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Deutscher Symptom Interpretation Questionnaire (SIQ-d)

  • Author: Glöckner-Rist, A., Prüfer, P., Rexroth, M., & Rist, F.
  • In ZIS since: 2005
  • DOI: https://doi.org/10.6102/zis210
  • Abstract: With 65 items, the instrument asks whether 13 frequent but irregular body sensations such as sudden headaches tend to be attributed to situational/behavioral, somatic or psychological causes. These at ... moretribution tendencies are assumed to be essential determinants for the development and maintenance of health fears and disease behavior. less
  • Language Documentation: deutsch
  • Language Items: German
  • Number of Items: 65
  • Reliability: keine Angaben
  • Validity: Daten zur Konstruktvalidität liegen vor
  • Construct: Attributionstendenzen
  • Catchwords: Attribution, Körper, Interpretation | attribution, body, interpretation
  • Item(s) used in Representative Survey: nein
  • Status of Development: validiert
    • Instruktion

      Im Folgenden sind körperliche Probleme aufgelistet, von denen Sie vielleicht einige schon hatten. Für jedes Problem (z.B. Rückenschmerzen) sind drei mögliche Ursachen angeführt.

      Stellen Sie sich bitte vor, Sie hätten in nächster Zeit dieses Problem, auch wenn Sie es noch nie vorher erlebt haben. Kreuzen Sie dann bitte für jede Ursache an, ob diese bei Ihnen gar nicht, etwas, ziemlich oder sehr wahrscheinlich für das Problem verantwortlich sein könnte.

      Wenn bei Ihnen noch eine andere als die genannten drei Ursachen wahrscheinlich verantwortlich wäre, dann tragen Sie diese bitte unter „Sonstige Ursache“ ein und kreuzen Sie das entsprechende Kästchen an.

      Bitte geben Sie für jedes körperliche Problem auch noch an, wie oft Sie dieses schon hatten.

      Bitte füllen Sie zuerst das folgende Beispiel aus:

       

      Beispiel: Wenn ich in nächster Zeit Rückenschmerzen hätte, wäre dafür wahrscheinlich verantwortlich...

      Bitte machen Sie in jeder Zeile ein Kreuz.

       

       

      Gar nicht wahrscheinlich

      Etwas wahrscheinlich

      Ziemlich wahrscheinlich

      Sehr wahrscheinlich

      ich bin wegen irgendwelcher emotionaler Probleme verspannt

      O

      O

      O

      O

      mit meinen Bandscheiben oder meiner Wirbelsäule stimmt etwas nicht

      O

      O

      O

      O

      ich habe zu lange falsch gesessen

      O

      O

      O

      O

      Sonstiger Grund:

      O

      O

      O

      O

       

       

       

       

       

       

      Nie

      Selten

      Manchmal

      Oft

      Wie oft hatten Sie schon Rückenschmerzen?

      O

      O

      O

      O

       

      Items

      1

      Wenn ich in nächster Zeit starke Kopfschmerzen hätte, wäre dafür wahrscheinlich verantwortlich"

      1a

      ich bin emotional aufgewühlt

      1b

      irgendetwas stimmt nicht mit meinen Muskeln, Nerven oder meinem Gehirn

      1c

      ich habe zu lange geschlafen oder zu wenig Flüssigkeit zu mir genommen

      1d

      Sonstiger Grund:

      1e

      Wie oft hatten Sie schon starke Kopfschmerzen?

       

      2

      Wenn ich in nächster Zeit sehr stark schwitzen (ohne Sport) würde, wäre dafür wahrscheinlich verantwortlich...

      2a

      ich habe Fieber oder eine Infektion

      2b

      ich bin nervös oder mache mir Sorgen

      2c

      ich bin zu dick angezogen oder der Raum ist zu warm

      2d

      Sonstiger Grund:

      2e

      Wie oft haben Sie schon sehr stark geschwitzt?

      3

      Wenn ich in nächster Zeit ein plötzliches Schwindelgefühl hätte, wäre dafür wahrscheinlich verantwortlich...

      3a

      etwas stimmt mit meinem Herzen oder Blutdruck nicht

      3b

      ich habe nicht genug gegessen/getrunken oder bin zu schnell aufgestanden

      3c

      ich stehe unter Stress

      3d

      Sonstiger Grund:

      3e

      Wie oft hatten Sie schon ein plötzliches Schwindelgefühl?

      4

      Wenn ich in nächster Zeit einen trockenen Mund (ohne Rauchen oder Cannabis) hätte, wäre dafür wahrscheinlich verantwortlich...

      4a

      ich habe vor etwas Angst oder bin sehr besorgt

      4b

      ich habe nicht genug getrunken

      4c

      mit meinen Speicheldrüsen stimmt etwas nicht

      4d

      Sonstiger Grund:

      4e

      Wie oft hatten Sie schon einen trockenen Mund?

      5

      Wenn ich in nächster Zeit starkes Herzklopfen hätte, wäre dafür wahrscheinlich verantwortlich...

      5a

      ich habe mich körperlich überanstrengt oder zu viel Kaffee getrunken

      5b

      ich bin sehr aufgeregt, ängstlich oder verliebt

      5c

      etwas ist mit meinem Herzen nicht in Ordnung

      5d

      Sonstiger Grund:

      5e

      Wie oft haben Sie schon starkes Herzklopfen verspürt?

      6

      Wenn ich mich in nächster Zeit längere Zeit körperlich nicht fit fühlen würde, wäre dafür wahrscheinlich verantwortlich"

      6a

      ich bin emotional erschöpft oder entmutigt

      6b

      ich habe zu viel gearbeitet, zu wenig Sport gemacht oder zu wenig geschlafen

      6c

      ich habe Eisenmangel oder Vitaminmangel

      6d

      Sonstiger Grund:

      6e

      Wie oft haben Sie sich schon längere Zeit körperlich nicht fit gefühlt?

      7

      1.     Wenn in nächster Zeit meine Hände zittern würden, wäre dafür wahrscheinlich verantwortlich...

      7a

      ich habe irgendeine Nervenerkrankung

      7b

      ich bin sehr nervös

      7c

      ich habe meine Handmuskeln überbeansprucht oder ich habe länger nichts gegessen

      7d

      Sonstiger Grund:

      7e

      Wie oft haben Ihre Hände schon gezittert?

      8

      2.     Wenn ich in nächster Zeit Probleme mit dem Einschlafen hätte, wäre dafür wahrscheinlich verantwortlich...

      8a

      irgendeine Krankheit bahnt sich an

      8b

      ich bin einfach noch nicht richtig müde

      8c

      ich mache mir zu viele Sorgen oder bin wegen irgendetwas nervös

      8d

      Sonstiger Grund:

      8e

      Wie oft hatten Sie schon Probleme mit dem Einschlafen?

      9

      3.     Wenn ich in nächster Zeit Magenprobleme hätte, wäre dafür wahrscheinlich verantwortlich...

      9a

      ich bin krank vor Sorge über etwas

      9b

      ich habe Magengeschwüre oder einen Infekt

      9c

      ich habe zu viel oder etwas Falsches gegessen oder getrunken

      9d

      Sonstiger Grund:

      9e

      Wie oft hatten Sie schon Magenprobleme?

      10

      Wenn ich in nächster Zeit länger keinen Appetit hätte, wäre dafür wahrscheinlich verantwortlich...

      10a

      ich habe in letzter Zeit mehr gegessen als sonst

      10b

      ich habe so viel Stress, dass mir das Essen nicht schmeckt

      10c

      ich habe eine Magen- oder Darmkrankheit

      10d

      Sonstiger Grund:

      10e

      Wie oft hatten Sie schon länger keinen Appetit?

      11

      4.     Wenn ich in nächster Zeit Schwierigkeiten mit dem Atmen hätte, wäre dafür wahrscheinlich verantwortlich...

      11a

      meine Bronchien sind entzündet, ich habe Herzprobleme oder bekomme Asthma

      11b

      der Raum ist stickig oder die Luft ist zu verschmutzt

      11c

      ich bin übermäßig aufgeregt oder besorgt

      11d

      Sonstiger Grund:

      11e

      Wie oft hatten Sie schon einmal Schwierigkeiten mit dem Atmen?

      12

      5.     Wenn in nächster Zeit meine Hände oder Füße taub wären oder kribbelten, wäre dafür wahrscheinlich verantwortlich...

       

      12a

      ich bin seelisch sehr belastet

       

      12b

      ich habe eine Gefäß- oder Nervenstörung

       

      12c

      mir ist kalt oder ich war zu lange in derselben Körperhaltung

       

      12d

      Sonstiger Grund:

       

      12e

      Wie oft hatten Sie schon ein taubes Gefühl oder Kribbeln in den Händen oder Füßen?

       

      13

      6.     Wenn ich in nächster Zeit Verstopfung oder Durchfall hätte, wäre dafür wahrscheinlich verantwortlich...

       

      13a

      ich habe zu wenig Obst oder Ballaststoffe gegessen

       

      13b

      ich bin angespannt oder nervös

       

      13c

      etwas stimmt nicht mit meinem Darm oder Magen

       

      13d

      Sonstiger Grund:

       

      13e

      Wie oft hatten Sie schon Verstopfung oder Durchfall?

       

               

       

      Antwortvorgaben

      1.     Empfindungsattributionen: 4-stufige Ratingskalen mit den Bezeichnungen der Antwortoptionen als „gar nicht wahrscheinlich“, „etwas wahrscheinlich“, „ziemlich wahrscheinlich“ und „sehr wahrscheinlich“

      2.     Sonstiger Grund: 3-stufige Ratingskalen mit den Bezeichnungen der Antwortoptionen als „etwas wahrscheinlich“, „ziemlich wahrscheinlich“ und „sehr wahrscheinlich“

      3.     Empfindungshäufigkeiten: 4-stufige Häufigkeitseinstufungen mit den Bezeichnungen der Antwortoptionen als „nie“, „selten“, „manchmal“ und „oft“

       

      Auswertungshinweise

      Nach den Ergebnissen der Messmodellprüfung kann zwar ein Summenwert für jede Subdimension des SIQ-d gebildet werden. Für die Prüfung theoriebezogener Untersuchungsfragen wird jedoch die Verwendung von Struktur- und Messmodellanalysen unter Einbezug multipler Indikatoren anstelle einer Verwendung summativer Indizes empfohlen. Nur damit können a) die Dimensionalität von Indikatoren geprüft und diese bei der Interpretation von Ergebnissen angemessen berücksichtigt werden sowie b) eventuelle systematische Einflüsse weiterer, im Modell nicht explizit berücksichtigter Personenmerkmale aufgedeckt werden.

       

      Anwendungsbereich

      Das Verfahren kann sowohl im Rahmen empirischer Forschung als auch in der klinischen Praxis eingesetzt werden.

       

       

     

    In Kausalattributionen werden eigenem und fremdem Erleben und Verhalten mögliche Ursachen zugeschrieben, um psychologisch bedeutsame Ereignisse subjektiv gültig zu erklären. Kausalattributionen geben wahrgenommenen inneren oder äußeren Ereignissen einen Sinn und helfen, das zukünftige Auftreten ähnlicher Ereignisse vorherzusagen und gegebenenfalls zu beeinflussen, sowie angemessene Reaktionen auf diese Ereignisse vorzubereiten. Zentrale Annahme von Attributionstheorien (Heider, 1958; Kelley, 1967, 1973, 1992) ist, dass Kausalattributionen Bestandteile subjektiver „Laien“- bzw. „Alltagstheorien“ über Ursachen intra- und interindividueller psychologischer Phänomene sind. Diese subjektiven Theorien werden aus eigenen oder fremden Erfahrungen, Überlegungen und Interpretationen abgeleitet, so dass Kausalattributionen nicht notwendig aus rationalen Schlussfolgerungsprozessen entstehen. Sie können vielmehr irrationale Überzeugungen und Nutzenerwägungen einschließen und sich deshalb auch dysfunktional auf Erleben und Verhalten auswirken.

