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Münsteraner Sorgenfragebogen (MSF)

  • Autor/in: Barenbrügge, J., Bieda, A., Rist, F. & Glöckner-Rist, A.
  • In ZIS seit: 2012
  • DOI: https://doi.org/10.6102/zis222
  • Zusammenfassung: Pathologisches Sorgen ist nach dem "Diagnostic and Statistical Manual of the American Psychiatric Association" (DSM IV, APA, 1994) ein zentrales kognitives Begleitsyndrom einer ... mehr generalisierten Angststörung. Der Münsteraner Sorgenfragebogen (MFS) soll dieses möglichst homogen und im Unterschied z.B. zu dem Penn State Worry Questionnaire mit gleich gepolten Itemformulierungen erfassen. Der MFS erlaubt es zudem, nicht nur persönlichkeitsabhängige (MSF Trait) sondern auch primär nur situativ induzierte, zeitlich begrenzte Sorgenprozesse (MSF State) mit jeweils 12 Items zu erheben. weniger
    Abstract: According to the "Diagnostic and Statistical Manual of the American Psychiatric Association" (DSM IV, APA, 1994), pathological worry is a central cognitive accompanying syndrome of a general ... mehrized anxiety disorder. The Münster Worry Questionnaire (MFS) is intended to record this as homogeneously as possible and in contrast, for example, to the Penn State Worry Questionnaire with item formulations of the same polarity. In addition, the MFS allows not only personality-dependent (MSF trait) but also primarily situation-induced, time-limited worry processes (MSF state) with 12 items each to be surveyed. weniger
  • Sprache Dokumentation: deutsch
  • Sprache Items: deutsch
  • Anzahl der Items: 24
  • Reliabilität: keine Angaben
  • Validität: Hinweise auf die Konstruktvalidität
  • Konstrukt: Pathologisches Sorgen, Generalisierte Angststörung
  • Schlagwörter: Sorge, Angst | worry, fear
  • Item(s) in Bevölkerungsumfrage eingesetzt: nein
  • Entwicklungsstand: validiert
    • Instruktion

      Die hier dokumentierten Itembatterien wurden im Kontext einer umfassenderen Befragung mit folgender allgemeinen Instruktion vorgegeben: „Herzlichen Dank für Ihr Interesse an der Umfrage!

      Dies ist die erste Umfrage im Rahmen unseres Forschungsprojekts zum Thema Sorgen. Wir bitten Sie, die in der Umfrage enthaltenen Fragebögen gründlich zu lesen und spontan zu beantworten. Falls Sie auf eine Frage stoßen, bei der keine der vorgegebenen Antwortalternativen auf Sie zutrifft, wählen Sie bitte die Antwort, die am ehesten Ihrer Einschätzung entspricht. Bei der Beantwortung wird Ihnen auffallen, dass sich manche Fragen ähneln. Dies sind keine Kontrollfragen; es geht vielmehr darum, möglichst viele unterschiedliche Aspekte von Sorgen zu erfassen. Zudem sind in der Umfrage möglicherweise Fragebögen enthalten, die Sie vielleicht schon einmal im Rahmen anderer Untersuchungen ausgefüllt haben. Bitte beantworten Sie auch diese Fragebögen ehrlich und spontan.

      Die Umfrage erfolgt vollständig anonymisiert. Ihre Daten werden zu rein statistischen und wissenschaftlichen Zwecken erhoben. Sie müssen mindestens 14 Jahre alt sein, um an der Umfrage teilzunehmen. Wenn Sie Psychologie an der WWU Münster studieren, können Sie für die Bearbeitung des Fragebogens 0,5 VP-Stunden erhalten.Die Befragung wird etwa 15 Minuten dauern.“

       

      -       MSF State Version: Die folgenden Aussagen beziehen sich auf aktuelle Sorgen der letzten sieben Tage. Bitte beantworten Sie alle Aussagen nur für den Zeitraum der letzten sieben Tage.

      -       MSF Trait Version: Bitte beziehen Sie sich bei den folgenden Aussagen darauf, inwieweit diese im Allgemeinen auf Sie zutreffen.

       

      Items

      Nr.

      MSF State Version

      1

      Ich hatte eine Sorge nach der anderen.

      2

      Meine Sorgen waren für mich unkontrollierbar.

      3

      Meine Sorgen haben die Kontakte zu Freunden und Bekannten beeinträchtigt.

      4

      Ich habe mir Sorgen gemacht.

      5

      Wegen meiner Sorgen konnte ich nicht mehr alle meine Aufgaben erfüllen.

      6

      Wenn ich angefangen habe mir Sorgen zu machen, konnte ich nicht mehr damit aufhören.

      7

      Meine Sorgen haben mein Leben bestimmt.

      8

      Wenn ich mich gesorgt habe, habe ich mir das Schlimmste ausgemalt.

      *

      Ich habe mich stärker über Dinge gesorgt als nötig.

      9

      Meine Sorgen sind mir über den Kopf gewachsen.

      *

      Es war mir unmöglich meine Sorgen zu unterdrücken.

      10

      Ich habe unter meinen Sorgen gelitten.

      11

      Ich habe mir über viele verschiedene Bereiche Sorgen gemacht.

      12

      Es war mir unmöglich mich von meinen Sorgen abzulenken.

       

      Nr.

      Trait Version

      1

      Ich habe eine Sorge nach der anderen.

      2

      Meine Sorgen sind für mich unkontrollierbar.

      3

      Meine Sorgen beeinträchtigen die Kontakte zu Freunden und Bekannten.

      4

      Ich mache mir Sorgen.

      5

      Wegen meiner Sorgen kann ich nicht mehr alle meine Aufgaben erfüllen.

      6

      Wenn ich anfange mir Sorgen zu machen, kann ich nicht mehr damit aufhören.

      7

      Meine Sorgen bestimmen mein Leben.

      8

      Wenn ich mich sorge, male ich mir das Schlimmste aus.

      *

      Ich sorge mich stärker über Dinge als nötig.

      9

      Meine Sorgen wachsen mir über den Kopf.

      *

      Es ist mir unmöglich meine Sorgen zu unterdrücken.

      10

      Ich leide unter meinen Sorgen.

      11

      Ich mache mir über viele verschiedene Bereiche Sorgen.

      12

      Es ist mir unmöglich mich von meinen Sorgen abzulenken.

       

      Anm. * = Item wurde aufgrund der Ergebnisse der psychometrischen Analysen aus der Itembatterie ausgeschlossen

       

      Antwortvorgaben

      -       MSF State Version: 5-stufiges Antwortformat mit den Optionen: Nie (1), Selten (2), Manchmal (3), Oft (4), Sehr Oft (5).

