwert = 2.4, Varianzaufklärung 23.7 %, Eigenwert Zufallsfaktor zweiten Ranges = 1.3). Sie laden darauf mittelmäßig bis hoch und eindeutig. Auf dem Faktor Unterdrücken lädt das oben erwähnte Neubewerten Item R3 höher als auf dem Faktor Neubewerten (.39 versus .26). Die Bezeichnung der Situation als "stressig" scheint in irgendeiner Form eher Unterdrücken als Neubewerten nahezulegen. Relativ zu den Ladungen der übrigen Items fällt das Item R3 aber allgemein durch geringe Ladungskoeffizienten auf. Mit Einschränkung des Items R3 kann die Faktorstruktur des englischen Originals jedoch repliziert werden. Dabei ist von besonderer Bedeutung, dass die Faktorstruktur der deutschen Version nicht von der Qualität der Emotionen (positiv versus negativ) bestimmt wird. Sie genügt damit dem theoretischen Anspruch, den Gross und John (2003) bei der Entwicklung des ERQ an das Instrument gestellt und erfüllt haben: Sowohl Neubewerten als auch Unterdrücken werden auf positive wie negative Emotionen angewendet.

     

    Itemkennwerte

    Die Hauptkomponentenladungen (siehe Tabelle 1) für die Items auf den beiden Varimax-rotierten Faktoren Neubewerten und Unterdrücken liegen vor, ebenso die Trennschärfen und Cronbachs Alpha für jedes Item, wenn es aus der entsprechenden Subskala eliminiert würde.

    Die mittlere Trennschärfe für die Items der Komponente Neubewerten ist mit .56 (mittleres Fisher’s Z = .63) als mittelmäßig zu beurteilen. Sie erhöht sich jedoch auf .61, wenn das sehr trennschwache Item R3 nicht in die entsprechenden Berechnungen einbezogen wird. Die Items R3 und R5 sind signifikant schwieriger als die Items R 1, R2, R4 und R6 (ANOVA für Messwiederholungen, Greenhouse-Geisser-Test, F = 17.2). Die mittlere Trennschärfe der Komponente Unterdrücken ist als mittelmäßig zu beurteilen (.53; mittleres Fisher’s Z = .59). Die Schwierigkeit des Items S2 ist signifikant geringer als die der übrigen drei Items zu Unterdrücken (ANOVA für Messwiederholungen, Greenhouse-Geisser-Test, F = 63.8).

     

    Tabelle 1

    Mittelwerte (M), Standardabweichungen (SD), Trennschärfen (T), Cronbachs Alpha if item deleted (CA) für die Items des ERQ-D-FK sowie ihre Hauptkomponentenladungen (Varimax-Rotation) für die Dimensionen Neubewerten (Neu) und Unterdrücken (Unt; N = 185)

    Item

    M

    SD

    T

    CA

    Neu

    Unt

    R1

    3.96

    1.82

    .57

    .75

    .75

     

    R2

    4.11

    1.72

    .61

    .74

    .78

     

    R3

    4.93

    1.57

    .20

    .83

    .26

    .39

    R4

    3.84

    1.73

    .64

    .73

    .77

     

    R5

    4.50

    1.48

    .59

    .75

    .74

     

    R6

    4.17

    1.71

    .64

    .73

    .79

     

    S1

    3.29

    1.61

    .57

    .64

     

    .78

    S2

    2.12

    1.41

    .53

    .67

     

    .74

    S3

    3.05

    1.65

    .63

    .60

     

    .83

    S4

    3.82

    1.56

    .37

    .75

     

    .57

    Anmerkungen. Hauptkomponentenladungen < .20 werden nicht aufgeführt

     

     

    Reliabilität

    Die interne Konsistenz der Subskala (siehe Tabelle 1) für Neubewerten ist mit einem Cronbachs Alpha von .79 akzeptabel und entspricht der für den Originalfragebogen angegebenen. Bei Eliminierung des nur schwach mit der Komponente Neubewerten assoziierten Items R3 erhöht sich Cronbachs Alpha auf .83. Die interne Konsistenz für die Subskala zu Unterdrücken ist nach einem Cronbachs Alpha von .73 ebenfalls akzeptabel.