    Entsprechende auf Gesundheit bezogene Vorstellungen werden auch als Gesundheitskognitionen bezeichnet (Försterling, 1994; Funke, 1989; Schwarzer, 1992, 1993, 1994). Sie repräsentieren subjektives Wissen bzw. Annahmen über Ursachen (Kausalattributionen nach bevorzugten Schemata), Art (Kategorisierungen) sowie Verlauf und Beeinflussbarkeit (Kontrollerwartungen) von Gesundheit bzw. Krankheit. Gesundheitsbezogene Schemata werden in der deutschsprachigen Literatur auch als subjektive Krankheitstheorien oder Laien- bzw. Alltagstheorien zu Krankheit bezeichnet (Verres, 1986, 1989; Bischoff & Zenz, 1989). Synonyme Begriffe aus dem angloamerikanischen Raum sind u.a. „illness cognition“ (Leventhal & Diefenbach, 1991), „illness models“ (Michela & Wood, 1986) und „illness orientations“ (Lau & Klepper, 1988).

    Körperliche Empfindungen wie Kopfschmerzen, Schwindelgefühl oder Herzklopfen sind häufig und weit verbreitet. Auslösung, Intensität und Dauer solcher Störungen sind durch eine Vielzahl körperlicher und psychischer Vorgänge beeinflusst (vgl. Pennebaker, 1982). Aber auch für solche unspezifischen körperlichen Empfindungen werden plausible Ursachen gesucht. Sie können auf drei allgemeine Klassen von Ursachen zurückgeführt werden (z.B. Robbins & Kirmayer, 1986, 1991): 1) auf körperliche Krankheit, 2) auf psychische Beeinträchtigung oder 3) auf situative Umstände oder eigenes Verhalten. Robbins und Kirmayer (1986, 1991) nehmen an, dass Individuen konsistente und zeitliche stabile Präferenzen für jeweils eine der drei Attributionsformen ausbilden. Je nach Präferenz sollte also bei der Feststellung einer irregulären körperlichen Empfindung bevorzugt eine bestimmte Kausalattribution angewendet werden, unabhängig davon, welcher Art die Störung ist.

    Unter Bezug auf das attributionstheoretische „Discounting“ Prinzip (Kelley, 1971) postulieren Robbins und Kirmayer (1986, 1991), dass Attributionen auf situative Umstände oder eigenes Verhalten den Status von irregulären Körpervorgängen als Symptom, d.h. als Hinweis auf eine zugrunde liegende somatische oder psychische Störung „abwerten“. Sie bezeichnen die drei Attributionsformen deshalb als normalisierend versus somatisierend und psychologisierend. Ferner vermuten sie, dass die Ermittlung einer plausiblen Ursache für eine beobachtete Körperirregularität sequentiell verläuft: Zunächst wird nach situativen Ursachen für irreguläre Körpervorgänge gesucht, wenn solche nicht hinreichend erscheinen, werden mögliche psychische oder körperliche Verursachungen erwogen. Die Attributionstendenz beeinflusst demnach Prozesse der Selbstaufmerksamkeit, darüber gesteuerte Körperwahrnehmungen und globale subjektive Gesundheits- und Krankheitstheorien.

    Die individuelle Attributionstendenz bei der Interpretation von körperlichen Irregularitäten hat nach Robbins und Kirmayer (1986, 1991) weitreichende Folgen für die Inanspruchnahme von Leistungen des Gesundheitssystems. So sollte sie z.B. beeinflussen, als wie stark beunruhigend oder belastend Körperempfindungen erlebt werden, ob diese als Symptome einer körperlichen Erkrankung interpretiert werden oder nicht, ob ihretwegen ein Arzt aufgesucht wird und schließlich auch, auf welche Weise Beschwerden im medizinischen Kontakt und im häuslichen Alltag präsentiert werden (Robbins & Kirmayer, 1986, 1991). Individuen mit früheren oder gegenwärtigen affektiven bzw. somatoformen Beeinträchtigungen sollten zudem wahrscheinlicher psychologisierend bzw. somatisierend attribuieren als Individuen ohne solche Beeinträchtigungen.

    Nach Robbins und Kirmayer (1986, 1991) könnte der Attributionsstil Krankheitsverhalten und Symptompräsentationen sowie Krankheitserleben besser vorhersagen als allgemeine Annahmen und Überzeugungen über Ursachen von Krankheiten. Beinahe ausschließlich solche Zusammenhänge waren jedoch in vorangegangenen Studien untersucht worden. Deshalb entwickelten Robbins und Kirmayer (1986, 1991) den Symptom Interpretation Questionnaire mit dem Ziel, Personen mit unterschiedlichen Attributionsstilen auch in der Allgemeinbevölkerung identifizieren zu können.

    Der SIQ gibt zu 13 irregulären Körperempfindungen jeweils eine situative/verhaltensbezogene, eine somatische und eine psychische Ursache vor. Die Befragten sollen angeben, wie wahrscheinlich sie jede von ihnen dafür verantwortlich machen würden, wenn sie die Körperirregularität erleben würden. Zusätzlich wird erfragt, ob die entsprechende irreguläre körperliche Empfindung in den letzten drei Monaten aufgetreten ist oder nicht.

    Mittlerweile wurden in einer Reihe von Studien die psychometrischen Eigenschaften des SIQ geprüft. Ihre wichtigsten Ergebnisse lassen sich folgendermaßen zusammenfassen (z.B. Brown, 2004; Duddu et al., 2006):

    Die erwartete dreidimensionale Strukturierung von SIQ Beantwortungen in psychische, somatische und situative Attributionen wurde wiederholt bestätigt (u.a. Aronson, 2006; Robbins und Kirmayer, 1991; Lundh & Wangby, 2002). Bereits bei Robbins und Kirmayer (1991) korrelierten die explorativ und konfirmatorisch ermittelten drei Attributionsdimensionen jedoch substantiell positiv, was nicht mit der ursprünglichen Annahme dreier monokausaler Attributionsstile vereinbar ist. Ferner ermittelten sie und Aronson (2006) sowie - trotz Varimaxrotation - auch Lundh und Wangby (2002) für mehrere Attributionsitems substantielle Nebenladungen. Z.B. bestätigte eine von Lundh und Wangby (2002) durchgeführte Hauptkomponentenanalyse mit Varimaxrotation zwar die dreidimensionale Strukturierung der Attribution von irregulären Körperempfindungen. Die Autoren merken jedoch an, dass eines der 13 situativen (externalen) Attributionsitems (Item 9: Magenprobleme wegen falschen Essens) vergleichbar hoch mit der situativen und der somatischen Attributionskomponente korrelierte. Die Ladung für ein weiteres dieser Items (Item 1: Kopfschmerzen wegen starken Lärms etc.) auf der situativen Attributionskomponente betrug ferner nur .27. Tabelle 1 ihrer Publikation ist zudem zu entnehmen, dass es sich in vergleichbarer Stärke der psychischen Attributionskomponente zuordnete (.25). Ferner wird aus dieser Tabelle ersichtlich, dass mehrere somatische Attributionsitems substantielle Nebenladungen (>.20) auf der situativen Komponente haben (z.B. Item 4: trockener Mund, Item 6: Ausgelaugtheit, Item 8: Schlafprobleme, Item 11: Atemprobleme) und eines auch auf der psychischen Attributionskomponente haben, von denen ihrerseits mehrere entsprechende oder geringfügig geringere positive Nebenladungen auf der situativen Attributionskomponente erzielen (z.B. Item 5: Herzklopfen, Item 7: Händezittern, Item 9: Magenprobleme).

    Wegen der durch Varimaxrotation erzwungenen Orthogonalität der drei Attributionskomponenten könnte die Höhe der berichteten und die Anzahl weiterer Doppelladungen zudem zusätzlich unterschätzt worden sein. Außerdem können deshalb u.a. nach den von Robbins und Kirmayer (1991) berichteten Ergebnissen Interkorrelationen der drei Komponenten nicht beurteilt werden, da sie so methodisch unterdrückt bzw. nicht ermittelbar sind. Die Autoren berichten solche auch nicht, obwohl sie in der Diskussion ihrer Ergebnisse (S. 715) konstatieren: "The present study replicated the earlier finding of intercorrelations between the three attribution subscales".

    Einige der Items sind also nicht nur mit einer, sondern mit zwei Attributionsdimensionen assoziiert.

    Sind psychologische Störungen erwartungskonform differentiell mit den im SIQ erfassten Attributionsstilen korreliert? Patienten mit psychischen Störungen gaben wie erwartet häufiger psychische als somatische oder situative Ursachen für Körperempfindungen an, Patienten mit körperlichen Erkrankungen am häufigsten somatische Ursachen (Robbins & Kirmayer, 1991). Nach weiteren Untersuchungen nahmen depressive Patienten vermehrt psychologische und somatische (Wise & Mann, 1995; Kessler et al., 1999), hypochondrische Patienten vermehrt somatische und Patienten mit generalisierter Angst vermehrt psychische (Sensky et al., 1998) Ursachenzuschreibungen vor. Unerwartet korrelierten jedoch auch nur psychische Attributionen positiv mit Hypochondrie und in einer Studierendenstichprobe nahm mit zunehmender Zahl somatischer Symptome die psychische, nicht aber die somatische Attributionstendenz zu (Robbins & Kirmayer, 1991). Dieselben unerwarteten Zusammenhänge zeigten sich auch mit beeinträchtigter Gesundheit (Bower et al., 2000). Ebenfalls überraschend tendierten Patienten mit „Irritable Bowel Syndrome“ nicht stärker als nicht beeinträchtigte Probanden zu somatischen Attributionen. Nach einer weiteren Studie erzielten demgegenüber Patienten mit somatoformen Störungen höhere Werte als Gesunde auf allen drei Attributionsdimensionen (Bailer et al., 2005).

    Lundh und Wangby (2002) prüften mit den Daten von 209 Befragten aus der schwedischen Allgemeinbevölkerung erstmals neben Attributionsdimensionen auch die Zuordnung der Befragten zu Clustern mit distinkten Attributionsstilen. Sie setzten jedoch eine modifizierte Version des SIQ ein, die keine selbstbezogene prospektive Beurteilung der Ursachen für die 13 durch den SIQ vorgegebenen irregulären Körperempfindungen verlangt. Stattdessen sollten die Befragten angeben, inwieweit die vorgegebenen Ursachen übliche (common) Ursachen für eine Körperirregularität sind. Mit einer linearen Clusteranalyse identifizierten sie drei von ihnen aufgrund ihrer spezifischen Attributionsmusterpräferenzen als Psychologisierer (N = 42), Externalisierer (N = 41) und Somatisierer (N = 47) bezeichnete Subgruppen mit jeweils ca. 21% der Befragten. Für ca. 63% der Probanden konnte also die Annahme von Robbins und Kirmayer (1986, 1991) über drei alternative, primär monokausale Attributionsstile bestätigt werden. Einschränkend weisen Lundh und Wangby (2002) jedoch daraufhin, dass die Subgruppe der Somatisierer auch eine leicht erhöhte, d.h. über dem Gesamtgruppenmittelwert liegende situative Attributionstendenz hatte. Sie könne deshalb auch als Somatisierer/Externalisierer bezeichnet werden. Die situative Subgruppe (Externalisierer) dagegen war stärker durch einen geringeren somatischen Attributionsstil charakterisiert als durch einen überdurchschnittlichen situativen Attributionsstil. Sie könne deshalb auch als „Low Somatizer“ Subgruppe interpretiert werden. Zusätzlich zu den drei Subgruppen identifizierten Lundh und Wangby (2002) aber auch eine Subgruppe mit allgemein geringer Attributionsneigung (Low Attributors; N = 43; 21%) sowie zwei weitere Subgruppen mit deutlich multikausalen Attributionspräferenzen: in der einen waren alle drei Attributionstendenzen überdurchschnittlich ausgeprägt (High Attributors, N = 10; 5%), in der anderen waren es die psychischen sowie die situativ/verhaltensbezogenen Ursachen (Psychologisierer/Externalisierer, N = 23, 11%).