      -       MSF Trait Version: 5-stufiges Antwortformat mit den Optionen: Trifft überhaupt nicht zu (1), trifft ein wenig zu (2), trifft einigermaßen zu (3), trifft weitgehend zu (4), trifft voll und ganz zu (5).

       

      Auswertungshinweise

      Zwar sind die beiden Sorgenfacetten nach dem MSF homogen. Dennoch werden für eine Prüfung theoriebezogener Untersuchungsfragen unter Einbezug des MSF Analysen nichtlinearer Mess- und Strukturmodelle empfohlen: Nur wenn multiple Konstruktindikatoren statt summativer Indizes verwendet werden, kann nicht erklärte Mess- und Vorhersageresidualvarianz identifiziert und bei der Interpretation von Ergebnissen angemessen berücksichtigt werden.

       

      Anwendungsbereich

      Klinisches Screening und Untersuchung


       

    Sich sorgen ist ein kognitiver Prozess, der sich folgendermaßen genauer charakterisieren lässt: "Worry is a chain of thoughts and images, negatively affect-laden and relatively uncontrollable; it represents an attempt to engage in mental problem-solving on an issue whose outcome is uncertain but contains the possibility of one or more negative outcomes; consequently worry relates closely to the fear process (Borkovec et al., 1983, S.10)."

    Sich sorgen kann so expliziert einerseits ein normaler funktionaler kognitiver Bestandteil von Problemlösungsprozessen sein (Szabó & Lovibond, 2006) und einer effizienten Handlungsvorbereitung dienen (Tallis & Eysenck, 1994). Andererseits kann es aber auch eine pathologische Form erreichen, in der es exzessiv auftritt, als unkontrollierbar erlebt wird und von unangenehmen körperlichen Symptomen begleitet wird (Hoyer, Becker & Roth, 2001). Ein solches pathologisches Sorgen ist nach dem "Diagnostic and Statistical Manual of the American Psychiatric Association" (DSM IV, APA, 1994) ein zentrales kognitives Begleitsyndrom einer generalisierten Angststörung (GAD: generalized anxiety disorder). Patienten mit einer solchen Störung sind häufig im Beruf und Alltag stark beeinträchtigt und erleben die Qualität ihres Lebens damit übereinstimmend als eingeschränkt (Hoffman et al., 2008; Lieb, Becker & Altamura, 2005). Nach der European Study of the Epidemiology of Mental Disorders (ESEMeD; Alonso et al., 2004) hat die GAD eine 12-Monatsprävalenz von 1% und eine Lebenszeitprävalenz von 2.8%. Frauen haben nach dieser Studie eine fast doppelt so hohe Lebenszeitprävalenz für die GAD als Männer (3.6% vs. 2.0%). Die Erwartung, dass Sorgenprozesse mit dem Alter zunehmen und die GAD somit unter die sogenannten "späten" psychischen Störungen zu subsumieren sei, konnte in mehreren Studien nicht bestätigt werden. Sie zeigten vielmehr, dass sich jüngere Probanden häufiger sorgen als ältere (Gould & Edelstein, 2010; Hunt, Wisocki & Yanko, 2003).

    Nach empirischen Beobachtungen sind exzessive und unkontrollierbare Sorgenprozesse zudem auch ein typisches Merkmal weiterer psychischer Beeinträchtigungen wie der sozialen und spezifischen Phobien, der posttraumatischen Belastungsstörung, sowie der Zwangs- und Panikstörung (z.B. Chelminski & Zimmerman, 2003).

    Nach den berichteten theoretischen Annahmen und empirischen Beobachtungen ist die Intensität und Auftretenshäufigkeit von Sorgenprozessen also inter- und intraindividuell hoch variabel, und exzessives und unkontrollierbares Sorgen ist typisch für eine Reihe psychischer Störungen. Eine reliable und valide Erfassung der Merkmale individueller Sorgenprozesse ist daher wichtig. Eines der dazu bisher am häufigsten eingesetzten Instrumente ist der Penn State Worry Questionnaire (PSWQ; Meyer et al., 1990; deutsche Version: Stoeber, 1995). Er wurde in Anlehnung an die GAD Kriterien des DSM IV entwickelt und als Trait Maß konzipiert (Meyer et al., 1990). Mit dem PSWQ-Past Day (PSWQ-PD; Joos et al., 2012) und dem PSWQ-Past Week (PSWQ-PW; Stöber & Bittencourt, 1998) liegen mittlerweile jedoch auch State Versionen vor, die die Häufigkeit und Intensität von Sorgenprozessen auch als möglicherweise primär situativ bedingt erfassen sollen, z.B. als temporär begrenzte Reaktionen auf bestimmte Ereignisse oder therapeutische Interventionen.

    Die Originalversion des PSWQ enthält neben elf positiv, d.h. in Richtung auf den interessierenden Konstruktpol exzessiven und unkontrollierbaren Sorgens formulierten Items (Pro-Items) weitere fünf in Gegenrichtung, d.h. negativ gepolte Items (Kontra-Items). Sie wurden aufgenommen, um eine mögliche Beeinflussung der Beantwortung der PSWQ Items durch unerwünschte systematische Zusatzeinflüsse von Antworttendenzen zu minimieren. Die Vorgabe unterschiedlich gepolter Items in einem Instrument kann jedoch andere, unerwünschte Effekte auf das Antwortverhalten induzieren. Ferner sind mehrere PSWQ Items mit weiteren Konstruktionsmängeln behaftet, die offensichtlich die psychometrische Qualität des Instruments beeinträchtigen. Diese Konstruktionsprobleme sollen durch den hier dokumentierten, neu konstruierten Münsteraner Sorgenfragebogen (MSF) ausgeräumt werden. Er ermittelt wie der PSWQ die Kernmerkmale pathologischen Sorgens. Ergänzend zu einer Trait Version zur Erfassung der allgemeinen, d.h. zeitlich relativ stabilen und situationsübergreifenden Sorgentendenz, liegt der MSF auch in einer State Version vor. Diese soll kurzfristige, eventuell nur sporadisch und zeitlich begrenzt auftretende Sorgenprozesse erfassen, die z.B. als Reaktionen auf akute Belastungen auftreten oder Veränderungen im Therapieverlauf anzeigen.