     

    Validität

    Die mittleren Summenwerte für Neubewerten von Führungskräften unterscheiden sich nicht systematisch von denen der Dienstleistungsbeschäftigten (ANOVA: F (1; 183) = .20). Ebenso wenig korreliert das Alter mit Neubewerten oder liegen überzufällige Geschlechtsunterschiede (ANOVA: F (1; 183) = 1.32) vor.  Alterseinflüsse oder Geschlechtsunterschiede (ANOVA: F (1; 183) = .82) auf die mittleren Summenwerte für die Items Unterdrücken wurden ebenfalls nicht beobachtet - im Gegensatz zum Original, in dem Männer höhere Werte für Unterdrücken erzielten als Frauen. Höhere mittlere Summenwerte für die Subskala Unterdrücken hatten aber Dienstleistungsbeschäftigte im Vergleich zu Führungskräften (ANOVA: F (1; 183) =13.17). Mit einer Effektgröße von Cohen’s d = .40 kann dieser Effekt als mittelstark bezeichnet werden. Verschiedene Gründe sind dafür denkbar: Einerseits etwa, dass Führungskräfte mehr Freiräume haben könnten, ihren Gefühlen gegenüber Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern freien Lauf zu lassen, wohingegen Diensleistungsbeschäftigte speziell im Umgang mit Kunden ihre inneren Gefühlsregungen nach außen hin zügeln müssen. Andererseits, dass Personen, die dispositionell zu unterdrücken neigen, seltener in Führungspositionen gelangen. Hierfür spricht auch, dass die Subskala Unterdrücken negativ mit einer Skala zur Extraversion korreliert (siehe Tabelle 2) und Extraversion bei Führungskräften bekanntermaßen durchschnittlich höher ausgeprägt ist als bei Individuen ohne Führungsverantwortung.

    Zur Beurteilung der Konstruktvalidität sowie zur Etablierung eines nomologischen Netzes wurden die beiden Summenwerte für die Items zur Erfassung von Neubewerten und Unterdrücken mit denen für verschiedene andere Instrumente korreliert (siehe Tabelle 2). Im Hinblick auf die Konstruktvalidität sind die Komponenten zur Emotionsarbeit Surface Acting und Deep Acting als konstruktnah beurteilt worden. Erwartungsgemäß korreliert die Subskala Unterdrücken positiv mit Surface Acting. Das belegt die Annahme, dass Surface Acting von Führungskräften desto wahrscheinlicher ist, je mehr sie dispositionell zur Emotionsregulationsstrategie Unterdrücken neigen. Unerwartet ist, dass sich kein positiver Zusammenhang zwischen Deep Acting und Neubewerten finden lässt, da Deep Acting theoriegemäß eine Form von Neubewerten darstellt.

     

    Tabelle 2

    Spearman-Rangkorrelationen der Summenwerte für die ERQ-D-FK-Subskalen Neubewerten (ohne Item R3) und Unterdrücken mit Skalen für transformationale Führung, Fremdtäuschung, für Facetten der Emotionsarbeit, der Handlungs- vs. Lageorientierung sowie den Big-Five-Persönlichkeitsmerkmalen (N = 94)

     

    Neubewerten

    Unterdrücken

    Transformationale Führung       

    .23*

    -.25*

    Fremdtäuschung                  

    .09

    .02

    Emotionsarbeit

     

     

    Surface Acting                  

    -.05

    .28*

    Deep Acting                     

    .13

    .11

    emotionale Einflussnahme        

    .19

    -.06

    Handlungs- vs. Lageorientierung

     

     

    Handlungsorient. nach Misserfolg

    -.13

    -.11

    prospektive Handlungsorient.    

    .11

    -.19

    Handlungsorient. bei (erfolgr.) Tätigkeitsausführung

    .04

    -.28**

    Big Five

     

     

    Extraversion                    

    .07

    -.48**

    Verträglichkeit                 

    .16

    -.14

    Gewissenhaftigkeit              

    .25*

    -.05

    Neurotizismus                   

    -.06

    .16

    Offenheit für Erfahrungen       

    .26*

    -.25*

    Anmerkungen. *: p < .05 (zweiseitig), **: p < .01 (zweiseitig), Transformationale Führung (Felfe & Goihl, 2006), Fremdtäuschung (Musch, Brockhaus & Bröder, 2002), Facetten der Emotionsarbeit: Surface Acting (Warntjen, 2006), Deep Acting (Warntjen, 2006), emotionale Einflussnahme (Paul, 2006), Handlungs- vs. Lageorientierung (Kuhl, 1994), Big Five (Rammstedt & John, 2005)

     