    Obwohl die Autoren dies nicht thematisieren, trugen nach diesen Beobachtungen situative Attributionen also nur wenig zur Differenzierung subgruppenspezifischer Attributionsprofile bei. Mit einem Selbstbeurteilungsfragebogen erfasste somatische Beschwerden korrelierten zudem nicht mit somatischen (.03), sondern nur mit psychischen und situativen Attributionen, aber auch nur schwach und zudem jeweils positiv (.20, bzw. .22). Negativer Affekt (Angst/Depressivität) nach demselben Fragebogen war - ebenfalls nur schwach, lediglich mit psychischen Attributionen assoziiert (.20). Tatsächlich berichten Psychologisierer/Externalisierer und nicht die „reinen“ Psychologisierer oder Externalisierer die meisten somatischen Symptome und den stärksten negativen Affekt. Psychologisierer/Externalisierer erzielten zudem signifikant höhere Werte für somatische Symptome und negativen Affekt als Somatisierer.

    Lundh und Wangby (2002) schlussfolgern, dass die von ihnen beschriebenen Subgruppen eine allgemeine interindividuell variierende Tendenz widerspiegeln könnten, „to think causally about somatic symptoms“ (S. 715). In der Subgruppe der „Low Attributors“ sei diese Tendenz gering ausgeprägt, in den Subgruppen mit allgemein hoher Attribution sowie überdurchschnittlicher psychologischer und externaler Attribution besonders stark. Dies könne auch die wiederholt belegte Beobachtung der positiven Interkorrelation der drei Attributionsdimensionen nach dem SIQ erklären. Lundh und Wangby (2002) konstatieren weiterführend: „This general tendency to think causally about symptoms may be part of a pattern of rumination, which leads to a better memory for somatic symptoms. The very concept of rumination involves a tendency to think about what causes various kinds of problems, and it may be hypothesized that people who are high on rumination will thereby also ruminate about all kinds of possible causes of their physical symptoms” (Lundh & Wangby, 2002, S. 715/716). Sie vermuten weiter, dass psychische und situative Attributionen eine stärkere kognitive Elaboration als somatische Symptomattributionen erfordern und deshalb auch eher in Grübeln übergehen.

    Diese Interpretation ist vereinbar mit einer zu drei monokausalen Attributionsstilen alternativen Annahme, die bereits Robbins und Kirmayer (1991) bei der Diskussion der mit ihren ursprünglichen Annahmen nicht kompatiblen positiv korrelierten Attributionsdimensionen erwähnen: Zumindest Subgruppen von Befragten könnten nicht mono- sondern multikausale Verursachungsannahmen präferieren (“Factor analysis confirmed that somatic, psychological and normalizing attributions constitute the principal dimensions of the instrument. The moderate intercorrelations among the attributional scales indicate that individuals who strongly endorse one set of causes tend to endorse other causal explanations as well" This may reflect a "yea-saying" component in the instrument (acquiescence bias). Alternatively, psychological and somatic distress may be associated both in people´s experiences and in their subsequent explanatory models. If so, a more complex model of multiple causes may better reflect individual differences in attributional style” (Robbins & Kirmayer, 1991, S. 1033)). Mit dieser Hypothese sind die von Lundh und Wangby (2002) identifizierten Subgruppen mit multikausalen Attributionspräferenzen gut vereinbar. Einschränkend ist dabei jedoch zu berücksichtigen, dass diese Autoren Attributionsmuster nicht selbst, sondern allgemein bezogen erfassten. Grundsätzlich ist die Annahme multipler Attributionen jedoch plausibel, weil die im SIQ vorgegebenen Körperirregularitäten danach ausgesucht wurden, dass sie häufig und unspezifisch sind. Entsprechend werden z.B. Kopfschmerzen oder Magen-Darm Beschwerden häufig in unterschiedlichen Kontexten erlebt und können deshalb sowohl mit Krankheit, psychischer Belastung und situativen/verhaltensbezogenen Umständen assoziiert werden. Multikausalität belegten zudem z.B. Rief et al. (2004) für Krankheitsattributionen.

    Theoretisch problematisch ist jedoch die von Lundh und Wangby (2002) hergestellte Beziehung von multikausalen Attributionen zu Grübeln (Rumination). Dieser Denkprozess ist charakteristisch für depressive Patienten analog wie Sorgen ein Charakteristikum einer generalisierten Angststörung ist, d.h. eines pathologischen Prozesses bzw. Zustands: Der SIQ wurde von den Autoren jedoch eingesetzt, um Attributionsprozesse für unspezifische und häufig erlebte Körperirregularitäten auch in der klinisch nicht belasteten Allgemeinbevölkerung zu erfassen. Dies legt nahe, diese Ergebnisse unter Berücksichtigung allgemeinpsychologischer Prozesse zu interpretieren, bevor psychopathologische Prozesse erwogen werden. Alternativ könnten interindividuell variierende Tendenzen, allgemein kausal zu interpretieren, auch plausibel direkt mit dem zum attributionstheoretischen „Discounting Prinzip“ konträren „Conjunction Prinzip“ erklärt werden (z.B. Ahn & Bailenson, 1996) oder mit einer Tendenz zu einer unterschiedlich elaborierten kognitiven Verarbeitung (depth of processing; Craik & Lockhard, 1972).

    Die Interpretation der vorliegenden Befunde wird dadurch erschwert, dass in den theoretischen Überlegungen zur Kausalattribution körperlicher Empfindungen das zu erklärende körperliche Geschehen unterschiedlich begrifflich gefasst wird. Robbins und Kirmayer (1991) postulieren unter Bezug auf das „Discounting Prinzip“, dass bereits als Symptome interpretierte irreguläre Körperempfindungen durch weitere, bzw. alternative Kausalattributionen abgewertet werden (vgl. Abbildung 1).

     

    Abbildung 1.  Somatisierungsmodel nach Kirmayer (1986, Figure 1, S. 119) (Markierungen erfolgten durch die Autoren dieses Beitrags)

     

    Die zentrale Frage von Robbins und Kirmayer (1986, 1991) richtet sich also darauf, wie bereits als Symptome, d.h. als Signal eines pathologischen somatischen oder psychischen Zustands akzeptierte irreguläre Körperempfindungen kausal interpretiert werden. Lundh und Wangby (2002) schließen sich offensichtlich dieser Denkweise an, da sie durchgängig von der Interpretation von Symptomen sprechen, statt von der Interpretation irregulärer körperlicher Empfindungen. Danach würde der SIQ nur sekundäre Kausalattributionen erfassen, die einer unmittelbaren (und nicht weiter erklärten) Interpretation einer Körperirregularität als Symptom folgen. Nach anderen nicht klinisch fokussierten Modellen (z.B. Cioffi, 1991), aber auch nach Modellen zur Entstehung und Aufrechterhaltung somatoformer Störungen (Rief & Hiller, 1998; Sensky et al., 1996; vgl. Abbildung 2) sind kausale Attributionen demgegenüber bereits entscheidend dafür, ob irreguläre Körperempfindungen überhaupt als Symptom interpretiert werden oder nicht. Nach diesen Ansätzen ist das nur dann der Fall, wenn eine psychische oder somatische Ursache akzeptiert wird, nicht aber auch, wenn eine situative Verursachung als wahrscheinlich angenommen wird. Sensky et al. (1996) postulieren weiterführend explizit und plausibel, dass “Previous research has supported the model that people tend initially to look for external or environmental explanations for bodily sensations (normalizing attributions) and only if this process fails do they search for attributions internal to themselves (somatic or psychological attributions)” (Sensky et al., 1996, S. 641).

     

    Abbildung 2. Störungsmodell nach Rief und Hiller (1998) (Markierungen erfolgten durch die Autoren dieses Beitrags)

     

    Danach ist nicht von einem simultanen, sondern einem sequentiell ablaufenden Attributionsprozess auszugehen, der durch spezifische Dependenzen von situativen vs. psychischen und somatischen Attributionen charakterisiert ist. Diese Dependenz unterstellen jedoch auch Robbins und Kirmayer (1991) insofern, als sie ausgehend vom „Discounting Prinzip“ ebenfalls erwarten, dass psychische oder körperliche Verursachungen erst dann geprüft werden, wenn zunächst gesuchte situative/verhaltensbezogene Ursachen für Symptome nicht identifizierbar sind.

    Wie erwartet, weisen die mit dem SIQ erfassten drei Attributionsdimensionen also offensichtlich einen unterschiedlich starken Zusammenhang mit psychischen Störungen und Krankheitsverhalten auf. Die Ausprägung bestimmter Attributionstendenzen kann sowohl ein Risiko für beschwerdenzentrierte psychische Störungen sein als auch wesentlich für deren Aufrechterhaltung (Robbins & Kirmayer, 1986, 1991). Zwar liegen verschiedene deutsche Instrumente zu Krankheitsattributionen vor. Keines erfasst jedoch wie der SIQ die Attribution alltäglicher körperlicher Empfindungen. Die zuverlässige und valide Erfassung solcher Attributionstendenzen in der Allgemeinbevölkerung ist jedoch die Voraussetzung dafür, ihre Rolle als spezifische oder allgemeine Risikofaktoren für die Entwicklung psychischer Störungen zu klären. Diese Lücke soll die hier dokumentierte deutsche Version des SIQ (SIQ-d) schließen.

    Bei der Ableitung und psychometrischen Evaluierung des SIQ-d waren jedoch Fragen zu berücksichtigen, die die theoretischen Überlegungen und bisherigen empirischen Prüfungen zum SIQ offen lassen bzw. aufwerfen:

    1)     Lässt sich die Annahme monokausaler, über alle körperlichen Störungen generalisierter Attributionsstile aufrechterhalten? Zu prüfen ist, a) ob die Wahl eines Attributionsstils von der Art und der individuell erlebten Häufigkeit irregulärer Körperempfindungen abhängt oder b) ob die Wahl einer bestimmten Attributionsmöglichkeit von der Ausprägung alternativer Attributionsstile abhängt.

    2)     Worauf sind die schwachen oder anders als erwartet gerichteten Beziehungen zwischen psychischen und somatischen Attributionen auf der einen Seite und dem Vorhandensein somatoformer und affektiver Beeinträchtigungen auf der anderen Seite zu erklären? Hier ist zu prüfen, ob eine durch einen somatischen Attributionsstil möglicherweise nahegelegte Somatisierungstendenz durch den SIQ überschätzt wird: Mehrere der angebotenen körperlichen Ursachen sprechen nur passagere, wenig bedrohliche bzw. leicht zu überwindende und auch von Personen mit allgemein guter Gesundheit kaum zu vermeidende Erkrankungen an, wie z.B.: Magen-Darm-Störungen oder grippale Infekte. Die durch den SIQ vorgegebenen exemplarischen somatischen Ursachen irregulärer Körperempfindungen sind zum Teil also eventuell zu wenig krankheitsbezogen formuliert, um Somatisierungstendenzen zu erfassen. Es ist aber fraglich, ob sich dies überhaupt verbessern lässt: Somatische Attributionen sind nach allen Untersuchungen deutlich seltener als psychische und situative. Würden sie noch „drastischer“ formuliert, durch die Fokussierung auf typisch hypochondrische Krankheitsursachen wie Krebs oder Multiple Sklerose, so würde dies ihre Varianz in nichtklinischen Gruppen so stark reduzieren, dass keine sinnvollen Prüfungen mehr möglich wären.

     

     

    Itemkonstruktion und Itemselektion

    Das hier dokumentierte Instrument (SIQ-d) basiert auf dem für den englischsprachigen Raum konstruierten Symptom Interpretation Questionnaire (SIQ; Robbins & Kirmayer, 1986, 1991). Die 13 durch den SIQ angesprochenen irregulären körperlichen Empfindungen (Körperempfindungsitems) wurden aus der Skala Somatisierung der Symptom-Check-List-90 (http://www.pearsonassessments.com/tests/scl90r.htm; SCL-90; Derogatis, Lipman & Covi, 1973) und dem Pennebaker Inventory of Limbic Languidness (http://homepage.psy.utexas.edu/homepage/faculty/Pennebaker/questionnaires/PILL.pdf; PILL; Pennebaker, 1982) abgeleitet. Die für jede irreguläre körperliche Empfindung zu beurteilenden somatischen, psychischen und situativen Ursachen (Attributionsitems) wurden aus Diskussionen mit Versuchsteilnehmern, Ärzten und Medizinstudenten abgeleitet. Die Verständlichkeit aller Items und die Plausibilität der Attributionsitems wurden vorab in kleinen Stichproben geprüft.