     

     

    Itemkonstruktion und Itemselektion

    Der Münsteraner Sorgenfragebogen wurde mit dem Ziel entwickelt, ein möglichst homogenes Instrument mit gleich gepolten Itemformulierungen zu erstellen. Die Itemkonstruktion wurde durch den aktuellen Forschungsstand zum Thema Sorgen geleitet sowie die DSM IV TR Kriterien (APA, 2000) für pathologisches Sorgen. Der MSF soll anders als der originale PSWQ nicht nur persönlichkeitsabhängige (MSF Trait) sondern auch primär nur situativ induzierte, zeitlich begrenzte Sorgenprozesse (MSF State) erfassen. Dazu werden jeweils zwölf inhaltlich übereinstimmende Items vorgegeben. In der Trait Version sind sie auf die Gegenwart bezogen, d.h. im Präsens formuliert und Befragte sollen beurteilen, inwieweit die Itemaussagen allgemein auf sie zutreffen. Für die Trait-Version wurde das häufig verwendete "trifft zu"  Antwortformat zur Bewertung von Aussagen über eigene Eigenschaften gewählt. Es ist für die Beschreibung genereller und langfristiger Sorgentendenzen im Sinne stabiler Persönlichkeitsmerkmale geeignet. Die fünf Antwortoptionen wurden mit trifft überhaupt nicht zu (1), trifft ein wenig zu (2), trifft einigermaßen zu (3), trifft weitgehend zu (4), trifft voll und ganz zu (5) benannt. Eine in dieses Antwortformat häufig einbezogene Mittelkategorie "teils-teils" wurde bewusst nicht verwendet, da sie für eindimensionale Skalen ungeeignet ist. Der in der Studie von Rohrmann (1978) für den dritten Skalenpunkt empfohlene Intensifier "mittelmäßig" wurde ebenfalls nicht verwendet, da das Wort "mittelmäßig" sprachlich negativ besetzt ist und sich somit nicht zur Beschreibung der eigenen Person eignet. Anstelle dessen wurde die Bezeichnung "einigermaßen" benutzt, die nach der Rohrmann-Studie ebenfalls gute statistische Werte für die Verbalisierung der mittleren Antwortabstufung erzielt. Alle weiteren Verbalisierungen der Skalenpunkte wurden so gewählt, dass sie die Eindimensionalität der Antwortbeurteilung betonen. Dieses Antwortformat erfordert also selbstbezogene Eigenschaftsbeurteilungen. Die Items der State Version sind demgegenüber in einer Vergangenheitsform (Perfekt/Plusquamperfekt) formuliert und Befragte sollen für die letzten sieben Tage angeben, wie häufig bei ihnen die durch die Items angesprochenen Probleme aufgetreten sind (nie, selten, manchmal, oft, sehr oft). D.h. dieses Antwortformat erfordert keine Selbsttypisierungen. Die verbale Benennung der Stufen entspricht den Empfehlungen von Rohrmann (1978). Der Obere Skalenendpunkt wurde durch "sehr oft" anstelle von "immer" verbalisiert, da der absolute Häufigkeitsbegriff "immer" in Bezug auf Sorgen inhaltlich nicht sinnvoll erscheint. Für den unteren Skalenendpunkt wurde der absolute Häufigkeitsbegriff "nie" beibehalten, da eine Benennung mit "sehr selten" ein Vorkommen von Sorgen in den letzten sieben Tagen unterstellt. Abweichend von Empfehlungen Rohrmanns wurde für die mittlere Stufenbenennung die Verbalisierung "gelegentlich" durch das umgangssprachlich vertrautere "manchmal" ersetzt (bei Google erzielt das Wort "manchmal" mehr als fünfmal so viele Treffer wie "gelegentlich"). Nach Rohrmann kennzeichnen beide Begriffe nahezu identische statistische Eigenschaften.

    Im DSM IV TR (APA, 2000) thematisiert Kriterium A der GAD die Intensität von Sorgen (Ausgeprägte Angst und Sorge...). Die Items 1 (Ich hatte eine Sorge nach der anderen) und 4 (Ich habe mir Sorgen gemacht) des MSF sollen diesen Aspekt erfassen (Aus Gründen der Übersichtlichkeit werden hier nur die Items der Trait Version aufgeführt. Sie sind abgesehen vom Tempus inhaltlich äquivalent zu den Items der State Version). MSF Item 1 soll zudem den iterativen und perseverativen Charakter von Sorgenketten erfragen (Davey & Levy, 1998). Item 4 kann als "Baseline"-Item dienen, da es nicht wie die übrigen Items voraussetzt, dass Befragte sich überhaupt sorgen. Item 11 (Ich habe mir über viele verschiedene Bereiche Sorgen gemacht) wurde ebenfalls aus dem DSM Kriterium A (...Sorge... bezüglich mehrerer Ereignisse oder Tätigkeiten...) abgeleitet. Patienten mit einer GAD berichteten mehr Sorgenthemen als Personen ohne eine GAD (Craske et al., 1989). Kriterium B des DSM IV TR (Die Person hat Schwierigkeiten, die Sorgen zu kontrollieren) und die Tatsache, dass sich sorgen bei Individuen mit pathologischem Sorgen länger andauert (Craske et al., 1989; Hoyer et al., 2001), wird durch die Items 2 (Meine Sorgen waren für mich unkontrollierbar), 6 (Wenn ich anfange habe mir Sorgen zu machen, konnte ich nicht mehr damit aufhören), 9 (Meine Sorgen sind mir über den Kopf gewachsen) und 12 (Es war mir unmöglich mich von meinen Sorgen abzulenken) thematisiert. Diese Items sprechen eine wahrgenommene Unkontrollierbarkeit von Sorgen und damit einhergehende Kontrollversuche an. Beide Prozessmerkmale sind entscheidend für die Aufrechterhaltung von Sorgentendenzen (Wells, 1995). Durch Sorgen verursachte Beeinträchtigungen in verschiedenen Lebensbereichen sowie durch Sorgen verursachtes Leiden konnten vielfach aufgezeigt werden (Hoffmann et al., 2008). Diese Sorgenmerkmale werden durch die Items 3, 5 und 7 ausgedrückt. Item 3 (Meine Sorgen haben die Kontakte zu Freunden und Bekannten beeinträchtigt) spricht dabei Beeinträchtigungen im sozialen Leben an und Item 5 (Wegen meiner Sorgen konnte ich nicht mehr alle meine Aufgaben erfüllen) solche im Arbeits- und Berufsleben. Item 7 (Meine Sorgen haben mein Leben bestimmt) thematisiert die erlebte Relevanz von Sorgen in anderen Lebensbereichen. Durch Sorgen verursachtes Leiden operationalisiert Item 10 (Ich habe unter meinen Sorgen gelitten). Individuen, die sich viel sorgen, neigen dazu, einen katastrophalen Ausgang für Ihre Sorgenszenarien anzunehmen (Davey & Levy, 1998; Vasey & Borkovec, 1992). Dieses Sorgenmerkmal erfragt Item 8 ("Wenn ich mich gesorgt habe, habe ich mir das Schlimmste ausgemalt."). Auch wenn Befunde darauf hindeuten, dass pathologisches Sorgen vor allem ein verbaler Prozess ist (Borkovec & Inz, 1990), wurde hier die Formulierung "das Schlimmste ausgemalt" als umgangssprachliche Beschreibung des Katastrophisierens gewählt.

