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Verantwortung für Umweltprobleme

  • Autor/in: Martens, T., Rost, J., & Gresele, C.
  • In ZIS seit: 1999
  • DOI: https://doi.org/10.6102/zis205
  • Zusammenfassung: Diese Skala dient der Einschätzung, ob sich Personen bezüglich umweltbezogener Fragestellungen bewusst sind und inwieweit sie Verantwortungen für Umweltprobleme übernehmen.
    Abstract: This scale is used to assess whether individuals are aware of environmental issues and to what extent they assume responsibility for environmental problems.
  • Sprache Dokumentation: deutsch
  • Sprache Items: deutsch
  • Anzahl der Items: 12
  • Reliabilität: 1-Klassen-Lösung (Mixed-Rasch-Modell) = 0.76; 2-Klassen-Lösung (Mixed-Rasch-Modell, Klasse 1) = 0.74; 2-Klassen-Lösung (Mixed-Rasch-Modell, Klasse 2) = 0.85
  • Validität: Es liegen Hinweise auf die prädiktive Validität vor
  • Konstrukt: Verantwortung
  • Schlagwörter: Verantwortung, Umwelt, Umweltproblem, Umweltbewusstsein | responsibility, environment, environmental problem, environmental awareness
  • Item(s) in Bevölkerungsumfrage eingesetzt: nein
  • Entwicklungsstand: validiert
    • Instruktion

      Jetzt geht es um die Aufgaben, die Staat, Industrie und der/die Einzelne bezüglich der verschiedenen Umweltprobleme Deiner Meinung nach wahrnehmen sollten.

       

      Items

      Nr.

      Item

      1

      Jede(r) Einzelne hat die Aufgabe, durch zunehmenden Verzicht auf das Auto die Luftverschmutzung zu verringern.

      2

      Die PolitikerInnen haben die Pflicht, durch eine Förderung des Radverkehrs die Luftverschmutzung zu verringern.

      3

      Die Industriebosse sind verpflichtet, durch die Entwicklung von Autos mit niedrigem Verbrauch die Luftverschmutzung zu verringern.

      4

      Es ist die Verpflichtung jedes/jeder Einzelnen, die Bundesregierung von einer Verschärfung der Abgasnormen zu überzeugen, um so die Luftverschmutzung zu verringern.

      5

      Jede(r) Einzelne muss Energie sparen, um so den Treibhauseffekt zu begrenzen.

      6

      Bundeskanzler Kohl muss dafür sorgen, durch Anreize zum Energiesparen den Treibhauseffekt zu begrenzen.

      7

      Die Industrie ist aufgerufen, durch eine energiesparende Produktionsweise den Treibhauseffekt zu begrenzen.

      8

      Jede(r) Einzelne muss versuchen, PolitikerInnen von einer stärkeren Förderung der Sonnenenergie zu überzeugen, um so den Treibhauseffekt zu begrenzen.

      9

      Die Aufgabe der Industrie ist es, Alternativen zur Atomkraft zu entwickeln, um die radioaktive Gefährdung zu verringern.

      10

      Die Bundesregierung ist verpflichtet, durch Abschalten von Atomkraftwerken die radioaktive Gefährdung zu verringern.

      11

      Jede(r) Einzelne sollte versuchen, PolitikerInnen vom Abschalten der Atomkraftwerke zu überzeugen, damit sich die radioaktive Gefährdung verringert.

      12

      Jede(r) Einzelne hat die Aufgabe, durch Stromsparen, Atomkraftwerke überflüssig zu machen, um so die radioaktive Gefährdung zu verringern.

       

      Antwortvorgaben

      Vierstufige Antwortskalen mit den Ausprägungen "stimme zu", "stimme weitgehend zu", "stimme teilweise zu" und "stimme nicht zu".

       

      Auswertungshinweise

      Alle Items sind in die gleiche Richtung gepolt.

      Die Datenanalyse erfolgte mit dem Mixed-Rasch-Modell (Rost, 1990; Rost, 1996a). Dazu wurde das Programm Winmira (Davier, 1997) verwendet.

       

    Das integrierte Handlungsmodell (vgl. Rost, 1996b; Martens & Rost, in Druck) beschreibt den Prozess der Handlungsgenese über drei Phasen: die "Motivierungsphase", die "Handlungsauswahlphase" und die "Volitionsphase".

    Jede Phase ist durch ganz bestimmte handlungssteuernde bzw. -begleitende Kognitionen und Affekte gekennzeichnet, die den Prozess der Handlungsentstehung in unterschiedlicher Art und Weise beeinflussen können. Bestimmte kognitive und affektive Inhalte können zu ganz bestimmten Handlungstypen führen, andere wiederum zum Abbruch des Handlungsprozesses.