    Die hier vorgestellte deutsche Version wurde in mehreren Schritten (vgl. Abbildung 3) entwickelt.

     

    Abbildung 3. Konstruktionsschritte

     

    Psychometrische Merkmale von zwei Vorläufer-Versionen wurden mit den Daten aus drei Studierendenstichproben der Universität Münster ermittelt, die in 2001, 2002 und 2003 befragt worden waren. Hauptkomponenten- bzw. explorative Faktorenanalysen dieser Daten belegten zwar, dass die SIQ-d Antworten in Übereinstimmung mit den Untersuchungen zum englischen SIQ durch die drei Dimensionen somatische, psychische und situative Attribution strukturiert wurden (Nischk, 2003; Nickel-Sundrup, 2003; Twittmann, 2004). Weitere, in der Tradition der klassischen Testtheorie korrelationsstatistisch ermittelte Validitätsprüfungen bestätigten für den SIQ ermittelte Zusammenhänge mit anderen Konstrukten wie Krankheitsangst, Angstsensitivität, Depressivität und Somatisierungstendenzen. Mehrere Items waren nach diesen Analysen aber mehrdimensional oder wenig formal valide, und insbesondere somatische Attributionen waren unerwartet schwach mit den genannten Konstrukten assoziiert. Deshalb wurde der SIQ-d in 2004 und 2005 zusätzlich einer iterativen Testung mit kognitionspsychologischen Methoden unterzogen. Daraufhin modifizierte Fassungen wurden mit den Daten aus einer weiteren dazwischen geschalteten (2004) sowie einer abschließenden (2005) Befragung Münsteraner Studierender geprüft.

    Die kognitive Testung wurde insbesondere deshalb durchgeführt, weil nur mit ihrer Hilfe potenzielle Auswirkungen der folgenden kritischen Konstruktionsmerkmale des SIQ direkt untersucht werden können: In der einleitenden Instruktion und durch das Antwortformat wird eine hypothetische bzw. prospektive Beantwortung gefordert. Von dieser wird jedoch in allen einschlägigen Richtlinien zur Fragebogenkonstruktion unbedingt abgeraten, da sie das Frageverständnis überfordern und die Zuverlässigkeit der Beantwortung drastisch reduzieren kann. Nach Robbins und Kirmayer (1991) ist eine prospektive Beantwortung aber erforderlich, um zu verhindern, dass nicht nur ein erinnertes gemeinsames Auftreten von körperlichen Irregularitäten und bestimmten Ursachen beurteilt wird, sondern - wie intendiert - habituelle Ursachenzuschreibungen auch für noch nicht erlebte irreguläre körperliche Empfindungen erfasst werden. Die ersten psychometrischen Prüfungen legten auch nahe, dass einige Ursachen entweder zu spezifisch oder aber zu allgemein formuliert waren - auch dies kann direkt nur mit kognitiven Testungen ermittelt werden. Zum Gesamtinstrument wurden 11, und nur zum Instruktionsverständnis zusätzlich 20 Probanden kognitionspsychologisch exploriert. Die Ergebnisse dieser Prüfungen führten dazu, dass der SIQ-d gegenüber dem SIQ folgendermaßen abgeändert wurde:

    1.     Die kognitive Testung bestätigte zwar, dass die Hälfte der Befragten (N = 21) die einleitende Instruktion entweder nicht als Anleitung zu einer prospektiven Beantwortung verstanden hatte oder angab, diese nicht befolgen zu können. Da diese Beantwortungsweise nach Robbins und Kirmayer aber wichtig (vgl. Fußnote 3) ist, um Attributionsdimensionen oder -stile zu erfassen, wurde sie dennoch angestrebt. Die allgemeine Instruktion wurde aber so abgeändert, dass deutlicher wurde, dass prospektiv geantwortet werden sollte. Zusätzlich wurde eine Prüffrage zur Befolgung der Instruktion aus dem Leitfaden für die kognitive Testung in den SIQ-d übernommen. Mit den Antworten auf sie kann statistisch geprüft und - wenn nötig - methodisch kontrolliert werden, inwieweit eine nicht intendierte Bearbeitungsstrategie Auswirkungen auf die SIQ-Beantwortungen hatte.

    2.     Mehrere Ursachen wurden konkreter formuliert, um sie zu vereindeutigen (z.B. Schwitzen (ohne Sport), Kopfschmerzen (ohne Alkohol oder Drogen)). Ferner wurde eine Kategorie „Sonstiger Grund“ aufgenommen. Sie ermöglicht es Befragten, weitere für sie relevante, aber im SIQ-d nicht verwendete Ursachen einer Attributionskategorie zu benennen und deren Wahrscheinlichkeit zu beurteilen. Darüber soll die Gefahr verringert werden, dass Präferenzen für die drei Attributionskategorien durch den SIQ-d deshalb nicht adäquat ermittelt werden, weil zwar die im Instrument für die drei übergeordneten Attributionskategorien nur exemplarisch angeführten Ursachen auf Befragte nicht zutreffen, andere nicht genannte Ursachen derselben Kategorie aber schon.

    3.     Die ursprüngliche, auf die letzten drei Monate bezogene, binäre Ja/Nein Abfrage zur Erfassung des Auftretens der irregulären körperlichen Empfindungen wurde durch eine 4-kategoriale Häufigkeitserfassung (nie, selten, manchmal, oft) ohne zeitliche Einschränkung ersetzt. Dadurch soll allgemein die Bekanntheit von bzw. die Vertrautheit mit jeder irregulären körperlichen Empfindung ermittelt werden und nicht nur, ob sie in der unmittelbaren Vergangenheit aufgetreten ist oder nicht.

    4.     Der SIQ bzw. SIQ-d erfragt irreguläre körperliche Empfindungen und deren potenzielle Ursachen spezifisch und selektiv. In den SIQ-d wurde deshalb eine weitere Zusatzfrage aufgenommen, die sich in der kognitiven Testung als brauchbar erwiesen hatte: Sie fragt allgemein, aber direkt (vgl. Abschnitt 2 Instrument) nach einer Tendenz, irreguläre körperliche Empfindungen als psychisch, somatisch oder situativ verursacht zu interpretieren. Mit den Antworten zu ihr können die aus den spezifischeren und selektiveren SIQ Antworten abzuleitenden Attributionstendenzen auf eine Art validiert werden.

     

    Stichproben

    Um iatrogene und krankheitsbedingte Effekte auf die zu erfassenden Attributionstendenzen auszuschließen, erfolgten alle psychometrischen Prüfungen des SIQ-d mit Daten Studierender. Den hier berichteten psychometrischen Analysen liegen die Daten von 564 Studierenden der Universität Münster zugrunde, denen der SIQ-d gemeinsam mit weiteren Instrumenten in einer Befragung im Jahr 2005 vorgelegt wurde. Die Daten von weiteren 36 Teilnehmern dieser Befragung wurden nicht berücksichtigt, weil sie mehr als 40% der SIQ-d Items oder der Items von zur Validierung herangezogenen weiteren Itembatterien nicht beantwortet hatten. 67% der 564 Befragten waren weiblich. Ihr Durchschnittsalter betrug 20.7 Jahre (Streubreite: 18 bis 39 Jahre).

    Zum Vergleich werden zum Teil auch Daten aus den Studierendenstichproben (vgl. Abbildung 3) berichtet, die frühere SIQ-d Versionen bearbeitet haben.

     

    Durchführung

    Die Erhebung erfolgte an 20 Tagen von August bis Oktober 2005. Befragt wurden wie auch schon von 2002 bis 2004 Studierende, die sich zu den verschiedenen Studiengängen der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster einschrieben. Sie wurden von DiplomandInnen des Fachbereichs Psychologie während ihres Wartens vor dem Einschreibungsbüro darauf angesprochen, ob sie bereit wären, an einer Fragebogenstudie zu „Gesundheitsverhalten und Wohlbefinden“ teilzunehmen. Allen Angesprochenen wurde erklärt, dass es sich nicht um eine mit der Einschreibung zusammenhängende Befragung handele und dass die Teilnahme freiwillig sei. Die Wahrung der Anonymität wurde zugesichert.

    Die Instruktion der Befragten erfolgte über schriftliche Kurzanweisungen zu den verschiedenen Itembatterien des Fragebogens. Sie wurden jedoch darauf aufmerksam gemacht, dass die Versuchsleiter für Rückfragen jeder Zeit zur Verfügung ständen.

     

    Variablen und Auswertungsmethode

    Wie für studentische Stichproben mit vergleichsweise jungen Befragten zu erwarten, ist eine Reihe von Antworten insbesondere zur Wahrscheinlichkeit somatischer Ursachen zum Teil schief verteilt. Dies trifft auch auf Antworten zu Itembatterien zu, die zur Prüfung der Validität der SIQ-Antworten herangezogen wurden. Alle hier berichteten Analysen erfolgten deshalb mit Modellen, die im I(tem) R(esponse) T(heorie) Ansatz speziell für eine Analyse von binären und kategorialen Antworten entwickelt wurden, die nicht linear mit den durch sie operationalisierten Konstrukten assoziiert sind.

    Die Daten wurden für die Analysen folgendermaßen aufbereitet:

    1.     Um eine durch schiefe Antwortverteilungen mögliche Verzerrung der Schätzung von Chiquadrat basierten Modellanpassungsindizes zu vermeiden, wurden Antworthäufigkeiten benachbarter Antwortkategorien so zusammengefasst, dass alle in den Analysen berücksichtigten Antwortabstufungen mit mindestens 5% der Befragten besetzt waren. In den meisten Fällen mussten dafür für die SIQ Attributions- (vgl. Tabelle 8) und Körperempfindungsitems (vgl. Tabelle 9) lediglich die Antworthäufigkeiten für die beiden letzten Antwortkategorien aufsummiert werden. Zwei somatische Attributionsitems wurden jedoch dichotomisiert.

    2.     Die Antwort unter „Sonstiger Grund“ wurde in folgenden Fällen in die Analysen einbezogen: Wenn a) bei der Beantwortung der Attributionsitems eine andere als die durch den SIQ-d vorgegebene Ursache unter der Kategorie „Sonstiger Grund“ eingetragen wurde und wenn b) entweder die derselben Kategorie (psychisch, somatisch, situativ) zugehörige Ursache im SIQ nicht angekreuzt oder als nicht wahrscheinlich bzw. weniger wahrscheinlich als die durch den Fragebogen vorgegebene beurteilt wurde.

    3.     Fehlende Werte wurden mit den Imputationsalgorithmen der verwendeten Analyseprogramme ersetzt.

     

    Messmodellanalysen:

    Dimensionalitätsanalysen: Alle hier berichteten Dimensionsanalysen erfolgten mit 2 Parameter Normalogiven IRT Modellen und wurden mit einem robusten, mittelwerts- und varianzadjustierten WLS Schätzer (WLSMV) berechnet. Im Vergleich zum traditionellen WLS Schätzer führt dieser Schätzer bei eher geringen Stichprobenumfängen wie der unsrigen zu stabileren und weniger inflationären Parameterschätzungen (vgl. z.B. Flora & Curran, 2004). Wie traditionell in Faktorenanalysen dichotomer Itemantworten üblich analysieren 2 Parameter IRT Modelle tetrachorische Korrelationen. Durchgeführt wurden diese Analysen mit Mplus (Version 4.21, Muthén & Muthén, 1998-2007), da mit diesem Programm IRT Modelle in einem integrierten und verallgemeinerten Ansatz zur Formulierung und Testung von Mess- und Strukturmodellen mit latenten Variablen geprüft werden können (vgl. zsf. Glöckner-Rist & Hoijtink, 2003).