    Wie erwähnt, sollte mit dem MSF ein homogenes Instrument entwickelt werden. Deshalb wurden mit Sorgen verbundene körperliche Symptome nach dem DSM nicht aufgenommen.

     

    Stichproben

    Analysiert wurden die Daten aus zwei Stichproben von Mitgliedern der Web-Plattform "PsyWeb - Psychologie erleben". PsyWeb ist ein nichtkommerzielles, wissenschaftliches Befragungspanel der Universitäten Münster und Leipzig sowie der Hochschule Osnabrück. Alle an wissenschaftlichen Erhebungen Interessierten aus der Allgemeinbevölkerung  können an dessen Studien teilnehmen. Die Teilnehmer dieser Studie wurden zufällig einer von zwei Darbietungsbedingungen zugeteilt: In der ersten Bedingung (Stichprobe 1 (S1); N = 694) wurde erst die MSF State und dann die Trait Version vorgegeben. In der zweiten Bedingung (Stichprobe 2 (S2); N = 697) wurden die beiden MSF Versionen in umgekehrter Reihenfolge bearbeitet. Auf diese Weise sollten mögliche Effekte der unterschiedlichen Abfolge in der Bearbeitung der beiden MSF Versionen minimiert werden. Es konnten nur vollständig ausgefüllte Online-Fragebogen abgeschickt werden. Das Problem der Behandlung fehlender Werte stellte sich somit nicht. Aus S1 wurden jedoch die Daten von jeweils zwei Befragten unter 16 Jahren bzw. ohne deutsche Muttersprache und unzureichender Sprachbeherrschung ausgeschlossen. Für die Analysen wurden aus S1 also die Daten von 690 Befragten berücksichtigt.

    Das Durchschnittsalter von S1 betrug 42.5 Jahre (SD = 14.2; Range: 16 - 79). 441 Teilnehmer waren weiblich (63.9%; mittleres Alter: 40.7 Jahre, SD = 13.9), 249 männlich (36.1%; mittleres Alter: 45.7 Jahre, SD = 14.3). 427 (61.9%) gaben als höchsten erreichten Schulabschluss die allgemeine oder fachgebundene Hochschulreife an. Das Durchschnittsalter von S2 betrug 42.6 Jahre (SD = 13.8; Range: 16 - 83). 460 Teilnehmer waren weiblich (66%; mittleres Alter: 41.9 Jahre, SD = 13.3), 237 Teilnehmer männlich (34%; mittleres Alter: 43.9 Jahre, SD = 14.6). 459 Teilnehmer (65.9%) gaben als höchsten erreichten Schulabschluss die allgemeine oder fachgebundene Hochschulreife an.

    In beiden Stichproben waren somit weibliche Teilnehmer und Teilnehmer mit einem hohen Bildungsabschluss bezogen auf die deutsche Allgemeinbevölkerung deutlich überrepräsentiert.

    Weitere Angaben zu den Stichproben liegen vor (vgl. Tabelle 1).


     

    Tabelle 1

    Demografische Merkmale von Stichprobe 1 (S1; N = 690; State vor Trait) und Stichprobe 2 (S2; N = 697; Trait vor State)

     

    S1

    S2

     

    N

    %

    N

    %

    Familienstand

     

     

     

     

    Ledig          

    300

    43.5

    314

    45.1

    Verheiratet    

    290

    42

    268

    38.5

    geschieden     

    84

    12.2

    102

    14.6

    Verwitwet      

    16

    2.3

    13

    1.9

    Mit Partner zusammenlebend

     

     

     

     

    Ja             

    406

    58.8

    378

    54.2

    Nein           

    284

    41.2

    319

    45.8

    Erwerbstätigkeit

     

     

     

     

    (Mehrfachnennungen möglich)

     

     

     

     

    Vollzeit       

    309

    44.8

    330

    47.3

    Teilzeit       

    119

    17.2

    121

    17.4

    Geringfügig    

    70

    10.1

    62

    8.9

    Keine          

    163

    23.6

    165

    23.7

    Sonstiges      

    84

    12.2

    63

    9.0

     

    Durchführung

    An die Mitglieder des Befragungspanel "Psyweb - Psychologie erleben" wurde eine E-Mail versandt, mit der zur Teilnahme an der Studie "Sorgen im Zeitverlauf" eingeladen wurde. Alle E-Mails wurden am selben Tag verschickt. Über einen Link konnten sich die Angeschriebenen direkt in die Online-Befragung einloggen. Das Zeitfenster für die Teilnahme betrug drei Tage. Neben der State- und Trait-Version des MSF wurden die folgenden Instrumente für die Ermittlung der Validität der MSF Versionen zusätzlich dargeboten: Die Kurzversion der Depression-Anxiety-Stress-Scale (DASS-21, Lovibond & Lovibond, 1995) und die  Skala Neurotizismus aus dem NEO-FFI (Costa & McCrae, 1989; Borkenau & Ostendorf, 2007).

    Die Studie "Sorgen im Zeitverlauf" wurde als Längsschnittuntersuchung mit drei Messzeitpunkten konzipiert. Die hier analysierten Daten stammen aus der ersten Erhebung im Juni 2012.

     

    Variablen und Auswertungsmethode

    Alle berichteten Analysen basieren auf nichtlinearen Modellen und wurden mit dem Programm Mplus 6.12 berechnet. In allen wurde ein robuster, mittelwert- und varianzadjustierter WLS-Schätzer (WLSMV) eingesetzt, den Mplus automatisch in Analysen nicht normalverteilter, kategorialer Daten verwendet. Zur Bewertung der allgemeinen Modellpassung wurde der "Root Mean Square Error of Aproximation" (RMSEA; Steiger & Lind, 1980), der "Tucker-Lewis-Index" (TLI; Tucker & Lewis, 1973) und der "Comparative Fit Index" (CFI; Bentler, 1990) herangezogen. RMSEA Werte < .05 weisen auf eine gute Modellpassung hin, Werte zwischen .05 und .09 auf eine akzeptable und Werte > .10 auf eine unzulängliche (z.B. Bollen, 1989; Browne & Cudeck, 1992; MacCallum, Browne & Sugawara, 1996). CFI und TLI Werte > .95 sprechen für eine gute, Werte zwischen .90 und .95 für eine akzeptable Passung von Modellen zu den Daten (Hu & Bentler, 1999). Der Chi-Quadrat Test legt für umfangreiche Stichproben wegen seiner Power häufig eine fälschliche Ablehnung passender Modellen nahe (vgl. z.B. Brown, 2006). Seine Werte werden hier der Vollständigkeit halber dennoch berichtet. Itemselektionen und Modellmodifikationen wurden basierend auf den von Mplus ausgegebenen Modifikationsindizes vorgenommen, wenn diese theoretisch plausibel begründet werden konnten (vgl. Jöreskog, 1993). Um möglichst stabile Schätzungen zu erzielen, wurden Werte der höchsten oder niedrigsten Antwortkategorien einzelner Items so lange mit denen der unmittelbar benachbarten Kategorien zusammengefasst, bis eine Zellhäufigkeit von mindestens 5% erzielt wurde.

