Patriotismus

 

Patriotismus ist eine individuelle Einstellung, die durch eine kritische Distanz zur eigenen Nation charakterisiert ist, die deren Idealisierung trotz einer positiven Identifikation entgegenwirkt. Der Staat und die Nation würden nicht unterstützt werden, wenn ihre Ziele zerstörerisch und unmenschlich wären. Diese Art von Patriotismus ist deshalb anders als eine nationalistische Einstellung nicht mit der klischeehaften Abwertung anderer Völker und Minderheiten verknüpft.

Synonyme sind wahrer Patriotismus (Levinson, 1950), konstitutioneller Patriotismus (Steinberger, 1990; Habermas, 1990b) und konstruktiver Patriotismus (Staub, 1997).

Zentrales, zugrundeliegendes Konstrukt ist das der Nationalen Identität.

Antonyme Begriffe sind Nationalismus, Pseudo-Patriotismus (verbunden mit Ethnozentrismus, Levinson, 1950) und blinder Patriotismus (Staub, 1997):

Patriotismus und Nationalismus schließen zwar beide die Bereitschaft des Individuums ein, aktiv zum Wohl der Gemeinschaft beizusteuern. Ein wichtiger Unterschied zwischen den beiden Konstrukten ergibt sich jedoch aus der jeweiligen Definition des nationalen Selbstkonzepts, dessen Ziele und Kategorien für den Gruppenvergleich genutzt werden (Staub, 1997; Blank, Wittenberg & Schneider, 1999). Individuen mit patriotischer Einstellung fordern anders als solche mit nationalistischer Vorstellung gesellschaftliche Vielfalt. Individualisierung und kulturelle wie auch religiöse Vielfalt werden nicht missbilligt. Minderheiten innerhalb der Gesellschaft erfahren Schutz, Unterstützung und Solidarität. Damit ist auch eine unterschiedliche Vorstellung über die Beziehung von Staat und Individuum verbunden. Demokratische Prinzipien und eine Vielzahl von politischen Beteiligungen machen den Staat zu einem Instrument seiner Bürger (Staub 1997; Cohn-Bendit & Schmid, 1992; Blank Wittenberg & Schneider, 1999). Mit anderen Worten: während Personen mit nationaler Einstellung versuchen, die Vielfalt zu verringern, akzeptieren diejenigen mit patriotischer Einstellung die Vielfalt ihrer Gesellschaft.

Blank und Schmidt formulieren die Annahme, dass Patriotismus und auch Nationalismus mit Loyalitätswerten verbunden sind (Lemberg, 1964). So definierte Levinson (1950) z.B. Ethnozentrismus als eine ideologische Weltauffassung, die bestimmte Einstellungen der Nation spiegelt. In ähnlicher Weise können mehrere allgemeine Weltauffassungen, allgemeine Wertvorstellungen und Normvorstellungen für Nationalismus und Patriotismus als eine spezifische Einstellung zum Volk bezeichnet werden (Allport, 1979). Staub (1997) identifizierte z.B. Werte des prosozialen Handelns als Prädiktoren für Patriotismus. Adorno et al. (1950) führten autoritäre Merkmalsstrukturen als Ursache für Nationalismus an. Mit Bezug auf diese Einschätzungen hat Nationalismus seinen Ursprung in Wertvorstellungen wie Dogmatismus, Sozialdarwinismus und im Verlangen nach Herrschaft, in der Akzeptanz autoritärer Strukturen und in dem Bedürfnis nach Homogenität mittels Selbsteinstufung nach ethnischen Kriterien (Evans, 1952; Allport 1979; Blank & Schmidt, 1994; Hermann & Schmidt, 1995). Im Gegensatz dazu zeichnet sich Patriotismus durch Werte wie Freiheit, Gleichberechtigung, Brüderlichkeit, Menschlichkeit und Individualismus aus. Dies beinhaltet auch prosoziales Verhalten, die Anwendung von Bürgerrechten und die Akzeptanz kultureller Vielfältigkeit (Habermas 1990, 1993; Sternberger, 1990; Cohn-Bendit & Schmid, 1992; Staub, 1997). Ein weiteres in diesem Zusammenhang wichtiges Konstrukt ist das der Ethnizität.