    Die drei hier dargestellten Instrumente beziehen sich auf die Motivierungsphase. Ein weiteres Instrument "Schweregrad der Bedrohung" wird hier nicht dargestellt, da es sich in Revision befindet.

    Als Ausgangspunkt einer Motivierung zum umweltgerechten Verhalten wird in der hier verwendeten theoretischen Konzeption (Rost, 1996b; Martens & Rost, in Druck) die Bedrohungswahrnehmung angenommen. Ursprünglich stammt das Konzept der Bedrohung aus dem Modell gesundheitlicher Überzeugungen (Health Belief-Modell, vgl. Becker, 1974; Rosenstock, 1966). In diesem geht es darum, wie stark sich jemand von einer Krankheit bedroht fühlt. Das Bedrohungskonzept wurde auch in anderen populären Theorien der Gesundheitspsychologie aufgegriffen, so z. B. in der Schutzmotivationstheorie (Protection Motivation Theory) von Rogers (1983). Dabei muss ein Bedrohungsbegriff, der sich nur auf die eigene körperliche Unversehrtheit bezieht, für den Bereich Umwelthandeln systematisch erweitert werden. Eine perzipierte Bedrohung kann sich auch auf andere Objekte richten, nämlich auf:

    -       Andere Menschen: Je näher einer Person andere Menschen stehen, desto mehr wird ihre Gefährdung Bedrohungsgefühle auch bei ihr auslösen. Dabei kann sich das Bedrohungsgefühl auch auf unbekannte Personen an anderen Orten oder in der Zukunft ("folgende Generationen") beziehen.

    -       Tiere, Pflanzen und physische Umwelten: Das Sterben von Tieren und Pflanzen, die Veränderung von Landschaften kann Bedrohungsgefühle hervorrufen.

    So unterscheiden auch Schmidt und Gifford (1989) zwischen einer Bedrohung des Selbst und einer Bedrohung der Umwelt. Stern, Dietz und Kalof (1993) differenzieren zwischen egoistischen, das menschliche Wohl und die Biosphäre betreffenden Konsequenzüberzeugungen. In verschiedenen Bereichen ist das Konzept der Bedrohung schon eingesetzt worden, so z. B. beim Energiesparen (Hass, Bagley & Rogers, 1975) oder bei der Hilfe für gefährdete Tierarten (Shelton & Rogers, 1981).

    Das zweite in den Motivierungsprozess eingreifende Konstrukt ist die Zuschreibung von Verantwortlichkeit. Nur wenn sich eine Person auch für die Bedrohungsreduktion verantwortlich fühlt, wird diese Person in die Handlungsauswahlphase treten (vgl. Rost, 1996b; Martens & Rost, in Druck).

     

    Itemkonstruktion und Itemselektion

    Das hier vorgestellte Instrument "Bedrohung: Vulnerabilität" wurde vom Kieler Projekt "Identifikation von kognitiven, affektiven und sozialen Faktoren des Umwelthandelns" der Arbeitsgruppe "Multidisziplinäre Ansätze zur Verhaltensveränderung" des DFG-Schwerpunktprogramms "Mensch und globale Umweltveränderungen" entwickelt. Die Items ergeben sich aus der systematischen Kombination von 4 potentiellen Problemlösern (der direkt Handelnde, der politisch Handelnde, die Industrie, die Politiker) mit 3 Problembereichen (Luftverschmutzung, Treibhauseffekt, radioaktive Gefährdung).

    Nach einer Voruntersuchung im Januar an 92 Schülerinnen und Schülern an einem Kieler Gymnasium wurden Items eliminiert, die nach Überprüfung mit dem Mixed-Rasch-Modell (Rost, 1990; Rost, 1996a) redundant erschienen. Dadurch sollte der Umfang des Fragebogens reduziert und zu starken Ermüdungseffekten bei der Fragebogenbearbeitung entgegengewirkt werden. Deshalb wurden Items für den Bereich Wasser eliminiert, da dieses Itemprofil dem Profil der Items im Bereich Luft stark ähnelte.

     

    Stichproben

    Die Items wurden im Rahmen eines größeren Fragebogens zur Erfassung der kognitiven, affektiven und sozialen Faktoren des Umwelthandelns dargeboten. Mit diesem Fragebogen wurden 1302 Schülerinnen und Schüler der 8. - 12. Schulklasse an 4 Gymnasien (2 Gymnasien in Kiel, 1 Gymnasium in Schleswig und 1 Gymnasium in Hamburg) befragt.

     

    Variablen und Auswertungsmethode

     

    Itemanalysen

    Um zu beurteilen, wie viele Klassen oder Subpopulationen bei der Analyse mit dem Mixed-Rasch-Modell am angemessensten erscheinen, wird hier der CAIC-Index verwendet (vgl. Bozdogan, 1987; Rost, 1996a).

