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Idealistische Bildungsaspiration

  • Author: Stocké, V.
  • In ZIS since: 2005
  • DOI: https://doi.org/10.6102/zis197
  • Abstract: The theory proposed here is an extension of the blue-duncan model of inter-generational status inheritance by social-psychological explanatory factors. It can then be assumed that the position of p ... moreersons in the social status structure leads to different attitudes and values towards education. less
  • Language Documentation: deutsch
  • Language Items: German
  • Number of Items: 4
  • Reliability: Cronbachs Alpha = .48
  • Validity: Hinweise auf die konvergente Validität
  • Construct: Bildungsaspiration
  • Catchwords: Status, Bildung | status, education
  • Item(s) used in Representative Survey: nein
  • Status of Development: validiert
    • Instruktion

      Wenn Sie einmal ganz von den derzeitigen Schulleistungen Ihres Kindes absehen und auch davon, welchen Schulabschluss Ihr Kind später einmal wahrscheinlich machen wird: Können Sie mir bitte mit dieser Skala sagen, wie stark die folgenden Abschlüsse Ihrer persönlichen Idealvorstellung entsprechen?

       

      Anmerkung: In computer-administrierten Befragungen kann hier der Name des Kindes  der befragten Person eingeblendet werden

       

      Items

      Nr.

      Inhalte der Aspiration

      1

      Wie stark entspricht ein Hauptschulabschluss Ihrer Idealvorstellung eines Schulabschlusses für Ihr Kind?

      2

      Und in welchem Umfang entspricht ein Realschulabschluss Ihrer Idealvorstellung?

      3

      Und wie stark entspricht ein Abitur Ihrer Idealvorstellung?

       

      Nr.

      Antwortsicherheit

      4

      Sie haben gerade die möglichen Schulabschlüsse danach bewertet, wie stark sie Ihrer Idealvorstellung für Ihr  Kind entsprechen. Können Sie mir nun mit dieser Skala sagen, wie sicher Sie sich zusammengenommen über Ihre Urteile sind?

       

      Antwortvorgaben

      7-stufige Ratingskalen mit Benennung der Extrempole: 1 = überhaupt nicht und 7 = voll und ganz.

       

      Auswertungshinweise

      Die mit dem dokumentierten Instrument erfassten Daten können, je nach Forschungsinteresse, unterschiedlich ausgewertet werden: 1. können die als am idealsten beurteilten Schulabschlüsse bestimmt und diese als Bildungsjahre oder Dummy-Variablen kodiert in die Analyse einbezogen werden. 2. können Differenzwerte der Bewertungen zwischen den ordinal angeordneten Abschlüssen berechnet werden. Diese erfassen die Unterschiede in der Wertschätzung zwischen einem Hauptschul- und Realschulabschluss einerseits und einem Realschulabschluss und einem Abitur andererseits. Diese zweite Vorgehensweise ist insbesondere dann geeignet, wenn mehr die Erklärung von Übergangsentscheidungen und die absoluten Bildungsergebnisse im Mittelpunkt des Forschungsinteresses stehen.

       

    Das Konstrukt der Bildungsaspirationen wurde in der Vergangenheit häufig zur Prognose unterschiedlicher Aspekte des Bildungsverhaltens und insbesondere zur Erklärung von Einflüssen der sozialen Herkunft auf die Bildungsergebnisse von Schülern herangezogen. In dieser Forschungstradition hat die Wisconsin Schule die ersten theoretischen Grundlagen gelegt (Sewell et al., 1969, 1970). Bei der hier vorgeschlagenen Theorie handelt es sich um eine Erweiterung des Blau-Duncan Modells der inter-generationalen Statusvererbung um sozialpsychologische Erklärungsfaktoren. Danach ist anzunehmen, dass die Stellung von Personen im gesellschaftlichen Statusgefüge zu unterschiedlichen Einstellungen und Werthaltungen gegenüber Bildung führt. Diese Unterschiede drücken sich in einem unterschiedlich hohen Anspruchsniveau der Akteure aus und bewirken eine unterschiedlich starke Motivation zur Erlangung höherer Bildungsabschlüsse (Sewell et al., 1957). Weiterhin wird angenommen, dass sich die Bildungsaspirationen der Eltern einerseits vermittelt über die Aspirationen der Kinder, andererseits aber auch direkt auf deren Bildungsergebnis auswirken. Außer durch die Eltern wird das schulische Anspruchsniveau der Kinder auch durch die Aspirationen der Bezugsgruppe der Gleichaltrigen beeinflusst. Diese Bezugsgruppen sind oft weitgehend statushomogen und somit durch ein bestimmtes, mit der sozialen Herkunft der Kinder übereinstimmendes Bildungsklima geprägt. Dadurch, so die Annahme, werden die bei den Kindern bereits durch die Elterneinflüsse erzeugten Aspirationsunterschiede nach dem Status der Herkunftsfamilien weiter verstärkt.