     

    Messmodellanalysen: Die für die beiden MSF Versionen erwartete eindimensionale Antwortstruktur wurde jeweils getrennt für S1 und S2 mit nichtlinearen konfirmatorischen Faktorenanalysen (CFA) geprüft. Für alle weiteren Modellprüfungen wurden die Daten aus S1 und S2 gemeinsam analysiert (Sg; N = 1387). Vorab wurde jedoch mit einem multiplen Gruppenvergleich mit der Stichprobenzugehörigkeit als Gruppierungsvariable geprüft, ob sich die Faktorladungen bzw. Trennschärfen oder die Schwierigkeiten für einzelne Items in den beiden Stichproben unterscheiden. Dabei wurde das von Glöckner-Rist und Hoijtink (2003) vorgeschlagene Vorgehen gewählt. Abweichend wurde jedoch anstelle der dort verwendeten Delta Parameterisierung die mittlerweile durch Mplus ebenfalls für kategoriale Daten implementierte Theta Parameterisierung eingesetzt, so dass zur Modellidentifizierung anstelle der Skalierungsfaktoren die Itemvarianzen auf 1 fixiert wurden. Sollten diese Analysen auf partielle Messvarianz hinweisen, d.h. einen Effekt der Reihenfolge der Vorgabe der Trait und State Versionen auf deren Beantwortung in den beiden Stichproben anzeigen, dann könnte und sollte diese in weiteren Analysen dadurch berücksichtigt werden, dass die Zugehörigkeit zu S1 (state vor trait) oder S2 (trait vor state) als Kovariate in alle Analysen der zusammengefassten Daten einbezogen werden würde.

    Verschiedene Studien weisen darauf hin, dass das Alter (Gould & Edelstein, 2010; Hunt, Wisocki & Yanko, 2003) und das Geschlecht (z.B. Stöber, 1995; Brown et al., 2003; Castillo et al., 2010) Sorgentendenzen beeinflussen. Deshalb wurden diese simultan als Kovariate in die Messmodelle für Trait und State Sorgentendenzen aufgenommen.

     

    Validitätsprüfungen: Validitätsprüfungen erfolgten mit einem nichtlinearen Strukturgleichungsmodell (SEM) (Abbildung 1), in welches folgende Konstrukte und Relationen Name=abb1; HotwordStyle=BookDefault; fundort=tabellen19;  aufgenommen wurden:


     

    Abbildung 1. Konstruktvalidierungsmodell für den MFS (Aus Gründen der Übersichtlichkeit wurden keine Messmodelle, Korrelationen zwischen den Prädiktoren und Vorhersagefehler eingezeichnet)

     

    -       Die Messmodelle und ihre Korrelation für eine Trait Sorgentendenzdimension und State Sorgenprozesse. Da beide mit semantisch identischen Items ermittelt werden, die nur zeitlich unterschiedlich formuliert sind, wurden autokorrelierte Residuenvarianzen zwischen den äquivalenten Items beider MSF Versionen zugelassen (vgl. z.B. Finkel, 1995).

    -       Die jeweils eindimensionalen Messmodelle für Neurotizismus nach dem NEO-FFI sowie State (während der letzten sieben Tage) Angst, Stress und Depressivität nach der DASS-21 wurden als Prädiktoren für die Ausprägungen auf den beiden Sorgenfacetten einbezogen.

    -       Alter und Geschlecht wurden wie bereits in die Messmodelle als Kovariate für alle Konstruktdimensionen integriert.

     

    Itemanalysen

    State Sorgenprozesse: Die postulierte eindimensionale Strukturierung der Antworten zu den MSF State Items konnte mit einer CFA belegt werden: Für sie sprechen bereits die Eigenwerte sowohl nach den Daten aus S1 (10.55, .68, ...) als auch nach denen aus S2 (10.48, .78, ...). Alle Faktorladungen sind hoch mit nur einer Sorgendimension assoziiert. Nach dem RMSEA (S1: χ² = 606.5, df = 77; RMSEA = .10; CFI = .99; TLI = .98; S2: χ² = 734.8, df = 77; RMSEA = .11; CFI = .98; TLI = .98) erklärt ein eindimensionales Modell mit uneingeschränkter Einfachstruktur die Kovarianzen der Beantwortung der State Items beider Stichproben jedoch nicht zufriedenstellend. Um eine akzeptable Passung (S1: χ²  = 263.1, df = 53; RMSEA = .08; CFI = .99; TLI = .99; S2: χ²  = 337.8, df = 53; RMSEA = .09; CFI = .99; TLI = .99) dieses Modells zu erzielen (vgl. Tabelle 2), mussten vielmehr die folgenden, inhaltlich plausiblen Modifikationen vorgenommen werden: 1) Das Item "Ich habe mich stärker über Dinge gesorgt als nötig" wurde ausgeschlossen. Seine Residuenvarianz war mit der von Item 8 (Wenn ich mich gesorgt habe, habe ich mir das Schlimmste ausgemalt), das ebenfalls ein Katastrophisieren von Sorgen thematisiert, nach den Daten aus beiden Stichproben signifikant und relativ hoch assoziiert. Die Zustimmung zu Item 8 impliziert, dass die befürchteten katastrophalen Ausgänge per Definition unrealistisch sind. Somit ist es wahrscheinlich, das Sorgen auch als unnötig beurteilt werden, was durch das ausgeschlossene Item angesprochen wird.  Zudem bewertet es das "sich sorgen", und zwar als "unnötig". Ein Ziel der Itemkonstruktion war es jedoch, möglichst wertungsfreie Items in den MSF aufzunehmen. Schließlich kann sich sorgen, z.B. in Krisensituationen, durchaus angemessen sein, und nach dem DSM IV müssen Individuen mit einer GAD ihre Sorgen nicht notwendig als übertrieben wahrnehmen. 2) Ebenfalls wegen hoher Residuenkorrelationen wurde ein weiteres Item (Es war mir unmöglich meine Sorgen zu unterdrücken) aus der ursprünglichen Itembatterie ausgeschlossen: Wie Item 12 (Es war mir unmöglich, mich von meinen Sorgen abzulenken) bezieht es sich auf Copingstrategien im Umgang mit Sorgen. Es ist jedoch fraglich, ob Laien zwischen diesen Copingstrategien differenzieren. Auch wenig ängstliche Individuen sind nicht  in der Lage, Sorgen immer zu unterdrücken, obwohl sie sich vermutlich häufiger, wie durch Item 12 angesprochen, von diesen ablenken können. Deshalb wurde nur Item 12 beibehalten. 3) Eine substantielle und theoretisch erklärbare Assoziation der Residuen der  Items 3 (Meine Sorgen haben die Kontakte zu Freunden und Bekannten beeinträchtigt) und 5 (Wegen meiner Sorgen konnte ich nicht mehr alle meine Aufgaben erfüllen) wurde als von Null abweichend modelliert. Die spezifische Gemeinsamkeit dieser Items ist offensichtlich, dass sie als einzige konkrete negative Konsequenzen von sich sorgen ansprechen.