    Obwohl sie wegen ihrer Teststärke mit steigenden Stichprobenumfängen zu häufig eine Ablehnung von Modellen nahelegen, werden für die statistische Beurteilung der allgemeinen Modellpassung wie üblich c2-Werte berichtet (zsf. Bollen, 1989). Für mit WLSMV geschätzte, hierarchisch genestete Modelle berechnet Mplus c2-Differenzentests, die korrigierend berücksichtigen, dass die Prüfgrößen für solche Modelle nicht c2-verteilt sind. Als deskriptive Anpassungsmaße werden die Werte für den Comparative Fit Index (CFI), den Tucker Lewis Index (TLI) und den Root Mean Square Error of Approximation (RMSEA) berichtet. CFI- und TLI-Werte < .90 bzw. >.95 sowie RMSEA-Werte  .10 bzw. nahe .05 oder geringer werden als Hinweis auf eine unzureichende bzw. gute Modellanpassung interpretiert, Werte im Zwischenbereich als Hinweis für eine akzeptable Modellpassung (zsf. Bollen, 1989). Zur Identifizierung der Modelle wurde jeweils der unstandardisierte Regressionspfad für ein Item für jede Dimension eines Messmodells auf 1 fixiert.

    Klassenanalysen: Um die plausibelste Klassenanzahl zu identifizieren, wurden zunächst konventionelle LCA Modelle mit einer zunehmenden Anzahl nominaler latenter Klassen berechnet und vergleichend beurteilt. Anschließend wurde mit LCFA Modellen geprüft, ob die Annahme von ein oder mehreren ordinal geordneten latenten Klassenvariablen besser zu den Daten passt als die Annahme nur einer zugrunde liegenden nominalen Klassenvariable. Ferner wurde zusätzlich ein kontinuierlicher Faktor (vgl. LCFA Modelle) einbezogen, um zu ermitteln, ob die Beantwortung einzelner Items systematisch durch zusätzliche, nicht im Modell berücksichtigte Faktoren mit beeinflusst wurde.

    Alle hier berichteten LCA Analysen erfolgten mit LatentGold (Version 4; Vermunt & Magidson, 2005).

    Die Auswahl der abschließend beibehaltenen Klassenlösung erfolgte unter Berücksichtigung ihrer inhaltlichen Plausibilität und der folgenden statistischen Kennwerte:

    a)     des Bayes Informationskriteriums (BIC),

    b)     der Klassifikationsgüte nach einem durch LatentGold ermittelten Klassifikationsfehler. Er beschreibt den Anteil eventuell falsch klassifizierter Personen. Als weiteres Kriterium wurde

    c)     der Grad der durch ein Modell erzielten Aufklärung der Kovarianzen der Itemantworten beachtet. Geprüft wurde dafür jeweils, ob signifikante Residuenkorrelationen auf nicht hinreichend durch ein Modell erklärte Zusammenhänge von Variablen hinwiesen.

     

    Validitätsprüfungen:

    Dimensionalitätsanalysen: Um die Konstruktvalidität identifizierter SIQ-d Dimensionen zu beurteilen, wurde das zur Erklärung der SIQ Antwortvarianzen beibehaltene Messmodell gemeinsam mit denen für andere Konstrukte a) in ein Strukturmodell mit ungerichteten, d.h. nur als korrelativ spezifizierten Beziehungen zwischen Konstrukten integriert (erweitertes Messmodell). Ausgehend von diesem wurden dann b) mit einem zweiten Strukturmodell auch theoretisch plausible gerichtete Beziehungen zwischen Konstrukten geprüft.

    Herangezogen wurden für diese Analysen Items der folgenden Instrumente, deren faktorielle Struktur dazu vorab jeweils ebenfalls mit 2 Parameter Normalogivenmodellen geprüft worden war:

    1) Elf Items (vgl. Glöckner-Rist & Rist, 2006) aus einer deutschen Version des Penn State Worry Questionnaire (PSWQ-dPenn State Worry Questionnaire; Stöber, 1995). Sie sollen exzessives und unrealistisches sowie als unkontrollierbar erlebtes Sorgen (vgl. Abbildung 4) als zentrales Merkmal der generalisierten Angststörung mit einem 5-stufigen Antwortformat (0 = überhaupt nicht, 4 = äußerst typisch für mich) ermitteln.

     

    Abbildung 4. Dimensionale Struktur des Penn State Worry Questionnaire

     

    2) Neun Items aus dem Gesundheitsfragebogen für Patienten (PHQ-D; Löwe et al., 2002). Nach einer Normalogivenmodellanalyse (vgl. Abbildung 5) ordnen sich sechs von ihnen einer Dimension zu, die als depressive körperliche Symptome bezeichnet werden kann, die übrigen drei einer Dimension depressiver Kognitionen.

     

    Abbildung 5. Dimensionale Struktur der Depressivitätsitems aus dem Gesundheitsfragebogen für Patienten

     

    3) Dreizehn Items einer deutschen Version des Whiteley-Index (WI-d; Rief et al., 1994; Hiller & Rief, 2004). Nach Normalogivenanalysen (vgl. Abbildung 6)  (vgl. Abbildung 6) indizieren sie die Einflüsse von drei Hyponchondriekonstrukten: Symptombelastung, Krankheitsangst und Krankheitsüberzeugung.

     

    Abbildung 6. Dimensionale Struktur der Items des Whiteley-Index

     

    4) Acht Items aus dem deutschen Angstsensitivitäts-Index (ASI; Alpers & Pauli, 2001). Mit 5-stufigen Antwortoptionen („sehr wenig“ bis „sehr stark“) erfragen sie, inwieweit körperliche Empfindungen wie schneller Herzschlag, Kurzatmigkeit sowie Nervosität und Konzentrationsprobleme Angst induzieren. Nach eigenen Normalogivenmodellanalysen (vgl. Abbildung 7) ordnen sie sich wie erwartet mit Faktorladungen > .50 einer Dimension zu.

     

    Abbildung 7. Dimensionale Struktur der acht Items des Angstsensitivitäts-Index

     

    5) Sieben von 14 Items einer modifizierten deutschen Kurzform des Health Anxiety Inventory (MK-HAI; Bailer & Witthöft, 2006). Die mit 5-stufigen Antwortformaten (0 = starke Ablehnung bis 4 = starke Zustimmung) vorgegebenen Items sollen nach den Konstrukteuren des englischen Originals (Salkovskis et al., 2002) normales, subklinisches gesundheitsbezogenes Sorgen bis hin zu schwerer Hypochondrie als auf einer kontinuierlichen Dimension angeordnet ermitteln (vgl. Bailer & Witthöft, 2006). Nach Bailer et al. bestätigte eine lineare, aber wegen der Schiefe der Antwortverteilungen mit robuster Maximum Likelihood Schätzung (Mplus 2.02) durchgeführte CFA der Daten von 449 Studierenden der Universität Mannheim die von Salkovskis et al. (2002) postulierte einfaktorielle Struktur des HAI. Allerdings wurde eine akzeptable Modellpassung nur erzielt, wenn eine substanzielle Korrelation der Residuen von zwei Items zugelassen wurde, die spezifisch Körperaufmerksamkeit erfassen. Abramowitz, Deacon und Valentiner (2007) identifizierten mit einer explorativen Faktoranalyse der Daten einer nicht klinischen Stichprobe drei Dimensionen für die englische Kurzversion (perceived likelihood of becoming ill, perceived negative consequences of becoming ill, und body vigilance). Eine konfirmatorische Analyse der Daten von Patienten mit Angststörungen legte ebenfalls zwei oder drei Dimensionen für die englische Kurzversion nahe (Abramowitz, Olatunji, & Deacon, 2007).

    Wir analysierten unsere Daten anders als die erwähnten Autoren wegen teilweise extremer Schiefverteilung der Itemantworten mit dem IRT Normalogivenmodell (vgl. Abbildung 8). Danach erklärt nur ein Modell mit vier Faktoren die Antwortassoziationen inhaltlich und statistisch zufriedenstellend. Sie lassen sich interpretieren als Krankheitsangst (3 Items), Krankheitssorgen (4 Items), Körperaufmerksamkeit (3 Items), sowie mangelnde Kontrollierbarkeit von Krankheitsgedanken und Gesundheitsangst (4 Items), im Folgenden kurz mangelnde Gedankenkontrolle genannt. Da die beiden ersten Dimensionen nach eigenen empirischen Analysen semantisch fast dasselbe erfassen wie die Items zur Krankheitsangst des WI, wurden nur zwei der vier identifizierten Messmodelldimensionen für den MK-HAI in die Validierungsprüfungen des SIQ-d einbezogen.

     

    Abbildung 8. Dimensionale Struktur der Items einer Kurzform des Health Anxiety Inventory

     

    Klassenanalysen: Zwar kann die Validität von LCA und LCFA Lösungen mit LatentGold nicht wie mit Mplus dadurch geprüft werden, dass Beziehungen zwischen Messmodellen mit einem Strukturmodell geprüft werden. LatentGold ermöglicht aber Kovariatenanalysen. Deshalb wird geprüft, ob eindimensionale Konstrukte, die nach Mplus Analysen bedeutsam mit SIQ-d Dimensionen assoziiert sind, auch für die Differenzierung der mit dem SIQ-d identifizierten Subgruppen bzw. latenten Populationssegmente bedeutsam sind. Dazu wurden ihre Mittelwerte als Kovariate in die abschließende Analyse eines akzeptierten Klassenmodells einbezogen.

     

    Itemanalysen

    a) Attributionsitems: Eine konfirmatorische Messmodellanalyse (2 Parameter Normalogiven IRT Modell; Mplus 4.2; vgl. Abbildung 9) der Daten der Studierendenstichprobe aus 2005 belegt die für das englische Original konsistent auch mit Daten aus eigenen früheren Untersuchungen ermittelte dreidimensionale Strukturierung der SIQ Antworten in somatische, psychische und situative/verhaltensbezogene Attributionen irregulärer Körperempfindungen (c2 = 638.1, df = 214, 564, CFI = .85, TLI = .90, RMSEA = .06).

     

    Abbildung 9. Dimensionale Struktur der Items der SIQ-d Attributionsitems

     

    Erneut sind diese drei Dimensionen jedoch substantiell positiv korreliert. Eine Verbesserung der Modellpassung kann durch Zulassen einer Residuenkorrelation sowie mehrerer Doppelladungen erzielt werden, die auch durch vorangegangene Studien (vgl. Fußnote 1) nahegelegt werden (c2 = 406.9, df = 215, 564, CFI = .93, TLI = .96, RMSEA = .04). Danach werden fünf irreguläre Körperempfindungen umso wahrscheinlicher psychisch und in einem Fall (Item 6: Körperlich nicht fit fühlen) somatisch attribuiert, je höher die Ausprägung von Befragten auf der situativen/verhaltensbezogenen Attributionsdimension ist. Drei Items werden zudem umso seltener situativ attribuiert, je stärker ausgeprägt eine Tendenz zu psychischen Attributionen ist. Eine entsprechende Korrektur der Annahme der Einfachstruktur (vgl. Abbildung 10) für alle SIQ Items reduziert die Interkorrelationen zwischen der psychischen und der situativen bzw. der somatischen Attributionsdimension von .43 auf .29 bzw. von .36 auf .25. Die psychische Attribution von Item 5 (Herzklopfen wegen sehr aufgeregt, ängstlich, oder verliebt) ist dann zudem - vermutlich wegen der Option „verliebt“ - stärker mit der situativen (.48) als mit seiner eigenen Dimension (.31) assoziiert.

     

    Abbildung 10. Modifizierte dimensionale Struktur der Items der SIQ-d Attributionsitems

     

    Diese Beobachtungen belegen, a) dass zwar in Übereinstimmung mit den positiven Korrelationen zwischen den Attributionsdimensionen ein Teil der Items multikausal attribuiert wird, b) dass aber auch ca. ein Viertel der Items alternativ entweder psychisch oder situativ interpretiert wird.