    Im Rahmen des Modells der Frame-Selektion (MdFS) wurde das Konstrukt der Bildungsaspirationen enger gefasst und als Ausdruck eines unbedingten Strebens nach Bildung konzipiert (Esser, 2000: 207), das oft auf normativ geprägten Einstellungen zu Bildung beruht. Bildungsaspirationen begründen die Entschlossenheit, an dem jeweils gesetzten Anspruchsniveau auch gegen Schwierigkeiten festzuhalten. Wie im Wisconsin-Modell wird angenommen, dass der Inhalt der Aspirationen durch die Zugehörigkeit zu unterschiedlichen Statusgruppen sowie durch Bezugsgruppeneinflüsse geprägt und stabilisiert wird. Eine bedeutsame Weiterentwicklung des Wisconsin-Modells besteht darin, dass weitere Determinanten der Bildungsentscheidungen berücksichtigt und systematisch mit der Wirkung von Bildungsaspirationen in Beziehung gesetzt werden. Bei diesen Faktoren handelt es sich um die in der Theorie rationaler Bildungsentscheidungen angenommenen Determinanten von Schulwahlentscheidungen (Breen & Goldthorpe, 1997; Erikson & Jonsson, 1996). Das sind der instrumentelle Wert von Bildungsabschlüssen, wie etwa die Sicherstellung des Statuserhalts, die Belastungen die bei deren Erwerb anfallen sowie die Aussichten auf ihre erfolgreiche Realisierung. Das MdFS geht davon aus, dass Bildungsaspirationen die Bedeutung unterschiedlicher Bildungsrenditen, variierender Kosten von Bildungsinvestitionen und verschieden hoher Erfolgswahrscheinlichkeiten für die Wahl von Bildungsabschlüssen ausschalten, wenn diese stark verinnerlicht, in der Identität der Akteure verankert und daher kognitiv leicht zugänglich sind. Unter dieser Bedingung bewirken Aspirationen eine unbedingte Rahmung der Schulformwahlen (Esser, 2001, S. 259ff.). In welchem Ausmaß die Bildungsansprüche verinnerlicht sind, ergibt sich aus der sozialen Einbettung in unterschiedlich homogene Bezugsgruppen. Demnach werden Bildungsaspirationen zunehmend weniger durch Nützlichkeitsabwägungen und die realistische Einschätzung des Machbaren geprägt, je häufiger und ausnahmsloser das Anspruchsniveau durch Bezugspersonen in alltäglichen Interaktionszusammenhängen bestätigt wird.

     

    Itemkonstruktion und Itemselektion

    Das Instrument soll

    a)     mit drei Items idealistische Bildungsaspirationen erfassen. Diese beziehen sich auf die Bewertung der im dreigliedrigen Schulsystem der Bundesrepublik Deutschland möglichen Schulabschlüsse. Ein Item fragt zusätzlich

    b)     nach der subjektiven Antwortsicherheit, um die Entschiedenheit der Ansprüche zu ermitteln.

    Ziel der Itemkonstruktion war die Entwicklung eines deutschen Instruments zur Erfassung der idealistischen Bildungsaspirationen von Grundschuleltern. In einem ersten Schritt erfolgte eine Bestandsaufnahme bereits vorliegender und bisher in der Bildungsforschung verwendeter Instrumente zur Erfassung von Bildungsaspirationen. Sie zeigte, dass vorliegende Verfahren in vielen Fällen nicht hinreichend zwischen den theoretischen Konstrukten einer realistischen und idealistischen Bildungsaspiration differenzieren. Nach Haller (1968) sind realistische Aspirationen durch die jeweils aktuell wahrgenommenen Chancen für die Realisierung unterschiedlicher Bildungsabschlüsse, die hierbei erwarteten Belastungen sowie die bewertete Nützlichkeit der Abschlüsse geprägte kognitive Erwartungen über den zukünftigen Verlauf der Bildungskarriere der eigenen Kinder. Es handelt sich also um realistische Vorhersagen. Demgegenüber sind idealistische Aspirationen von der Realität losgelöste, oft normativ geprägte und durch Werthaltungen motivierte Ansprüche an die Kinder (Esser, 2000). Sie können zwar, vermittelt über ihren Einfluss auf die Bewertung der Bildungsabschlüsse und die Antizipation unterschiedlicher eigener Anstrengungen durch die Eltern, einen Zusammenhang mit deren realistischen Aspirationen aufweisen. Es handelt sich aber dennoch um zwei unterschiedliche Konstrukte.

    Bildungsaspirationen wurden in allen Studien der Wisconsin-Schule der Status-Attainment-Forschung durch die von den teilnehmenden Jugendlichen berichteten Pläne zur Beendigung oder Fortführung ihrer Schulausbildung operationalisiert (Hauser, 1972; Hauser et al., 1983; Sewell, 1964; Sewell et al., 1957; Sewell & Shah, 1968a, 1968b; Sewell & Shah, 1968 Sewell et al., 1969; Sewell et al., 1970). Andere Studien übernahmen die Operationalisierung dieser Forschungsgruppe in unveränderter Form (Alexander & Cook, 1979; Bordua, 1959; Carpenter & Western, 1982; Cohen, 1983; Duncan et al., 1968; Garrison, 1982; Haller & Butterworth, 1960; Kahl, 1953; Nelson, 1972; Scritchfield & Picou, 1982; Williams, 1972) oder verwendeten sehr ähnliche Fragen nach dem beabsichtigten Bildungsabschluss zur Erfassung von Bildungsaspirationen (What is the highest academic degree you intent to obtain?; Drew & Astin, 1972). Im High School and Beyond Survey, einer für die USA repräsentativen Panelstudie, wurden Aspirationen der Mütter durch Proxy-Angaben der Kinder darüber erfasst, ob sie glaubten, dass ihre Mütter wollen, dass sie aufs College gehen (Hallinan & Williams, 1990). Inwieweit den so ermittelten Angaben realistische Einschätzungen über die zukünftigen Bildungskarrieren oder aber motivierende Wünsche der Jugendlichen zugrunde liegen, kann nur schwer beurteilt werden. Das Gleiche gilt auch für andere Operationalisierungen, deren Validität wegen unzureichender Beschreibung der Messinstrumentes nicht beurteilt werden kann (Davies & Kandel, 1981; Horowitz & Mosher, 1997; Hossler & Stage, 1992; Saltiel, 1985).

    Andere Messinstrumente erfassen dagegen aus unserer Sicht relativ eindeutig realistische Aspirationen. So wurde in der Explorations in Equality of Opportunity Studie danach gefragt, mit welcher Wahrscheinlichkeit Zehntklässler einen College-Abschluss als Bildungsergebnis erwarten (Jencks et al. 1983). Fragen nach dem Bildungsniveau, das die Jugendlichen oder ihre Eltern erwarten erreichen zu können, haben einen ähnlich starken Bezug zu den realistischen Bildungserwartungen der Befragten (Kandel & Lesser, 1970; Kerckhoff & Huff, 1974; Marjoribanks, 1995).