    Nach dem CAIC-Index und nach inhaltlichen Überlegungen scheint die 2-Klassen-Lösung (siehe Tabelle 1) die angemessenste zu sein. Sie weist eine Bereichsspezifität der Items auf, die die Radioaktivität betreffen. Die Erwartungswerte für die 2-Klassen-Lösung sind in Abbildung 1 einsehbar.

     

    Tabelle 1

    CAIC-Index für das Instrument „Verantwortung

    Anzahl der latenten Klassen

    CAIC

    1

    30923.61

    2

    30767.26

    3

    31015.26

     

    Abbildung 1. Profile der Erwartungswerte

     

    Itemkennwerte

    Der Q-Index (siehe Tabelle 2) gibt Auskunft über die Rasch-Skalierbarkeit der Items (vgl. Rost & v. Davier, 1994; Rost, 1996a).

     

    Tabelle 2

    Q-Index zur Beurteilung der Rasch-Skalierbarkeit der Items des Instruments „Verantwortung“

     

    1-Klassen-Lösung

    2-Klassen-Lösung

    Luft (direkte Handlung)

    .1402

    .1221

    .1493

    Luft (Politiker)

    .1443

    .1209

    .1286

    Luft (Industrie)

    .1508

    .1107

    .1401

    Luft (indirekte Handlung)

    .1338

    .1198

    .1313

    Treibhaus (direkte Handlung)

    .1443

    .1223

    .1253

    Treibhaus (Politiker)

    .1585

    .1374

    .1599

    Treibhaus (Industrie)

    .1431

    .1067

    .1234

    Treibhaus (indirekte Handlung)

    .1241

    .1102

    .1444

    Radio (Industrie)

    .1159

    .1419

    .1278

    Radio (Politiker)

    .1378

    .1539

    .1274

    Radio (indirekte Handlung)

    .1143

    .1266

    .0996

    Radio (direkte Handlung)

    .1152

    .1154

    .1577

     

    Reliabilität

    Die Reliabilität dieser Skala wird im Rahmen des Mixed-Rasch-Modells errechnet. Sie wird als Varianzverhältnis zwischen messfehlerfreien Messwerten und geschätzten Messwerten definiert. Im Unterschied zur Reliabilitätsberechnung in der klassischen Testtheorie kann dieses Verhältnis im Rahmen des Mixed-Rasch-Modells direkt bestimmt werden und ist unabhängig von der Varianz der beobachteten Messwerte (vgl. Rost, 1996a).

    Natürlich muss für jede Klasse oder Subpopulation eine eigene Reliabilität errechnet werden.

    Die Reliabilitäten (Mixed-Rasch-Modell) betragen für die 1-Klassen-Lösung = 0.761. Für die 2-Klassen-Lösung betragen sie für Klasse 1 = 0.742 und für Klasse 2 = 0.845.

    Die mittleren Zuordnungswahrscheinlichkeiten der 2-Klassen-Lösung betragen dabei für Klasse 1 =  0.911, für Klasse 2 = 0.902.

     

    Validität

    Erste Auswertungen zeigen, dass die Verantwortung positiv mit der Umsetzung von Handlungsvorsätzen zusammenhängt. Differenziertere Analysen zum Zusammenhang mit dem tatsächlichen Handeln sind in Arbeit (vgl. Martens & Rost, in Druck).

     

    Deskriptive Statistiken

    Die Erwartungswerte und die Standardabweichungen der Items nach dem Rasch-Modell liegen in Tabelle 3 vor.

     

    Tabelle 3

    Erwartungswerte (E) und Standardabweichungen (SD) für die Items des Instruments „Verantwortung“

     

    E

    SD

    Luft (direkte Handlung)      

    2.39

    0.83

    Luft (Politiker)             

    2.23

    0.93

    Luft (Industrie)             

    2.56

    0.76

    Luft (indirekte Handlung)    

    2.15

    0.90

    Treibhaus (direkte Handlung) 

    2.59

    0.69

    Treibhaus (Politiker)        

    2.09

    0.99

    Treibhaus (Industrie)        

    2.61

    0.66

    Treibhaus (indirekte Handlung)

    2.01

    0.93

    Radio (Industrie)            

    2.48

    0.84

    Radio (Politiker)            

    1.78

    1.07

    Radio (indirekte Handlung)   

    1.72

    1.04

    Radio (direkte Handlung)     

    2.29

    0.94

     


     

     

    •      Dipl.-Psych. Thomas Martens, E-Mail: M.Martens@em.uni-frankfurt.de
    •      Prof. Dr. Jürgen Rost, E-Mail: an@j-rost.de
    •       Dipl.-Psych. HotwordStyle=None; Christiane Gresele, E-Mail: info@schlafberatung-gresele.de