    Die Attribution irregulärer Körperempfindungen variiert also offensichtlich in Abhängigkeit von der Art und der Häufigkeit des Erlebens der Irregularität, die auch Robbins und Kirmayer (1991) für einige Items (vgl. LCA Modelle) beobachteten. Dies bestätigt auch eine bereits von diesen Autoren nicht ausgeschlossene multikausale Attribution zumindest für einen Teil der Körperirregularitäten. Andere werden demgegenüber offensichtlich aber eher monokausal attribuiert bzw. ist für diese eine Dependenz von situativen und psychischen Attributionen anzunehmen. Direkte Prüfungen der Zusammenhänge zwischen der Häufigkeit des Erlebens bzw. der Art und der Attribution irregulärer Körperempfindungen bestätigen diese Annahme.

    b) Irreguläre Körperempfindungen: Nach einer nichtlinearen Faktorenanalyse (2 Parameter IRT Normalogivenmodell; vgl. Abbildung 11) der Häufigkeit des Auftretens der 13 Körperempfindungen lassen sich diese einer tonischen (länger andauernde Körperempfindungen) und einer phasischen (eher vorübergehende Körperempfindungen) Dimension zuordnen. Diese sind zwar mit .71 relativ hoch korreliert. Nach konfirmatorischen Analysen führt aber nur dieses zweidimensionale Modell im Unterschied zu einem eindimensionalen Modell zu einer akzeptablen Modellpassung (c2-Quadrat= 70.7, df = 50, 564, CFI = .98, TLI = .98, RMSEA = .03), unabhängig davon, ob eine signifikante Korrelation zwischen den Residuen von zwei Items (Magenproblemen (9) und Verdauungsstörungen (13)) zugelassen wird oder nicht.

     

    Abbildung 11. Dimensionale Struktur der erlebten Körperempfindungen des SIQ-d

     

    SIQ-d Subgruppen:

    a) Anzahl von SIQ-d Subgruppen: Lundh und Wangby (2002) ermittelten mit linearen Clusteranalysen sechs Subgruppen zur Erklärung unterschiedlicher SIQ Attributionsprofile. Nominale LCA (vgl. Tabelle 1) unserer Daten legen jedoch nur vier oder fünf Subgruppen nahe: Die BIC Werte sinken kontinuierlich bis zu KM 4 ab und steigen erst für KM 6 wieder deutlich an. Für KM 4 und 5 sind sie fast identisch.


     

    Tabelle 1

    Indizes zur Beurteilung der Güte unterschiedlicher Klassenlösungen

     

    D

    G

    BIC

    nP

    %MK

    LC

     

     

     

     

     

    KM 1

    -

    1

    50141

    108

    0

    KM 2

    -

    2

    48631

    148

    4

    KM 3

    -

    3

    48239

    188

    7

    KM 4

    -

    4

    47994

    228

    8

    KM 5

    -

    5

    47987

    268

    8

    KM 6

    -

    6

    48051

    308

    9

    LCFA

     

     

     

     

     

    explorativ:

     

     

     

     

     

    KM 7

    2

    4

    47805

    189

    5

    konfirmatorisch:

     

     

     

     

     

    KM 8

    2

    4

    47961

    166

    5

    LCFA + FAM

     

     

     

     

     

    KM 9

    2

    4

    47467

    178

    9

    Anmerkung. N = 564, D = Klassendimensionen, G = Subgruppen, BIC = Bayesian Informationskriteriumswerte, nP = Anzahl zu schätzender Parameter, %MK = Prozentsatz eventuell missklassifizierter Befragter

     

    Die Prüfung eines explorativen LCFA Modells mit zwei korrelierten binären Klassenfaktoren (vgl. Tabelle 1: KM 7), d.h. die Prüfung der Annahme von vier Subgruppen, die auf zwei binären Dimensionen angeordnet sind, passt nach dem BIC jedoch schon besser zu den Daten als KM 4. Auch der Klassifikationsfehler ist nach KM 7 mit 5% für beide binären Faktoren niedriger als der für die Modelle 3 bis 5. Die beiden Klassenfaktoren korrelieren schwach positiv (.20). Deshalb wurde diese Lösung mit zwei Klassenfaktoren und vier Subgruppen beibehalten und weiter exploriert.

    b) Charakterisierung der faktoriellen Klassenstruktur: Nach den linear approximierten Faktor-Indikator Assoziationen (vgl. Tabelle 2) für KM 7 werden die Kovarianzen der Antworten zu den psychischen Attributionsitems primär durch die erste Klassendimension determiniert, die zu den somatischen Attributionsitems durch den zweiten Klassenfaktor.

     

    Tabelle 2

    Linear approximierte Faktor-Indikator Assoziationen nach verschiedenen Klassenmodellen

     

     

    KM7

    KM8

    KM9

     

     

    Psy

    Som

    Psy

    Som

    Psy

    Som

    1 Kopfschmerz 

    psy

    -.42

    -.09

    .00

    .00

    -.42

    .00

     

    som

    -.13

    .19

    .00

    .00

    -.08

    .34

     

    situ

    -.22

    .25

    .00

    .00

    -.19

    .18

    2 Schwitzen   

    psy

    -.31

    -.01

    .00

    .00

    -.31

    .00

     

    som

    -.15

    .30

    .15

    .00

    -.10

    .33

     

    situ

    -.11

    .36

    .00

    .00

    -.04

    .17

    3 Schwindel   

    psy

    -.45

    -.16

    .00

    .00

    -.42

    .00

     

    som

    -.26

    .17

    .00

    .00

    .00

    .35

     

    situ

    -.22

    .27

    .00

    .00

    -.22

    .21

    4 Mundtrocken 

    psy

    -.17

    .30

    .00

    .00

    -.35

    .00

     

    som

    -.17

    .13

    .00

    .00

    .00

    .50

     

    situ

    -.18

    .43

    .00

    .00

    -.18

    .21

    5 Herzklopfen 

    psy

    -.36

    .28

    .00

    .00

    -.41

    .00

     

    som

    -.19

    .28

    .00

    .00

    .00

    .47

     

    situ

    -.11

    .38

    .00

    .00

    -.07

    .30

    6 Unfit       

    psy

    -.56

    .00

    .00

    .00

    -.57

    .00

     

    som

    -.23

    .25

    .00

    .00

    .00

    .29

     

    situ

    -.27

    .36

    .00

    .00

    -.26

    .22

    7 Händezittern

    psy

    -.39

    .20

    .00

    .26

    -.39

    .29

     

    som

    -.22

    .21

    .00

    .00

    .00

    .45

     

    situ

    -.14

    .31

    .00

    .00

    -.16

    .21

    8 Schlaf      

    psy

    -.46

    .10

    .00

    .00

    -.51

    .00

     

    som

    -.12

    .17

    .00

    .00

    .00

    .30

     

    situ

    .04

    .26

    .00

    .00

    .08

    .15

    9 Magen       

    psy

    -.49

    -.09

    .00

    .00

    -.53

    .00

     

    som

    -.17

    .34

    .00

    .00

    .00

    .51

     

    situ

    -.07

    .43

    .00

    .00

    -.08

    .34

    10 Appetitlos  

    psy

    -.41

    -.01

    .00

    .00

    -.45

    .00

     

    som

    -.18

    .35

    .00

    .00

    .00

    .41

     

    situ

    -.10

    .15

    .00

    .00

    -.04

    .16

    11 Atmen       

    psy

    -.48

    -.07

    .00

    .00

    -.51

    .00

     

    som

    -.08

    .21

    .00

    .00

    .00

    .32

     

    situ

    -.23

    .28

    .00

    .00

    -.23

    .22

    12 Taub/Kribb.  

    psy

    -.39

    -.13

    .00

    .00

    -.37

    .00

     

    som

    -.21

    .27

    .00

    .00

    .00

    .50

     

    situ

    -.14

    .43

    .00

    .00

    -.16

    .31

    13 Verdauung   

    psy

    -.56

    -.19

    .00

    .00

    -.53

    .00

     

    som

    -.16

    .45

    .00

    .00

    -.12

    .50

     

    situ

    -.10

    .20

    .00

    .00

    -.03

    .13

    Anmerkung. .00 = konfirmatorisch spezifiziert

     

    Die situativen Attributionsitems korrelieren demgegenüber fast alle mit beiden Faktoren, und dies jeweils eher nur schwach. Sie tragen also nicht substantiell zur Differenzierung der vier klassenspezifischen Attributionsprofile bei. Eine konfirmatorische LCFA mit einem psychischen und einem somatischen Klassenfaktor (vgl. Tabelle 1: KM 8) passt nochmals besser zu den Daten als KM 7. Die konfirmatorisch spezifizierten Klassenfaktoren mit jeweils nur einer Doppelladung sind nicht mehr substantiell assoziiert (.07). Durch Einführung eines kontinuierlichen Faktors zur Abbildung der spezifischen Einflüsse auf die Antworten zu den situativen Items, die erneut nur schwach mit den beiden konfirmatorisch spezifizierten Klassenfaktoren korrelieren, werden die SIQ Antwortvarianzen noch besser erklärt (vgl. Tabelle 1: KM 9). Nach diesem Modell, das als das inhaltlich plausibelste und methodisch am überzeugendste beibehalten wurde, korrelieren die beiden binären Klassenfaktoren schwach negativ (-.20).

    c) Klassenspezifische Symptomprofile: Zwei der vier durch Kreuzklassifizierung der beiden binären Klassenvariablen (KM 9) gebildeten Subgruppen (Psy-Som- mit 32% der Studierenden bzw. Psy+Som+ mit 28% der Studierenden) unterscheiden sich nur durch eine durchgängig relativ niedrige bzw. hohe Wahrscheinlichkeit für psychische und somatische Attributionen. Sie werden deshalb im Folgenden als allgemein schwach bzw. stark attribuierende Subgruppe bezeichnet. In zwei weiteren Subgruppen (Psy+Som- mit 30% der Studierenden bzw. Psy-Som+ mit 10% der Studierenden) sind psychische bzw. somatische Attributionstendenzen jeweils überdurchschnittlich ausgeprägt. Diese beiden Subgruppen sind also durch einen vorwiegend psychischen bzw. somatischen Attributionsstil charakterisiert (vgl. Abbildung 12).

     

    Abbildung 12. Klassenspezifische SIQ-d Symptomprofile für psychische und somatische Attributionen

     

    Situative Attributionen (vgl. Abbildung 13) sind in allen vier Subgruppen vergleichsweise häufig und ihre Profile liegen eng beieinander. Sie sind jedoch in der schwach attribuierenden Subgruppe am wenigsten wahrscheinlich und in der hoch attributiven Subgruppe am wahrscheinlichsten. In der Subgruppe mit psychischem Attributionsstil liegen ihre Wahrscheinlichkeiten im mittleren oder unteren Bereich, in der Subgruppe mit somatischem Attributionsstil im mittleren bis hohen Bereich.

     

    Abbildung 13. Klassenspezifische SIQ-d Symptomprofile für situative Attributionen

     

    Auch diese inhaltlich und statistisch akzeptable Klassenlösung erklärt jedoch die Kovarianzen aller Antworten noch nicht hinreichend, ersichtlich aus mehreren signifikant assoziierten Residuen u.a. der Items 10 und 13 (.22), die auch durch die nichtlinearen Faktorenanalysen als substantiell ausgewiesen wurde. Situative Attributionen, die sich nach den nichtlinearen Faktorenanalysen einer dritten Dimension zuordnen, beeinflussen die Klassenbildung zudem nur marginal. Mehrere dieser Items sind formal wenig valide. Danach wird ihre Beantwortung zusätzlich durch weitere, nicht systematisch erfasste Faktoren mit beeinflusst. Der durchgängig geringe Einfluss auf die Differenzierung klassenspezifischer Attributionsprofile könnte jedoch auch auf die wiederholt vermutete Interdependenz von situativen vs. psychischen und somatischen Attributionen zurückzuführen sein, nach der somatische oder psychische Attributionen nur dann erwogen werden oder erfolgen, wenn situative als wenig oder nicht wahrscheinlich verworfen werden.

     

    Itemkennwerte

    Die ermittelten Dimensions (vgl. Abbildung 10) und Klassenlösungen (vgl. Abbildung 12) sind zwar jeweils inhaltlich und statistisch zufriedenstellend. Nach den Faktor-Indikator Assoziationen aus IRT Normalogivenanalysen Modellen sind jedoch insbesondere mehrere Items zu situativen und somatischen Attributionen wenig formal valide bzw. reliabel. Bedingte lokale stochastische Unabhängigkeit und Einfachstruktur der SIQ-d Itembeantwortungen gilt zudem nach beiden methodischen Ansätzen nur partiell, offensichtlich auch aufgrund funktionaler Dependenzen zwischen Attributionsformen. Dies könnte erklären, dass einzelne Items auch nach vorausgegangenen Studien zu wenig trennscharf bzw. multidimensional sind. Differenziertere Ergebnisse sowohl zu Dimensionen als auch zu Klassen wären eventuell möglich, wenn somatische Ursachen eindeutiger und einschlägiger in Richtung auf ernstzunehmende Erkrankungen hin formuliert würden.