    Einige der vorliegenden Messinstrumente zielen stärker auf idealistische Bildungswünsche und Werthaltungen. So wurden Bildungsaspirationen in einer frühen US-amerikanischen Studie durch die Frage "How much education do you desire and will actively attempt to get?" operationalisiert (Picou & Carter, 1976). Auf die Stärke der Lernmotivation bezogen sind Messinstrumente, die Schülern fiktive Dilemmasituationen schildern, in denen sie zwar für die Schule lernen sollten, aber dadurch auf wertgeschätzte andere Aktivitäten verzichten müssten. Die Angaben darüber, in welchem Umfang die Probanden zu einem solchen Verzicht bereit wären, wurden als Messung der idealistischen Aspirationen angesehen (Berndt et al., 1990). Andere Instrumente erheben eher Unterschiede in der Wertschätzung verschiedener Bildungsabschlüsse. So haben die an der "High School and Beyond" Studie teilnehmenden Jugendlichen den Abschluss angegeben, den sie gerade noch für zufriedenstellend halten ("What is the lowest level of education you would be satisfied with?"; Wilson & Wilson, 1992). In zwei Studien (Marjoribanks, 1998; Wentzel, 1998) wurden idealistische Aspirationen durch die folgende Frage erfasst: "How much education would you really like your child to receive?". Eine weitere Studie erfragt demgegenüber die persönliche Wichtigkeit eines erfolgreichen Abschlusses ("How important is it to you that you graduate?"; Wall et al., 1999).

    Messinstrumente aus dem deutschsprachigen Raum differenzieren ebenfalls in vielen Fällen nicht zwischen idealistischen und realistischen Aspirationen. So wurden die Aspirationen von Jugendlichen und Eltern durch die Frage zu erheben versucht, ob sie der Meinung seien, dass der Schulbesuch bis zum Abitur fortgeführt werden solle (Eirmbter, 1982). Auch bezüglich eines von Meulemann verwendeten Instruments ist unklar, ob es realistische oder idealistische Bildungsaspirationen mit Fragen danach misst, welchen allgemeinbildenden Abschluss Grundschuleltern für ihre Kinder anstreben (Meulemann 1979, 1985). Ähnliche Operationalisierungen lauten: "Welchen Schulabschluss streben Sie für Ihr Kind an?", (Ditton, 1987, 1992), "Welchen Schulabschluss soll Ihr Kind anstreben?", (Mahr-George, 1999) und "Welchen Abschluss wünschen Sie für Ihr Kind?", (Rost & Wessel, 1994).

     

    Stichproben

    Die psychometrischen Eigenschaften und die Validität des Instrumentes zur Erfassung idealistischer Bildungsaspirationen wurden mit den Daten von 992 Grundschuleltern geprüft, die 2003 im Forschungsprojekt "Bildungsaspirationen, Bezugsgruppen und Bildungsentscheidungen" des Sonderforschungsbereichs 504 der Universität Mannheim befragt worden waren. Die Befragten wurden über ihre Kinder ausgewählt. Die Grundgesamtheit der lokal definierten Stichprobe bildeten alle Schüler, die im Schuljahr 2002/2003 die 2. Klassenstufe besuchten und ihren Wohnsitz in den kreisfreien Städten Ludwigshafen, Frankenthal und Speyer, oder im Landkreis Rhein-Pfalz hatten. Nicht in die Stichprobe einbezogen wurden Schüler, deren Eltern beide nicht in Deutschland geboren worden waren und somit als Migranten der ersten Generation gelten mussten. Im ersten Schritt der Stichprobenziehung wurden nach dem Zufallsprinzip 52 Grundschulen aus allen Schulen des Untersuchungsgebiets ausgewählt. Von diesen beteiligten sich 48 Schulen (92.3%) an der Studie. In den teilnehmenden Schulen waren insgesamt 2186 Kinder eingeschult, die der Grundgesamtheit angehört haben. Eine direkte Kontaktierung ihrer Eltern war datenschutzrechtlich unzulässig. Deshalb wurde mit Unterstützung der Schulen jedem der 2186 Schüler ein Brief mit nach Hause gegeben, in dem ihre Eltern um eine Teilnahme an der Studie gebeten wurden. Vorläufig einverstanden erklärten sich 1178 Eltern (53.9%). Welches Elternteil an dem Interview teilnehmen sollte, wurde aus der Antwort auf die Frage abgeleitet, wer sich in der Familie am meisten um die schulischen Angelegenheiten des jeweiligen Grundschülers kümmere. Mit 992 (84.2%) dieser 1178 Eltern konnten verwertbare Befragungen durchgeführt werden. Die kumulative Ausschöpfungsrate, bezogen auf die ursprünglich in den insgesamt 52 Schulen der Ausgangsstichprobe repräsentierten 2402 Familien betrug somit 41.3%. Genauere Angaben zu sozialen Merkmalen (Tabelle 1) dieser Stichprobe liegen vor.

     

    Tabelle 1

    Mittelwerte (M), Mediane (ME) und Standardabweichungen (SD) des Alters, sowie Verteilung (%) des Geschlechts, der Bildungsabschlüsse und des beruflichen Status (Elternstichprobe: N = 992).

     

    N

    %

    Geschlecht

     

     

    Männlich

    69

    7.0

    Weiblich

    923

    93.0

    Gesamt

    992

    100.0

    Bildung

     

     

    Ohne Abschluss

    11

    1.1

    Hauptschulabschluss

    179

    18.0

    Mittlere Reife

    415

    41.8

    Fachhochschulreife

    35

    3.5

    Abitur

    345

    34.7

    Anderer Abschluss

    7

    .7

    Gesamt

    992

    100.0

    Status

     

     

    Arbeiter

    67

    6.8

    Beamter

    56

    5.6

    Angestellter

    752

    75.8

    Selbstständig

    93

    9.4

    Noch nie erwerbstätig

    17

    1.7

    Andere

    7

    .7

    Gesamt

    992

    100.0

    Alter

    M

    ME

    SD

     

    39.0

    39.0

    5.01

     

    Durchführung der Studie

    Die Befragung erfolgte in Form computergestützter persönlich-mündlicher Interviews. Die Items zu den idealistischen Bildungsaspirationen der Eltern wurden im ersten Drittel der durchschnittlich 70 Minuten dauernden Interviews gestellt. In diesen wurden zusätzlich Merkmale der sozialen Lage der Familien erfragt, sowie ihre generalisierte Einstellung zu Bildung, ihre realistischen Bildungsaspirationen,  ihr Statuserhaltsmotiv, ihre subjektive Einschätzung der Schulleistungen ihrer Kinder und die Unbedingtheit, mit der sie ein Abitur für ihr Kind anstrebten. Mit den Kindern wurden zudem im Klassenverband der jeweiligen Schulen standardisierte Schulleistungstests durchgeführt. Diese Daten wurden zur Validierung des Instruments zur Erfassung der idealistischen Bildungsaspirationen herangezogen.