     

    Tabelle 2

    Faktorladungen für die MSF State Version nach Stichprobe 1 (S1; N = 690; State vor Trait) und Stichprobe 2 (S2; N = 697; Trait vor State)

     

    S1

    S2

    1. Ich hatte eine Sorge nach der anderen.

    .87

    .86

    2. Meine Sorgen waren für mich unkontrollierbar.

    .87

    .90

    3. Meine Sorgen haben die Kontakte zu Freunden und Bekannten beeinträchtigt.

    .80

    .83

    4. Ich habe mir Sorgen gemacht.

    .86

    .87

    5. Wegen meiner Sorgen konnte ich nicht mehr alle meine Aufgaben erfüllen.

    .84

    .86

    6. Wenn ich angefangen habe mir Sorgen zu machen, konnte ich nicht mehr damit aufhören.

    .92

    .92

    7. Meine Sorgen haben mein Leben bestimmt.

    .92

    .92

    8. Wenn ich mich gesorgt habe, habe ich mir das Schlimmste ausgemalt.

    .82

    .76

    *  Ich habe mich stärker über Dinge gesorgt als nötig.

    .76

    .79

    9. Meine Sorgen sind mir über den Kopf gewachsen.

    .93

    .91

    *   Es war mir unmöglich meine Sorgen zu unterdrücken.

    .89

    .89

    10. Ich habe unter meinen Sorgen gelitten.

    .92

    .90

    11. Ich habe mir über viele verschiedene Bereiche Sorgen gemacht.

    .75

    .73

    12. Es war mir unmöglich mich von meinen Sorgen abzulenken.

    .89

    .90

    Anmerkung: * = ausgesonderte Items

     

    Beeinflusst die Reihenfolge, in der die State und Trait Version vorgegeben wurde, die Beantwortung ihrer Items? Dazu wurde eine weitere eindimensionale CFA der zusammengefassten Daten aus S1 (State vor Trait) und S2 (Trait vor State) durchgeführt, mit der Stichprobenzugehörigkeit als Kovariate (χ² = 561.2, df = 64; RMSEA = .08; CFI = .99; TLI = .99). Nach dieser Analyse variiert die Stichprobenzugehörigkeit mit den Ausprägungen auf der State Sorgenprozesse Dimension und darüber mit der Beantwortung ihrer Indikatoren zwar signifikant, aber nur schwach (.12). Nach einem multiplen Gruppenvergleich (MG) mit der Stichprobenzugehörigkeit als Gruppierungsfaktor differierten die Schwierigkeiten für ein oder mehrere der State Sorgenitems signifikant zwischen den beiden Stichproben χ² = 67.2, df = 38, p < .01). Nach weiteren MG, in denen sukzessive die Schwierigkeit für jeweils ein Item als frei variierend spezifiziert wurde, ist die im ersten Schritt beobachtete  Messvarianz nur auf unterschiedliche Schwierigkeiten der Items 1 (χ² = 12.2, df = 3, p < .01) und 3 (χ² = 11.7, df = 3, p < .01) zurückzuführen. Nur die Beantwortung von zwei Items wurde also offensichtlich dadurch beeinflusst, ob die MSF State Version vor oder nach der Trait Version bearbeitet wurde. Nach einem MG zur Prüfung derselben Frage für die Faktorladungen variierten diese nicht systematisch in Abhängigkeit von der Stichprobenzugehörigkeit bzw. Vorgabenreihenfolge der MSF Versionen.

    Eine weitere Messmodellprüfung (vgl. Abbildung 2) mit einem simultanen Einbezug von Alter und Geschlecht als Kovariate zeigte für jüngere Befragte und Frauen ein signifikant höheres State-Sorgen als für ältere Befragte und für Männer. Auch die Einflüsse dieser Variablen sind jedoch eher schwach (-.19 bzw. .08).

     

    Abbildung 2. MFS State-Messmodell mit Einbezug von Kovariaten

     

    Trait Sorgentendenzen: CFA bestätigen auch die erwartete Homogenität der zwölf Items der MSF Trait-Version. Ein hoher Eigenwert, gefolgt von Eigenwerten alle < 1 wurde in getrennten Analysen der Daten beider Stichproben ausgewiesen (S1: 10.6, .82, ...; S2: 9.8, .87, ...). Alle Indikatoren sind entsprechend hoch mit nur einer Sorgendimension assoziiert. Bezüglich der Modellgüte passt jedoch erneut ein Modell mit der Annahme uneingeschränkter Einfachstruktur nach den RMSEA Werten nur unzureichend zu den Daten aus beiden Stichproben (S1: χ² = 834.3, df = 77; RMSEA = .12; CFI = .98; TLI = .98; S2: χ²  = 700.2, df = 77; RMSEA = .11; CFI = .98; TLI = .97). Eine akzeptable Name=t3b; HotwordStyle=BookDefault; fundort=tabellen19; Passung wurde nur für ein eindimensionales Modell (vgl. Tabelle 3) erzielt, das denselben Modifikationen (Ausschluss von zwei Items, Zulassen einer Korrelation der Residuen der Items 3 und 5) unterzogen wurde wie das eindimensionale Modell für die State Sorgenfacette (S1: χ² = 392.4, df = 53; RMSEA = .10; CFI = .99; TLI = .99; S2: χ² = 302.8, df = 53; RMSEA = .08; CFI = .99; TLI = .99).

     

    Tabelle 3

    Faktorladungen für die MSF Trait Version nach Stichprobe 1 (S1; N = 690; State vor Trait) und Stichprobe 2 (S2; N = 697; Trait vor State)

     

    S1

    S2

    1. Ich habe eine Sorge nach der anderen.

    .89

    .82

    2. Meine Sorgen sind für mich unkontrollierbar.

    .90

    .81

    3. Meine Sorgen beeinträchtigen die Kontakte zu Freunden und Bekannten.

    .80

    .80

    4. Ich mache mir Sorgen.

    .82

    .82

    5. Wegen meiner Sorgen kann ich nicht mehr alle meine Aufgaben erfüllen.

    .84

    .85

    6. Wenn ich anfange mir Sorgen zu machen, kann ich nicht mehr damit aufhören.

    .91

    .85

    7. Meine Sorgen bestimmen mein Leben.

    .92

    .90

    8. Wenn ich mich sorge, male ich mir das Schlimmste aus.

    .80

    .72

    *   Ich sorge mich stärker über Dinge als nötig.