    Reliabilität

    Nach den Faktor-Indikator Assoziationen aus IRT Normalogivenmodellanalysen (vgl. Abbildung 10) sind insbesondere mehrere Items zu situativen und somatischen Attributionen wenig formal valide bzw. reliabel. Bedingte lokale stochastische Unabhängigkeit und Einfachstruktur der SIQ-d Itembeantwortungen gilt zudem auch nach den Klassenanalysen nur partiell, offensichtlich auch aufgrund funktionaler Dependenzen zwischen Attributionsformen. Insbesondere somatische Ursachen sollten eventuell eindeutiger und einschlägiger in Richtung auf ernstzunehmende Erkrankungen hin formuliert werden. Bei Anwendungen des Instruments in nicht klinischen Populationen ist dann aber zu befürchten, dass somatische Attributionen aufgrund einer zu hohen Schwierigkeit der entsprechenden Items nicht mehr ausreichend variieren.

     

    Validität

    Wie in der kognitiven Testung geben ca. 50% der Befragten an, die Attributionsitems entgegen der Instruktion (vgl. Tabelle 3) nicht prospektiv sondern retrospektiv beantwortet zu haben.

     

    Tabelle 3

    Beantwortung der Zusatzfrage aus der kognitiven Testung

    Wie sind Sie bei der Beantwortung vorgegangen?

    Beurteilt:     

     

     

    Überwiegend Vergangenheit      

    286

    (51%)

    Überwiegend Zukunft                

    9

    ( 1%)

    Früher und zukünftig             

    161

    (28%)

    Weiß nicht: Bauchentscheidung    

    108

    (19%)

              

    Ein Einbezug der Art der Instruktionsbefolgung in das nichtlineare faktorenanalytische Messmodell und in das akzeptierte Klassenmodell (KM 9) als Kovariate zeigt jedoch, dass diese weder die Ausprägungen auf den Attributionsdimensionen, noch die Subgruppenzugehörigkeit beeinflusst hat. Für diese Analysen wurde die zweite Antwortkategorie zur Instruktionsbefolgung wegen ihrer geringen Besetzung mit der dritten Antwortkategorie zusammengefasst. Alle durch diese Analysen ermittelten Regressionskoeffizienten waren kleiner .06. Auch nach einem multiplen Gruppenvergleich des faktorenanalytischen Messmodells unterscheiden sich weder die Faktor-Indikator Assoziationen noch die Antwortkategorieschwellen, d.h. die Itemschwierigkeiten für die drei Gruppen mit unterschiedlicher Instruktionsbefolgung. Eine prospektive statt einer retrospektiven oder nicht klar zu definierenden Beantwortungsstrategie hat die Bearbeitung also offensichtlich nicht erschwert oder verzerrt. Umgekehrt hat eine prospektive Bearbeitung aber auch nicht zu substantiell anderen bzw. formal valideren Beantwortungen geführt.

    b) Zusammenhänge mit global selbst zugeschriebenen Attributionstendenzen: Die global beurteilte Tendenz (vgl. Tabelle 4), somatisch zu attribuieren, korreliert in Übereinstimmung mit den binären Klassenfaktoren jeweils negativ mit psychischen und situativen Attributionspräferenzen.

     

    Tabelle 4

    Wahrscheinlichkeiten für die drei Attributionsstile und deren Interkorrelationen (Kendall´s Tau) nach global selbst zugeschriebenen Attributionstendenzen

    Wahrscheinlich:

    Somatisch

    Psychisch

    Situativ

    Gar nicht     

    40

    ( 7%)

    83

    (15%)

    37

    ( 7%)

    etwas         

    263

    (47%)

    223

    (39%)

    188

    (33%)

    ziemlich      

    200

    (35%)

    180

    (32%)

    247

    (34%)

    sehr          

    61

    (11%)

    78

    (14%)

    92

    (16%)

    Situation     

    -.27

    .07

     

     

    Psyche        

    -.13

     

     

     

     

    Anmerkung. N = 564

     

    Diese Zusammenhänge waren für die entsprechenden SIQ-d Attributionsdimensionen demgegenüber positiv. Nach Analysen des faktoranalytischen und des akzeptierten Klassenmodells (KM 9), in welche die global beurteilten Attributionstendenzen als Kovariate einbezogen wurden, variieren aber alle drei nach Regressionskoeffizienten > .68 substantiell und positiv mit ihren entsprechenden Attributionsdimensionen bzw. binären Klassenfaktoren.

    c) Zusammenhänge mit der Art und Häufigkeit irregulärer Körperwahrnehmungen: Um zu prüfen, inwieweit die 13 irregulären Körperempfindungen und die Häufigkeit ihres Erlebens die Ausprägungen auf den SIQ Attributionsdimensionen (indirekte Effekte) oder unvermittelt die Attributionen einzelner Items (direkte Effekte) mit beeinflussen, wurden sie als Kovariate in das faktorenanalytische Messmodell (c2-Quadrat = 513.8, df = 271 (581), p = .00; CFI = .93; TLI = .95, RMSEA = .04) einbezogen. Die wichtigsten Ergebnisse sind:

    1) Je häufiger tonische Körperempfindungen erlebt werden, desto höher sind die Werte der Befragten auf der psychischen Attributionsdimension (vgl. Tabelle 5).


     

    Tabelle 5

    Zusammenhänge zwischen irregulären Körperempfindungen und den Ausprägungen auf der psychischen (PSY), somatischen (SOM) sowie situativen (SITU) Attributionsdimension sowie der Wahrscheinlichkeit psychischer (PSY), somatischer (SOM) und situativer (SITU) Attribution der einzelnen irregulären Körperempfindungen

     

    PSY

    SOM

    Situ

    Tonisch

    .57

    .17

    .06

    Phasisch

    .04

    .02

    .50

    06 körperlich ausgelaugt

    .31

    .28

     

    09 Magenprobleme       

    .28

     

     

    08 Schlafprobleme      

    .38

     

     

    10 Appetitlosigkeit    

    .36

     

     

    13 Verstopfung         

    .29

     

     

    03 Schwindel           

     

    .33

    .30

    11 Atembeschwerden     

     

    .32

     

    01 Kopfschmerzen       

     

    .25

     

    05 Herzklopfen         

    .34

     

     

    07 Händezittern        

    .29

     

     

    04 trockener Mund      

    .19

     

     

    02 Schwitzen           

    .44

     

     

    12 Taubheitsgefühl in Händen/Beinen      

     

     

    .33

     

    Dies gilt auch für somatische Attributionen, allerdings ist dieser Zusammenhang deutlich schwächer ausgeprägt. Die Werte auf diesen beiden Dimensionen variieren jedoch nicht auch in Abhängigkeit von der Häufigkeit des Erlebens phasischer Körperempfindungen, die anders als die Häufigkeit tonischer Körperempfindungen jedoch die Wahrscheinlichkeit für hohe Ausprägungen auf der situativen Attributionsdimension erhöht.

    2) Je häufiger neun der irregulären Körperempfindungen auftreten, desto wahrscheinlicher werden sie psychisch attribuiert, unabhängig von den Ausprägungen der Befragten auf der psychischen Attributionsdimension. Dasselbe trifft auf ca. ein Drittel der somatischen Attributionsitems zu, aber nur auf zwei situative Attributionsitems. D.h. allgemeine Attributionstendenzen und die Attributionen spezifischer Irregularitäten werden durch die Art und Häufigkeit der irregulären Körperempfindungen mit beeinflusst.

    Die Körperempfindungen beeinflussen die psychische und somatische binäre Klassendimension in vergleichbarer Weise. Die entsprechenden Ergebnisse werden deshalb nicht nochmals im Detail berichtet.


     

    d) Zusammenhänge mit anderen Konstrukten: Nach den durch ein erweitertes Messmodell (vgl. Tabelle 6) geschätzten Konstruktassoziationen korrelieren psychische Attributionen substantiell positiv mit depressiven körperlichen Symptomen und depressiven Kognitionen nach dem PHQ-D, Angstsensitivität nach dem ASI, Körperaufmerksamkeit und mangelnder Gedankenkontrolle nach dem MK-HAI, Sorgentendenzen nach dem PSWQ-d sowie Krankheitsangst, Krankheitsüberzeugungen und Symptombelastung nach dem WI-d. Somatische Attributionen sind demgegenüber nicht mit depressiven Symptomen und einer Sorgentendenz assoziiert und zudem deutlich schwächer mit Konstrukten zu Gesundheitsängsten. Situative Attributionen korrelieren signifikant nur mit Körperaufmerksamkeit nach dem MK-HAI.

     

    Tabelle 6

    Geschätzte Korrelationen (erweiterte Messmodellanalyse) von situativen (SIT), somatischen (SOM) und psychischen (PSY) Attributionstendenzen nach dem SIQ-d und depressiven körperlichen Symptomen (DSY) und Kognitionen (DKO) nach dem PHQ-D, Angstsensitivität für Körperwahrnehmungen nach dem ASI (ASI), Krankheitsangst (KA) nach dem WI-d, Körperaufmerksamkeit (AUF) und mangelnde Gedankenkontrolle (KON) nach dem MK-HAI, Sorgentendenzen (SOT) nach dem PSWQ-d sowie Krankheitsüberzeugungen (KÜ) und Symptombelastung (SB) nach dem WI-d

     

    SIT

    SOM

    PSY

    DSY

    DKO

    ASI

    KA

    AUF

    KON

    SOT

    SB

    .05

    .28

    .31

    .36

    .29

    .35

    .61

    .45

    .54

    .29

    .52

    .06

    .18

    .38

    .38

    .39

    .53

    .48

    .54

    .65

    .38

     

    SOT

    .12

    .10

    .58

    .51

    .60

    .44

    .35

    .33

    .35

     

     

    KON

    .02

    .22

    .39

    .42

    .33

    .65

    .88

    .74

     

     

     

    AUF

    .21

    .23

    .37

    .38

    .22

    .55

    .70

     

     

     

     

    KA

    .12

    .30

    .38

    .39

    .28

    .58

     

     

     

     

     

    ASI

    .14

    .31

    .48

    .37

    .31

     

     

     

     

     

     

    DKO

    .11

    .03

    .48

    .79

     

     

     

     

     

     

     

    DSY

    .25

    .13

    .56

     

     

     

     

     

     

     

     

    PSY

    .30

    .25

     

     

     

     

     

     

     

     

     

    SOM

    .56

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

    Anmerkung. Alle Korrelationen > .15 sind signifikant mit p <. 06

     

    Die wichtigsten Ergebnisse nach einem Strukturmodell (vgl. Abbildung 14) mit gerichteten Beziehungen zwischen diesen Konstrukten, in das zusätzlich auch tonische und phasische Körperirregularitäten mit aufgenommen wurden, sind:

    -       Situative Attributionen sind umso seltener, je häufiger psychisch attribuiert wird, aber umso häufiger, je häufiger somatisch attribuiert wird.

     

    Abbildung 14. Konstruktvalidierung des SIQ-d

     

    -       Tonische und phasische Körperirregularitäten erhöhen die Wahrscheinlichkeit für hohe Werte auf der psychischen und somatischen Attributionsdimension, wenn auch nur schwach. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass auch nach der Strukturmodellanalyse ca. zwei Drittel bzw. ein Viertel der Körperirregularitäten (vgl. Tabelle 5) umso wahrscheinlicher psychisch bzw. somatisch interpretiert wird, je häufiger die jeweilige Irregularität erlebt wird.