     

    Itemanalysen

    Nach einer Hauptkomponentenanalyse (Tabelle 2) bilden die Antworten zu den drei Items eine Dimension. Sie erklärt mit einem Eigenwert von 1.47 insgesamt 48.9% der Antwortvarianzen. Die Komponentenladungen für die Bewertung der Idealität eines Hauptschul- und eines Realschulabschlusses auf der einen Seite und die eines Abiturs auf der anderen weisen umgekehrte Vorzeichen auf. Nach dieser Bipolarität beurteilen Eltern mit zunehmend höherer Wertschätzung eines Abiturs die weniger hohen Schulabschlüsse zunehmend als weniger ideal.

     

    Tabelle 2

    Faktorladungen (F1) und Kommunalitäten (KO) für die Items zu idealistischen Bildungsaspirationen nach einer Hauptkomponentenanalyse (Elternstichprobe: N = 992.

     

    F1

    KO

    1. Idealität Hauptschulabschluss

    .75

    .56

    2. Idealität Realschulabschluss

    .70

    .50

    3. Idealität Abitur

    -.64

    .41

    Eigenwert

    1.47

     

     

    Itemkennwerte

    Die Komponentenladungen (Tabelle 2) für die drei Items liegen vor, ebenso die Item-Gesamtkorrelationen und die korrigierten Trennschärfen (Tabelle 3). Die Item-Gesamtkorrelationen der Items variieren zwischen .67 und .74 mit einem Mittelwert von .70. Die korrigierten Trennschärfen nehmen Werte zwischen .26 und .34 an, der Mittelwert beträgt .30.

     

    Tabelle 3

    Korrigierte (Ti) und unkorrigierte Trennschärfen (T) sowie Cronbachs Alpha (CA) für die Items zu idealistischen Bildungsaspirationen (Elternstichprobe: N = 992)

     

    T

    Ti

    Hauptschule

    .74

    .34

    Realschule

    .69

    .30

    Abitur

    .67

    .26

    Mittelwert

    .70

    .30

    CA

    .48

     

     

    Reliabilität

    Cronbachs Alpha (Tabelle 3) zur Beurteilung der internen Konsistenz der Antworten zu den Items zu den idealistischen Bildungsaspirationen ist mit .48 eher niedrig. Dies war für nur drei Items aber zu erwarten.

     

    Validität

    Hinweise für die Validität des Messinstrumentes liefert:

    a)     eine Prüfung der theoretisch erwartbaren Differenzierung der idealistischen Aspirationen nach dem sozialen Status. Dieser wurde erfasst: 1. über die Zugehörigkeit der Eltern zu verschiedenen Goldthorpe (EGP)-Klassen (Erikson & Goldthorpe, 1992), in die sie aufgrund einer Kategorisierung ihres aktuellen oder früheren Berufs nach der Internationalen Standardklassifikation der Berufe (ISCO-88; International Labour Office 1990) eingeordnet wurden; 2. über den beruflichen Status der Befragten nach der internationalen Berufsprestigeskala von Treiman (SIOPS; Treiman, 1977); 3. über die allgemeinbildenden Schulabschlüsse der Eltern. In den Fällen, in denen sich der soziale Status zwischen den beiden Elternteilen unterschied, wurde bei allen drei Indikatoren die jeweils höchste in der Familie repräsentierte Statusausprägung als Indikator herangezogen. Deskriptive Informationen (Tabelle 4) über die Verteilung der drei Statusdimensionen in der Stichprobe liegen vor.

     

    Tabelle 4

    Mittelwerte (M), Mediane (ME) und Standardabweichungen (SD) des Berufsprestiges nach Treiman sowie Verteilung (%) der EGP-Klassen und der schulischen Bildungsabschlüsse des befragten Elternteils (Elternstichprobe: N = 992)

     

     

    N

    %

    EGP-Klassen

     

     

    I Obere Dienstklasse

    238

    24.0

    II Untere Dienstklasse

    363

    36.6

    III Ausf. Angestellte/Beamte

    269

    27.1

    IVab Kleinbürgertum

    35

    3.5

    V,VI Facharbeiter

    51

    5.1

    VIIa Arbeiter

    32

    3.2

    Missing

    4

    .4

    Gesamt

    992

    100.0

    Bildungsabschlüsse

     

     

    Hauptschule

    137

    13.8

    Realschule

    337

    34.0

    Abitur

    518

    52.2

    Gesamt

    992

    100.0

    Treiman-Prestige

    M

    ME

    SD

     

    50.0

    49.0

    11.5

     

    Die drei Statusindikatoren wurden in einer Regressionsanalyse als Prädiktoren für die Länge der von den befragten Eltern als für ihre Kinder am idealsten beurteilten Schulabschlüsse herangezogen. Nach den Ergebnissen streben Eltern mit einem Hauptschul- und einem Realschulabschluss, verglichen mit solchen die ein Abitur haben, eine signifikant kürzere Schulausbildung für ihre Kinder an (F (2, 982) = 27.3; p = .05). Die von Eltern für ihre Kinder als ideal beurteilten Bildungsjahre sind in der Klasse der un- und angelernten Arbeiter zudem signifikant geringer als in allen anderen EGP-Klassen, mit Ausnahme der oberen Dienstklasse und der Klasse der Landwirte, für die sich aber tendenziell derselbe Zusammenhang zeigt. Der Erklärungsbeitrag der feingegliederten EGP-Klassen ist jedoch bei Kontrolle der anderen Statusdimensionen insgesamt nur marginal signifikant (F (6, 982) = 0.5; p < 0.1). Das Berufsprestige der Befragten nach Treiman (Tabelle 5) hat demgegenüber keinen signifikanten Einfluss auf die idealistischen Bildungsaspirationen.