    .78

    .78

    9. Meine Sorgen wachsen mir über den Kopf.

    .95

    .92

    *   Es ist mir unmöglich meine Sorgen zu unterdrücken.

    .90

    .84

    10. Ich leide unter meinen Sorgen.

    .91

    .89

    11. Ich mache mir über viele verschiedene Bereiche Sorgen.

    .79

    .72

    12. Es ist mir unmöglich mich von meinen Sorgen abzulenken.

    .92

    .86

    Anmerkung: * = ausgesonderte Items

     

    Nach weiteren, wie für die State Version durchgeführten Prüfungen wurde die Beantwortung der Trait Items nicht systematisch durch die Reihenfolge der Vorgabe der beiden MSF Versionen beeinflusst. Sie variierte jedoch bedeutsam in Abhängigkeit vom Alter (vgl. Abbildung 3) (-.26), aber nicht auch in Abhängigkeit vom Geschlecht (.02).


     

    Abbildung 3. MFS Trait-Messmodell mit Alter als Kovariate

     

    Itemkennwerte

    Die Faktorladungen für die Trait (vgl. Abbildung 3) und State (vgl. Abbildung 2) Version belegen die formale Validität bzw. Reliabilität ihrer Indikatoren. Alle Trait (vgl. Tabelle 4) und State (vgl. Tabelle 5) Items mit Ausnahme von Item 4 waren in der hier untersuchten Population eher schwierig.


    Tabelle 4

    Antwortverteilungen (%) für die MSF Trait Version nach Stichprobe 1 (S1; N = 690; State vor Trait) und Stichprobe 2 (S2; N = 697; Trait vor State)

     

     

     

    1

    2

    3

    4

    5

    1.

    Ich habe eine Sorge nach der anderen.

    S1

    29.4

    37.4

    17.7

    12.2

    3.3

     

    S2

    24.4

    37.4

    20.8

    13.8

    3.6

    2.

    Meine Sorgen sind für mich unkontrollierbar.

    S1

    43.9

    32.3

    13.8

    7.8

    2.2

     

    S2

    39.3

    33.9

    14.2

    10.2

    2.6

    3.

    Meine Sorgen beeinträchtigen die Kontakte zu    Freunden und Bekannten.

    S1

    39.9

    35.1

    15.4

    6.8

    2.9

     

    S2

    46.8

    28.3

    12.1

    9.6

    3.3

    4.

    Ich mache mir Sorgen.

    S1

    4.8

    36.2

    28.0

    21.4

    9.6

     

    S2

    5.6

    36.2

    24.0

    21.2

    13.1

    5.

    Wegen meiner Sorgen kann ich nicht mehr alle meine Aufgaben erfüllen.

    S1

    48.8

    32.9

    11.3

    4.8

    2.2

     

    S2

    58.7

    24.4

    9.0

    5.5

    2.4

    6.

    Wenn ich anfange mir Sorgen zu machen, kann ich nicht mehr damit aufhören.

    S1

    36.8

    30.7

    18.4

    10.0

    4.1

     

    S2

    36.7

    31.9

    15.9

    9.6

    5.9

    7.

    Meine Sorgen bestimmen mein Leben.

    S1

    49.4

    25.4

    13.8

    6.8

    4.6

     

    S2

    53.8

    26.8

    11.9

    5.0

    2.4

    8.

    Wenn ich mich sorge, male ich mir das Schlimmste aus.

    S1

    21.9

    34.9

    17.5

    16.1

    9.7

     

    S2

    23.0

    34.7

    16.9

    16.1

    9.3

    Ich sorge mich stärker über Dinge als nötig.

    S1

    18.8

    32.3

    22.8

    18.3

    7.8

     

    S2

    24.2

    31.3

    15.8

    19.4

    9.3

    9.

    Meine Sorgen wachsen mir über den Kopf.

    S1

    49.4

    25.8

    15.5

    5.9

    3.3

     

    S2

    51.6

    25.5

    13.9

    5.5

    3.4

    *  

    Es ist mir unmöglich meine Sorgen zu unterdrücken.

    S1

    33.8

    34.3

    16.8

    10.9

    4.2

     

    S2

    31.3

    37.0

    16.4

    9.9

    5.5

    10.

    Ich leide unter meinen Sorgen.

    S1

    25.9

    34.5

    16.7

    14.1

    8.8

     

    S2

    32.0

    34.1

    13.9

    12.3

    7.6

    11.

    Ich mache mir über viele verschiedene Bereiche Sorgen.

    S1

    22.2

    32.0

    22.5

    22.5

    6.7

     

    S2

    23.8

    36.9

    15.9

    16.4

    7.0

    12.

    Es ist mir unmöglich mich von meinen Sorgen abzulenken.

    S1

    40.6

    35.2

    14.5

    7.1

    2.6

     

    S2

    47.3

    32.3

    13.2

    4.9

    2.3

    Anmerkung: 1 = trifft überhaupt nicht zu, 2 = trifft ein wenig zu, 3 = trifft einigermaßen zu, 4 = trifft weitgehend zu, 5 = trifft voll und ganz zu; * = ausgesonderte Items


    Tabelle 5

    Antwortverteilungen (%) für die MSF State Version nach Stichprobe 1 (S1; N = 690; State vor Trait) und Stichprobe 2 (S2; N = 697; Trait vor State)

     

     

     

    1

    2

    3

    4

    5

    1.

    Ich hatte eine Sorge nach der anderen.

    S1

    24.1

    26.8

    23.8

    19.7

    5.7

     

    S2

    32.1

    31.3

    20.5

    12.8

    3.3

    2.

    Meine Sorgen waren für mich unkontrollierbar.

    S1

    41.3

    26.8

    17.4

    10.4

    4.1

     

    S2

    50.1

    25.3

    12.8

    9.6

    2.3

    3.

    Meine Sorgen haben die Kontakte zu Freunden und Bekannten beeinträchtigt.

    S1

    42.3

    25.7

    18.6

    9.4

    4.1

     

    S2

    55.7

    21.5

    12.3

    7.9

    2.6

    4.

    Ich habe mir Sorgen gemacht.

    S1

    6.2

    21.6

    34.6

    27.0

    10.6

     

    S2

    5.9

    31.1

    31.1

    23.8

    8.0

    5.

    Wegen meiner Sorgen konnte ich nicht mehr alle meine Aufgaben erfüllen.

    S1

    48.3

    27.1

    15.9

    5.7

    3.0

     

    S2

    58.4

    22.5

    11.2

    6.2

    1.7

    6.