    Um Unterdrücken und Neubewerten in ein nomologisches Netz einzuordnen, wurden deren Summenwerte mit allgemeinen Persönlichkeitsmerkmalen (Extraversion, Neurotizismus, Gewissenhaftigkeit, Verträglichkeit, Offenheit für Erfahrungen sowie Handlungs- vs. Lageorientierung) und Führungsverhalten (transformationaler Führungsstil und emotionale Einflussnahme) in Beziehung gesetzt. Unterdrücken ist dabei negativ mit Extraversion assoziert. Das kann darauf zurückgeführt werden, dass eher extravertierte Führungskräfte dazu neigen, ihr inneres Empfinden auch im äußeren Verhalten zu zeigen. Neubewerten scheint vom individuellen Grad der Extraversion dagegen nicht beeinflusst zu werden. Verträglichkeit ist weder mit Unterdrücken noch mit Neubewerten assoziiert, d. h. dass es für den dispositionellen Umgang mit eigenen Gefühlen in der Führung keine Rolle zu spielen scheint, ob Führungskräfte positive soziale Interaktionen mehr oder weniger stark wünschen und aufsuchen. Ebensowenig liegt bei Führungskräften ein Zusammenhang zwischen Gewissenhaftigkeit und Unterdrücken vor, wohingegen Neubewerten positiv mit Gewissenhaftigkeit korreliert. Demnach neigen verlässliche Führungskräfte mit hohem Leistungsanspruch dazu, bei der Regulation ihrer Gefühle verschiedene Blickwinkel auf Situationen zu wählen. Neurotizismus ist mit keiner der Subskalen für Unterdrücken und Neubewerten assoziiert, d. h. das individuelle Ausmaß von Ängstlichkeit und der Tendenz, sich Sorgen zu machen, zieht bei Führungskräften nicht zwingend eine Disposition zu einer der beiden Emotionsregulationsstrategien nach sich. Eine negative Beziehung besteht zwischen Unterdrücken und Offenheit für Erfahrungen, die dagegen positiv mit Neubewerten assoziert ist. Je mehr Führungskräfte also zu offener Neugier und flexiblen Wertehaltungen neigen, desto mehr regulieren sie ihre Emotionen durch Neubewerten und desto weniger durch Unterdrücken. Entgegen den Erwartungen ist Neubewerten mit keiner der Facetten der Handlungs- vs. Lageorientierung assoziiert. Theoretisch sollte ein negativer Zusammenhang vorliegen, da Handlungsorientierung eher mit intuitiver Affektregulation einhergeht als mit tendenziell bewussten Strategien der Emotionsregulation. Dieser negative Zusammenhang zeigt sich nur zwischen der Facette Handlungsorientierung bei (erfolgreicher) Tätigkeitsausführung und Unterdrücken. Das spricht zumindest für das Modell der Emotionsregulation von Gross, nach dem Unterdrücken spät im Entfaltungsprozess von Emotionen ansetzt: Handlungsorientierte Führungskräfte regulieren ihre Gefühle in der Regel schneller als lageorientierte und nutzen daher die Strategie Unterdrücken systematisch weniger intensiv. Selbstberichteter Transformationaler Führungsstil ist erwartungsgemäß negativ mit Unterdrücken und positiv mit Neubewerten assoziiert. D. h., dass Transformationales Führungsverhalten eher von Führungskräften praktiziert wird, die offen und mit verschiedenen Blickwinkeln auf Situationen mit ihren eigenen Gefühlen umgehen. Emotionale Einflussnahme im Rahmen der Führung hängt hingegen weder mit Neubewerten noch mit Unterdrücken zusammen. Die Disposition zu einer der beiden allgemeinen Emotionsregulationsstrategien geht demnach nicht mit der Verhaltenstendenz einher, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mehr oder minder gezielt emotional positiv zu beeinflussen.

    Um den Einfluss sozialer Erwünschtheit auf das Antwortverhalten abzuschätzen, wurden die Subskalen Neubewerten und Unterdrücken mit der Tendenz zu Fremdtäuschung korreliert, wobei sich keine bedeutsamen Zusammenhänge zeigten. Bei Führungskräften scheint das Instrument also gegenüber  sozial erwünschtem Antwortverhalten invariant zu sein.

     

    Deskriptive Statistiken

    Die Mittelwerte und Standardabweichungen für die zehn Items des ERQ-D-FK werden in Tabelle 1 berichtet.

     

     

    -       Ulrich W. Stadelmaier, Dipl. Psych., E-Mail: stadelmaier@dgp.de