     

    Tabelle 5

    Unstandardisierte Regressionsparameter (b) mit Standardfehlern (std) für die Regression der Länge der am idealsten angesehenen Schulabschlüsse auf die Statusmerkmale der Befragten (Modell 1) und auf Kriterien konvergenter Validität (Modell 2,3; Elternstichprobe: N = 992)

     

    Modell 1

    Modell 2

    Modell 3

     

    b (std)

    b (std)

    b (std)

    Aspekte des sozialen Status

     

     

     

    (1) EGP-Klassen (Ref.Kat: IVc Arbeiter)

     

     

     

    I Obere Dienstklasse

    -.02 (.12)

    .08 (.12)

    .06 (.12)

    II Untere Dienstklasse

    -.14 (.17)

    -.01 (.16)

    -.04 (.16)

    III Ausf. Angestellte/Beamte

    -.09 (.24)

    .01 (.23)

    .02 (.23)

    IVab Kleinbürgertum

    -.33 (.23)

    -.16 (.22)

    -.18 (.22)

    V,VI Facharbeiter

    -.15 (.29)

    -.04 (.28)

    -.02 (.28)

    Missing-Dummy

    -.28 (.57)

    -.03 (.54)

    -.12 (.54)

    (2) Treiman-Prestige

    .00 (.01)

    .00 (.01)

    -.00 (.01)

    (3)Bildungsabschlüsse (Ref.Kat: Abitur)

     

     

    Hauptschule

    -.93 (.13)***

    -.92 (.13)***

    -.76 (.13)***

    Realschule

    -.44 (.09)***

    -.43 (.09)***

    -.34 (.09)***

    Kriterien konvergenter Validität

     

     

     

    (4) Unbedingtheit Abitur

    --

    .22 (.02)***

    .21 (.02)***

    (5) Einstellung zu Bildung

    --

    .10 (.04)

    .08 (.04)

    Statuserhaltungsmotiv (Vater)

     

     

     

    (6) Stärke

    --

    --

    -.02 (.03)

    (7) Eignung (Bildungsjahre)

    --

    --

    .09 (.04)**

    Statuserhaltungsmotiv (Mutter)

     

     

     

    (8)Stärke

    --

    --

    .03 (.03)

    (9) Eignung (Bildungsjahre)

    --

    --

    .15 (.04)***

    Konstante

    12.46 (.39)***

    11.17 (.45)***

    8.49 (.62)***

    Korr.

    .11

    .19

    .19

    N

    992

    992

    992

    Anm. *: p < 0.1, **: p < 0.05, ***: p < 0.01

     

    b)     Zur Ermittlung der konvergenten Validität wurden Zusammenhänge zwischen den Angaben über die idealistischen Bildungsaspirationen und der Ausprägung der Eltern auf drei verwandten Konstrukten überprüft. Das erste bezieht sich auf das Ausmaß, mit dem die Eltern ein Abitur für ihr Kind als unabdingbare Notwendigkeit ansehen. Es wurde mit drei faktorenanalytisch (Tabelle 6) als eindimensional ausgewiesenen Items erfasst und die durchschnittlichen Angaben der Eltern auf diesen Items wurden als Validierungskriterium herangezogen.

     

    Tabelle 6

    Mittelwerte (M), Mediane (ME) und Standardabweichungen (SD) der Items zur Unbedingtheit des Anspruchs auf ein Abitur sowie Faktorenladungen (F1) und Kommunalitäten (Ko) nach einer Hauptkomponentenanalyse (Elternstichprobe: N = 992)

     

    M

    ME

    SD

    Fl

    Ko

    1.Für mich ist ein Abitur für [Name des Kindes] der absolute Minimalstandard.

    2.3

    1.0

    1.70

    .86

    .74

    2.Ich würde wirklich alles was in meiner Macht steht dafür tun, dass es [Name des Kindes] zum Abitur schafft.

    4.3

    5.0

    2.19

    .69

    .48

    3.Mit weniger als einem Abitur für [Name des Kindes] kann ich mich einfach nicht zufrieden geben.

    2.1

    1.0

    1.59

    .85

    .73

    Gesamt

    2.9

    2.9

    1.45

     

     

    Anm. Angaben variieren zwischen 1 (lehne voll und ganz ab) und 7 (stimme voll und ganz zu). Eigenwert von Faktor 1: 1.95; Cronbachs Alpha: .70

     

    Als zweites Konstrukt wurde die generalisierte Einstellung der Befragten zur Bildung mit sechs Items vom Likert-Typ erhoben, die nach einer Hauptkomponentenanalyse (Tabelle 7) ebenfalls als eindimensional zu beurteilen sind.

     

    Tabelle 7

    Mittelwerte (M), Mediane (ME) und Standardabweichungen (SD) der Items zur generalisierten Bildungseinstellung sowie Faktorenladungen (F1) und Kommunalitäten (Ko) nach einer Hauptkomponentenanalyse (Elternstichprobe: N = 992)

     

    M

    ME

    SD

    Fl

    Ko

    (1)Durch einen hohen Schulabschluss können auch Arbeiterkinder sozial aufsteigen.

    6.3

    7.0

    .98

    .48

    .23

    (2)Eine gute Bildung in Deutschland sichert die internationale Konkurrenzfähigkeit der Wirtschaft.

    5.7

    6.0

    1.40

    .73

    .54

    (3)Eine gute Bildung erweitert den geistigen Horizont der Menschen.

    6.0

    6.0

    1.25

    .72

    .52

    (4)Ein hohes Bildungsniveau ist für das kulturelle Leben in unserem Land unverzichtbar.

    5.0

    5.0

    1.50

    .68

    .47

    (5)Durch eine hohe Bildung wird die Kritikfähigkeit der Menschen gefördert.

    5.2

    5.0

    1.57

    .70

    .49

    (6)Eine gute Schulbildung ist ein Wert an sich.