    Wenn ich angefangen habe mir Sorgen zu machen, konnte ich nicht mehr damit aufhören.

    S1

    35.2

    27.4

    19.7

    13.3

    4.3

     

    S2

    44.5

    25.7

    16.4

    8.5

    4.0

    7.

    Meine Sorgen haben mein Leben bestimmt.

    S1

    43.5

    22.8

    18.3

    10.3

    5.2

     

    S2

    51.5

    24.1

    12.6

    7.6

    4.2

    8.

    Wenn ich mich gesorgt habe, habe ich mir das Schlimmste ausgemalt.

    S1

    28.3

    25.7

    22.5

    15.1

    8.6

     

    S2

    31.1

    28.1

    19.9

    14.3

    6.5

    Ich habe mich stärker über Dinge gesorgt als nötig.

    S1

    19.3

    27.2

    26.8

    20.0

    6.7

     

    S2

    24.1

    31.4

    20.2

    19.4

    4.9

    9.

    Meine Sorgen sind mir über den Kopf gewachsen.

    S1

    49.1

    20.9

    16.8

    8.6

    4.6

     

    S2

    56.1

    22.2

    13.1

    5.9

    2.7

    *  

    Es war mir unmöglich meine Sorgen zu unterdrücken.

    S1

    28.1

    29.0

    21.0

    15.1

    6.8

     

    S2

    40.3

    28.7

    15.5

    10.3

    5.2

    10.

    Ich habe unter meinen Sorgen gelitten.

    S1

    25.4

    26.1

    21.3

    17.1

    10.1

     

    S2

    32.0

    26.0

    21.4

    13.3

    7.3

    11.

    Ich habe mir über viele verschiedene Bereiche Sorgen gemacht.

    S1

    25.5

    33.0

    22.2

    14.3

    4.9

     

    S2

    30.0

    31.1

    21.4

    14.1

    3.4

    12.

    Es war mir unmöglich mich von meinen Sorgen abzulenken.

    S1

    35.5

    30.7

    20.4

    10.4

    2.9

     

    S2

    47.6

    27.4

    15.5

    6.9

    2.6

    Anmerkung: 1 = nie, 2 = selten, 3 = manchmal, 4 = oft, 5 = sehr oft; * = ausgesonderte Items

     

     

    Reliabilität

    Nach den berichteten Messmodellprüfungen sind die Items der Trait (vgl. Abbildung 3) und der State (vgl. Abbildung 2) Version des MSF zufriedenstellend homogen und formal valide.

     

    Validität

    Die wichtigsten Ergebnisse der zur Prüfung der Validität der beiden Sorgenfacetten nach dem MSF durchgeführten Strukturmodellanalyse (vgl. Abbildung 4) (χ² = 6497.1; df 1670; RMSEA: .05; CFI: .97; TLI: .97) lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:

    1.     Die beiden Sorgenfacetten korrelieren wie zu erwarten mit .67 substantiell aber nur in mittlerer Höhe, d.h. sie reflektieren stark assoziierte, aber diskriminierbare Konstruktfacetten.

     

     

    Abbildung 4. Konstruktvalidität des MFS (Aus Gründen der Übersichtlichkeit wurden keine Messmodelle, Korrelationen zwischen den Prädiktoren und Vorhersagefehler eingezeichnet)

     

    2.     State Sorgen variieren systematisch und positiv mit Stress und Depressivität, nicht aber  mit Angst während der letzten sieben Tage sowie lediglich gering positiv mit dem als Trait Variable operationalisierten Neurotizismus. Die Zusammenhänge mit den beiden State-Maßen Depressivität (.28) und insbesondere Stress (.64) sind dabei deutlich höher als mit dem Trait-Maß Neurotizismus (.10). Dies spricht dafür, dass sich die MSF State Version eignet, aktuelle Sorgentendenzen zu erfassen. Der fehlende Zusammenhang mit aktueller Angst nach der DASS-21 ist vermutlich darauf zurückzuführen, dass die entsprechenden Items vor allem mit einer Panikattacke assoziierte körperliche Symptome erfragen, die durch den MSF explizit nicht erhoben werden sollten.

    3.     Demgegenüber variieren Trait Sorgentendenzen am stärksten mit Neurotizismus (.46) und unter den DASS-21 State Variablen nur mit Stress (.36). Die MSF Trait Version erfasst also offensichtlich wie intendiert eher generelle Sorgentendenzen.

    4.     Jüngere und weibliche Befragte erzielten höhere Neurotizismuswerte als ältere und männliche Befragte (Alter: -.25; Geschlecht: .10). Aktuelle Angst, Stress und Depressivität nach der DASS-21 berichteten zudem ebenfalls jüngere Befragte häufiger als ältere (Angst: -.24; Stress: -.26; Depressivität: -.22).

    Der Effekt der Kovariate Alter auf die beiden Sorgenfacetten wird von den Prädiktorvariablen absorbiert, d.h. sie variieren nicht systematisch in Abhängigkeit von dieser Variable.

     

    Deskriptive Statistiken

    Die Antwortverteilungen für die State (vgl. Tabelle 5) und die Trait (vgl. Tabelle 4) MSF Version jeweils nach den beiden Stichproben liegen vor. Die Antwortverteilungen für beide Versionen sind überwiegend linkssteil. So beantworten z.B. 49.1% der Teilnehmer aus S1 und 56.1% der Teilnehmer aus S2 State Item 10 (Meine Sorgen sind mir über den Kopf gewachsen) mit "nie". In der Trait Version beurteilen 49.4% der Teilnehmer aus S1 und 53.8% der Teilnehmer aus S2 Item 7 (Meine Sorgen bestimmen mein Leben) als "überhaupt nicht" auf sie zutreffend. Eine Ausnahme bildet das "Baseline" Item 4, die Kategorienbelegung ist hier deutlich normalverteilter. In der State Version beantworten nur 6.1% der Befragten aus S1 und 5.6% der Befragten aus S2 dieses Item (Ich habe mir Sorgen gemacht) mit "nie". Auch nach den Daten der Trait Version sind die Antworten zu Item 4 (Ich mache mir Sorgen) deutlich weniger schief verteilt als zu den übrigen Items. Nur 4.8% der Befragten aus S1 und 5.6% aus S2 beantworten es mit "Trifft überhaupt nicht zu". Dies weist daraufhin, dass sich sorgen trotz der linkssteilen Verteilungen der Antworten zu anderen Items auch ein durchaus alltäglicher, normaler Prozess sein kann.

     


     

    Dipl.-Psych. Jens Barenbrügge, E-Mail: j.barenbruegge@uni-muenster.de. Westfälische Wilhelms-Universität Münster, Psychologisches Institut 1, Fliednerstr. 21, 48149 Münster, Tel. 0251 - 83 38482.