    -       Zudem sind psychische Attributionen umso wahrscheinlicher, je stärker depressive körperliche Symptome erlebt werden, die ihrerseits die Häufigkeit des Erlebens tonischer und phasischer Körperirregularitäten substantiell positiv beeinflussen. Ein Zusammenhang zwischen psychischer Attribution und depressiver Kognition besteht jedoch nur vermittelt über deren substantielle positive Kovariation mit der Häufigkeit phasischer und tonischer Körperirregularitäten sowie

    -       mit einer Sorgentendenz, mit der die psychologische Attribution körperlicher Irregularitäten zunimmt, nicht aber auch die somatische und situative Attribution.

    -       Eine psychische Attributionstendenz verstärkt zudem durch Körperwahrnehmungen ausgelöste Angst, d.h. Angstsensitivität nach dem ASI, während ein somatischer Attributionsstil sie schwach, aber signifikant reduziert.

    -       Durch Körperwahrnehmungen ausgelöste Angst fördert ihrerseits mangelnde Gedankenkontrolle, Körperaufmerksamkeit und Gesundheitssorgen, sowie Krankheitsüberzeugungen und Symptombelastung, wenn auch schwächer.

    -       Symptombelastung wird auch durch die Häufigkeit tonischer Körperwahrnehmungen erhöht und fördert ihrerseits Krankheitsüberzeugungen.

    -       Je stärker zudem die durch Körperwahrnehmungen ausgelöste Angst ist, desto stärker ausgeprägt ist mangelnde Gedankenkontrolle.

    Schließlich erhöhen nach einer Prüfung indirekter Effekte psychische und somatische Attributionstendenzen sowie eine Sorgentendenz signifikant - vermittelt über Angstsensitivität - die Symptombelastung. Ein psychischer Attributionsstil und über diesen vermittelt tonische Körperwahrnehmungen verstärken zusätzlich Krankheitsangst.

    Die binären Klassenfaktoren sind vergleichbar mit den Summenwerten für diese Konstrukte assoziiert. Die entsprechenden Ergebnisse werden deshalb nicht nochmals im Detail beschrieben.

     

    Deskriptive Statistiken

    a) Attributionen: Nach den mittleren Antworthäufigkeiten (vgl. Tabelle 7) für die konsistent in vorausgegangenen Untersuchungen ermittelten drei SIQ Attributionsdimensionen werden - in Übereinstimmung mit Ergebnissen dieser Studien - situative Ursachen durchschnittlich als am wahrscheinlichsten und somatische als am wenigsten wahrscheinlich beurteilt.

     

    Tabelle 7

    Mittelwerte (Mi), Mediane (Me) und Streuungen (SD) für die gemittelten Antworthäufigkeiten zu den drei SIQ Attributionsdimensionen (SIQ) und die drei global eingeschätzten Attributionstendenzen (Global)

    (Antwortsummenwerte)

     

    SIQ

    Global

     

    Mi

    Me

    SD

    MI

    Me

    SD

    Situativ

    1.72

    1.77

    .02

    1.70

    2.00

    .03

     

    (22.3

    23)

     

     

     

     

    Psychisch

    1.28

    1.25

    .02

    1.45

    1.00

    .04

     

    (16.5

    16)

     

     

     

     

    Somatisch

    0.75

    0.69

    .02

    1.50

    1.00

    .03

     

    ( 9.6

    9)

     

     

     

     

     

     

    Die Wahrscheinlichkeiten psychischer Ursachen liegen im Vergleich dazu in einem mittleren Bereich. Auch nach den global selbst zugeschriebenen Attributionspräferenzen (vgl. Tabelle 4) ist eine Tendenz zu situativer/verhaltensbezogener Ursachenzuschreibung am stärksten ausgeprägt. Somatische und psychische Ursachenzuschreibungstendenzen sind seltener, aber ungefähr gleich stark ausgeprägt. Dagegen ist die global mit einer Frage erfasste (vgl. Tabelle 4) somatische Attributionstendenz deutlich stärker, vermutlich deshalb, weil in der entsprechenden SIQ-d Zusatzfrage (vgl. Abschnitt Instrument) unmittelbar „körperliches Unwohlsein“ angesprochen wird. Aus häufigen spontanen Kommentaren in den SIQ Fragebogen, auch schon in früheren Untersuchungen, wird deutlich, dass die im SIQ-d vorgegebenen irregulären Körperempfindungen in Abhängigkeit von ihrer Attribution nicht notwendig als aversiv erlebt werden. Dies traf z.B. auf Herzklopfen wegen Verliebtsein, Schwitzen wegen körperlicher Anstrengung oder auch Schafstörungen wegen Stress zu, wenn dieser z.B. aus unvermeidbaren, aber erfolgversprechenden Prüfungsvorbereitungen resultierte.

    Kategoriale Antwortverteilungen für die Studierendenstichprobe aus 2005 und zum Vergleich auch für die aus den Jahren 2002 bis 2004 zeigt Tabelle 8.

     

    Tabelle 8

    Prozentuale Antworthäufigkeiten für die drei Attributionsdimensionen des SIQ-d nach Studierendenstichproben aus 2005 (N = 564) sowie 2004 (N = 731) und 2002/2003 (N = 1649)

     

     

    2005

    2004

    2002/03

     

     

    0

    1

    2

    3

    0

    1

    2

    0

    1

    2

     1 Kopfschmerz

    psy 

    31

    43

    19

    7

    34

    42

    24

    32

    46

    22

                  

    som 

    48

    33

    11

    7

    46

    34

    20

    37

    37

    25

                  

    situ

    4

    13

    43

    40

    15

    37

    48

    30

    40

    31

     2 Schwitzen  

    psy 

    21

    39

    29

    11

    22

    38

    39

    21

    40

    39

                  

    som 

    19

    42

    27

    12

    14

    41

    45

    42

    43

    15

                  

    situ

    7

    21

    40

    32

    5

    16

    80

    3

    18

    80

     3 Schwindel  

    psy 

    27

    42

    23

    7

    36

    40

    25

    27

    37

    36

                  

    som 

    33

    36

    22

    9

    32

    30

    38

    26

    35

    39

                  

    situ

    5

    15

    50

    30

    15

    24

    61

    10

    26

    64

     4 Mundtrocken

    psy 

    47

    34

    13

    5

    50

    31

    19

    60

    27

    13

                  

    som 

    77

    19

    2

    1

    81

    15

    4

    79

    18

    3

                  

    situ

    4

    15

    42

    39

    5

    16

    80

    3

    14

    83

     5 Herzklopfen

    psy 

    2

    23

    45

    30

    7

    28

    66

    10

    29

    62

                  

    som 

    69

    25

    4

    2

    75

    20

    6

    65

    27

    8

                  

    situ

    12

    31

    40

    17

    22

    34

    44

    24

    31

    45

     6 Unfit      

    psy 

    18

    41

    29

    12

    15

    42

    42

    22

    41

    37

                  

    som 

    20

    46

    26

    8

    53

    31

    16

    43

    38

    19

                  

    situ

    4

    19

    42

    35

    8

    35

    57

    8

    27

    65

     7 Händezittern

    psy 

    7

    33

    43

    17

    14

    38

    49

    9

    32

    59

                  

    som 

    85

    12

    2

    1

    75

    18

    7

    71

    22

    8

                  

    situ

    29

    41

    20

    10

    35

    37

    28

    46

    32

    22

     8 Schlaf     

    psy 

    3

    14

    37

    47

    6

    23

    71

    6

    22

    72

                  

    som 

    60

    35

    4

    1

    26

    43

    31

    42

    39

    19

                  

    situ

    9

    34

    40

    17

    29

    34

    37

    23

    30

    47

     9 Magen      

    psy 

    28

    37

    24

    10

    33

    34

    34

    33

    38

    29

                  

    som 

    55

    31

    11

    3

    18

    43

    39

    19

    43

    38

                  

    situ

    6

    31

    41

    22

    11

    42

    47

    7

    34

    59

    10 Appetitlos 

    psy 

    23

    31

    34

    12

    41

    29

    30

    39

    31

    30

                  

    som 

    40

    34

    18

    8

    36

    34

    30

    36

    38

    26

                  

    situ

    48

    36

    12

    4

    49

    35

    16

    42

    33

    26

    11 Atmen      

    psy 

    33

    39

    22

    6

    46

    35

    20

    30

    40

    30

                  

    som 

    51

    31

    12

    6

    40

    35

    25

    69

    23

    9

                  

    situ

    10

    38

    39

    14

    15

    40

    45

    13

    42

    46

    12 Taub/Kribb 

    psy 

    70

    24

    4

    2

    70

    23

    7

    66

    26

    8

                  

    som 

    68

    24

    6

    1

    48

    30

    22

    31

    36

    33

                  

    situ

    4

    14

    40

    42

    6

    25

    69

    6

    23

    71

    13 Verdauung  

    psy 

    31

    33

    25

    11

    48

    32

    21

    32

    35

    34

                  

    som 

    25

    37

    25

    13

    30

    38

    32

    40

    37

    22

                  

    situ

    24

    37

    30

    9

    32

    34

    34

    23

    34

    43

    Anmerkung. Antwortkategorien  Wahrscheinlich: 0 = gar nicht, 1 = etwas, 2 = ziemlich, 3 = sehr wahrscheinlich                   

     

    Danach werden von den psychischen Gründen diejenigen für Schlafstörungen und Herzklopfen als am wenigsten wahrscheinlich beurteilt, von den situativen Gründen jene für Appetitlosigkeit und Verdauungsbeschwerden und von den somatischen ebenfalls die für Schlafstörungen sowie die für Händezittern und Mundtrockenheit. Dies stimmt mit schon von Robbins und Kirmayer (1991) berichteten Ergebnissen (vgl. LCA Modelle) überein. Umgekehrt gehören die somatischen Gründe für Verstopfung und Appetitlosigkeit mit zu den als am wahrscheinlichsten akzeptierten. Unter den psychischen trifft dies auf die Ursachen für Schlafstörungen und Herzklopfen zu, unter den situativen auf die für Kopfschmerzen und Herzklopfen.

    15.9% der Wahrscheinlichkeitsurteile aus 2005 erfolgten dabei zu „sonstigen Gründen“ statt zu den durch den SIQ-d vorgegebenen Ursachen. Die entsprechenden SIQ-d Ursachen wurden dabei entweder - vermutlich wegen Wahl der Option „Sonstiger Grund“ - nicht beurteilt (4%) oder aber ihre Wahrscheinlichkeit wurde geringer beurteilt als die des sonstigen Grunds. Ca. 20% der sonstigen Gründe waren psychische Ursachen, jeweils ca. 40% somatische und situative/verhaltensbedingte. Die Beibehaltung der Kategorie „Sonstiger Grund“ ist also zu empfehlen.

    b) Irreguläre Körperempfindungen: Nach den prozentualen Häufigkeiten zum Auftreten der 13 irregulären Körperempfindungen (vgl. Tabelle 9) treten Schlafstörungen und Herzklopfen unter den befragten Studierenden vergleichsweise häufig auf, Mundtrockenheit, Atemprobleme und Appetitlosigkeit sehr selten.

     

    Tabelle 9

    Prozentuale Auftretenshäufigkeiten irregulärer Körperempfindungen nach dem SIQ-d und den Daten aus der Studierendenstichprobe aus 2005 (N = 564)

     

    0

    1

    2

    3

     1 Kopfschmerz 

    5

    49

    33

    13

     2 Schwitzen   

    6

    50

    34

    10

     3 Schwindel   

    8

    50

    32

    10

     4 Mundtrocken 

    15

    60

    22

    3

     5 Herzklopfen 

    6

    42

    42

    10

     6 Unfit       

    8

    45

    36

    11

     7 Händezittern

    7

    33

    43

    17

     8 Schlaf      

    4

    38

    37

    21

     9 Magen       

    8

    58

    24

    10

    10 Appetitlos  

    27

    53

    17

    3

    11 Atmen       

    29

    49

    17

    5

    12 Taub/Kribb  

    11

    54

    29

    6

    13 Verdauung   

    8

    62

    22

    8

    Anmerkung. 0 = nie, 1 = selten, 2 = manchmal, 3 = oft

     

     

    GESIS - Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften, E-Mail: zis@gesis.org; PO 12 21 55, 68072 Mannheim