    6.4

    7.0

    .92

    .50

    .25

    Gesamt

    5.8

    5.8

    .83

     

     

    Anm. Angaben variieren zwischen 1 (lehne voll und ganz ab) und 7 (stimme voll und ganz zu). Eigenwert von Faktor 1: 2.49; Cronbachs Alpha: .72

     

    Als Einstellungsindikator wurden die durchschnittlichen Antworten der Eltern zu diesen Einstellungsfragen in die Analyse einbezogen. Das dritte verwendete Konstrukt ist das Statuserhaltsmotiv der Befragten, bezogen 1. auf den beruflichen Status der Mutter und 2. auf den des Vaters. Es wurde für beide Referenzpunkte einerseits erfasst, für wie wichtig es die Befragten erachten, dass ihr Kind mindestens das berufliche Ansehen des betreffenden Elternteils erreichen wird. Andererseits wurde erfragt, welche Chancen die Eltern für einen Statuserhalt jeweils sehen, wenn ihr Kind einen Hauptschulabschluss, ein Realschulabschluss oder ein Abitur machen würde. Es wurde für den Referenzstatus der Mutter sowie für den des Vaters jeweils der Schulabschluss ermittelt, bei dem diese Chance als am höchsten wahrgenommen wurde. Diese Abschlüsse wurden als Bildungsjahre kodiert in die Analyse einbezogen. Deskriptive Angaben (Tabelle 8) über die Stärke des Statuserhaltsmotivs sowie über die zum Statuserhalt als notwendig erachteten Bildungsjahre liegen getrennt für den Referenzstatus der Mutter und den des Vaters vor.

     

    Tabelle 8

    Mittelwerte (M), Mediane (ME) und Standardabweichungen (SD) der Bildungsjahre des von den Befragten als zum Statuserhalt geeignetsten Bildungsabschlusses sowie der Stärke des Statuserhaltsmotivs, bezogen auf den Status der Mutter und des Vaters (Elternstichprobe: N = 992)

     

    M

    ME

    SD

    Statuserhaltsmotiv Mutter:

     

     

     

    Zum Statuserhalt

     

     

     

    geeignete Bildungsjahre

    12.1

    13.0

    1.07

    Stärke Statuserhaltsmotiv

    3.13

    3.00

    1.90

    Statuserhaltsmotiv Vater:

     

     

     

    Zum Statuserhalt

     

     

     

    geeignete Bildungsjahre

    12.2

    13.0

    1.02

    Stärke Statuserhaltsmotiv

    2.90

    2.90

    1.74

    Anm. Angaben bei der Stärke des Statuserhaltsmotivs variieren zwischen 1 (Statusverlust würde Person gar nicht stören) und 7 (Statusverlust würde Person sehr stören).

     

    Nach einer Regressionsanalyse (Tabelle 5) mit den Statusmerkmalen der Befragten als Kontrollvariablen steigt die Länge der für die Kinder als ideal beurteilten Schulausbildung mit dem Grad der Unbedingtheit, mit dem ein Abitur für das eigene Kind angestrebt wird, signifikant an. Zusätzlich sehen Eltern, die mit höherer Bildung generell positivere Konsequenzen assoziieren, eine längere Schulbildung für ihre Kinder signifikant als idealer an. Außerdem haben die Eltern dann eine signifikant höhere idealistische Bildungsaspiration, wenn sie zunehmend höhere Schulabschlüsse für einen Statuserhalt als notwendig erachten. Dabei haben beide Bezugspunkte, der berufliche Status der Mutter sowie der des Vaters, einen eigenständigen Einfluss auf die Bildungsaspirationen der Befragten. Für wie wichtig die Befragten einen Statuserhalt bewerten, erweist sich dagegen nicht als erklärungskräftig (Tabelle 5).

    Als drittes Validierungskriterium wurde

    c)     die theoretische Prognose des Modells der Frame-Selektion herangezogen, wonach die idealistischen Bildungsaspirationen eine unbedingte Orientierung der Eltern an dem Anspruch auf den betreffenden Bildungsabschluss für ihre Kinder entsprechen sollten. Es sollte also nicht von ökonomischen Beschränkungen der Familie und den schulischen Leistungen der Kinder abhängen, wenn die Eltern eindeutige und kognitiv stark verankerte idealistische Bildungsaspirationen haben. Unterschiede in den mit der ökonomischen Ausstattung verbundenen Kosten von Bildungsinvestitionen und in den durch die Schulleistungen der Kinder geprägten Erfolgsaussichten für eine höhere Schulbildung sollten sich also nur auf einstellungsmäßig wenig festgelegte Aspirationen auswirken. Subjektive Antwortsicherheiten, wie die mit der hier dokumentierten Itembatterie erhobenen, werden häufig als Indikator für die Stärke der Einstellungs-/Verhaltenskonsistenz und als Prädiktoren für die Stabilität von Einstellungen herangezogen (vgl. Wegener et al., 1995). Empirische Belege für die Validität solcher Indikatoren bzw. Prädiktoren berichten beispielsweise Krosnick und Schuman (1988), Renata (1999), Stocké (2002) sowie Warland und Sample (1973). Die Konstruktvalidität des vorliegenden Instruments wurde daher mit Regressionsanalysen (Tabelle 9) geprüft, in die die ökonomische Lage der Familie der Befragten, die mit dem Bildungsberatungstest für 3. und 4. Klassen von Ingenkamp (1996) ermittelte schulische Leistungsfähigkeit ihrer Kinder in drei Teilbereichen sowie deren Wahrnehmung durch die Befragten (Leistungsbeurteilungen ihrer Kinder in Deutsch, Rechnen und Sachkunde auf einer Notenskala von 1 = sehr gut bis 6 = ungenügend) als Prädiktoren der idealistischen Aspirationen einbezogen wurde.

