Nationalismus
Nationalismus ist eine individuelle, idealisierte Einstellung einer Einzelperson zu ihrer Nation. Sie basiert auf einer unkritischen Akzeptanz von Vorstellungen über die Großartigkeit der eigenen Nation und beinhaltet damit verbunden die Bereitschaft, öffentliche, staatliche und politische Autoritäten kritiklos zu akzeptieren. Gleichzeitig wird gesellschaftlichen Minderheiten und ausländischen Nationen stereotyp Minderwertigkeit nachgesagt. Synonyme Begriffe sind Pseudo-Patriotismus (verbunden mit Ethnozentrismus, Levinson, 1950) und blinder Patriotismus (Staub, 1997).
Zentrales, zugrundeliegendes Konstrukt ist das der Nationalen Identität.
Antonymer Begriff ist (konstruktiver) Patriotismus:
Nationalismus und Patriotismus schließen zwar beide die Bereitschaft des Individuums ein, aktiv zum Wohl der Gemeinschaft beizusteuern. Ein wichtiger Unterschied zwischen den beiden Konstrukten ergibt sich jedoch aus der jeweiligen Definition des nationalen Selbstkonzepts, dessen Ziele und Kategorien für den Gruppenvergleich genutzt werden (Staub, 1997; Blank, Wittenberg & Schneider, 1999). Im Nationalismus ist die Herstellung gesellschaftlicher Homogenität für eine Vielzahl von Kategorien ein dominierendes Ziel. Unterschiede zwischen den Mitgliedern einer Nation werden also abgelehnt. Extreme Beispiele sind Versuche ethnischer Homogenisierung wie sie im Dritten Reich durch die systematische Verfolgung der Juden zu erreichen versucht wurden (Klemperer, 1995) und in jüngster Vergangenheit durch die Überfalle auf Ausländer (Lüdemann, 1995). Die zur Abgrenzung herangezogene Kategorie ethnisch wird dabei nicht auf objektive Merkmale gestützt sondern auf subjektive Wahrnehmungs- und Definitionsprozesse. So identifizierten sich z.B. viele Mitglieder der jüdischen Gemeinschaft nicht mit einer eigenen ethnischen Gruppe in der Zeit von 1933 bis 1945 (siehe Bendix, 1985). Weitere Zeichen des extremen Nationalismus sind eine hierarchische Beziehung zwischen Staat und Individuum sowie die Idealisierung und die Überbewertung der eigenen Nation (Levinson. 1950; Tajfel, 1969; Blank, Wittenberg & Schneider, 1999).
Blank und Schmidt (2000) formulieren die Annahme, dass Nationalismus und auch Patriotismus mit Loyalitätswerten verbunden sind (Lemberg, 1964). So definierte Levinson (1950) z.B. Ethnozentrismus als eine ideologische Weltauffassung, die bestimmte Einstellungen der Nation spiegelt. In ähnlicher Weise können mehrere allgemeine Weltauffassungen, allgemeine Wertvorstellungen und Normvorstellungen für Nationalismus und Patriotismus als eine spezifische Einstellung zum Volk bezeichnet werden (Allport, 1979). Staub (1997) identifizierte z.B. Werte des prosozialen Handelns als Prädiktoren für Patriotismus. Adorno et al. (1950) führten autoritäre Merkmalsstrukturen als Ursache für Nationalismus an. Mit Bezug auf diese Einschätzungen hat Nationalismus seinen Ursprung in Wertvorstellungen wie Dogmatismus, SoziaIdarwinismus und im Verlangen nach Herrschaft, in der Akzeptanz autoritärer Strukturen und in dem Bedürfnis nach Homogenität mittels Selbsteinstufung nach ethnischen Kriterien (Evans, 1952; AIIport‚ 1979; Blank & Schmidt, 1994; Hermann & Schmidt, 1995). Im Gegensatz dazu zeichnet sich Patriotismus durch Werte wie Freiheit Gleichberechtigung, Brüderlichkeit, Menschlichkeit und Individualismus aus. Dies beinhaltet auch prosoziales Verhalten, die Anwendung von Bürgerrechten und die Akzeptanz kultureller Vielfältigkeit (Habermas 1990, 1993; Sternberger, 1990; Cohn-Bendit & Schmid, 1992; Staub. 1997). Ein weiteres in diesem Zusammenhang wichtiges Konstrukt ist das der Ethnizität.