     

    Tabelle 9

    Mittelwerte (M), Mediane (ME) und Standardabweichungen (SD) des Anteils korrekt gelöster Leistungstestaufgaben in drei Teiltests und für die von den Eltern auf eingeschätzten Schulleistungen (Elternstichprobe: N = 992)

     

    M

    ME

    SD

    Leistungstestergebnisse (% richtige Lösungen)

     

     

     

    Wortbedeutungen

    70.6

    70.6

    16.8

    Zahlenreihen

    66.8

    68.4

    24.3

    Denkaufgaben

    64.9

    65.0

    24.4

    Gesamt

    67.4

    68.3

    18.1

    Eingeschätzte Schulleistungen (Notenskala)

     

     

     

    Rechnen

    2.0

    2.0

    .87

    Deutsch

    2.3

    2.0

    .95

    Sachkunde

    2.0

    2.0

    .68

    Gesamt

    2.1

    2.0

    .64

    Anm. Leistungstestergebnisse: Prozent richtig gelöster Aufgaben. Eingeschätzte Schulleistungen: Durchschnitt der von den Eltern auf der Notenskala von 1 (sehr gut) bis 6 (ungenügend) eingeschätzten Schulleistungen.

     

    Es wurde getestet, ob sich diese Indikatoren auf die idealistischen Aspirationen auswirken, und wenn ja, ob dies nur für Eltern mit unsicheren Aspirationen gilt. Die Prädiktoren wurden schrittweise kumuliert  in die Analysen einbezogen. Dabei wurden die Indikatoren des sozialen Status, die der Unbedingtheit eines Abiturs, der generalisierten Bildungseinstellung und die erklärungskräftigen Indikatoren des Statuserhaltsmotivs als Kontrollvariablen beibehalten. Die Ergebnisse zeigen: Das um dauerhafte Verpflichtungen bereinigte Pro-Kopf-Einkommen (Tabelle 10) wirkt sich nicht statistisch signifikant auf das idealistische Aspirationsniveau der Eltern aus.

     

    Tabelle 10

    Unstandardisierte Regressionsparameter (b) mit Standardfehlern (std) für die Regression der Länge der als am idealsten angesehenen Schulabschlüsse auf Kriterien der Konstruktvalidität

    (Elternstichprobe: N = 992)

     

    Modell 4

    Modell 5

    Modell 6

    Modell 7

    Aspekte des sozialen Status

    b (std)

    b (std)

    b (std)

    b (std)

    (1) EGP-Klassen (Ref.Kat: IVc Arbeiter)

     

     

     

     

    I Obere Dienstklasse

    .18 (.22)

    .13 (.22)

    .04 (.22)

    .06 (.22)

    II Untere Dienstklasse

    .24 (.17)

    .20 (.17)

    .12 (.17)

    .12 (.17)

    III Ausf. Angestellte/Beamte

    .14 (.16)

    .12 (.16)

    .06 (.16)

    .07 (.16)

    IV ab Kleinbürgertum

    .19 (.23)

    .15 (.23)

    .17 (.23)

    .12 (.23)

    V,VI Facharbeiter

    .14 (.24)

    .25 (.24)

    .18 (.23)

    .20 (.23)

    Missing-Dummy

    .03 (.54)

    .03 (.54)

    -.09 (.53)

    -.11 (.53)

    (2) Treiman-Prestige

    -.00 (.01)

    -.00 (.01)

    -.00 (.01)

    -.00 (.01)

    (3)Bildungsabschlüsse (Ref.Kat: Abitur)

     

     

     

     

    Hauptschule

    -.75 (.13)***

    -.66 (.13)***

    -.63 (.13)***

    -.62 (.12)***

    Realschule

    -.34 (.09)***

    -.30 (.09)***

    -.29 (.08)***

    -.30 (.08)***

    Kriterien konvergenter Validität

     

     

     

     

    (4) Unbedingtheit Abitur

    .21 (.02)***

    .21 (.02)***

    .19 (.02)***

    .20 (.02)***

    (5) Einstellung zu Bildung

    .08 (.04)**

    .08 (.04)**

    .08 (.04)**

    .08 (.04)**

    Statuserhaltungsmotiv (Vater)

     

     

     

     

    (6) Eignung (Bildungsjahre)

    .10 (.04)

    .09 (.04)**

    .10 (.04)**

    .09 (.04)**

    Statuserhaltungsmotiv (Mutter)

     

     

     

     

    (7) Eignung (Bildungsjahre)

    .14 (.04)***

    .13 (.04)***

    .12 (.04)***

    .13 (.04)***

    Kriterien divergenter Validität

     

     

     

     

    (8) Pro-Kopf-Einkommen (Euro)

    --

    -.00 (.00)

    -.00 (.00)

    -.00 (.00)

    Leistungstestergebnisse

     

     

     

     

    (9) Wortbedeutungen

    --

    .00 (.00)*

    .00 (.00)

    .00 (.00)

    (10)Zahlenreihen

    --

    .00 (.00)

    -.00 (.00)

    -.00 (.00)

    (11)Denkaufgaben

    --

    .00 (.00)**

    .00 (.00)

    .00 (.00)

    Leistungseinschätzung

     

     

     

     

    (12)Rechnen

    --

    --

    -.10 (.05)**

    --

    (13)Deutsch

    --

    --

    -.12 (.04)***

    --

    (14)Sachkunde

    --

    --

    -.12 (.06)**

    --

    Kriterien der Konstruktvalidität

     

     

     

     

    (15) Leistungseinschätzung (Gesamtdurchschnitt)

    --

    --

    --

    -.85 (.22)***

    (16) Subjektive Sicherheit der Aspirationen

    --

    --

    --

    -.18 (.09)**

    (17) Sicherheit x Leistungseinschätzung

    --

    --

    --

    .09 (.04)**

    Konstante

    8.3 (.57)***

    7.9 (.57)***

    9.2 (.61)***

    10.2 (.78)***

    Korr.

    .23

    .24

    .26

    .27

    N

    992

    992

    992

    992

    Anm. *: p < 0.1, **: p < 0.05, ***: p < 0.01

     

    Die Leistungstestergebnisse (Tabelle 10) der Kinder auf den Teilskalen Wortbedeutungen und Denkaufgaben, nicht aber auch die für Zahlenreihen beeinflussen die idealistischen Aspirationen ebenfalls signifikant positiv. Werden zusätzlich die von den Eltern eingeschätzten Schulleistungen (Tabelle 10) der Kinder berücksichtigt, wird dieser Effekt nicht mehr signifikant (F (3, 971) = 1.5; p > 0.1). Es zeigt sich dann aber, dass, wenn Eltern die Schulleistungen ihre Kinder in den Fächern Deutsch, Rechnen und Sachkunde weniger positiv bewerten, sie geringere Ansprüche an deren späteren Schulabschluss stellen (F (2, 971) = 10.1; p  0.05). Dies legt nahe, dass idealistische Aspirationen durch realistische Einschätzungen der schulischen Entwicklungsmöglichkeiten von Kindern beeinflusst werden.

    Der in einer weiteren Analyse geprüfte, theoretisch erwartete Interaktionseffekt (Tabelle 10) zwischen der Leistungswahrnehmung der Eltern und ihrer subjektiven Sicherheit dieses Urteils, d.h. der kognitiven Verankerung ihrer Aspirationen getestet, ist ebenfalls statistisch bedeutsam. Danach (Abbildung 1) ist die Sicherheit des Anspruchsniveaus von großer Bedeutung dafür, ob die subjektiv beurteilte Leistungsfähigkeit der Kinder die idealistischen Bildungsaspirationen der Eltern beeinflusst. So bewirkt bei Eltern mit unsicheren Aspirationen eine Verschlechterung der von ihnen wahrgenommenen Durchschnittsnoten von "sehr gut" auf "ungenügend" eine Reduktion der als ideal angesehen Bildungslänge um 3.8 Jahre. Eltern, die sich ihres Anspruches dagegen sehr sicher sind, reduzieren ihre Ansprüche unter den gleichen Umständen dagegen nur um 1.0 Bildungsjahre (ABB. 1). Dieses und die zuvor berichteten Ergebnisse bestätigen theoretisch erwartete Zusammenhänge und belegen somit die Validität der Items zur Erfassung der idealistischen Bildungsaspirationen.

     

    Abbildung 1. Einfluss der von den Eltern wahrgenommenen Schulleistungen auf die idealistischen Bildungsaspirationen nach der Sicherheit der Aspirationen

     

    Deskriptive Statistiken

    Die Mittelwerte, Mediane und Streuungen (Tabelle 11) für die Items zur Erfassung der idealistischen Bildungsaspirationen liegen vor.

     

    Tabelle 11

    Mittelwerte (M), Mediane (ME) und Standardabweichungen (SD) der angegebenen Idealität eines Hauptschulabschlusses, Realschulabschlusses und des Abiturs (Elternstichprobe: N = 992).

     

    M

    ME

    SD

    Hauptschulabschluss

    2.0

    1.0

    1.50

    Realschulabschluss

    4.9

    5.0

    1.37

    Abitur

    6.2

    7.0

    1.41

    Anm. Angaben auf den Items variieren zwischen 1 (entspricht überhaupt nicht Idealvorstellung) und 7 (entspricht voll und ganz Idealvorstellung).

     

    Danach entsprechen höhere Schulabschlüsse deutlich häufiger dem Ideal der befragten Eltern. Demnach sehen 69.8% der Eltern ein Abitur, 11.9% eine mittlere Reife und nur 1.8% einen Hauptschulabschluss als den idealsten Schulabschluss für ihr Kind an. Insgesamt 16.5% der Grundschuleltern haben offensichtlich keine eindeutige Vorstellung über den idealsten Schulabschluss für ihr Kind, da hier zwei oder sogar alle drei Abschlüsse als gleich ideal bewertet werden. Das dem Messinstrument zugrunde liegende theoretische Konstrukt impliziert, dass die Bildungswünsche der Eltern einen unbedingten Anspruch an die Schulausbildung ihrer Kinder repräsentieren. Dies sollte umso stärker der Fall sein, je stärker die zugrundeliegende Bewertungshierarchie kognitiv verfügbar ist. Das Ausmaß der kognitiven Verfügbarkeit der Aspirationen, operationalisiert durch die selbstberichtete Bewertungssicherheit (Tabelle 12), liegt differenziert nach den jeweils aspirierten Abschlusstypen vor.

     

    Tabelle 12

    Verteilung der von den Befragten am idealsten bewertetenSchulabschlüsse (%) sowie die Mittelwerte (M), Mediane (ME)und Standardabweichungen (SD) der Sicherheit dieser Urteile (Elternstichprobe: N = 992).

     

    %

    M

    ME

    SD

    Hauptschulabschluss

    1.8

    5.4

    5.0

    1.34

    Realschulabschluss

    11.9

    5.7

    6.0

    1.40

    Abitur

    69.7

    6.0

    6.0

    1.18

    Unentschieden

    16.5

    5.5

    6.0

    1.58

    Anm. Sicherheitsangaben variieren zwischen 1 (nicht ganz sicher) und 7 (voll und ganz sicher). Fragetext: „Sie haben gerade die möglichen Schulabschlüsse danach bewertet, wie stark sie Ihrer Idealvorstellung für [Name des Kindes] entsprechen. Können Sie mir nun mit dieser Skala sagen, wie sicher Sie sich zusammengenommen über Ihre Urteile sind?“

     

    Danach beträgt die mittlere Antwortsicherheit für Eltern, die einen Hauptschulabschluss als am wünschenswertesten ansehen 5.4 Skalenpunkte, bei denen mit einer mittleren Reife als Wunschvorstellung 5.7 und bei Eltern mit einem Abitur als erster Präferenz 6.0 Skalenpunkte. Eltern ohne klare erste Präferenz über den idealsten Schulabschluss erzielen eine durchschnittliche Sicherheit von 5.5. Die Antwortsicherheit von Eltern mit einem Abitur als Ideal unterscheidet sich statistisch signifikant von denen mit einem Hauptschulabschluss (t = 2.0, df 134, p  .05) oder einem Realschulabschluss (t = 2.8, df 808, p  .05) als Ideal sowie von Befragten ohne klares Anspruchsniveau (t = 5.1, df 853, p  .05). Demnach haben Eltern mit dem höchsten Aspirationsniveau offensichtlich auch das höchste Niveau an Sicherheit und damit die stärkste kognitive Zugänglichkeit ihrer Bildungswünsche.

     

     

    -       Dr. Volker Stocké, E-Mail: volker.stocke@ppp.uni-bamberg.de